Jeongguk POV:Die Unterhaltung mit Jimin ließ mich einfach nicht los. Unsere erste Sitzung beim Gebärdenkurs war ganz gut verlaufen, man hatte uns die einfachsten Bewegungen gezeigt und mir erklärt, dass es zwar etwas schwieriger ist, das alles zu erlernen, aber man weitaus weniger Konzentration braucht als für das Lippenlesen. Und das konnte ich mir wirklich sehr gut vorstellen, denn das Lippenlesen ging auf Dauer wirklich auf meine Nerven, denn es forderte ständige Aufmerksamkeit. Hoseok hatte sich über Handy bei mir gemeldet, und mich gefragt wie es mir ging. Zwar hatte ich mich sehr darüber gefreut, aber ich fühlte mich einfach unwohl.
Mehrmals hatte mir Minnie versichert, dass ich nicht Schuld an der Situation zwischen den beiden war, doch wenn wir mal ehrlich waren, lag es doch eigentlich auf der Hand. Nachdenklich kämmte ich mir meine Haare zurecht, wusch mir dann noch meine Hände und begutachtete mich im Spiegel. Heute war meine erste Sitzung bei Dr. Kim. Meine Nervosität ließ sich kaum in Worte fassen, und ich hatte sicher schon 3 mal darüber nachgedacht, einfach nicht hin zu gehen. Jedoch wollte ich es Jimin nicht antun, da er sich nach dem Vorfall mit den Schlaftabletten wirklich sehr große Sorgen um meine Psyche machte. Mehr als ich, um ehrlich zu sein.
Ich packte meine Sachen und machte mich auf den Weg zur Bushaltestelle, versuchte mich abzulenken und doch auf meine Umgebung acht zu geben. War alles wirklich nicht einfach, wenn man auf einen der wichtigsten Sinne des Menschen verzichten musste. Aber es war machbar, und das war der Fakt der mich einfach weiter machen ließ. Und die Hoffnung, dass ich irgendwann wieder hören konnte. Irgendwann, sei es in ein paar Wochen, Monaten oder gar Jahren. Diese kleine positive Ader hatte mir mein bester Freund eingebläut, und ich war ihm mehr als dankbar dafür. Manchmal dachte ich, dass ihm nicht mal klar war, wie unfassbar wichtig er für mich geworden ist.
Der Bus kam, und ich zahlte mein Ticket, ehe ich mich relativ weit hinten hinsetzte, und einfach meine Kopfhörer aufsetzte. Das hatte ich mir so angewöhnt, wenn ich unterwegs war. Die Leute dachten so, dass man sie nicht hörte wegen der Musik, hatte mir schon die ein oder andere unangenehme Situation gerettet. Nach gut 15 Minuten war ich an der Bushaltestelle angekommen, die in der Nähe der Praxis war. Vor dem großen Gebäude stand ich ein wenig ehrfürchtig, riss mich dann aber doch zusammen und betrat das grau angestrichene Hochhaus. Vor einer Glastür mit heller Aufschrift stand in einer sehr feinen und filigranen Schrift der Name meines neuen Psychologen: Dr. Kim Namjoon.
Nach weiteren Minuten des eigenen Zuspruchs schaffte ich es dann, die Praxis zu betreten. "Guten Tag, wie kann ich Ihnen denn helfen?" wurde ich von einer jungen Dame begrüßt, die meines Anscheins nach sehr langsam sprach. "Hallo, Jeon Jeongguk mein Name. Ich habe einen Termin bei Dr. Kim." sagte ich kurz, ehe ich auf die Antworte der Dame wartete. "Nehmen Sie kurz Platz, Dr. Kim wird sie gleich zu sich holen." wies sie mir in Richtung einer Tür, woraufhin ich mich kurz bedankte und in den kleinen Warteraum ging. Meine Nervosität stieg immer weiter, fast schon ins unermessliche, ehe die Tür dann aufging und mich ein Mann in meinem Alter, ein paar Jahre älter vielleicht, begrüßte. "Hallo, Dr. Kim mein Name. Darf ich Jeongguk sagen?" lächelte er, und mir fielen direkt seine Grübchen auf.
Wieder fiel mir auf, dass auch er relativ langsam sprach, und mir das Lippenlesen sehr leicht fiel. Ich nickte nur, und ergriff seine Hand, die er mir hingestreckt hatte. "Super, dann komm doch gerne mit mir mit, Jeongguk." deutete er in Richtung der Tür, und ich folgte ihm einfach. Die Dame im Empfangsbereich lächelte mir aufmunternd zu, ehe ich Dr. Kim in sein Behandlungszimmer folgte, so nahm ich das zumindest an. Er deutete auf einen Stuhl, auf dem ich einfach mal platz nahm. Es war nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte, musste ich ehrlich sagen. Irgendwie hatte ich einen so richtig klassischen Psychiater Stuhl vor mir, so eine Liege. Aber nein, es war ein wirklich heller, offener Raum, in dem ein Sofa und ein paar Stühle standen.
Dr. Kim nahm mir gegenüber platz, nahm seine Brille, und setzte sie sich auf. "So, wie kann ich Ihnen denn helfen?" fragte er mich, und ich wusste nicht wirklich, wo ich da anfangen sollte. Daher schwieg ich kurz, ehe ich tief ein und ausatmete, und dann einfach anfing zu erzählen. "Nun, ich weiß ehrlich nicht wo ich anfangen soll.. Aber ich glaube ich hab ein paar Probleme mit meiner Psyche.." begann ich, und schien Dr. Kim wohl zu überraschen. "Wow, ich bin wirklich froh, dass du das selbst siehst, und es sogar direkt ansprichst, Jeongguk." lächelte er wieder, schrieb etwas auf sein kleines Notizbuch, welches er in der Hand hielt. "Ja, ich meine ich weiß, dass mich der Unfall sehr beschäftigt, ich kann ja nicht mal eine Straße überqueren, ohne eine Panikattacke zu bekommen.." versuchte ich ein wenig lockerer zu werden, doch ich sah an Dr. Kims Gesichtsausdruck, dass er eher besorgt wirkte.
"Jeongguk, du musst nicht auf Krampf versuchen, locker oder cool rüber zu kommen. Du hast ein großes Trauma hinter dir, welches dein Körper erst noch verarbeiten muss. Niemand, und ich meine wirklich niemand würde das so einfach weg stecken, glaub mir." sprach mein Gegenüber, und ich nickte wieder einfach. "Wollen wir vielleicht einfach anfangen, und über den Unfall reden? Nur wenn du es möchtest, wir könnten auch über deinen Alltag reden." schlug er vor, und ich fing einfach an von der Nacht des Unfalls zu erzählen. Und diese 90 Minuten, die unsere Sitzung ging, verflogen einfach so. Ich erzählte einfach, und ab und an fragte Dr. Kim nach, doch meist lauschte er mir nur und notierte hier und da mal was auf seinem Buch.
"Vielen Dank für die Sitzung, es war wirklich überraschend leicht mit Ihnen zu reden." verabschiedete ich mich von Dr. Kim, während dieser nur lächelte. "Es freut mich, dass du hier warst Jeongguk, wirklich." begleitete er mich zur Tür und die Dame am Empfang gab mir schon der Termin für unsere nächste Sitzung. "Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen!" verabschiedete ich mich auch von ihr, und verließ mit einem sehr guten Gefühl die Praxis wieder. Da wurde ich auch schon an der Schulter angetippt und drehte mich ein wenig erschrocken um, nur um in das Gesicht meines besten Freundes zu schauen, den ich schon länger nicht mehr gesehen hatte. Hoseok.
Mehr als nur überfordert stand ich da, wusste nicht wirklich, was ich zu ihm sagen, oder wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Da nahm ich all meinen Mut zusammen und zog ihn einfach in eine feste Umarmung, mit der er wohl nicht gerechnet hatte. "Es tut mir leid." sprach ich, extra ein wenig lauter, damit er mein genuschel an seiner Jacke auch verstehen würde. Wie viele Steine mir vom Herzen fielen, als er seine Arme ebenfalls um mich legte, konnte ich nicht einschätzen. So ein paar Zentner werden es wohl gewesen sein. Langsam schob er mich von sich, nur um mich breit grinsend anzusehen. "Alles gut. Lass uns was Essen gehen?" fragte er, und ich nickte nur. Es ging wohl so langsam bergauf in meinem Leben. So langsam.
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Silent ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏ
FanficJeongguk ist ein Jura Student, wie er definitiv nicht im Buche steht: Er liebt das Feiern mit seinen Freunden, tut nur das nötigste um durch sein Studium zu kommen und lebt in den Tag hinein. Das alles ändert sich jedoch durch einen schicksalhaften...