Part 20

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Ich sitze jetzt schon seit zwei Stunden in meinem Bett und starre auf die Wand gegenüber. Mein Knöchel pocht unaufhörlich, aber ich schaffe es die meiste Zeit den Schmerz zu ignorieren. Dafür spielen meine Gedanken und auch Gefühle viel zu sehr verrückt. Ich wollte eigentlich sofort, nachdem mich die anderen auf mein Zimmer gebracht haben, packen und verschwinden. Aber ich bin seitdem wie erstarrt.

Es war tatsächlich schon fast Mitternacht bis wir wieder zurück waren. Nastia und Christian hatten sich eine irre Ausrede einfallen lassen, warum wir nicht auffindbar gewesen waren, um Iris im Zaun zu halten. Die wäre nämlich sonst Sturm gelaufen und hätte wahrscheinlich die Polizei, Interpol und wen weiß ich noch alles rekrutiert, nur um mich zu suchen. Und dann hätte ich mir die ganze Nacht, die ganze restliche Woche und auch sonst ständig anhören sollen, wieso um alles in der Welt ist so dermaßen impulsiv handeln und mich auf die Suche nach Xenia machen musste. So kann ich mir morgen dann zwar immer noch eine Ausrede für meinen dicken Fuß und die ganzen Kratzer ausdenken, aber das ist immerhin besser als eine Suchaktion.

Jannis, Julian und Marius waren wohl auf eigene Faust auf die Suche nach mir gegangen, nachdem klar war, dass ich nicht in meinem Zimmer war. Christian und Nastia hatten Iris beschäftigt, da Nastia natürlich wusste wie sie so drauf war und mir das Theater hatte ersparen wollen. Dafür musste ich mich bei ihr noch bedanken. Und auch bei Jannis und Julian. Sie waren losgezogen, obwohl ich mich dermaßen daneben benommen hatte. Vorhin hatte ich dazu aber nicht die Kraft und auch nicht die Nerven.

Der fast Kuss mit Marius war so präsent, dass ich immer noch seinen Atem auf meinen Lippen fühlen konnte. Und auch an ihm was das Ganze nicht spurlos vorbei gegangen. Jannis und Julian hatten uns gefunden und standen ziemlich perplex vor zwei Menschen, die sich einfach nur entgeistert anstarren konnten. Niemand hatte mehr ein Wort gesagt. Absolut keiner. Aber es war den beiden Brüdern wohl sofort aufgefallen, dass etwas passiert sein musste. Aber nach einem ernsten Blick von Julian auf meinen Knöchel hatte er mich kommentarlos, genau wie Marius zuvor, hochgehoben und zurück getragen. Marius war uns in einigen Metern Abstand gefolgt und starrte eigentlich nur apathisch vor sich auf den Boden.

So waren wir an der Villa angekommen. So hatten sie mich in meinem Zimmer auf dem Bett abgesetzt. Und genauso saß ich hier jetzt Stunden später immer noch. Vollkommen durch den Wind und absolut überfordert mit meinen Gefühlen. Ich wollte um jeden Preis hier weg, aber jetzt... etwas hält mich hier. Etwas will das verstehen, was da vorhin fast passiert wäre. Etwas will das klären... Und genau das hält mir hier. Auf meinem Bett, mit dem Blick starr vor mir auf die Wand gegenüber gerichtet. Und auch wenn ich so eigentlich gar nicht schlafen will, fallen mir doch immer wieder die Augen zu. Ich kämpfe sehr lange, aber irgendwann, verliere ich.

Ein Hämmern an meiner Zimmertür lässt mich hochschrecken. Gefühlt habe ich gerade mal eine Minute geschlafen, aber ein kurzer Blick auf die Uhr verrät mir, dass wir schon zehn Uhr haben. „Maya Welzenbach. Du kommst jetzt sofort raus und erklärst mir, warum ich dich seit gestern Abend nicht erreichen kann! Maya!", Iris Stimme wird schrill und ich zucke mehrfach zusammen. Gestern... Sofort kommen die Erinnerungen und die Bilder zurück. Mein Knöchel pocht immer noch etwas, aber es fühlt sich schon etwas besser an. Auch wenn er komplett blau ist. Erst will ich meiner zukünftigen Schwiegermutter die Tür öffnen, aber dann fällt mir ein, dass ich genauso dreckig wie ich gestern zurück gekommen bin, auch noch im Bett liege. So kann ich ihr unmöglich entgegen treten.

Leicht panisch sehe ich mich um und ich weiß gerade gar nicht was ich als erstes tun soll. Auf jeden Fall muss ich leise sein. Wenn sie mitbekommt, dass ich im Zimmer bin, tritt sie womöglich noch die Tür ein.

Du hättest verschwinden sollen!

Ein Gedanke, der plötzlich in meinem Kopf auftaucht und vor dem ich mich furchtbar erschrecke, denn ich weiß auf der einen Seite, wie richtig er sich anfühlt, aber auf der anderen Seite wäre das mein endgültiges Todesurteil. Ich könnte das Iris und vor allem David nie erklären. Keine Ahnung wie ich gestern ernsthaft geglaubt habe, dass ich einfach so gehen könnte, ohne dass es Folgen für mich haben würde. Ich war so durch den Wind, dass mir die Konsequenzen egal waren. Aber das sind sie nicht! Erst recht nicht, wenn ich nicht weiß was das alles mit Marius soll. Er ist... verwirrend und bringt alles, aber auch wirklich alles durcheinander und ins Wanken.

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