Part 25

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Ich gehe einfach. Und mit jedem Schritt, werde ich schneller, bis ich die Treppe zu meinem Zimmer hoch sprinte.

Du musst hier weg!

Jeder andere Gedanke wird verdrängt. Für mich zählt nur noch, dass ich hier verschwinden kann. Im ersten Moment zerre ich meinen Koffer aus der Ecke und fange an, die Sachen, die mir am nächsten sind, in den Koffer zu werfen. Als im Zimmer nichts mehr liegt, gehe ich zum Kleiderschrank. Aber anstatt, dass ich die Sachen heraus hole und in den Koffer packe, starre ich sie einfach nur an. Ich starre auf die Designer-Teile, die furchtbar teuren Schuhe, die Handtaschen und alles in mir sträubt sich dagegen nur etwas davon anzufassen. Das bin nicht ich, so will ich nicht mehr sein. Ich trete einen Schritt zurück, aber mein Blick trifft dabei auf einen Jeans-Zipfel der hinter einem Stapel Sportklamotten heraus schaut.

Ich strahle über das ganze Gesicht, als ich in kurzen, halb zerrissenen Jeans-Shorts durch die Straßen von Barcelona laufe. Diese Stadt ist der Wahnsinn! So viel Architektur, so viel zu sehen, zu probieren und zu erleben. Mein Shirt klebt mir auf der Haut, genauso wie einige Haarsträhnen. Wenn mich meine Eltern so sehen könnten, würden sie ausflippen. Aber das können Sie nicht, weil sie in Deutschland sind und ich... ich bin hier. In meinem ersten eigenen Urlaub, ohne Aufpasser, ohne jemanden der mir am laufenden Band sagt, was ich lassen soll. Ich liebe das!

Ohne zu überlegen, zerre ich an meiner Kleidung und merke erst jetzt, dass ich mich gar nicht mehr daran erinnern kann, wann ich das angezogen habe. Ich schaffe es im ersten Moment nicht aus dem Oberteil zukommen und ziehe weiter unaufhörlich am Stoff. Ich muss aus diesen Sachen raus. Der Stoff gibt unter meinem Zug nach und im nächsten Moment habe ich mir das Oberteil über den Kopf und dann auch die Leggins über die Hüfte geschoben. Meine Finger greifen nach der kurzen Jeans und ziehen mit ihr ein Oversize T-Shirt aus dem Eck. Ein Grinsen breitet sich auf meinen Lippen aus.

Als ich zehn Minuten später in Richtung Lobby gehe, um auf mein Taxi zu warten, habe ich nur eine Handtasche, meinen Pass und etwas Geld dabei. Meine Füße stecken in, ehrlicherweise, viel zu dreckigen Turnschuhen, aber alles andere... alles andere brauche ich nicht. Ich will es einfach nicht. Zwar weiß ich nicht wer ich bin, aber ich weiß sehr genau, wer ich nicht sein möchte.

„Was in aller Welt ist denn bitte mit dir passiert? Herrgott Maya wie siehst du aus?", Iris schrille Stimme lässt mich in meiner Bewegung einfrieren. So war das nicht geplant. Ich hatte gehofft... ich... ich wollte um diese Konfrontation herum kommen. Aber... das soll wohl nicht so sein. Also straffe ich meine Schultern und drehe mich zu ihr um.

„Gott Maya! Du siehst furchtbar aus! Was ist passiert?", Iris baut sich vor mir auf und sieht mich auffordernd an. „Nichts. Ich fühle mich sehr wohl so", antworte ich ihr nur und gebe gleichzeitig dem Herrn von der Rezeption meinen Zimmerschlüssel und einen Brief an Nastia. Ich kann mich nicht mehr von ihr verabschieden, aber ich möchte mich wenigstens bedanken. Für die Woche und... den kleinen Schubs gestern Abend. Telefonisch habe ich eben schon, als ich das Taxi bestellt habe, angekündigt, dass ich abreise. „Ihr Taxi müsste jeden Moment hier sein", ich schenke dem Mann ein kurzes Lächeln und gehe dann einfach nach draußen. Iris hinter mir atmet lautstark ein und folgt mir dann.

„Warum in aller Welt hast du ein Taxi bestellt und wieso gibst du deinen Zimmerschlüssel zurück? Was ist hier los?", sie überholt mich und stellt sich mir jetzt in den Weg. „Ich reise ab", antworte ich nur kurz angebunden und will an ihr vorbei laufen, aber sie hält meinen Arm schon wieder fest. „Du gehst nirgendwo hin, bis ich nicht erfahren habe, was hier gespielt wird. Also los, rede!", ich zische kurz, als sich ihre Fingernägel in meinen Arm krallen und zudrücken. „Lass mich los", fauche ich jetzt zurück. Ich lasse mich von ihr nicht mehr herum schubsen. Das ist vorbei. „Oh nein, das werde ich ganz bestimmt nicht tun. Nicht nach all den Anstrengungen die ich für diese Familie unternommen habe. Du redest jetzt, auf der Stelle!" Iris und ich liefern uns ein Blickduell, währen dich versuche ihr meinen Arm zu entziehen. Gerade als ich ihr sagen will, dass sie mich mal kreuzweise kann, höre ich eine Stimme mit der ich nicht gerechnet habe:

Forever us?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt