ZWEI JAHRE SPÄTER
ˏˋ°•*⁀➷trying my best — anson sebra
i'm trying my best
to be okay——
date: august 2020
location: dortmund, deutschland——
point of view: lukasz
„Der neue hat, glaube ich, ein Auge auf dich geworfen!"
Mats Lippen verließ ein amüsiertes Lachen, weil er wieder mal nicht einmal ein Viertel der Wahrheit kannte, warum der Neuankömmling aus England, Jude Bellingham, mich so neugierig angaffte, dass ich das Gefühl hatte, als würde sein Blick mir gleich ein Lochen in den Rücken brennen.
„Er will von den Besten lernen!", versuchte ich es mit einem frechen Kommentar abzutun, weil ich mittlerweile meine Taktiken hatte, um um die Wahrheit einen Bogen zu machen.
Mats schien die Antwort genug, nicht zuletzt auch, weil er ohnehin genug zu tun hatte damit den restlichen Kader zu begrüßen, der so langsam für die erste Trainingssession der kommenden Saison eintrudelte.
Jude ging ich während dieser bestmöglich aus dem Weg. Ich mied ihn nicht direkt, war aber dann doch bedacht ihm nicht zu nahezukommen. Jude hingegen verfolgte mich mit seinem Blick.
Mats sprach mich während der drei Trainingssession noch einmal darauf an und sogar Marco fragte mich beim Training, ob es sein könnte, dass ich Jude kennen würde, weil er mir so hinterherschaute.
Nach dem Training befand ich also, dass ich mich auf solch eine Gafferei weder einlassen wollte, noch konnte und fing Jude auf dem Weg zum Parkplatz ab.
„Tu jetzt einfach so, als würde ein normaler Mitspieler mit dir reden!", knurrte ich ihm warnend entgegen, als ich schon ahnte mit was für einen Blick er meine Anwesenheit grüßen würde. Einige Meter von uns liefen Jule und Marius entlang, weiter hinten waren Marcel und Marco. Jude sollte sich lieber normal benehmen, denn sonst würde ich ihm wohl den Kopf abreißen.
„Ist deine Mutter da?", fragte ich.
„Holt mich ab", antwortete der junge Brite. Ich schielte zu ihm, dann zum schwarzen Audi und nickte.
„Ich muss mal kurz was mit ihr klären!", erklärte ich und trottete bis zum Auto neben Jude her. Seine Mutter erkannte mich schon aus der Distanz hinweg, besaß aber ein wenig mehr Verstand als Jude und benahm sich etwas neutraler mir gegenüber. Sie fuhr lediglich mit der Fensterscheibe herunter, behielt ihre Sonnenbrille an, auch als ich mich zu ihr runterbeugte.
„Ich glaube, ich muss mit Jude reden, könntest du ihn zu mir bringen?"
Denise nickte und meinte: „Ich fahr dir hinterher!"
„Alles klar!"
Mit diesen Worten drückte ich mich vom Auto weg, warf Jude einen kurzen Blick zu, der irgendetwas zwischen genervt und bemitleidend war, weil ich noch keine endgültige Meinung zu ihm hatte, bevor ich zu meinem Auto ging.
„Du kennst ihn also doch?", hörte ich Marco fragen, der neben mir geparkt hatte. Auf die schnelle sponn ich mir eine mehr oder minder logische Erklärung zusammen, indem ich meinte: „Der Sohn eines Freundes spielt bei Birmingham. Kenne die Familie bloß um zehn Ecken!"
Ich würde an Marcos Verstand und Intelligenz zweifeln, würde er mir das wirklich glauben, aber vielleicht verstand er, dass ich gerade darüber nicht reden wollte. Er fragte zumindest nicht weiter, sondern nahm mein bis morgen einfach hin.
Ich fuhr vom Parkplatz herunter, prüfte immer wieder aus dem Rückspiegel, ob ich Jude und Denise nicht versehentlich abgehangen hatte, aber sie blieben hinter mir bis vor mein Haus.
Ich wartete vor der Eingangstür auf die beiden, die ebenfalls in meiner Einfahrt Platz genommen hatten.
„Lukasz, ich komme jetzt nicht mit raus, ich denke, es ist besser, wenn du mit Jude alleine sprichst. Wann soll ich ihn abholen?", rief sie mir aus dem Auto zu. Ich spielte mit den Schlüsseln in meiner Hand und beobachtete Jude, der gerade mit geknickter Haltung ausstieg. Jetzt tat er mir doch leid, dass ich ihm gegenüber so kühl gewesen war.
„Ich bringe ihn nach Hause!", antwortete ich: „Muss eh nachher noch einkaufen fahren!"
Denise akzeptierte es, auch wenn sie mir erst widersprach, weil sie mir keine Probleme machen wollte, schließlich gab sie dann aber auf.
„Komm Kleiner", murmelte ich mit ein wenig sanfterer Stimme, schloss die Tür auf und bat Jude als ersten herein.
Ich erklärte ihm, wo Schuhe und Jacke hingehörten, stellte seine Sporttasche auf das Sideboard und zog mich selbst aus, bevor wir uns ins Wohnzimmer auf die Couch gesellten.
„Du siehst voll okay aus, also, man merkt dir keine Probleme an. Man ahnt nichts!"
Ich wusste, dass Jude mich versuchte aufzumuntern und, weil ich ihm das hoch anrechnete, zwang ich mir ein Lächeln auf.
„Ich geb mein Bestes dabei okay zu sein", erklärte ich und lenkte dann rasch in ein anderes Thema, auch wenn ich wusste, dass weitere Fragen bezüglich dieses Themas eigentlich unausweichlich waren.
"Wasser?", fragte ich Jude, aber er winkte ab. Er schob sich nervös auf dem Sofa hin und her und steckte seine Hände zwischen seine Beine. Okay, er war nervös. Verständlich.
Jude und mich verband eine äußerst merkwürdige Beziehung, die man gut mit dem Titel benennen könnte: Die Welt ist klein.
Ich hatte mich vor einigen Wochen auf ein Date gewagt, welche mein Bruder mir irgendwie organisiert hatte. Grundsätzlich war ich nach Gerard nicht mehr auf der Suche nach etwas Festem, aber damit die ständige Jammerei seitens meiner Brüder und Eltern Ruhe gab, hatte ich nachgegeben und auf ein Date zugesagt, da ich davon ausging, dass mich in England relativ wenige Menschen kannten und ich mit einem Engländer wohl ausgehen könnte. Blöd nur, dass dieser Engländer Judes Onkel gewesen war, der Bruder seiner Mutter, der mich beim Date, zu allem Überfluss auch noch auf ein Birmingham Spiel mitgenommen hatte. Damals hatte ich mir aus der Championchip Mannschaft auf der Insel nicht sonderlich viel gemacht, Jude war für mich lediglich ein talentierter 17-Jähriger Nachwuchsspieler, bis eineinhalb Monate später sein Transfer nach Dortmund verkündet wurde.
Zwischen seinem Onkel, Kyle, und mir war nichts geworden, aber Jude hatte mein Gesicht trotzdem gesehen und mit seinem Transfer wurde er dann eine Gefahr für mich, weswegen ich aus den Tiefen meines Handys hatte Kyles eigentlich schon archivierten Chat hervorkramen und ihm das Problem mit dem ganzen Jude Transfer hatte erklären müssen. Daraufhin hatte mich Kyle wissen lassen, dass Jude auch schwul war und Angst vor einem Wechsel nach Deutschland hatte, weil er nicht wusste, wie man schwul sein und Fußball unter einen Hut bekommen sollte. Kyle hatte meine Nummer sogar an Judes Mutter weitergegeben, die sich schreckliche Sorgen um ihren Sohn gemacht hatte und ich hatte ein bisschen starke Schulter gespielt und ein paar aufmunternde Worte eingetippt, um sie zu beruhigen, aber mittlerweile glaubte ich, dass ich einfach hätte mit der Wahrheit um die Ecke kommen sollen, dass ich eigentlich gar nicht wusste, wie man schwul sein und Fußball unter einen Hut bekam. Jedenfalls war das der Grund, warum Jude und ich uns "kannten" - auch wenn ich persönlich fand, dass kennen zu viel des Guten war. Ich hatte mit Jude persönlich nur drei Minuten, wenn nicht sogar weniger, geredet.
"Ich hätte dich nicht so anstarren sollen, heute, sorry - ich, ich kenne nur niemanden, außer Jadon, aber Jadon kenne ich jetzt auch nicht so gut, wie es vielleicht wirken mag und ich... keine Ahnung, ich war ein bisschen verloren und so..."
"Alles gut!", winkte ich direkt ab. Ich nahm auf der Armlehne des Sofas Platz, nicht weit von Jude entfernt und sagte: "Deine Augen verraten ja nichts. Es hat ohnehin kaum wen interessiert und wenn du mir jetzt nicht auf Schritt und Tritt folgen wirst, dann wird es auch niemanden mehr jucken!"
"Denkst du?"
"Ich weiß es!"
Jude lächelte gezwungen und fuhr sich durch die Locken.
