Ein neuer Anfang

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Zwei Monate später

"Tygran, beeil dich, dein Jobinterview fängt gleich an!" Dani klopfte ungeduldig an die Badezimmertür und blickte auf seine Uhr. Es war schon eine Krise gewesen Tygran in einen maßgeschneiderten Anzug zu zwängen, wobei er sich mit der Krawatte selbst erwürgt hätte, wäre Dani nicht da gewesen.

"Ja! Ich komme!"
Dani rollte die Augen und hörte den Wasserhahn, bevor sich die Tür öffnete.

"Ach du scheiße, was hast du denn gemacht?!", rief Dani entsetzt, als Tygran auf einmal mit einem blutigen Kinn vor ihm stand.

"Äh... Ich hab versucht mich zu rasieren?", kam es unschuldig zurück und Dani stöhnte laut.

"Mit einem Samuraischwert oder wie?!" Er schob sich an Tygran vorbei ins Bad und nahm ein paar Papiertücher, die er bewässerte, bevor er damit grob über Tygrans Schnitte wischte.

"Au, au! Dani!" Schnell duckte sein Freund sich weg, doch Dani hatte schon ein kleines Pflaster hervorgeholt und klebte es an sein Kinn.

"A-Aber jetzt seh ich total unseriös aus!", beschwerte Tygran sich und Dani schlug auf seine Finger, bevor er das Pflaster wieder abziehen konnte.

"Ohne Pflaster siehst du aus, als wärst du in eine Brotschneidemaschine gefallen! Das musst du jetzt hinnehmen!"

"Aber... Ist sonst alles gut?? Was ist mit meinen Haaren?" Bevor Tygran hektisch zum Spiegel sausen konnte, hielt Dani ihn fest und zog ihn zu sich.

"Glaub mir, Tygran...", seufzte er und legte eine Hand auf seine Wange.

"Du siehst toll aus."
Das war eine harte Untertreibung. Tygran sah so aus, als würde er gleich über den roten Teppich spazieren, und Dani würde ihn am liebsten sofort wieder aus dem engen Anzug pellen und zurück ins Bett zerren.

"Wirklich?" Tygran blinzelte ihn mit schreckgeweiteten Augen an. Dani seufzte.

"Du könntest einen Müllsack anziehen und würdest gut aussehen, sei nicht so ne Drama Queen! Du bist schließlich der Interviewer..."

"Ja, ja, okay!" Tygran nickte und schüttelte sich einmal nervös.

"Na gut, du regelst jetzt die Bewerber und ich muss zur Schule", sagte Dani mit einem Blick auf seine Uhr.

"Bis später." Er zog Tygran am Arm nach unten und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Sein Freund wurde sofort rot. Mit einem Grinsen ging Dani die Treppe der Villa herunter und betrat die Eingangshalle. Die oberen Stockwerke waren noch ein Disaster, aber das Erdgeschoss war seit den letzten Wochen kaum wiederzuerkennen. Die Wände waren frisch gestrichen, die Fenster neu gemacht und die Möbel entstaubt.

Nachdem Tygran aus dem Krankenhaus entlassen wurde, hatte er ein langes Gespräch mit Karen geführt. Anstatt die Konten seines Onkels einzufrieren, hatte die Polizistin es geschafft, Tygran ein Zugriffsrecht zu beschaffen, wodurch das Anwesen samt Hof nun ihm gehörte. Sein Onkel wurde in Untersuchungshaft für nicht zurechnungsfähig befunden, Dani hatte dem Wagen, mit dem er in die nächstgelegene Psychiatrie befördert wurde, mit einem fetten Grinsen hinterhergewunken.

Seitdem hatte sich vieles verändert. Tygran musste sich auf einmal selbstständig machen und sich um Finanzen, Rechnungen und die Aktien seines Onkels kümmern. Danis Eltern halfen ihm wo sie konnten, wobei Dani selbst, aufgrund seiner eigenen Planlosigkeit, eher nur eine emotionale Stütze war. Tygran besuchte zusätzlich die Abendschule um sich als Unternehmer bewähren zu können, und er hatte tatsächlich mit Ach und Krach die Führerscheinprüfung bestanden.

Dani musste grinsen, als er daran dachte, wie Tygran zusammengekrümmt im kleinen Fahrschulauto saß und auf einmal das Lenkrad vor Panik aus der Fassung gerissen hatte. Ein Glück dass Tygrans Onkel seine Bankkonten so gut befüllt hatte...

Competitors (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt