Bandenbesprechung

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„Da seid ihr ja endlich", brummte Cassaras, als sie am Ufer ankamen. Die Crucis lag weiter draußen auf dem Meer vor Anker und sie brauchten nur noch mit der Hercules rüberzurudern. Kein Orion in Sicht und nirgends Darkoner, die ihnen auf der Fahrt begegnet waren. Der Nixenprinz hatte Recht behalten und Alea atmete erleichtert auf.

„Danke, dass sie nachgesehen haben", wandte sie sich an ihn.

Cassaras musterte sie kurz, bevor er fragte: „Hast du noch einmal Kontakt zu Thea aufnehmen können?"

„Nein." Alea hatte es auf der Fahrt ein paarmal versucht, jedoch stets erfolglos.

Siska blickte gerade auf ihr Handy und dann in den Himmel. „Wir sollten jetzt zu eurem Schiff rudern. Es könnte gleich anfangen zu regnen."

Die Cru lief zur Hercules und Cassaras folgte ihr mit kleiner Distanz. „Ich schwimme rüber", vermeldete er dann, als Alea und die anderen nach und nach Platz nahmen. Lennox nickte Cassaras zu. Es war eh kein Platz mehr in ihrem Beiboot und so eng mit anderen Leuten beisammen zu sitzen war nicht gerade seine Lieblingsbeschäftigung.

Ben fing nun an zu rudern. Lennox beobachtete indes mit unentspanntem Gesichtsausdruck die Crucis, als könnten Orions Leute jeden Moment an Deck kommen.

Doch niemand war da, als sie die Außenleiter hochkletterten. Das Schiff schaukelte seelenruhig auf dem Wasser, als habe es die ganze Zeit auf sie gewartet und wollte nun endlich lossegeln. „Ich würde sagen, wir verschwinden möglichst schnell", meinte Ben. „Orion könnte nichtsdestotrotz hier noch seine Augen und Ohren haben."

„Allerdings muss Thea uns auch finden können", warf Alea ein. Sie glaubte fest daran, dass Thea entkommen war.

„Dann segeln wir einfach mit genügend Abstand am Ufer entlang?" Tess brachte ihr Akkordeon und Lennox' Gitarre nach unten und auch Siska verschwand unter Deck. Tatsächlich fing es kurz darauf an in kleinen Tropfen zu regnen und der Rest der Cru folgte Siska und Tess. Nur Ben blieb im Deckshäuschen und startete die Crucis.

Unten wartete Cassaras schon auf sie. „Also, was ist jetzt euer Plan?"

Leider fehlte ihnen genau das: Ein Plan.

Alea überlegte. Sie hatte in den Elvarion-Modus geschaltet und konnte ihre Situation nun genaustens analysieren. „Ein Punkt: Orion", sagte sie. „Wir haben keinerlei Anhaltspunkte, wo er sich befinden könnte. Durch den Goldumhang kann ich ihn nicht ausfindig machen, aber durch die Anzeigesäulen erfahren wir ungefähr seinen Standpunkt. Vermutlich werden wir also vorgewarnt, wenn er sich uns nähern sollte – durch die Magischen. Nichtsdestotrotz sollten wir immer darauf vorbereitet sein, dass er hier aufkreuzen könnte."

Alle nickten.

„Punkt zwei." Alea hob ihren Zeigefinger und sah Tess an. „Gegen Orion können wir im Moment nichts unternehmen. Dafür haben wir ein weiteres, deutlich größeres Ziel."

„Wir müssen den Landgängern klar machen, was sie an ihrem Leben ändern müssen", sagte Ben.

„Genau. Davon hat die Talassiopa gesprochen. Die Landgänger müssen ihr ganzes Denken umkrempeln, die Spaltung der Menschen aufheben und mit der Natur im Einklang leben, als sie auszubeuten und immer weiter zu zerstören."

Cassaras lehnte sich nach an die Wand und verschränkte die Arme. Alea wusste nicht, ob er über ihr Treffen mit der Talassiopa ausführlich unterrichtet war, aber da er nicht nachfragte, sprach sie weiter. „Tess, hier kommt deine Mutter ins Spiel. Du solltest sie möglichst bald anrufen und ihr deine Idee erzählen. Wenn sie es schafft, dass die Natur Rechte bekommt, dann haben wir einen Riesenschritt gemacht."

