Competitors (BoyxBoy)

Eifersucht

Es gab ein weiteres Thema, das Dani bedrückte, als der männliche Anteil der Schüler die Duschen betrat. Es war albern, aber es störte ihn, dass bei Tygran alles größer zu sein schien als bei ihm. Alles, und somit wahrscheinlich auch...

"Hey, Dani! Ich leihe mir kurz dein Duschgel, okay?"
Dani dachte er würde gleich tot umfallen, als Tygran sich auf einmal zu ihm in die Duschkabine quetschte und nach dem Shampoo griff.

"Was zum?!" Dani hatte keine Möglichkeit sich zu bewegen, als ein 2,10 Meter großer Muskelberg in seine Privatsphäre eindrang. Nackt, natürlich. Genauso nackt wie Dani. Er war wie in Schockstarre als er Tygrans von Nässe glänzende Brust auf einmal direkt vor seinem Gesicht hatte, und er erreichte sein entgültiges Limit als... etwas seinen Bauch berührte.

"Geht's noch?! Spinnst du oder was?!", brüllte Dani durch den gesamten Duschraum und verschreckte Tygran offensichtlich, da dieser einen Satz zurück machte. Allerdings sah er eher verwirrt aus, als er mit Danis Shampoo in der Hand gen Decke blickte.

"Spinnen...", murmelte er leise, als müsste er sich erinnern was das Wort nochmal bedeutete.

"Tschuldigung, Dani. Kommt nicht wieder vor!"
Dani zwang sich nicht auf die Gegend unterhalb Tygrans Oberkörper zu sehen, er wollte sich nicht noch schlechter fühlen. Er bekam eh schon genug verwirrte Blicke von den anderen Kursteilnehmern, die sein Problem anscheinend nicht nachvollziehen konnten.

"Dani?"

"Heilige Scheiße!" Dani sprang rückwärts gegen die Duschwand als Tygrans Kopf auf einmal überhalb der Abgrenzung zur nächsten Kabine auftauchte.

"Kann ich kurz dein Handtuch benutzen?"
Dani wusste nicht mehr was er sagen sollte, als er sich vorstellte wie klein sein Handtuch in Tygrans Händen aussehen musste und was er damit alles abtrocknen würde...

"Frag doch einfach mal jemand anderen!", rief er völlig mit den Nerven am Ende und trat gegen die Duschwand. Tygran blickte ihn ein wenig verletzt an, bevor er es anscheinend endlich schnallte und Dani in Ruhe ließ. Das letzte was er an diesem Tag von ihm sah, war wie Tygran sein Shampoo auf dem Boden unter der Duschwand zu Dani herüberschlittern ließ.

"Dani, mein Schätzchen, wie war die Schule?" Danis Mutter kam sofort auf ihn zu, als sie ihren Sohn die Eingangstür zuschlagen hörte. Er schleuderte seine Schultasche weg und zog sich hastig die Schuhe aus, doch seine Mutter legte bereits ihre Hände auf seine Wangen.

"Was ist denn los? Sam hat mir erzählt ihr habt einen neuen im Jahrgang. Wie ist er so?"

"Er ist ein beschissener Idiot!" Dani riss sich los und stapfte die Treppe hoch bevor er seine Zimmertür mit einem lauten Rums zuschlug. Seine Mutter würde später noch mit ihm schimpfen, aber Dani konnte es nicht weniger kümmern. Was für ein Scheißtag. Am liebsten würde er morgen zu Hause bleiben, vielleicht konnte er so tun als wäre er krank. Aber am Ende würde der blöde Russe noch an seiner Tür klingeln um ihm seine ausgeleierte Badehose zurückzugeben, nein danke. Auf so einen Mist konnte Dani verzichten.

Im Grunde wusste er, dass es nicht Tygrans Schuld war. Er kannte sich nicht gut aus und er gab sein bestes, um niemandem zur Last zu fallen. Aber Dani konnte sich nicht vorstellen, dass jemand ernsthaft so höflich war, als ob der Blödmann sonst keine Gefühle hätte. Er versteckte etwas, dessen war Dani sich sicher. Aber er hatte weder Lust es herauszufinden, noch irgendetwas mit Tygran zu tun zu haben. Wenn er wenigstens hässlich wäre, oder ein fieses Arschloch! Aber wie es momentan aussah verschwand Dani vom Platz Eins des Schulschwarms.

Der nächste Tag war keineswegs besser. Sobald er den Klassenraum betrat sprang Tygran wie ein Hund von seinem Platz auf und lief auf ihn zu. Allein schon beim Anblick seines fröhlichen Gesichts wollte Dani kehrt machen. Warum freute der Idiot sich so ihn zu sehen?

"Dani!"
Er stellte sich Tygran mit einem freudig wedelnden Hundeschwanz vor.