"Aber das bedeutet nicht, dass wir nicht trotzdem aufpassen müssen, Kleiner. Die Jungs, die du heute getroffen hast, davon weiß niemand, dass ich schwul bin und ich bitte dich, dass du das auch für dich behältst!"
"Kyle hat mir gesagt, dass das niemand weiß. Ich dachte, dass ihr voll die kühlen Beziehungen innerhalb der Mannschaft habt und ihr euch nicht vertraut, aber du wirktest total gut mit einigen von denen!"
"Ich bin auch wirklich eng befreundet mit einigen aus der Mannschaft!", stellte ich direkt klar. Jude sah mich fragend an und musste nicht einmal etwas Sagen, damit ich ihm eine Antwort gab.
"Ich möchte nicht, dass sie für meine Geheimnisse bürgen müssen. Vielleicht verstehst du das jetzt noch nicht, aber gib dir noch ein paar Monate und du wirkst merken, dass es wirklich kompliziert ist, nicht zu verraten, dass man schwul ist und ich möchte nicht, dass meine Freunde sich darum noch sorgen müssen. Man hat als Fußballer schon genug Probleme, man muss sich nicht noch damit herumschlagen!"
Ich sah, dass meine Antwort Jude ein wenig erschlug, aber er war erst 17 und kam aus der zweiten englischen Liga. Der BVB war seine erste große Station und ich wollte ihm nicht die Freude am Fußball nehmen, aber ich konnte auch schlecht sagen, dass er sich morgen beim Training ein Post-It auf die Stirn kleben solle, bei dem es hieß, dass er schwul war, das aber ein Teaminternes Geheimnis bleiben müsse. Geheimnisse waren kompliziert. Gerard hatte es mich einst gelehrt, wie schwer so ein Doppelleben war und ich hielt noch immer an dieser Lehre fest.
"Ist das nicht einsam?"
wenn man niemanden hat, schon...
"Geht eigentlich!", log ich, weil ich es einfach nicht über mich brachte die Wahrheit zu sagen.
Jude war 17! 17!
Max war 19 gewesen und hatte die Wahrheit nicht verkraftet und so miserabel, wie seine Karriere momentan lief, verkraftete er es noch immer nicht. Wie sollte Jude es mit 17 verkraften?
"Wenn du dich einsam fühlst, kannst du gerne jederzeit bei mir vorbeischauen. Mir kannst du ja die ganze Wahrheit erzählen!", versuchte ich ihn aufzumuntern und legte meine Hand auf seine Schulter. Jude lächelte schmal und ich spürte, wie sich sein Körper unter meiner Berührung etwas entspannte.
"Möchtest du dich nicht outen?"
Ich sah zu ihm.
"Du bist ziemlich direkt!", lachte ich.
"Ich möchte einfach wissen, ob ich darauf hoffen kann, dass sich endlich ein schwuler Fußballer outet und er mir dann als Vorbild dienen kann, weißt du?"
mhm Vorbild...
Ich schwieg.
"Musst darauf nicht jetzt antworten!"
Ich sah zu Jude und seufzte. Ich würde schon gerne antworten, aber ich hatte mittlerweile verstanden, dass ich mich zwischen Fußball und Schwul sein entscheiden müsste und für den momentan schien mir die Lösung nichts zu sagen die einzig Gute in diesem ganzen Chaos, denn alleine würde ich mich bestimmt nicht outen, aber mir eine Gruppe von Gleichgesinnten suchen lag mir auch fern, wenn ich mich nur daran erinnerte, wie es das letzte Mal geendet war. Eine Verabschiedung aus dem Fußballgeschäft war der einzig mögliche Weg, aber wollte ich das?
"Ich bin nicht wirklich ein Mensch, der gerne in die Zukunft schaut", weil ich Angst vor dieser habe, fügte ich in Gedanken hinzu.
"Okay", murmelte Jude: "Kann ich jetzt vielleicht doch ein Wasser haben?"author's note
ˏˋ°•*⁀➷nach zwei Tagen Pause
hier ein neues Kapitel
diesmal mit Jude,
auch wenn poor boyyy
gerade ausgeschieden ist
aus der WMich hoffe es gefällt euch
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TACOS IN RED || fussball & formel 1 ✔︎
Fanfic[ 𝐚 𝐟𝐨𝐨𝐭𝐛𝐚𝐥𝐥 𝐦𝐞𝐞𝐭𝐬 𝐟𝐨𝐫𝐦𝐮𝐥𝐚 𝟏 𝐟𝐚𝐧𝐟𝐢𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧 ] die Sportwelt wartet auf den einen schwulen Sportler, auf das eine Outing, aber was ist, wenn es in den Reihen der Sportwelt eine Untergrundgesellschaft gibt, in der sich die...