Part 18

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Ich bin so nervös, als ich endlich vor Marius Wohnung stehe, dass ich von einem Bein auf das andere trete. Die Tasche mit Kleidung hängt mir über der Schulter und ich schiebe den Riemen zurück, als sie mir fast herunter fällt. Die letzten beiden Tage waren so verrückt und eigentlich sollte ich wohl traurig oder wütend sein, dass ich für meine Eltern ab sofort gestorben bin, aber das Gegenteil ist der Fall. Ich bin frei! Frei von Verpflichtungen, dem Druck den Erwartungen meiner Eltern gerecht zu werden, von den blöden Veranstaltungen und was es sonst noch für spießige Verpflichtungen gab. Ich musste dort nicht mehr hin, sondern konnte endlich das tun, was ich immer wollte. Das tun was ich will, lieben können wen ich will und all das ohne es verstecken zu müssen. Glücklich und frei sein. Mit Marius.

Grinsend ziehe ich den Wohnungsschlüssel aus meiner Tasche und öffne die Haustür. Vielleicht war er ja auch schon wieder da und wir könnten zur Feier des Tages etwas bestellen. So einen Abend hatten wir schon lange nicht mehr. Marius wollte in der letzten Zeit meistens mit Freunden raus und unterwegs sein. Ich konnte mich schon fast gar nicht daran erinnern, wann wir beide mal zu zweit einfach nur auf dem Sofa gelegen hatten. Es musste auf jeden Fall einige Wochen oder sogar Monate her sein. Bisher hatte ich mir darüber nie Gedanken gemacht, aber jetzt wo ich so darüber nachdenke, macht sich ein komisches Gefühl in meinem Bauch breit und ich zögere einen Moment, bevor ich den Zahlencode für den Aufzug und Marius Wohnung eingebe.

Mein Freund war in der letzten Zeit nicht er selbst und ich hoffe so sehr, dass sich das jetzt ändert. Jetzt wo ich alles hinter mir gelassen habe. Aber aus irgendeinem Grund krampft sich mein Magen gerade komplett zusammen. Es ist nur ein Gefühl, aber mir fällt erst jetzt wirklich auf, dass er mir nicht wie sonst telefonisch abgesagt hat, wenn etwas dazwischen gekommen ist, sondern nur eine Textnachricht geschickt hat. Das macht er sonst nicht... Meine wundervolle nervöse Vorfreude, wandelt sich gerade in etwas anderes. Ein schlechtes Gefühl macht sich breit und ich versuche es zu ignorieren. Ich trete jetzt immer noch von einem Bein auf das andere, aber nur um diesen nagenden Zweifel, dass hier etwas nicht stimmt, zu ignorieren. Aber ich bin ja eh gleich oben und dann kann ich mich selbst davon überzeugen, wie bescheuert ich mich hier verhalte...

Als sich die Türen öffnen, will ich schon erleichtert aufatmen, aber als mir ein schwerer Bass entgegen kommt, halte ich die Luft stattdessen an. Ich trete vorsichtig in den abgedunkelten Flur und zucke kurz zusammen, als das Lied wechselt und der Bass noch lauter dröhnt, als vorher. Marius wollte doch zu einer Besprechung. Das hier sieht aber mehr nach... nach einer Party aus. Die Zweifel in mir, werden mit jedem Schritt den ich dem Wohnbereich näher komme größer. Ich verstehe nicht was hier los ist. Durch die Wohnzimmertür scheinen mir Lichteffekte entgegen, ich höre Stimmen, Männer lachen und dann... kurz bevor ich in die Tür treten kann, johlen einige auf und dann dringt das Gekichere von Frauen zu mir in den Flur. Ich bleibe wie vom Blitz getroffen stehen, als ich um die Ecke trete und der Blick auf den Wohn- und Essbereich frei wird.

Er hat mich angelogen! Er... er hat...

Das Bild, dass sich mir bietet ist so surreal, dass ich eine ganze Weile wie erstarrt auf das Geschehen vor mir blicke. Der ganze Bereich ist abgedunkelt, Lichter flackern durch den Raum und die Küchenzeile ist voll mit Alkoholflaschen. Aber das... das was genau vor mir passiert ist...

Der Wohnzimmertisch ist komplett leer geräumt und auf ihn tanzen zwei...  leicht bekleidete Dame. Sie drehen sich, tanzen und um den Tisch herum sitzen oder stehen Freunde von Marius und... und er selbst. Er sitzt breitbeinig auf dem Sofa, einen Drink in der Hand und ich schaut sich grinsend die Show vor ihm an. Zumindest solange, bis sich eine der Frauen ein letztes Mal an ihrer Freundin reibt und dann Marius ins Visier nimmt. Sie erwidert sein Grinsen, bevor sie elegant vom Tisch steigt und sich mit zwei Schritten breitbeinig bei Marius auf den Schoß setzt. Mir wird mit einem Schlag schwindelig und so schlecht, dass ich wanke. Eigentlich müsste ich jetzt etwas fühlen, aber da ist gerade nichts außer Irritation und... Sollte ich jetzt nicht etwas fühlen? Sollte ich...? Ich befinde mich in einer Art Schockstarre, die erst dann mit einem Knall zerbricht, als sich die Frau nach vorne beugt und Marius küsst. Und er... er lässt es zu.

Forever us?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt