Als ich aufwachte, war das Licht gelöscht und das Bett neben mir kalt und leer.
Verschlafen setzte ich mich auf, überlegte, ob ich Alis und Joris rufen sollte. Aber die ganze Wohnung war still. Hier waren sie nicht.
War das nur ein One Night Stand gewesen? Alles nur leeres Gerede? Hatte mein Gefühl mich so getäuscht?
Ich schaltete das Licht ein und ging ins Wohnzimmer. Nein. Ihre Sachen waren noch hier. Und an die Schlüssel für die Spielzimmer konnten sie nicht kommen, die waren eingeschlossen. Außerdem hätten sie dann auch einfach warten oder mich wecken können.
Nein, hier ging etwas anderes vor sich, auch, wenn ich nicht wusste, was es war.
Wie lange sie wohl schon weg waren? Ob ich sie anrufen sollte?
Ein Blick zum Tisch sagte mir, dass das sinnlos gewesen wäre, denn dort lagen ihre Handys.
Sie hatten also nicht gewollt, dass ich wusste, wo sie waren. Was wiederum nur einen Schluss zuließ. Sie nahmen die Dinge selbst in die Hand. Das, wovor ich sie hatte bewahren wollen. Nur wieso? Was hatten sie davon? Ich hätte ihnen den Schutz geben können, den sie gebraucht hätten. Und jetzt wollten sie das wegwerfen? Oder ... wollten sie nicht, dass ich mir das aufbürdete? Verhindern, dass ich in den gleichen Sumf geriet, in dem sie schon lange versunken waren?
Wie dem auch war, ich konnte nichts tun, außer auf sie zu warten.
Und das tat ich auch. Die Stunden vergingen, draußen auf dem Hof meldeten sich die ersten Tiere und wollten gefüttert werden.
Ich saß nur am Fenster und beobachtete den Sonnenaufgang.
Irgendwann hörte ich ein Auto auf den Hofparkplatz fahren, überlegte, ob es Joris' oder Alis' Wagen sein konnten.
Gewissheit hatte ich allerdings erst, als ich die beiden über den Hof laufen sah.
Sie wirkten geknickt und niedergeschlagen.
Ich stand auf und öffnete ihnen die Tür. Vermutlich hatten sie nicht an einen Schlüssel gedacht.
Als die beiden mich sahen, erstarrten sie förmlich.
„Trinity ...", sagte Joris, doch ich hob nur die Hand. Ich wollte nichts hören.
Sie hatten sich dafür entschieden, sich unglücklich zu machen. Ob meinetwegen, wusste ich nicht.
Die perfekte Nacht. Der vollkommene Moment. Ich wusste nicht, ob sie es zerstört hatten. Oder gerettet.
Aber ich wusste, in welcher Stimmung ich war.
„Habt ihr es getan?", fragte ich.
Sie nickten, zögernd. Ich konnte in ihren Augen sehen, was es mit ihnen gemacht hatte. Was ich jetzt zu tun hatte. Oder glaubte, zu tun zu haben.
„Kommt mit."
Die schönen Momente, die innigen Momente waren immer noch zu spüren, aber darauf wollte ich jetzt keine Rücksicht nehmen. Ich war verletzt. Ich war bereit gewesen, ein Opfer zu bringen, das sie einfach so in den Wind geschlagen hatten. Als ob es nichts bedeutete.
Und Joris ... Joris hatte einen Menschen mehr auf dem Gewissen. Und Alis ihren eigenen Bruder. Etwas, bei dem ich ihnen helfen musste, es zu verarbeiten.
Joris schien zu wissen, was ich vorhatte, er widersprach aber nicht. Alis entging meine Stimmung nicht, wie auch, meine Stimme war eisig gewesen.
Während wir schweigend über den Hof gingen, musterte ich sie unaufällig. Es war kein Blut an ihrer Kleidung. Aber gut, sie waren Profi genug, sich nicht so leicht zu verraten.
Ich wusste nicht, ob
sie es brauchten. Aber ich wusste, dass ich es brauchte. Um ihnen verzeihen zu können, dass sie mich so hintergangen hatten.
Ich holte die Schlüssel für das ganz große Spielzimmer, das so etwas wie unsere Hochzeitssuite war und auch entsprechend selten vermietet wurde.
Aber Joris hatte einen Scheiterhaufen gewollt. Er bekam einen Scheiterhaufen. Und Alis ... für sie würde ich mir etwas überlegen.
Oder ich ließ mir einfach erzählen, wieso sie das getan hatten und versuchte, die ganze Sache zu vergessen. Das würde ich dann entscheiden müssen.
„Zieht euch aus."
Ich drehte mich nicht um, während ich das zusammensuchte, was ich brauchte. Sie würden tun, was ich sagte, denn das hier war jetzt wieder mein Reich. Die Rollen waren klar verteilt.
Als ich fertig war, standen Joris und Alis nackt vor mir und ich sah, dass sie mitnichten unverletzt zurückgekommen waren.
Alis' Bruder musste eine Warnung erhalten haben.
