*Kapitel 1 - Ryan Parker

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Es war später Oktober. Wie üblich in Gotham wurde der silberne Mond von dunkeln Wolken verdeckt und verwandelte die Stadt in einen bedrohlichen, düsteren Fleck.
Das pflatschen einer Pfütze zerschnitt die eisig kalte Luft. Eine vermummte Gestalt hetzte die Strassen entlang. Immer wieder sah er über die Schulter zurück doch dachte er keinesfalls daran anzuhalten. Die Kapuze seines schwarzen Pullovers war so tief ins Gesicht gezogen, das es beinahe schien, als hätte er kein Gesicht. Es verleihte dem Mann etwas von einem Geist, einem namenlosen Phantom.
Der schwarze Stoff seiner Jacke war mit tiefroten Punkten übersäht. Die Blutspritzer auf der dunklen Jeans waren grösser und seine abgelatschten Sneakers waren schliesslich beinahe vollkommen rot gefärbt. Mit seiner seltsam bleichen Hand hielt der Mann ein langes Stahlrohr fest, von dessen Ende ebenfald Blut tropfte.

Die Gestalt bog schnell in eine Gasse ein. Sie lehnte sich an eine Wand und atmete schwer. Die Kapuze fiel von ihrem Kopf und machte den Blick auf die dunkelbraunen, beinahe schwarzen Haare der Gestalt frei. Der Mann strich sich die langen Strähnen aus dem Gesicht und sah zum Nachthimmel. Amüsiert pustete er Dampfwolken in die kalte Luft. Sein Gesicht war überraschend jung, er konnte kaum älter als sechzehn sein. Ein gewiesser Charm ging von den markanten Zügen aus, dem gewiss einige Frauen zum Opfer gefallen wären. Doch der Junge strotzte nicht vor jugendlicher Gesundheit. Seine Haut war kränklich bleich, seine Wangen tief eingefallen als hätte er seit tagen nichts gegessen und dunkle Augenringe zierten seine smaragdgrünen Augen.

"Weshalb tust du das?!", erklang plötzlich eine unnatürlich tiefe Stimme. Der Junge blickte zur Seite. Die Person, der die Stimme gehörte verbarg sich geschickt in der Dunkelheit und er konnte ihn nicht sehen, doch ohne Zweifel wusste er genau mit wem er sprach.
"Was denn?", fragte er scheinheilig zwischen zwei tiefen Atemzügen. Er spürte eine seltsame Nervosität in sich aufkommen. Obwohl er den Märchen, die man über ihn erzählten keinen Glauben schenkte, hatte er gehofft ihn abgehängt zu haben. Doch er wusste, dass dieser Tag kommen würde. Er wusste, dass er ihn treffen würde und er hatte sich darauf vorbereitet.
"Du weisst, was ich meine!", brüllte die Stimme und langsam kam ein in schwarz gekleideter Mann aus den Schatten. Der Junge inspizierte ihn von oben bis unten, so gut es bei dem schlechten Licht nun mal ging. Die spitzen Ohren, das maskierte Gesicht und das lange Cape, kein Zweifel, er war es. Der Junge wog das Stahlrohr in seiner Hand und verstärkte seinen Griff.
"Ach du meinst wohl, dass ich dir deine Arbeit abgenommen habe?" Er schluckte die Nervosität herunter und stürtze sich mit einem wutentbrannten Schrei auf den kostümierten Mann. Mit Leichtigkeit fing dieser den Gegenstand und riss ihn dem Jungen aus der Hand. Im nächsten Moment spürte letzterer einen Schlag im Magenbereich und wurde von dessen Kraft von den Füssen gerissen. Er erbrach sich auf den Boden und die Luft blieb ihm Weg. Jegliche Kraft war aus seinem Körper gewichen, er konnte sich nur noch knapp auf allen vieren halten. Der Mann trat bedrohlich auf ihn zu. Der Junge japste nach Luft und sah hoch.
"Und... Jetzt...", keuchte er. "Ich... Ich glaube nicht... Dass du... Du mich tötest. Oder... Batman?"
Der kostümierte Superheld schnaubte verächtlich. Anschliessemd schoss er seinen Hacken in die Luft und verschwand im dunklen Nachthimmel. Der Junge liess sich zu Seite fallen. Noch immer fiel es ihm schwer zu atmen und der Schmerz pochte in seinem Magen. Er hörte das schrille Heulen einer Polizeisirene, sie schien sich auf ihn zu zubewegen. Der Junge mobilisierte seine letzten Kräfte um sich auf die Beine zu kämpfen doch er kam nicht weit. Mit quietschenden Reifen bog ein Polizeiwagen in die Gasse ein. Seine grellen Scheinwerfer blendeten den Jungen.
"GCPD! Hände hoch und stehen bleiben!"

Ryan atmete tief ein. Seit dieser ersten Begegnung sind drei Jahre vergangen. Der Junge von damals hatte sich stark verändert. Er war grösser geworden, stärker. Seine eher schmächtige Gestalt war vollkommen einem durchtrainierten Körper gewichen. Zudem sah er nicht mehr so abgemagert aus und auch die Augenringe waren zurückgegangen doch die schimmernde Blässe seiner Haut war geblieben.
"Drei ganze Jahre und noch immer hab' ich ihm diesen Schlag nicht zurückgezahlt!", mit diesem Gedanken riss er die Augen auf und stürzte sich auf den Mann vor ihm. Er schlug gezielt auf sein Gegenüber ein. Seine Fäuste sausten durch die Luft und ein Tritt folgte dem Anderen. Ryans Gegner hatte Mühe alle Angriffe zu parieren.
"Er ist nicht bei der Sache!" Ryan knirschte mit den Zähnen. Er verlagerte sein ganzes Gewicht und setzte zu einem kräftigen Hacken an. Der Mann duckte sich flink unter dem Schlag hindurch und tratt Ryan mit einer geschickten Drehung gegen die Beine. Ryan verlor den Boden unter den Füssen. Er knallte mit einem lauten Aufprall auf den Rücken. Er ächzte. Genervt schlug er neben sich auf den Boden. Der Mann bot ihm seine Hand. Seine grün-grauen Augen musterte Ryan geradewegs aus dem kantigen Gesicht, durch das sich viele kleine Fältchen gruben. Jedoch liessen nicht nur seine Falten auf die Jahre, die der Mann schon lebte schliessen. Sein mit Muskeln bepackter Körper war übersäht mit kleinen Narben, hauptsächlich Narben von Schusswunden oder Schnitt- und Stichverlertungen.
Ryan schlug die Hand beiseite und rappelte sich hoch.
"Du wirst zu schnell unachtsam Ryan", mahnte der Mann und strich eine grau-schwarze Sträne nach hinten. "Aber ansonsten, beinahe perfekt."
"Klar doch Bruce", murrte Ryan und ging auf die Bank zu, auf der seine Wasserflasche stand. Bruce Wayne drehte sich zum Gehen.
"Ich muss dann auch schonwieder los", erklärte er mit einem Blick über die Schulter.
"Was?! Schon jetzt?!", schrie Ryan entrüstet und sprang auf. "Du warst nicht mal zwei ganze Tage hier!"
Ich weiss Ryan, ich würde auch gerne länger bleiben aber ich muss wirklich gehen." Er winkte Ryan zu und stieg die Treppe zum Ausgang der Bathöhle hoch.
"Und ich soll den ganzen verdammten Retter-von-Gotham-Kram übernehmen?!", Ryan schleuderte seine Flasche von sich und liess sich enttäuscht und wütend auf die Bank fallen.
"Verdammter Bruce!"
Er schloss die Augen und atmete tief durch. Vor seinem inneren Auge erschienen erneut die Bilder, seiner ersten Begegnung mit Batman.

Als die Officers des Gotham City Police Departement hinter ihm standen und schrien, hatte Ryan nicht mehr weiter gegen sie angekämpft. Der Schlag von Batman hatte ihm vollkommen gereicht, er wollte sich nicht auch noch von den schiesswütigen Polizisten durchlöchern lassen. Er wurde festgenomen und in eine Zelle verfrachtet.
Mit sechzehn Jahren war Ryan zimlich weit oben auf der Fahndungsliste des GCPDs. Mit einem Stahlrohr bewaffnet, hatte er sich daran gemacht den Abschaum Gothams zu verdreschen. Er hatte keinen Unterschied zwischen kleinkriminellen Gangstern oder korrupten Politikern gemacht, bot sich ihm eine Gelegenheit, schlug er zu.
Im Gefängniss hatte er eine Woche auf seine Anhörung gewartet. Doch plötzlich, am achten Tag kam ein Officer und liess ihn gehen. Hatte behauptet jemanf hätte ihn freigekauft.
Als er das Police Departement verlassen hatte wartete ein schwarzer, alter Rolls Royal auf ihn. Ein Chauffeur hatte ihm die Tür geöffnet. Ryan verstand die Geste, sein Gönner hatte ihm nicht umsonst geholfen. Zudem hatte er keinen anderen Ort, an den er gehen konnte also stieg er ein.
Nach einer ruhigen Fahrt aus Gotham City raus hielt der Wagen an und Ryan wurde die Tür geöffnet. Vor ihm ragte eine riesige Villa in die Luft, Wayne Manor. Ryan blieb vor staunen der Mund weit offen. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte er ein so pompöses Gebäude gesehen. Das Innere des Hauses brachte in vollkommen ausser Fassung. Mahaghonifliesen bedeckten den Boden, teure Gemälde hingen an den Wänden und ein riesiger, kristallener Kronleuchter hing von der Decke. Und das alles befand sich nur im Empfangraum. Als Ryan mit seinem Blick einem samtroten Teppich eine Treppe hinauf folgte, erblickte er den Eigentümer. Sofort schloss er den Mund und tat so, als hätte ihn das Anwesen in keinsterweise fasziniert.
Bruce Wayne hiess ihn herzlich in seinem Haus willkommen und erörterte Ryan, dass er ihn freigekauft hatte. Bruce behauptete von seinem Fall in der Zeitung gelesen zu haben. Als Wohltäter Gothams war es ihm ein Herzensanliegen die Jugend der Stadt zu retten und Strassenkindern eine Chance zu geben. Ryan willigte ohne grosse Wiedersprüche ein. Die Vorstellung in einem so prunkvollen Haus zu wohnen hatte ihm gefallen. Zudem versprach er sich regelmässig warme Mahlzeiten und einen trockenen Ort zum Schlafen, Dinge die er auf der Strasse nicht hatte.

Ryan hatte ein Jahr in dem riesigen Anwesen verbracht, ohne gross etwas zu tun. Er hatte sich mit dem Batler Alfred angefreundet und zwei weitere Schützlinge von Bruce kennengelernt, Dick Grayson und Tim Drake. Doch über Bruce konnte er kaum etwas in Erfahrung bringen. Der Mann war selten zuhause und wenn doch bekam Ryan ihn nur beim Essen zu Gesicht.
An seinem siebzehnten Geburtstag war Bruce schliesslich anwesend. Nach einem Abend geneinsam mit den beiden Anderen, Geschenken und vorzüglichem Essen zeigte Bruce Ryan ein geheimes Zimmer. Vielmehr eine geheime Höhle, die sich direkt unter dem Anwesen befand. Bruce erklärte ihm, weshalb er ihn tatsächlich aus dem Gefängniss geholt hatte. Er erzählte ihm von seinem Leben als Batman und davon, das er in Ryan seinen neuen Partner sieht. Ryan willigte ohne zu zögern ein. Er war geschockt und fasziniert von dem riesigen Geheimnis, das sie alle um ihn herum bewahrten. Doch vorallem erhoffte er sich mehr Zeit mit Bruce zu verbringen.
Ryan begann sein Training und schon bald wollte Bruce ihm ein rotes Robin-Kostüm überreichen doch Ryan lehnte ab. Er wollte nicht Robin sein, er wollte nicht Batman sein. Er wollte sich selbst einen Namen machen.
Ryan begann damit sich sein eigenes Kostüm zu designen, einen dunkelgrauer Parka, dessen schwarze Kapuze stetts tief ins Gesicht gezogen war. Eine schwarze Skimaske, die sein Gesicht schütze mit nur zwei weisse Augenabdeckungen, sodass es schien, als befände sich unter der Kapuze nichts ausser der zwwi weissen Augen. Auf der Brust seines ebenfalls grauen Keflonbrustpanzer, der ihn vor Schüssen und Messerstichen schütze prangte, auf Bruces Verlangen eine schwarze Fledermaus. Seine Unterarme steckten in den typischen Armpanzerungen, die auch Batman trug und seine Hände waren in Handschuhe gekleidet, deren Knöchel mit Metall verstärkt waren. Um die Hüfte trug er seine eigene Version des Utility-Gürtels. Eine Hose aus mit Keflonfasern verstärktem Stoff endete in hohen, grauen Stiefeln und vollendete sein Kostüm. Ryan hatte sicher gestellt, das bei Nacht das erste was seine Gegner sehen würden seine Augen waren. Nur die weissen Augen, ohne Pupillen, die direkt in ihre Seelen starrten und sie mit Angst erfüllten. Die Augen eines Geistes. Mit dem Namen Ghostface kämpfte Ryan fortan an Batmans Seite auf Gothams Strassen und gegen die ruchlosen Gegner des dunklen Ritters.

Ryan öffnete die Augen. Er atmete geräuschvoll aus. Es hatte keinen Sinn länger zornig zu sein, Bruce war bereits verschwunden und kam in nächster Zeit nicht zurück. Ryan schnaubte verächtlich. Er verharrte einige Minuten auf der Bank, erhob sich jedoch schliesslich und ging auf sein Zimmer. Nach einer kalten Dusche liess er sich in sein Bett fallen. Die Erschöpfung brach innert Sekunden über ihn herein und nur wenige Augenblicke schlief er bereits tief und fest.

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