꒰ ͜͡➸ N I N E

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Jeongguk POV:

Tag 4 nach der Diagnose meines Arztes, und noch immer ging es absolut nicht in meinen Kopf rein, dass dies nun mein neues Leben sein sollte. Wie oft hatte ich mich erschreckt, da ich nicht mitbekommen hatte, wie eine der Schwestern den Raum betreten hatten. Zu viele male war ich gerade am Tagträumen, als plötzlich jemand an den Geräten neben mir stand und die aktuellen Werte notierte. Es war schon peinlich, wie oft ich mich allein fühlte, und es im Endeffekt gar nicht war. Und wir alle machen Sachen, wenn wir uns unbeobachtet fühlen, die kein anderer Mensch mitbekommen sollte.

Heute sollte irgendjemand vorbei kommen, der mir etwas übers Lippenlesen erzählen wollte. Hah, erzählen. Der war gut. Müde lächelte ich für mich und spielte wie so oft in letzter Zeit mit meinen Fingern. Ich hatte wieder angefangen, meine Nägel zu kauen und dementsprechend sahen sie auch aus. Die ständige Müdigkeit gab mir für das passende Gesamtbild noch Augenringe, die jeglichen Zombieapokalypsen als Vorlage dienen konnte. Warum ich so müde war? Nun, es hatte sich seit 2 Tagen gezeigt, dass ich wohl noch kaputter war, als ohnehin schon angenommen. Schlaftraumata nannte der Arzt es.

Wenn man mich fragte, war es einfach die Angst vor dem Einschlafen, denn dann erlebte ich die Nacht des Unfalls immer und immer wieder. Und dieser unfassbar laute Knall, den ich wie ein beben in meinem Kopf fühlte, war jedes mal aufs neue einfach nur schrecklich, ich konnte es nicht einmal genau beschreiben. Am schlimmsten jedoch war es, wach zu werden, und zu realisieren dass dies kein Traum war, sondern eine Erinnerung, und ich im wahren Albtraum gelandet war. Gerade, als ich so vertieft in meine Gedanken war, bemerkte ich die Anwesenheit einer Person. Vor mir stand eine Frau, mitte 30 würde ich sagen mit kurzen Haaren und einer Brille. Sie lächelte mich an, hob ihre Hand und zog einen Stuhl zu meinem Bett.

Gut, wird wohl der Termin mit dem Lippenlesen sein. Alles andere wäre besorgniserregend, würde ich mal sagen. 'Hallo Mr. Jeon. Ich bin Soy Yue, freut mich sie kennen zu lernen.' tippte sie auf ihrem Tablet und hielt es mir hin. Kurz nickte ich und nahm es an, um ihr zu antworten. 'Freut mich ebenfalls. Sie wollen mir Lippenlesen beibringen?' kam ich direkt zum Punkt, da ich eigentlich keinerlei Zeit für so einen Unsinn hatte. Zu sagen, dass ich nicht wirklich glaubte, dass man sich wirklich so verständigen konnte, war wohl untertrieben. Yue lachte kurz auf, was ich an ihrer Gestik gut erkennen konnte, bevor sie ihren Kopf hob und kurz zu überlegen schien.

'Darf ich Ihnen ein Video zeigen?' fragte sie mich, und ich nickte einfach. Keine 2 Minuten später flimmerte schon ein kleiner Film über den Bildschirm des Tablets, den ich mir relativ interessiert ansah. Zu sehen war ein junger Mann, der sich mit einer Gruppe Freunden unterhielt, wie es schien. Er lachte breit, gestikulierte mit seinen Händen und verabschiedete sich dann von den anderen, ehe er zu seinem Handy griff. Glücklicher Kerl, dachte ich mir. Dann kam ein Text. 'Lippenlesen ist nichts, was einem das Fehlen des Hörorgans ersetzen kann. Nur etwa 30 % des ausgesprochenen Textes können einwandfrei verstanden werden. Jedoch ist das immerhin ein Fortschritt.' stand dort geschrieben. Also konnte man dann nicht mal alles verstehen? Wofür dann der Aufwand?

Wieder erschien der junge Mann, und er tippte auf seinem Handy herum, ehe er an einer Ampel stand. 'Oftmals reicht es für Betroffene, zu wissen um was sich die Unterhaltung dreht. Außerdem ist es wichtig, ein gutes Sprachbild zu haben, der Mund und die Lippen müssen gut zu erkennen sein, und der Leser offen für die Wendung des Gespräches.' las ich, und runzelte die Stirn. Sprachbild? Was wollte mir die Frau hier beibringen? Der junge Mann erschien erneut, und sagte etwas in die Kamera. Und zu meiner Überraschung glaubte ich zu wissen, was er da gesagt hatte. "Du schaffst das." sprach ich einfach aus, und schaute zu Yue, die mich angrinste. 'Wollen Sie es versuchen?' schrieb sie auf dem Tablet nun, und ich war kurz am überlegen. Was hatte ich schon zu verlieren? Schlimmer konnte es nicht werden. Und so war mir wenigstens nicht mehr so unendlich langweilig.

Silent ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt