Kapitel 29 | Fred

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Kapitel 29 | Fred

Diese kleine Blase, diese Illusion zu verlassen, behagte dem Milliardär so gar nicht

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Diese kleine Blase, diese Illusion zu verlassen, behagte dem Milliardär so gar nicht. Ein paar wenige Tage mit Henry allein in ihrer kleinen Welt, in der nichts und niemand sie wirklich hatte stören können, hatten die Akkus beider Männer wieder aufgeladen. Die Wunde des Bodyguards verheilte gut, doch Fred hatte darauf bestanden, dass der Arzt sich noch einmal die Wundnähte ansah, um auch wirklich sicher zu gehen, dass sich nichts entzündet hatte.

Frederiks Gedanken glitten zurück zu letzter Nacht, während er sich vor dem Spiegel öffentlichkeitstauglich zurecht machte. Noch nie in seinem Leben hatte er derart den Wunsch verspürt, sich unter einem Menschen regelrecht zu verkriechen. Auf gewisse Weise kam er sich vor wie ein Parasit, der sich von Henrys Stärke ernährte. Doch dann sah er in diese grünen Augen und spürte, wie bereitwillig dieser Mensch alles mit ihm teilte. Ein bisschen bekam Frederik Angst, was passieren würde, wenn Henry eines Tages sein wahres Ich erkennen würde. Das selbstsüchtige, schwache, bedürftige Ich, das er immer wieder mit seinem Zynismus betäubte.

Mit einem fast schon anzüglichen Blick musterte Henry seinen Boss, als dieser aus dem Bad kam. Er trug einen schwarzen Anzug, den ein Designer für ihn maßgeschneidert hatte. Dazu schwarze Ledersneaker und ein weißes Hemd. „Grau steht dir gut", lächelte Fred und zupfte den Windsorknoten von Henrys Krawatte zurecht. Ein Hauch von Bedauern schwang in seiner Miene mit, als er bemerkte, dass die weichen Locken geschäftsmäßig zurückgegelt waren. Doch er ahnte, dass eine gemeinsame Dusche heute Abend dieses Dilemma schnell beheben würde.

„Bereit, dich der Meute zu stellen?" „Nein", seufzte der Milliardär ehrlich, bevor er den Blick hob und Henry in die Augen sah. „Aber ich weiß, dass ich den besten Aufpasser der Welt in meiner Nähe habe." „Sie wissen, ich nehme meinen Job immer sehr ernst, Mister Hill." Die Art und Weise, wie er seinen Namen regelrecht schnurrte, beschleunigte Frederiks Puls. „Na, dann mal los, Highlander." „Fred... ich bin noch immer Ire." Seufzend bekam Henry erneut ein freches Grinsen präsentiert, als sein Boss die Tür zu seiner Suite öffnete. „Und es interessiert mich noch immer nicht."

„Mister Hill, stimmt es, dass Sie nur knapp dem Tode entkommen sind?"

„Mister Hill, können Sie uns Näheres zu den Tätern sagen?"

„Mister Hill, war es wirklich ein rachsüchtiger Stalker?"

Ein unauffälliger Blick in Richtung Henry zeigte deutlich, dass er gerade die letzte Frage regelrecht amüsant fand. Klar, ein Liebhaber oder eine Ex-Flamme zerlegte einen ganzen Flur im einem der bestgeschützten Gebäude der Stadt. „Ich denke, die Polizei hat bereits eine Pressemitteilung herausgegeben. Also versuchen Sie doch wenigstens halbwegs intelligente Fragen zu stellen, ja?" „War es die Unterwelt?" „Na, im höchsten Gebäude der Stadt wäre nur noch der liebe Gott die Oberwelt, hm?" „Sie gehen also von einem Racheakt von Extremisten aus?" „Naja, eine EMP-Bombe und ein Verwüstungskommando würde ich schon als sehr... extrem... beschreiben, finden Sie nicht?"

So ging es eine ganze Stunde hin und her und Frederik wurde immer gelangweilter von den anwesenden Reportern. Im Grunde wollten diese Aasgeier doch nur ihre Sensationsgier befriedigen. Eine richtige Show für ihr langweiliges, graues Leben. „Werden Sie sich jetzt aus dem Sexpuppengeschäft zurückziehen?" „Bitte was?" Die Frage eines Mannes direkt vor ihm ließ Fred blinzeln. „Nun ja, die Gerüchte scheinen ja zu stimmen...", bohrte er weiter und für einen kurzen Moment hatte Frederik das Gefühl, ein zufriedenes Lächeln über dieses Gesicht huschen zu sehen.

„Gerüchte sind den Atem oder die Buchstaben nicht wert, die sie verbreiten. Aber seien Sie versichert, Hill Enterprises liefert diese Puppen aus, solange die Menschen sie bestellen." „Und wenn das irgendwann nicht mehr der Fall ist?" Ein diabolisches Lächeln legte sich auf Frederiks Lippen. Die blauen Augen wurden regelrecht hart, als er sich über das Mikro beugte und dem Mann direkt ansprach. „Dann habe ich entweder erreicht, was ich wollte. Oder die Menschen haben keinen Sex mehr."

„Überprüft diesen Typen. Ich will wissen, für welches Blatt er arbeitet." Ein kurzes Nicken aus Richtung seines Sicherheitschefs sagte Hill, dass sein Team die Anweisung verstanden hatte. Der Tower wirkte so seltsam, ohne die vertraute Stimme der KI, doch Hill wagte nicht, sie zu reaktivieren. Jetzt, wo sein System offensichtlich noch angreifbar war. Der Milliardär hatte bereits mit der NASA gesprochen und auch mit einem befreundeten Multimillionär, dessen Leidenschaft die Raumfahrt war. Der Hill-Satellit würde in ungefähr vier Wochen bereit sein. Da diverse UN-Staaten bereits ihre Finanzierung zugesichert hatten, war es Frederik möglich, zwei seiner Wunschobjekte schon bald in die Erdumlaufbahn zu schießen. Einer, der ausschließlich für ihn und seine Bedürfnisse zugeschnitten war und eben der offizielle, den die UN benutzen durfte.

Nachdenklich fuhr er in die Etage, in der er bis vor ein paar Tagen noch gelebt hatte. Die Schäden waren beseitigt und einige der Objekte bereits ersetzt worden, doch das Gemälde an der Wand fehlte. Bekannte Restauratoren hatten sich dem Bild angenommen und taten ihr Bestes, die Schäden so unsichtbar wie möglich zu beheben, doch Frederik ahnte bereits, dass er es nie wieder anschauen können würde, ohne die Risse darin zu sehen. Einer der Gründe, weshalb er bereits ein neues in Auftrag gegeben hatte.

Den Gang entlanglaufend, der Henrys und seine Suite verband, fröstelte der Milliardär regelrecht. Einen kurzen Moment fragte er sich, wie er dieses Gebäude jemals wieder als sein Heim ansehen könnte, als die Tür zu Henrys Suite sich öffnete und der Bodyguard ihm mit einem Lächeln entgegensah. „Der Doc meint, ich bin wieder einsatzfähig, Mister Hill." „Das ist gut", lächelnd, wusste Fred nicht so recht, wie er sich jetzt verhalten sollte. Im Hotel waren sie nur Henry und Frederik gewesen. Doch hier, in der dauerhaften Öffentlichkeit des Towers... Würde Henry ihn wegstoßen, wenn er jetzt nähertrat? Einen langen Augenblick lang suchte Frederik die magnetischen, grünen Augen vor ihm. Fragte stumm, was seine Lippen nicht konnten, bevor er die Tür zu seiner Suite öffnete, Henry ansah und eintrat, ohne die Tür hinter sich zu schließen.

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