million reasons — lady gaga
you're giving me a million reasons to let you
you're giving me a million reasons to quit the show
you're givin' me a million reasons
give me a million reasons——
date: november 2013
location: dortmund, germany——
point of view: lukasz
„Du nimmst die Pillen, wie Smarties und das nicht erst seit gestern!"
Mit strenger Stimme und noch strengerem Blick trat mir Neven entgegen, während ich gerade noch die paar Ibu Tabletten mit Hilfe eines Wasserglases runterschluckte. Sofort presste ich dann meine Lippen aufeinander und sah zu Neven herüber. Er war wohl der einzige Fußballer, der mir diese Worte an den Kopf werfen würde. Niemanden sonst interessierte die Menge an Schmerztabletten, die man zu sich nahm. Man nahm einfach so viele, bis sie wirkten und wenn sie nicht wirkten, dann mischte man es einfach mit anderen. Der Profisport wurde mit anderen Regeln geschrieben. Meistens. Neven war die Ausnahme, die die Regel bestätigte. Er hielt Abstand von Medikamenten, die ihn künstlich gesund hielten. Ich bewunderte ihn, wusste aber, dass auf diesen Zug zu springen für mich schon zu spät war.
„Du machst dich kaputt!", murmelte er: „Das ist es nicht wert! Es gibt noch ein Leben außerhalb des Sports!"
„Oder auch nicht", flüsterte ich pessimistisch. Eigentlich wollte ich so eine triste Stimmung nicht durchsickern lassen, aber manchmal konnte man sich wohl nicht zurückhalten. Ich sprach doch nur von der Wahrheit. Was hatte ich schon außerhalb des Sports? Nichts. Man könnte jetzt mit dieser neuen albernen WhatsApp Gruppe argumentieren, die neuerdings dazu führte, dass ich mein Handy nachts auf stumm stellen musste, weil zu viele Anrufe und Nachrichten mich erreichten, aber das war doch nichts ernstes. Am Ende des Tages waren diese Männer Fremde.
„Du hast Familie und Freunde!"
Von denen die meisten nicht wissen, wer ich wirklich bin
Ich lächelte Neven tapfer an. Es war in Momenten wie diesen, wo ich mich schlecht fühlte, dass sie es nicht wussten. Manchmal lagen mir die drei Worte auf der Zunge: Ich bin schwul. Es wäre eigentlich fair es ihnen gegenüber zu sagen — zeitgleich aber auch so unfair.
Solange sie es nicht wussten, hatte das Wort Freund einen faden Beigeschmack. Natürlich, es war nur die Sexualität, aber irgendwie war es dann auch so viel mehr. Es war meine Persönlichkeit, es war meine Identität, meine Art zu lieben, meine Art eine Zukunft aufzubauen, meine Art mich auf jemanden einzulassen.
Mein Leben vor ihnen gründete auf vielen kleinen Notlügen. Ich log, wenn ich erzählte, wie meine perfekte Zukunft aussah.
Ich log, wenn ich behauptete ein Auge auf ein Mädchen geworfen zu haben.
Ich log, wenn ich erzählte, was für Vorlieben ich im Bett hatte.
Ich log, bei so vielem, dass ich zweifelte, dass sie mich überhaupt kannten.
Manchmal wollte ich mit ihnen offen sein, ihnen erzählen, wie ich eigentlich innerlich funktionierte, denn ich wusste, dass das Menschen waren mit denen ich diese Details teilen könnte.
Ich wusste, dass ich mich abends mit Mats, Marcel, Kuba, Nuri und Neven treffen und von meinem Jugendcrush auf Justin Timberlake zu *NSYNC Zeiten erzählen könnte und sie würden lachen und darauf eingehen. Ich könnte sagen, dass ich den Kerl aus dem Werbespot unfassbar sexy fand und sie würden mich damit aufziehen. Und ich wusste auch, dass ich sie um Rat fragen könnte, was sich da zwischen Gerard und mir anbahnte, weil ich mir nicht sicher war, warum mein Herz so raste, wenn ich eine Nachricht von ihm bekam und weil es mich gerade in den Wahnsinn trieb.
Ich wusste, dass ich all das mit ihnen teilen könnte.
Ich wollte es sogar.
Und das war unfair. Denn ich hatte verdammt gute mögliche Freunde in einem Geschäft gefunden, was übersät von arroganten Idioten war. Aber ich konnte sie einfach nicht zu meinen wahren Freunden machen. Ich konnte so tun, als ob sie es wären, aber wirklich sein taten sie es nicht. Und das machte mich traurig und wütend zugleich.
Und deswegen war die Aussage, dass ich Freunde außerhalb des Sports hatte nur mit Vorsicht zu genießen. Ich hatte eine Familie. In einem anderen Land. Und hier, hier war ich alleine. Und das war verdammt einsam. Und mit Schmerzen in der Hüfte unerträglich.
„Was meinte der Doc, wie lange bist du raus?"
„Vielleicht ein ganzes Leben!"
„Ist alles gut bei dir? Du bist heute so negativ!"
Ich schnalzte mit der Zunge. Die letzten Wochen hatten mir zugesetzt. Ich war nach der Operation vier Wochen lang ans Bett gefesselt gewesen, dann hatte ich mich langsam erholt und acht Wochen später war ich nun, bei einer hohen Dosis von Schmerztabletten, in der Lage mir ein Taxi vom Trainingsgelände zu nehmen und mich vor Ort vom Mannschaftsarzt untersuchen zu lassen. Aber viel Zeit außerhalb des Hauses konnte ich nicht verbringen. Ich war die meiste Zeit noch an eine liegende Position gefesselt.
