Hoseok POV:"Was heißt das, er ist taub?" fragte Jimin den Arzt, während er gerade noch versuchte, nach Jeongguks Hand zu greifen, die dieser jedoch schnell weg zog. Man sah ihm an, dass er die Information absolut nicht glauben wollte, konnte, wie man das auch nehmen wollte. Mir lief es erneut kalt den Rücken runter, da der Schwall an Neuigkeiten einfach zu viel war. Erst war ich froh, dass Jeongguk endlich wach war, doch dass er nun taub war? Wenn das alles für mich schon zu viel war, wollte ich nicht einmal erahnen, wie es Guk mit all dem gehen musste.
"Nun, er war bei dem Unfall einem lauten Knall ausgesetzt, die hohen Dezibel haben seinen Gehörgang geschädigt, und ein Trauma verursacht.. So kann man es umgangssprachlich wohl am einfachsten erklären." deutete der junge Mann auf eine Zeichnung des Ohres, welches er eben auch Jeongguk gezeigt hatte. "Wir werden ein wenig brauchen, um eine genaue Diagnose zu stellen, aber so wie es aussieht wird dieser Zustand eine Weile anhalten." seufzte er nun und drehte sich wieder zu Jeongguk.
Schnell blickte Jimin zu mir, und in seinen Augen hatten sich Tränen gesammelt. Bitte, Minnie, nicht hier vor Jeongguk weinen. Ich dachte es mir noch, da wischte er sich schnell die Augen trocken und nickte mich an, ehe er leicht anfing zu lächeln. Der Arzt hatte Guk derweil ein paar Blätter in die Hand gedrückt, die er sich nun eindringlich anschaute. "Ich habe ihm ein paar Informationen zu seiner Diagnose gegeben. Den meisten Patienten mit solch einem Unfallhergang hilft es, die Fakten einfach schwarz auf weiß zu sehen und nachlesen zu können, ohne auf ständige Fragen zurück greifen zu müssen." klärte er uns über sein Vorhaben auf, was ich nur mit einem Nicken abtat. Noch immer stand ich am Tisch gelehnt, beobachtete das rege treiben am Krankenbett meines besten Freundes schweigend.
Taub. Jeongguk war wohl wirklich taub, auch wenn dies nicht für immer sein musste. Es könnte aber so sein, hieß es vorhin noch. Klar, man sollte niemals die Hoffnung aufgeben, doch am Ende das Tages konnte man mit Hoffnung und Glaube nichts erreichen, wenn die harte Realität einen wieder einholte. "Versuchen Sie ihn einfach ein wenig aufzubauen, keinen Stress. Es ist das Beste, wenn er sich ausruht und dann langsam lernt, mit seiner neuen Situation zurecht zu kommen." stand der Arzt nun auf, um sich von uns zu verabschieden.
"Ich werde für morgen einen Test anordnen, um zu sehen, wie schwer die Verletzung des Trommelfells ist. Haben Sie schon mal etwas von Gebärdensprache gehört? Oder Lippenlesen?" fragte er uns, und beides verneinten wir. Klar, davon gehört hatte man schon mal, doch direkt damit in Kontakt waren wir noch nie gekommen. "Ich werde Herrn Jeon ein paar Informationen darüber zukommen lassen, damit das Thema für ihn ein wenig an Befremdlichkeit verliert. Es wäre wohl das Einfachste, wenn er offen an seine neue Lebenssituation herangeht." verabschiedete sich der Arzt dann erst von uns, ehe er sich mit einem breiten Lächeln auch von Guk verabschiedete.
Meine Gedanken fuhren Achterbahn, eigentlich sollte ich doch mehr als nur glücklich sein. Immerhin hatte Jeongguk einen verdammt schweren Autounfall überlebt, und das ohne bleibende Schäden, wenn man es mal so sah. Er war nicht gelähmt, hatte keine Gliedmaßen verloren und wusste noch wer wir waren, und vor allem, wer er selbst war. Pragmatisch gesehen war alles in Ordnung, bis auf die Tatsache, dass mein bester Freund nichts mehr hören konnte. "Du wirst doch wohl nicht deine komische Strichliste abhacken, oder?" fragte mich Jimin, der mich einfach viel zu gut kannte. Leicht musste ich lächeln, denn genau das hatte ich ja gerade getan. "Doch.. Ich weiß einfach nicht, wie ich sonst mit all dem hier umgehen soll." gab ich ehrlich zu und trat nun ans Fußende des Bettes von Guk.
Dieser war noch immer in die Blätter des Doktors vertieft, und bekam wohlmöglich nicht mal mit, dass ich mich ihm genähert hatte. "Was sollen wir nur tun?" fragte Chim, und ich schüttelte nur den Kopf. "Ich habe absolut keine Ahnung. Einfach erstmal für ihn da sein, sagte der Doc." war alles, was ich ihm da antworten konnte. Mehr blieb uns ja nicht, außer zu hoffen, dass es bald besser werden würde. Hoffen, wieder dieses Wort. Hoffnung war aber wohl alles, was uns in dieser verdammten Situation blieb. Gerade, als ich meine Gedanken wieder weiter laufen lassen wollte, schmiss Jeongguk die Blätter mit so einer Wucht auf den Boden, dass ich richtig zusammen zuckte. Wütend schlug er immer wieder auf seine Beine, fing an zu schreien und schluchzen.
Erschrocken wich Jimin ein paar Zentimeter zurück, sah mich überfordert an und auch ich musste mich kurz sammeln, ehe ich von der anderen Seite des Bettes zu ihm ging. Vorsichtig griff ich nach den Händen meines besten Freundes und hielt sie fest, damit er sich nicht selbst verletzen konnte. Als ich merkte, dass er sich absolut nicht dagegen wehrte, zog ich ihn in eine feste Umarmung und drückte ihn so fest an mich, dass kein Blatt mehr zwischen uns gepasst hätte. Jimin schien es mir gleich zu tun und legte seine Hände auf Jeongguks Rücken und strich immer wieder beruhigend darüber. Und so saßen wir da, ich konnte nicht sagen ob es Minuten oder eine Stunde waren, aber nach einer Zeit hatte Guk aufgehört zu weinen. Er war in sich zusammen gesackt und es schien, als würde er einschlafen.
"Mein Leben ist vorbei." sagte er dann, und seine Stimme zu hören war komisch. Es hörte sich anders an, irgendwie ein wenig kratziger, als wir es gewohnt waren. Zuerst antwortete ich ihm, bis ich wieder zur Besinnung kam und mir einfiel, dass er mich nicht gehört hatte. Jimin ließ kurz von Guk ab, ehe ich meine Hände an Jeongguks Wangen legte und ihn so dazu zwang, mich anzusehen. Ich schüttelte ein paar mal deutlich meinen Kopf, ehe ich ihm einen sanften Kuss auf die Stirn gab. Sein Leben war nicht vorbei. Wir würden alles dafür tun, dass es ihm besser geht. Wir waren da, das waren wir schon immer. Und in diesem Moment war mir noch bei weitem nicht bewusst, wie lang und hart der Weg noch werden würde, der uns bevor stand.
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Silent ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏ
FanfictionJeongguk ist ein Jura Student, wie er definitiv nicht im Buche steht: Er liebt das Feiern mit seinen Freunden, tut nur das nötigste um durch sein Studium zu kommen und lebt in den Tag hinein. Das alles ändert sich jedoch durch einen schicksalhaften...