Mein Zorn war sofort verraucht, jetzt machte ich mir Sorgen.
„Habt ihr es geschafft?", fragte ich, legte meine Spielzeuge zur Seite und zog die beiden mit mir zum Bett.
„Nein."
„Soll ich euch ins Krankenhaus bringen? Wir können immer noch eine aus dem Ruder gelaufene Session als Ausrede nehmen."
Joris schüttelte den Kopf.
„Wir konnten nur ganz knapp abhauen. Jetzt haben wir Mumpitz und Alis' Bruder auf den Fersen. Weil wir es vergeigt haben."
„Ihr hättet mir vertrauen sollen. Meinem Plan. Warum habt ihr das nicht getan?"
Darauf erhielt ich keine Antwort.
„Und jetzt?"
Ich holte den Erste-Hilfe-Kasten, nachdem ich vergeblich auf eine Antwort gewartet hatte.
Die zwei sahen wirklich schlimm aus. Hoffentlich waren das alles nur oberflächliche Verletzungen. Wenn es innere Organe getroffen hatte ... ich dachte lieber nicht daran.
Mit einem Mal hatte ich keine Lust mehr, sie für ihren Vertrauensbruch zu bestrafen. Wir hatten jetzt ganz andere Sorgen, um die wir uns kümmern mussten. Wichtigere Sorgen.
„Wie viele waren es?", fragte ich. „Und wie viele von ihnen haben überlebt?"
„Keiner."
Ich schluckte, versuchte, nicht daran zu denken, dass sie gerade mehrere Menschen umgebracht hatten. Ich hatte es doch vorher gewusst. Mich bewusst dazu entschieden, ihnen zu helfen. Meinen Körper eine Entscheidung treffen zu lassen, vor der sich mein Verstand zu gerne gedrückt hätte. Mein Herz vielleicht auch. Jetzt war es zu spät. Jetzt steckte ich Hals über Kopf drin.
Schweigend verband ich Schnittwunden, rieb Kühlgel auf Prellungen und verarztete kleinere Wunden mit Pflastern. Am Ende sahen die beiden aus wie ein Flickwerk.
„Ihr könnt euch wieder anziehen. Wird die Polizei hier auftauchen? Oder Mumpitz?"
Sie schüttelten die Köpfe.
„Wir waren gründlich. Und Mumpitz ..."
Alis sprach nicht weiter.
„Könnte also ein Problem werden."
Mental stellte ich mich schon mal darauf ein, meinen Hof gegen eine Horde von Mafia-Banditen zu verteidigen. So weit würde es nicht kommen, aber gegen Gedanken kam man nur selten an.
„Wie konntet ihr nur so dumm sein?", fragte ich, mehr enttäuscht als wütend. „Ich hätte euch geholfen und jetzt ist es noch schlimmer als vorher."
Hoffentlich sagten sie jetzt nicht, dass sie es gut gemeint hatten.
„Wir wollten nicht, dass du dich verlierst", sagte Alis. „Du bist ... du. Und das sollst du bleiben."
Damit konnte ich nicht viel anfangen. Aber zumindest so viel, dass ich eine Nachricht hinterlegte, dass ich den ganzen Tag nicht zu erreichen war.
Meine Wohnung kam mir mit einem Mal viel weniger einladend vor.
Ich ging auf direktem Weg ins Schlafzimmer und wartete auf Joris und Alis. Hoffentlich würde sich diese Vertrautheit von vorhin irgendwann wieder einstellen.
Schweigend legten sie sich zu mir, nicht sicher, was sie tun sollten. Das Schweigen war drückend und unangenehm, bis ich beschloss, dass wir uns wieder so legten wie zuvor.
Ich nahm Alis' Hand in meine und legte die von Joris darüber.
„Ihr habt Mist gebaut", sagte ich. „Und fast alles kaputt gemacht. Aber ich bin die Königin der Szene. Wenn ich keine Lösung finde, findet sie niemand."
Es würde das beste sein, wenn wir eine Nacht darüber schliefen. Übereilte Aktionen hatten selten gute Enden.
„Versprecht mir nur, dass ihr nicht wieder einfach so verschwindet. Ich möchte euch vertrauen können. Aber wenn ich regelmäßig alleine aufwache, wird das schwer."
„Versprochen", sagte Joris.
„Versprochen."
„Gut."
Ich versuchte, Joris nicht wehzutun, als ich mich enger an ihn kuschelte.
„Warte", sagte er. „Ich sollte nicht hier liegen."
Er mühte sich aus dem Bett, Alis zog mich zu sich, sodass ich schließlich in der Mitte lag.
Sie legten ihre Arme um mich und hielten mich fest. Es fühlte sich schön an. Als ob es niemals anders sein sollte.
Hoffentlich betrogen uns unsere Körper nicht.

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Little Ireland
RomansaTrinity betreibt als FemDom einen Bauernhof mit angeschlossenem BDSM-Domizil. Ihr Leben gerät komplett aus den Fugen, als sie sich in einen ihrer Kunden verliebt, der ein düsteres Geheimnis in sich trägt ...