Alea und er starrten sich einander an. Plötzlich war es ganz still geworden. „Wenn sie Walen begegnet...", wiederholte sie langsam. „Wenn sie Walen begegnet, braucht sie einen Beschützer, der sie wieder in die Realität zurückholen kann." Cassaras hob eine Braue. „Ich meine: Wenn sie gerade im Wasser ist und zu uns schwimmt, dann ist sie mit einer Finde-Finja erreichbar."
„Dann werde ich eine rufen und zu ihr schwimmen", sagte Cassaras und seine Stimme ließ keinen Widerspruch zu.
Da klinkte sich Lennox ein. „Bitte bleib noch", bat er den Nixenprinzen. Ihre Blicke begegneten sich und sie schienen mit den Augen regerecht zu kommunizieren.
Alea wusste nicht recht, was ihn dazu brachte, aber schließlich sagte Cassaras: „Also gut. Wenn Thea eine Finja gerufen hat oder mit anderen Magischen zusammen ist, werden sie wahrscheinlich das Schlimmste verhindern können. Ich mache mich dann morgen auf den Weg."
„Übermorgen, bitte." Noch einmal sahen sich Lennox und Cassaras an und Cassaras zog diesmal verwundert die Stirn in Falten.
„Morgen Abend", sagte er.
Lennox schien kurz nachzudenken. Dann nickte er.
Alea wartete, ob sich die beiden sich noch etwas zu sagen hatten. Als dem nicht so war, fuhr sie fort: „Unser Plan lautet also wie folgt: Heute machen Lennox, Siska und ich einen Termin für die Videokonferenz aus. Noch heute oder morgen müssen wir endlich deine Mutter anrufen, Tess. Es wird wahrscheinlich dauern, bis feststeht, ob das Gesetz wirklich eingeführt wird oder nicht. Bis dahin werden wir uns auf das Gegenmittel, Thea und Orion konzentrieren."
„Aber..." Sammy hob die Schultern. „Was, wenn Rechte für die Natur als purer Schwachsinn abgestempelt werden? Wenn das gar nicht klappt?"
Alea schloss kurz die Augen. Ja, darüber hatte sie auch schon nachgedacht und sie war auf keinen so richtigen Schluss gekommen. Kurz überlegte sie, ob sie den anderen ihren Gedanken mitteilen sollte, und entschied sich dafür. Zaghaft sagte sie: „Wenn die Landgänger in den Ozeanen nichts wichtiges sehen, dann müssen wir es ihnen zeigen."
„Du meinst... Wir sollen ihnen von der Meerwelt erzählen?" Tess sah Alea an, als hätte sie nicht mehr alle Tassen im Schrank.„Früher oder später müssen sie davon erfahren", lautete ihre Antwort. „Vielleicht ist diese Zivilisation auch der maßgebliche Faktor dafür, dass die Landgänger ihr Leben umdenken. Gutes tun, damit das Volk der Meermenschen wiederauferstehen kann. Die Ozeane sind für die meisten Landgänger etwas nicht Handfestes. Sie existieren halt, toll, aber sie könnten genauso gut auch nicht existieren. Durch die Meerkinder machen wir aber genau das Gegenteil deutlich: Dass es sich mitunter für diese Kids lohnt, sich für die Meere einzusetzen und die Verschmutzung endlich zu stoppen. Dass die Ozeane weiterleben können."
Alea hatte bisher bloß zu der Uhr an der Wand gesprochen, aber nun wagte sie, die anderen anzusehen. Cassaras sah von außen nicht so aus, als ob ihn ihre Ansprache groß interessieren würde, aber in den Gesichtern der anderen konnte Alea Verständnis und Überzeugung sehen. Lennox lächelte Alea warm an, als hätte er ihre Gedanken dazu schon gelesen und nur noch darauf gewartet, dass sie sie endlich aussprach.
„Okay, also... danke für die Antwort", meinte Sammy schließlich.
Siska hatte bisher noch nicht sehr viel gesagt, aber nun fand sie: „Du hast recht. Wir müssen den Landgängern zeigen, wofür es sich zu kämpfen lohnt."
Alea atmete erleichtert aus. Den Zuspruch von Siska zu erhalten war für sie ein gutes Zeichen. Das Darkonermädchen hatte vermutlich schon alles ins Detail analysiert und war nun zu dem Schluss gekommen, dass es stimmte und sie durch die Offenbarung der Meerwelt tatsächlich etwas bei und in den Menschen bewirken konnte.
„Allerdings würde ich damit abwarten, bis wir von Tess' Mutter eine Rückmeldung erhalten haben."
Alea nickte. Die Meerwelt, von der die Landgänger seit Ewigkeiten nichts mehr wussten, nun aufzudecken, war ein sehr großer und gewagter Zug. Nicht umsonst hatten damals Generationen von Oblivionen nach und nach alle Erinnerungen an sie gelöscht. Die Landgänger hatten die Natur schon zu der Zeit ausgebeutet. Vielleicht konnte die Offenbarung dieses Mal bewirken, dass sie wieder mit der Natur zusammenlebten.
Ben stand vom Sofa auf. „Wir sollten uns alle noch mal aufs Ohr hauen. Gestern war echt ein anstrengender Tag und heute Nacht haben wir viel zu kurz geschlafen."
Siska sah ihn an, als wäre sie keine Spur müde. Alea wunderte sich kurz auch, aber da spürte sie die Schwere der vergangenen Stunden auf ihren Schultern und dass sie deswegen ziemlich ausgelaugt war. „Ja, gut", sagte Lennox. Auch er sah müde aus.
„Hey Leute." Sammy klatschte in die Hände. „Für Zeiten wie diesen ist Optimismus angesagt, kapiert? Das macht es dem Schicksal leichter, was tolles passieren zu lassen. Darum wende ich nun mein drachenhaftes Schlusswort an alle!"
Sie sahen ihn erwartungsvoll an und Tess seufzte und stand schon mal auf.
Sammy hob feierlich den Blick. „Mein Schlusswort lautet nämlich: Macht euch bloß nicht zu viele Sorgen. Plan A hat zwar nicht funktioniert und jetzt sind wir schon bei Plan B, aber das Alphabet hat immerhin noch vierundzwanzig weitere Buchstaben."
„Wie ermunternd." Tess gab ihm nicht sehr überzeugten Applaus, aber Sammy weidete sich darin, als hätte er schon darauf gewartet. Von den anderen erhielt er bloß resignierte Blicke.
Tess, Alea und Sammy verkrochen sich nun in die Mädchenkajüte, während Ben Siska im Deckshäuschen alles Nötige erklärte, was sie wissen musste, um allein am Steuer zu stehen. Überraschenderweise hatte Siska schon etwas Wissen über das Segeln, darum konnte sich auch Ben bald hinlegen. Alea wusste nicht, was Cassaras in der Zwischenzeit machte, aber vermutlich hatte er noch ein Gespräch mit Lennox. So wie Lennox ihn vorhin angesehen hatte, überlegte Alea, musste er ihm irgendetwas sagen wollen. Er wollte sich etwas von der Seele reden, das er vorerst nur unter vier Augen mit dem Nixenprinzen teilen wollte.
Während Alea nachdachte, was die beiden wohl zu besprechen hatten, fielen ihr langsam die Augenlider zu. Als dann noch der monotone Atem von Sammy neben ihr zu hören war, schlief auch sie schließlich ein.
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Mein Alea Aquarius 9
FanfictionEndlich in Rom angekommen, steht für die Alpha Cru das große Umweltkonzert an. Außerdem wollen sie am Tag darauf Orion überfallen. Alea und ihre Freunde müssen aber alle Pläne über Bord werfen, als der Doktor hinter ihr Vorhaben kommt. Die Rettung d...