Sie sah alle Cru-Mitglieder einzeln an, bevor sie fortfuhr. „Der dritte Punkt ist der Meermenschenvirus. Oder besser gesagt – das Gegenmittel. Nelani sagte, dass sie nur noch ein paar Tage bräuchte, um es gänzlich einsatzbereit zu haben und überall im Meer verteilen zu können."

„Ein paar Tage?", klinkte sich Cassaras nun ein, denn über die Neuigkeit wusste er noch nichts. „Deine Mutter hat es wirklich geschafft, ein Mittel herzustellen..."

„Sie ist in der Villa Konungur, dort hatte sie Vorlagen von Orions Aufzeichnungen. Er hatte aus meinem Blut ein Gegenmittel herstellen können, das, soweit ich weiß, Nelani auch schon fertig hat. Sie möchte es aber noch optimieren, sodass man es im Meer verteilen kann und das Gegenmittel den Virus ausrottet, als jedem Meerkind das Mittel zu verabreichen." Alea hatte vor dem Konzert noch einmal mit Nelani und Keblarr geskyped. Nelani machte gute Fortschritte, sie hatte Alea erzählt, dass sie sogar noch Reste des DNA-Wandlers von Orion gefunden hatte. Außerdem schienen die Leute, die noch in Orions Villa waren, immer weniger zu werden, als hätten sie woanders eine Aufgabe.

Alea blinzelte, denn sie musste sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. „Damit das Gegenmittel schnell verteilt werden kann, bitte ich Magische um Hilfe, wenn es soweit ist. Aber da es noch nicht einmal komplett hergestellt wurde, können wir von hieraus auch nicht viel machen. Deshalb jetzt zu Punkt vier." Alea atmete tief ein, bevor sie sagte: „Die anderen Meerkinder. Und Thea." In Cassaras Blick konnte sie erkennen, dass er ihr nun seine volle Aufmerksamkeit schenkte. „Mit den Meerkindern sollten wir bald eine Videokonferenz halten und sie über das Neuste unterrichten. Wir sollten auch wieder ein Treffen vereinbaren, bei dem wir ihnen vielleicht schon das Gegenmittel injizieren können."

„Wie kommen wir an das Gegenmittel?", fragte Tess.

„Damit möglichst viele Meerkinder am Treffen teilnehmen können, muss zwischen der Bekanntgabe und dem Halten des Treffens ein gewisser Zeitraum sein", antwortete Alea. „In diesem Zeitraum könnte Nelani uns mithilfe der Magischen – Finde-Finjas und See-Saffiere – das Mittel ‚schicken', sodass wir es den Meerkindern selbst verabreichen können und sie deshalb nicht extra kommen muss. Möglicherweise ist dann das Mittel aber auch schon optimiert und vollends fertig. Nelani und Keblarr wollen es auf der ganzen Welt verteilen, wenn wir nach Norden segeln, können wir sie bald auch treffen. Sie würden sich dann auch den Weg in den Süden machen."

Alea sah wieder zu den anderen. „Wenn Lennox, Siska und ich den Termin für die Videokonferenz heute noch festlegen, kann sie schon innerhalb der nächsten Tage stattfinden. Dann sprechen wir über den Treffpunkt.

Und zu Thea... ich werde immer wieder versuchen sie zu erreichen. Falls sie auf dem Weg zu uns ist – wovon ich ausgehe – dann sollte der Abstand zwischen ihr und der Crucis immer kleiner werden, sodass ich sie irgendwann telepathisch erreichen kann. Thea ist nicht auf den Kopf gefallen. Sie hat bestimmt schon mal etwas von Finde-Finjas gehört, aber auch wenn nicht, wird sie sich zu helfen wissen."

Cassaras nickte, als wäre er auch der Meinung. „Und was, wenn sie Walen begegnet?", fragte er dann plötzlich.


Mein Alea Aquarius 9Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt