(8) Only you can get me

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* Hyunjin *

Hyunjin betrat das Tanzstudio. Sein Blick fiel sofort auf Lisa und der Kiefer klappte ihm wortwörtlich herunter.

Sie hing kopfüber an einer silbernen Stange, die sich bis zur Decke erstreckte. Mit einer Hand hielt sie die Metallstange unten auf Abstand, mit einem gebeugten Bein fixierte sie die Stange zwischen ihrer linken Kniebeuge.

Als sie ihn eintreten sah, lächelte sie und löste die Beine, wodurch sie in der Grätsche zu Boden glitt. Grazil kam sie auf einem Fuß nach dem anderen auf und richtete sich auf.

Ihr Bauchnabel versteckte sich unter einer schwarzen Hose, die gerade so ihre Pobacken bedeckt hielt. Kurz über ihrem Bauchnabel endete ein weißes Crop Top mit buntem Print. Ihre langen, karamellbraunen Haare hatte sie in einen Zopf gezwungen.

»Da bist du ja«, rief sie.

»Hatten wir uns nicht zu um Neun verabredet?«

»Klar. Ich musste nur die Pole vorher ausprobieren. Funktioniert grandios.«

»Ist das die Überraschung, von der du gestern gesprochen hast?«, fragte Hyunjin.

»Ist das deine?«

Sie deutete auf seine rechte Hand, in der er zwei Reifen hielt. Grinsend ließ er den weißen Hula-Hoop Ring über den Boden auf Lisa zu rollen. Dabei gab er ihm jedoch ein Drehmoment, das ihn vor Lisa stehenbleiben und zurückrollen ließ.

Lisa griff ins Leere. Sie stolperte vorwärts, um ihn doch noch zu greifen, konnte ihn jedoch nicht mehr erwischen. Mit zusammengekniffenen Lidern sah sie ihn an.

»Ha, ha. Sehr witzig.« Sie schnaubte. »Dir geht's wohl nach unserem Ausflug gestern zu gut.«

Hyunjin nahm den weißen Ring wieder in Empfang und lachte. »Sorry, Reflex.«

Bei ihrem Ausflug gestern hatten sie entschieden, die Ringübergabe in den Fokus zu stellen. Hyunjin hatte Lisa alles erzählt, das ganze Problem mit Felix. Noch niemandem hatte er so ausführlich von ihrem Streit erzählt, außer vielleicht seinem eigenen Tagebuch oder Skizzenblock.

Lisa hatte sofort verstanden, warum er die Hula-Hoop-Reifen als Requisite vorgeschlagen hatte, und war begeistert darauf eingegangen. Gleichzeitig hatte sie angedeutet, dass auch sie eine Idee hätte. Das Resultat zeigte sich nun in Form der Pole, die offenbar über Nacht im Raum aufgebaut worden war.

Hyunjin ging auf Lisa zu und reichte ihr den weißen Reifen. Den schwarzen zog er sich über den Kopf und ließ ihn lässig um seine Hüften kreisen.

»Ich denke, damit können wir einiges anstellen.«

Lisa nutzte den weißen Hula-Hoop als Springseil und ließ den hochschnellenden Teil über Hyunjins Kopf fallen. Er kam aus dem Rhythmus, als das Plastik auf seinen Nacken traf, und der schwarze Reifen ging zu Boden. Mit leichter Gewalt zog Lisa an ihrem Hula-Hoop und zwang Hyunjin so einen Schritt auf sie zu.

»Wie hast du so schnell zwei Hula-Hoops exakt in der richtigen Farbe gefunden?«

Hyunjin blinzelte an ihr vorbei zur Metallstange. »Und wo kommt die Poledance Stange über Nacht her?«

Lisa zuckte mit den Achseln und er imitierte ihre nonverbale Antwort. Sie presste die Lippen aufeinander.

»Das wird wohl ein ewiges Geheimnis bleiben.«

»Damit kann ich leben«, erwiderte Hyunjin.

Lisa gab ihn wieder frei und legte ihm den weißen Reifen in die Hand.

»Tanzt du schon länger an der Pole?«, fragte Hyunjin.

»Für mein ›Lalisa‹ Video hab ich ein paar Moves gelernt. Die kann ich auf jeden Fall mit einbringen.«

»Nicht schlecht.«

»Wenn du willst, können wir auch gemeinsam an die Pole.«

Hyunjin deutete mit dem Zeigefinger auf sein eigenes Gesicht. »Ich?«

»Ja, du!« Lisa grinste. »Es ist ganz einfach.«

Sie lief zur silbernen Stange zurück. Die eine Handfläche legte sie nahe der Pole am Boden ab, mit der anderen Hand umfasste sie die Stange, sodass ihre Schultern eine Linie mit ihr bildeten. Dann drückte sie sich mit den Beinen vom Boden ab und hielt sie eine Sekunde von sich, als würde sie einen schrägen Handstand machen. Lisa ließ sich auf die Knie sinken und sah ihn erschöpft an.

»Echt anstrengend. Aber so kompliziert ist die Stellung nicht. Vor allem, wenn du mit Schwung gegen die Stange springst und unmittelbar wieder aufkommst. Du musst es nur zwei drei Sekunden halten.«

»Ich weiß nicht ...«, sagte Hyunjin.

Lisa deutete hoch an die Stange. »Ich könnte parallel dazu da oben hängen. Stell dir nur vor, wie geil die Kombi aussehen würde!«

»Schon, aber ...«

»Versuch es doch einfach mal! Trau dich was!«

Hyunjin dachte an Felix. Etwas Ähnliches hatte er gesagt, als Hyunjin ihm hatte begreiflich machen wollen, was sein Liebesgeständnis bedeuten konnte. ›Du traust dich nicht‹, hatte er gesagt. Und es hatte ihn wütend gemacht, machte ihn immer noch wütend. Aber es war keine Wut, die sich gegen Felix richtete, sondern gegen ihn selbst.

Er war ein Feigling, wie Lisa gestern schon richtig festgestellt hatte. Felix war bereit gewesen, gegen den Strom zu schwimmen, doch Hyunjin war es nicht – noch nicht.

Er lebte in diesem goldenen Käfig, von dem Lisa geredet hatte. Das K-Pop Business war ein Sprungbrett, aber das Wasser fühlte sich aus dieser Fallhöhe oft an wie Beton. Als Idol hatte er enorm viele Freiheiten und Möglichkeiten, doch diese kosteten eben auf der anderen Seite viel. Er musste die Kontrolle zu oft abgeben, ob es nun seine Frisur, seine Übernachtungen oder im schlimmsten Fall private Beziehungen anging.

Lisa und Felix hatten das erkannt und nahmen sich die Freiheiten, die sie brauchten. Ob es nun der Bubbletea oder die eigenen Gefühle waren. Sie waren so viel stärker als er es jemals sein würde.

Hyunjin wollte diese Freiheit auch zurückgewinnen. Also ließ er die beiden Hula-Hoop-Reifen zur Seite gleiten. Neben Lisa legte er eine Hand auf den Boden. Sie half ihm die andere Hand im richtigen Winkel an die Metallstange anzulegen, sodass seine Schultern an der richtigen Position waren, um ihm Halt zu geben.

»Und jetzt spring!«

Er spannte den Bauch an und zog seine Beine hoch. Sofort begannen seine Muskeln zu brennen. Lisa half ihm mit etwas Druck gegen die Oberschenkel, den Halt nicht zu verlieren. Nach wenigen Sekunden ließ er sich fallen. Sie hatte recht, es war wirklich anstrengend.

»Es sieht echt toll aus«, sagte Lisa.

»Und ist mega anstrengend.«

»Willst du nun gewinnen oder nicht?«

Hyunjin rollte mit den Augen. »Ist gebongt. Wir machen es.«

Lisa reckte die Faust gen Himmel. In diesem Moment klopfte es an der Tür. Ein Kamerateam kam herein. Die Drei stellten sich mit Verbeugung vor und bauten ihr Equipment auf. Der Blick des Kameramanns fiel auf die Poledance Stange.

»Übt ihr grad was Spezielles?«

»Das ist noch nicht bildreif«, sagte Lisa bestimmt.

»Okay. Habt ihr schon was für uns?«

Hyunjin sah Lisa fragend an. »Den Contemporary Teil vielleicht?«

»Können wir den kurz abdrehen? Wir wollen auch nicht lange stören.«

Hyunjin nickte und lief zur Anlage. Schnell hatte er ihr Lied ausgewählt und dem Ton-Assistenten erklärt, dass er den Song starten lassen sollte, sobald sie in der richtigen Position standen.

Sie hatten sich schließlich für ›Perfect‹ von Ed Sheeran entschieden. Es war ein Song, der häufig für Hochzeitstänze gewählt wurde. Er drehte sich um innige Gefühle zu einer Frau, war einfach perfekt geeignet. Eben ›perfect‹.

Dance the Night Away [Hyunlix]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt