Kapitel 42

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Der nächste Schultag war seltsam. Ich war vollkommen alleine, das erste Mal seit Monaten so lange ohne Eddie und alle starrten mich an, als wäre ich eine Schwerverbrecherin. Vermutlich hatten sie Angst, dass Eddie sie fertig machen würde, wenn sie mich auch nur einmal falsch anschauen würden und ganz unrecht hatten sie ja damit nicht. Doch ich konnte es ihm nicht verübeln. Nach allem, was wir durchgemacht hatten. Er hatte Angst, dass es noch nicht vorbei war, und die hatte ich auch. Und ich hoffte so sehr, dass diese Angst unbegründet war. Doch so langsam hatte ich das Gefühl, dass wir niemals frei sein würden.

Der Schultag zog sich endlos in die Länge, doch als die Klingel in der letzten Stunde endlich ertönte, war meine Laune schlagartig besser. Ich machte mich so schnell ich konnte auf den Weg nach draußen und spürte dabei die Blicke der anderen Schüler, die sich in meinen Rücken bohrten. Doch das war mir egal, denn der Grund für meine Gute Laune empfing mich mit einem breiten Grinsen auf dem Parkplatz vor seinem Van. Ich sprang Eddie in die Arme und er drehte mich ein paar Mal, ehe er mich auf die Füße stellte und mich leidenschaftlich küsste. Wir beide benahmen uns, als hätten wir uns wochenlang nicht gesehen.

„Ich habe zwei gute Nachrichten." verkündete er stolz, als er von mir abließ. „Was und keine Schlechte? Sehr enttäuschend." „Lustig wie immer Babe." sagte er und stieß mit der Faust gegen meine Schulter. „Sorry, na dann schieß los." sagte ich lachend, während wir in den Van stiegen. „Hopper sagte, er untersucht den Brief und wenn er tatsächlich von Billy stammt, stehen die Chancen gut, dass sie Fingerabdrücke finden. Er holt ihn heute Abend ab." das war tatsächlich eine gute Nachricht, vielleicht hatte all das dann tatsächlich endlich ein Ende und würde sich nicht immer wiederholen, wie eine von Eddies alten Schallplatten. „Das ist wirklich toll, Schatz. Und die andere gute Nachricht?" fragte ich erwartungsvoll. „Ich hab einen Job." „Was wirklich? So schnell? Wo?" ich war vollkommen aufgeregt, denn das hatte ich nicht erwartet. „Im Plattenladen am anderen Ende der Stadt." sagte er und grinste dabei über beide Ohren. Musik war seine große Leidenschaft, was hätte also besser zu ihm gepasst als ein Job in einem Musikladen. „Wirklich? Wahnsinn. Genau das richtige für dich." sagte ich und beugte mich zu ihm rüber, um ihn zu küssen.

„Ach und eine Sache wäre da noch." sagte er und seine Aufregung schien nun noch größer zu sein. „Die Jungs wollen am Wochenende kommen, D&D spielen." er schenkte mir seinen Hundeblick, als er das sagte und sah mich an als bräuchte er meine Erlaubnis. „Ich sehe also endlich meinen kleinen Dustin wieder? Er soll bloß seine Schwester mitbringen." sagte ich lachend und auch er stimmte ein. „Werde ich ihm sagen." versicherte Eddie mir und zufrieden, dass ich nicht den ganzen Samstagabend mit Dungeons & Dragons verbringen müsste, fuhren wir nach Hause.

Die nächsten Tage verliefen alle gleich ab. In der Schule wurde ich angestarrt und gemieden, Eddie verbrachte jeden Tag damit alles zu tun, dass ich mich besser fühlte, abends schauten wir fast immer Filme und schliefen dann engumschlungen ein. Wären da nicht die furchtbaren Gedanken an Billy, wäre alles so viel einfacher. Hopper hatte den Brief abgeholt und nun warteten wir auf seinen Anruf. Der einzige Lichtblick, den ich im Moment hatte, war ein Abend mit Libby, unsere Hochzeit und natürlich Eddie.

Jeden Tag saß ich fleißig meine Stunden beim Nachsitzen ab, während Eddie in seinem neuen Job im Plattenladen regelrecht aufblühte. Am Freitag verließ ich die Schule eher, weil ich mich drei Mal übergeben hatte und den anderen die Demütigung nicht gegönnt hatte. Eddie holte mich ab, nachdem ich ihn vom Büro der Sekretärin anrief und fuhr mich nach Hause. „Ich hab dir doch gesagt, du sollst mich nicht kochen lassen." sagte Eddie, als er mich in die Bettdecke einkuschelte, die er auf das Sofa verfrachtet hatte. „Ja ein Fehler, den ich nie wieder begehen werde." lachte ich ihn an. „Soll ich den Jungs fürs Wochenende absagen?" fragte er und streichelte dabei sanft über meine Hand. „Auf keinen Fall, ich wette in ein paar Stunden geht's mir wieder gut." „Und dir ist nur schlecht?" fragte er mit hochgezogener Augenbraue. „Ja, wieso?" „Nicht, dass ich dich geschwängert habe." witzelte er, doch mir wurde schlagartig wieder schlecht. Er reichte mir einen Eimer, doch übergeben musste ich mich nicht. Wenn er recht hatte und es tatsächlich Billy war, der den Brief schrieb. Ich würde den Stress nicht nochmal ertragen, ich würde es nicht schaffen noch ein Kind zu verlieren.

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