Part 19

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Ich laufe vollkommen kopflos durch Frankfurt. Habe keine Ahnung wo ich bin oder wo ich jetzt hin soll. Ich laufe einfach. Will nur noch weg. Irgendwann, als ich fast keine Luft mehr vom Rennen und weinen bekomme, erinnere ich mich, dass Marta ja hier wohnt. Ob sie mich vielleicht...? Der Versuch mein Telefon zu entsperren endet damit, dass es mir mehrfach herunter fällt. Meine Hände zittern so sehr, dass ich es gar nicht festhalten kann. Am Ende gebe ich es auf und versuche einen Anhaltspunkt zu finden wo ich bin. Ich drehe ich mich mehrmals im Kreis, aber alles sieht im dunkeln gleich aus. Alles verschwimmt, verschmilzt zu einem großen dunklen Schatten, der sich jetzt schwer auf mich legt. Ich fühle alles und nichts. So lange schon... so lange habe ich um ein Leben gekämpft, dass ich bestimme... Und jetzt wo es endlich soweit ist... wird mir der Boden, den ich mir in den letzten Jahren Zentimeter um Zentimeter erkämpft habe, mit einem Ruck weggerissen. Ich habe alles für den Mann den ich liebe und von dem ich dachte er würde das auch tun, aufs Spiel gesetzt... und alles verloren...

Licht flackert vor mir, ich höre dumpf jemanden meinen Namen rufen. Mehrmals. Wieder flackert Licht und ich hebe müde den Kopf. Mir tut alles weh und ich stöhne leise auf. Bin ich eingeschlafen? Verwirrt sehe ich mich um und bleibe wieder am Flackern vor mir hängen. Hat da jemand meinen Namen gerufen? Um mich herum ist es schon ziemlich dunkel. Es ist noch nicht vollkommen Nacht, ich kann immer noch etwas sehen und ziehe mich jetzt auf die Knie. Mir tut so ziemlich jeder einzelne Muskel weh, aber ich schiebe das weit weg, denn der Schmerz der tief aus mir selbst kommt, ist viel schlimmer und zwingt mich fast wieder zurück auf den Boden. Aber ich ertrage das jetzt schon so lange, dass ich es auch noch länger aushalten kann. Zumindest solange bis ich hier weg komme. Und dann... sehe ich weiter.

„Maya?", jetzt bin ich mir sicher, dass jemand einen Namen ruft und ich komme humpelnd zum stehen. Zu mehr reicht es aber auch nicht, denn im nächsten Moment werde ich hart an eine Brust gedrückt. „Scheiße Maya! Mach... das... nie... wieder!" Der Geruch der mich jetzt einnimmt, raubt mir den Atem und mir geben die Knie nach.

„Ich liebe dich, Feechen. Werde ich immer."

Eine Erinnerung sucht sich den Weg nach draußen, aber keine Sekunde später, habe ich sie dahin zurück geschoben wo sie hergekommen ist und schubse Marius von mir weg. „Fass mich nicht an", fauche ich ihn an, während ich versuche mein Gleichgewicht wieder zu finden. Wenn man aber nur noch einen brauchbaren Fuß hat, ist das kaum möglich. Der Schmerz der erst durch meinen verletzten Fuß und dann durch mein Bein schießt ist so unerträglich, dass es einfach unter mir nachgibt. Ohne Marius, der sofort reagiert und mich auffängt, wäre ich zu Boden gegangen. „Wie schlimm ist es?", will mein Ex jetzt leise von mir wissen und ignoriert allem Anschein nach meine Aufforderung mich nicht anzufassen. Seine Hände umfassen meine Hüfte und drücken mich fest an ihn.

„...Du bist ein Nichts, ein kleines Püppchen, dass mit ihrem Leben nicht klar kommt und sich deswegen einen dummen Jungen ausgesucht hat, um bei ihren Eltern an zu ecken..."

Es ist nicht mal einen Tag hier, dass er mir diese Dinge an den Kopf geworfen hat und jetzt macht er sich Sorgen um mich? Das ergibt alles keinen Sinn und ich will auch gar nicht wissen, wie es zusammen passt. Ich will nur weg von ihm. Also stemme ich mich gegen seine Brust und mache dann mehr schlecht als recht einen Schritt von ihm weg. „Geht schon", murmele ich leise und klopfe mir etwas Dreck von der Hose. „Du hast hier am Stein gelehnt und kannst kaum auf dem Bein stehen. Du bist grade sehr weit von 'Geht schon' entfernt."

„Solange du mich in Ruhe lässt, muss 'Geht schon' ausreichen", meine Stimme ist fester als ich geglaubt habe, „Du kannst also gerne wieder dahin gehen wo du hergekommen bist. Das Püppchen kommt schon klar."

Irgendwie muss ich mir doch härter den Kopf angeschlagen haben, als gedacht, denn die Worte die gerade meinen Mund verlassen überraschen mich selbst. Aber etwas in mir wehrt sich mit aller Macht dagegen Hilfe von Marius anzunehmen. Vielleicht weil er mir schon so viel genommen hat. Das letzte bisschen Stolz will ich dann doch behalten.

Forever us?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt