Kapitel 22 | Henry
„Aber bis zum gestrigen Tag gab es nicht einen Menschen in diesem Gebäude, dem ich mein Leben wirklich anvertraut hätte." Bei diesen Worten sah ihm Hill tief in die Augen und dessen Fuß fuhr über Henrys Bein. Henry schluckte schwer und sein Atem war stark beschleunigt. Flirtete sein Boss etwa gerade mit ihm?! Konnte... durfte er sich darauf einlassen? Von Wollen konnte mittlerweile keine Rede mehr sein. Am liebsten wäre er einfach aufgestanden, hätte sich Hill gepackt und ihn um den Verstand geküsst.
„Ich danke Ihnen für dieses Vertrauen. Es schmeichelt mir sehr." Mit einem verlegenden Lächeln auf dem Gesicht senkte Henry den Blick. Seine Gefühle waren so dermaßen in Aufruhr, dass er nicht wusste, was er tun sollte. Diese Hilflosigkeit war etwas, was er nicht kannte. Er war drauf trainiert, innerhalb von Sekundenbruchteilen schwerwiegende Entscheidungen zu treffen. Aber hier und jetzt war er verloren. Auf Hill war er einfach nicht vorbereitet gewesen.
Dieser schien seine Unsicherheit zu bemerken und legte zärtlich eine Hand auf seine. Irgendwas schien sich gestern zwischen ihnen verändert zu haben. Es ging so schnell und noch war Henry nicht so weit, all seine lange antrainierten Prinzipien über Bord zu werfen. Er räusperte sich leicht und hatte trotzdem Angst, dass seine Stimme ihn im Stich lassen würde. „Könnte... könnte ich noch einen Kaffee bekommen?" Entschuldigend zeigte er zu den Krücken. Hill nickte verständnisvoll und strich noch einmal mit dem Daumen über Henrys Hand.
Und da passierte es. Ein leises Seufzen entfuhr Henrys Lippen, bei dieser Berührung. Der liebevolle Blick, den Hill ihm daraufhin zuwarf, traf Henry bis ins Mark. Verdammt, was zur Hölle passierte hier gerade? Er versuchte, möglichst unbemerkt, einige Male tief durchzuatmen und seine Nerven zu beruhigen. „Was hältst du davon, gleich dem James Bond noch einmal eine Chance zu geben? Ich würde gern wissen, wie er ausgeht." Hill zwinkerte ihm tatsächlich zu. Wie konnte er da Nein sagen? Wie könnte je zu diesem Mann Nein sagen?
„Gern. Aber dieses Mal nehme ich auch süßes Popcorn. Ich mag nämlich beides." Sein Boss lachte auf. „Du überrascht mich immer wieder. Ich muss noch ein paar Dinge erledigen. Sagen wir, ich komme in zwei Stunden wieder? Mit Popcorn?" Henry nickte, griff nach seinen Krücken und ging zum Sofa. „Ich warte hier auf Sie." „KeyEye, schicke jemanden, der die Suite von Mister McAlister aufräumt."
JAWOHL, SIR.
Hill nahm sich seine Kaffeetasse, ging zur Tür und drehte sich noch mal kurz um. „Bis gleich." Und wieder dieses Lächeln, was Henrys Sicherungen nah an einen Kollaps brachte. Um sich abzulenken, begab er sich ins Bad und versuchte sich an seiner Körperpflege. Gott sei Dank besaß dieses Bad eine Wanne, in die er nun Wasser einließ. Umständlich stieg er ein und ließ sein verwundetes Bein über den Rand hängen.
Henry versuchte sich zu entspannen – natürlich vergebens. Sofort waren seine Gedanken wieder bei Hill und diesem Lächeln. „Oh, fuck it." Auch sein Schwanz dachte offensichtlich an dieses Lächeln. Was soll's... Kurzerhand fasste sich Henry an und erwartungsgemäß dauerte es mit den Erinnerungen an seine letzten Träume nicht lang, bis er sich in seiner Hand ergoss.
Ans Waschbecken gelehnt rasierte er sich noch und trug etwas After Shave auf. Die Flasche war fast leer, er würde zeitnah eine neue benötigen. Seine Haare kämmte er nur kurz durch und ließ sie lufttrocknen. Danach setzt er sich auf die Couch und wartete. Und dann nahm er wahr, wie sich jemand neben ihn setzte und durch seine Haare strich. „Hey, ich bezahle dich nicht fürs Schlafen!" Sofort schreckte Henry auf und spürte eine Hand auf seiner Brust, die ihn sanft zurückdrückte. „Ganz ruhig. War doch nur ein Scherz. Wie fühlst du dich?" Leicht durcheinander sah Henry seinen Boss an, der wieder neben ihm auf dem Sofa saß. „Es geht schon. Zieht etwas, ist aber auszuhalten."
Hill nickte und zeigte auf dem großen Flachbildschirm. „Sollen wir von vorn anfangen, oder bist zu welcher Stelle warst du gestern noch wach?" „Ich glaube, von Anfang an wäre besser. Ich kann mich kaum erinnern." Dass er so auch mehr Zeit mit Hill verbringen konnte, sagte er natürlich nicht. Die Schüssel mit dem Popcorn stellte Hill zwischen sie und startete dann den Film.
Nach ungefähr einer halben Stunde spürte Henry, wie sich der Kopf von seinem Boss auf seine Schulter legte. Nun war es dieses Mal doch wohl nicht er, der eingeschlafen war? Unauffällig ein Stück nach vorne lehnend, versuchte er einen Blick auf Hill zu erhaschen. Nein, seine Augen waren definitiv geöffnet. Also war dies volle Absicht. Henrys Körper stand nun komplett unter Strom. Konnte er es wagen...? Vorsichtig hob er einen Arm und legte ihn Hill um die Schultern. Dieser rückte daraufhin noch näher heran und kuschelte sich regelrecht an ihn an. Diese Situation war für Henry so surreal. Aber er musste zugeben, jetzt, hier so mit Hill auf der Couch zu sitzen, machte ihn so unfassbar glücklich. Glücklicher, als er es vielleicht jemals gewesen war.
Immer wieder berührten sich ihre Hände, wenn sie gleichzeitig in die Schüssel mit dem Popcorn griffen. Und jeden Mal dauerte es länger, bis sie ihre Finger wieder voneinander lösten. Bis Hill sich aufrichtete, die Schüssel nahm und sie auf den Couchtisch stellte. Danach wandte er sich Henry zu, sah ihm in die Augen und atmete schwer. Henry hob wie von selbst seine Hand, legte sie seinem Boss an die Wange und beugte sich vor. Legte seine Stirn an die von Hill. Spürte nun dessen Atem auf seinen Lippen. „Oh Henry..." Diese Worte, mit so viel Zuneigung gesprochen, waren alles, was er noch brauchte... Und dann ging das Licht aus und der Fernseher wurde schwarz.
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Protect Me From Myself
RomanceTechmilliardär und Einzelgänger Frederik Hill braucht einen neuen Bodyguard und wird in dem Iren Henry McAlister fündig. Auf Grund von Bedrohungen aus dem Milieu wird dieser direkt auf die Probe gestellt. Nach und nach kommen die ungleichen Männer s...