"Hier, deine Badehose!", grinste er und legte sie Dani in die Hände. Dani schnaubte nur als er zu seinem Platz gehen wollte und vorhatte Tygran dabei anzurempeln. Das stellte sich jedoch als nicht so gute Idee heraus, wie Dani bemerkte, als seine Schulter auf Tygrans Oberarm traf.  Dani stolperte durch den Aufprall und wäre beinahe gefallen, hätte Tygran ihn im richtigen Moment nicht festgehalten. Sein Griff war sanft als er Dani wieder hochzog und er sah besorgt aus.

"Alles in Ordnung?", fragte er und Dani wünschte er könnte ihm ins Gesicht spucken. Als ob dieser Idiot nicht merkte, dass er Dani alles wegnahm, dass Dani überhaupt nicht mit ihm befreundet sein wollte und dass er gegen ihn ankämpfte.

"Verpiss dich, verdammt nochmal!" Dani schlug seinen Arm beiseite.

"Verpissen? Aber ich muss doch gar nicht aufs Klo..." Tygran sah ihn mit diesem verwirrten Blick an. Dani packte ihn am Kragen und zog ihn auf Augenhöhe.

"Fahr zur Hölle! Checkst du das nicht, du Bastard?", zischte er, bevor er ihn wieder losließ und sich wegdrehte.

"Schön...", murmelte Tygran leise und seine Augen waren auf einmal dunkler, seine Gesichtszüge wie versteinert. Gut so, dachte Dani. Hoffentlich ließ Tygran ihn jetzt in Ruhe. Und das tat er, gegen Danis Vermutung. Tygran sprach kein Wort mehr mit ihm, die Hand um seinen Stift war noch verkrampfter als am Vortag und er zerbrach beinahe sein Lineal. Aber er tat Dani nicht leid, sollte der Idiot doch jemand anderen belästigen.

Tygran folgte ihm nicht als Dani den Raum für die Pause verließ. Bis jetzt schienen sie alle Kurse gemeinsam zu haben, was Dani ungeheim auf die Nerven ging, aber im Spanischkurs war der Platz neben ihm auf einmal wieder leer. Tygran hatte wahrscheinlich Französisch oder Latein, wenigstens hatte Dani jetzt genug Platz zum Schreiben, ohne dass Tygrans Arm seinen immer beiseite schob.

In der Essenspause verzog sich Dani wie immer zu seiner Lichtung hinter dem Maschendrahtzaun. Doch schon von weiter weg konnte er Stimmen hören, die er sofort erkannte. Sam lachte mit ihrer hellen Stimme und es war nicht schwer Tygrans tiefen Bariton zu überhören, schon gar nicht mit dem russischen Akzent. Dani blieb wie angewurzelt stehen. Die beiden mussten sich wohl im Französischkurs kennengelernt haben, aber das Sam ihm einfach ihren geheimen Platz hinter dem Schulgarten zeigte, konnte Dani nicht einsehen.

"Hey! Was soll das!", rief er entrüstet als er durch die Büsche brach. Sam und Tygran saßen sich gegenüber mit einem Französischbuch in der Mitte der Lichtung.

"Da bist du ja, Dani!", Sam lächelte nervös, sie wusste, dass sie Dani damit verärgert hatte.

"Ich kann's nicht glauben! Nur wir wussten von dieser Stelle und du zeigst sie diesem Idioten obwohl du ihn gerade mal einen halben Tag kennst!"

"Aber Dani-..."

"Ich hab echt genug!" Er drehte sich um und ließ die beiden allein, nicht ohne sich wütend durch den Busch zu schlagen. Das durfte einfach nicht wahr sein. Jetzt nahm der beschissene Mistkerl ihm auch noch seine einzige Freundin weg. Für wen hielt der sich eigentlich? Das nächste Mal wurde er ihm ordentlich die Fresse polieren. Und er würde nicht aufgeben ehe 118 Kilogramm den Boden küssten.

Die nächsten Tage ignorierte er Tygran, und dieser schien immerhin die Message verstanden zu haben, auch wenn er manchmal ein wenig wehmütig zu Dani hinüberblickte. Dani verstand es einfach nicht. Warum suchte Tygran sich nicht jemand anderen? Er hängte sich an niemanden so ran wie an Dani!
Das Wochenende verbrachte Dani allein in seinem Zimmer vor der Konsole. Im Gegensatz zu Sam war er fest davon überzeugt, dass seine Wut gegenüber Tygran begründet war. Der Typ nahm ihm alles weg und das auch noch unbewusst. Als würde er nicht einmal merken, dass er Dani vom Thron stieß.

Er ignorierte Sams WhatsApp Nachrichten, in denen sie sich entschuldigte und anbot, ihm ein Eis auszugeben. Aber Dani wusste, dass das wahrscheinlich nur eine List von ihr war, ihm einzureden er solle Tygran eine Chance geben. Dani warf sein Handy aufs Bett, nachdem er es auf lautlos gestellt hatte, bevor er sich wieder auf die Zombieapokalypse konzentrierte. Seine Eltern machten die Fahrradtour alleine, Dani war nämlich noch weniger umgänglich mit schlechter Lauber als sowieso schon. Mit ein paar Ermahnungen ließen seine Eltern ihn zu Hause in seinem abgedunkelten Zimmer, während draußen die pralle Sonne scheinte.