„Willst du heute vielleicht zu mir? Ich kann die anderen fragen!"
„Danke, aber ich denke, ich passe!"
„Ich denke, du solltest kommen!"
Eine dritte Stimme mischte sich unter und, als ich an Neven vorbeisah, entdeckte ich Mats, der eintrat. Wir waren gerade in der Kabine in der ich ein wenig Zeit totschlug, um nicht einsam Zuhause zu sitzen. Der Rest hatte Saisonvorbereitungstraining und immer mal wieder verschwand eine Seele in die Kabine.
„Ich bin müde!", murmelte ich Mats entgegen.
„Du kannst morgen auch noch schlafen!"Irgendwie überzeugten mich die beiden dazu, dass ich meine Pläne vom alleine sein über Bord warf und mich stattdessen von Neven zu sich nach Hause chauffieren ließ. Marcel, Nuri und Kuba entschieden dem spontanen Treffen beizustossen, genauso wie Mats, sodass wir am Abend eine recht große Gruppe in Nevens Wohnzimmer waren. Der Abend war eine gute Ablenkung, eine viel bessere, als ich erwartet hatte mit Uno, Pizza und Bier.
„Okay, jetzt Hand aufs Herz: Wer wartet zuhause auf dich?", fragte Marcel irgendwann. Ich war bisweilen dem Thema Liebesleben meisterhaft entkommen, aber um zehn Uhr war es wohl an der Zeit sich diesem Thema zu stellen.
„Niemand!", antwortete ich leise.
„Ich bitte dich, du bist in letzter Zeit ständig in dein Handy vertieft. Wir sind doch nicht doof!", lachte Kuba. Zwanghaft schob ich meinen Mundwinkel hoch, auch wenn mein Herz innerlich weinte.
Ich begann an dem Papier um die Bierflasche zu spielen.
wenn sie nur wüssten
Ich bemerkte die fünf neugierigen Augenpaare und die auftauchende Enttäuschung, als ich nichts verriet.
„Bei dir ist es echt schwer durchzukommen, Kleiner!", murmelte Mats ein wenig genervt. Ich seufzte. Jetzt war die Stimmung schlecht und ich war der Grund.
Mein Blick glitt durch die Gruppe und blieb an Kuba hängen. Von allen kannte ich ihn am längsten und am besten. Er betitelte mich stetig als guten Freund, ich erwiderte diese Bezeichnung zwar, aber mein Schweigen zum Thema Liebesleben war wohl wie ein Schlag ins Gesicht. Es tat mir so leid. Warum war alles in meinem Leben nur so verdammt verzwickt? Warum machte meine Sexualität alles nur so unfassbar kompliziert? Es war doch nur ein anderes Geschlecht, was ich liebte. Es war nicht fair. Ganz und gar nicht fair.Irgendwann retteten wir den Abend aus diesem Tief der Laune. Es war alles gut, bis ich am Abend Nevens Haus mit Kuba als letztes verließ. Ich konnte nicht genau erklären, was es jetzt war, aber irgendetwas an der Stimmung zwischen uns änderte sich. Da war so ein tiefer Schatten in Kubas Gesicht, als er sich hinter das Lenkrad setzte.
Auf der Fahrt zu meinem Haus schwieg er und ich war eingeschüchtert, um etwas zu sagen. Eigentlich hatte ich erwartet, dass wir mit einem simplen bye auseinandergingen, aber, als ich die Tür öffnete und aussteigen wollte, räusperte er sich. Ich warf einen Blick über meine Schulter, rechtzeitig zu seinen Worten.
„Wir werden nicht ein Leben lang seinen Geheimnissen hinterherjagen!"
Ich schluckte schwer, doch schwieg.
„Hab ich dir jemals einen Grund gegeben mir nicht zu vertrauen? Wir kennen uns seit wir 16 sind!"
„Kuba...", hauchte ich: „Es gibt kein Mädchen!"
„Aber irgendwann musste es doch irgendeines gegeben haben. Irgendwann musste es doch irgendetwas gegeben haben. Oder willst du mir sagen, dass du mit Ende 20 als gut aussehender Kerl noch nie eine Frau im Bett hattest?"
ja
„Bist du schwul?"
Mein Herz setzte für einen Schlag aus. Was?
„Sorry, aber die Annahme liegt dann nahe!"
hau die Wahrheit raus, hau die Wahrheit raus, hau die Wahrheit raus
Das schrie mir mein Bauch und Herz zu. Aber ich tat nichts. Genau nichts.
„Was auch immer, ich hoffe, dass ich es irgendwann erfahre!", murmelte Kuba und entließ mich damit ins Freie.author's note
ˏˋ°•*⁀➷melde mich mit Jet Lag wieder aus Deutschland
👋
das erste neue Kapitel in der bearbeiteten Version. Ich möchte ein bisschen die Umfelder reinbringen, von daher hoffe ich, dass es euch gefällt
lasst mir gerne Feedback da
❤️
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TACOS IN RED || fussball & formel 1 ✔︎
أدب الهواة[ 𝐚 𝐟𝐨𝐨𝐭𝐛𝐚𝐥𝐥 𝐦𝐞𝐞𝐭𝐬 𝐟𝐨𝐫𝐦𝐮𝐥𝐚 𝟏 𝐟𝐚𝐧𝐟𝐢𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧 ] die Sportwelt wartet auf den einen schwulen Sportler, auf das eine Outing, aber was ist, wenn es in den Reihen der Sportwelt eine Untergrundgesellschaft gibt, in der sich die...