Epilog

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Meine Füße berühren im schnellen Tempo den Boden und ich atme tief ein. Die Luft riecht nach Schnee, was mir beim Laufen ein Lächeln entlockt. Endlich wieder einen Winter im Süden des Landes zu verbringen, macht mich irgendwie glücklich. Ich bin hier geboren und Schnee hat da immer dazu gehört. In Frankfurt ist es mehr Puderzucker was da runter kommt, als wirklicher Schnee, auch wenn dass die Einwohner anders sehen.

Den ersten Winter in meinem neuen Leben zu erleben, wird... interessant. Weihnachtsmärkte waren in der Zeit mit David nie drin, weil immer ein anderer wichtiger Termin anstand. Daher weiß ich jetzt schon, dass ich jeden zweiten Abend an irgendeinem Stand stehen und alles genießen werde, was der Weihnachtsmarkt so zu bieten hat.

Als mich der nächste Windstoß trifft, fröstelt es mich trotz des Laufs etwas und lege etwas an Tempo zu. Seit gestern liegt die Temperatur bei 2 Grad und an manchen Stellen ist es wirklich glatt. Eigentlich sollte ich dann wohl langsamer laufen oder mir zumindest eine Strecke mit weniger gefrorenen Pützen suchen, aber der Park hier ist so schön und laufe hier so gerne, dass ich das Risiko mich hinzulegen in Kauf nehme.

Ich laufe in die nächste Kurfe, weiche einem älteren Ehepaar aus und sehe von weitem schon die Stelle, die ich bisher immer gemieden habe. Die Stelle an der ich damals Marius gefunden habe. Marius der sich beim Laufen verletzt hatte und nicht mehr alleine weiter kam. Ich weiß nicht wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich ihn hier nicht getroffen hätte.

Seit unserer Trennung meide diese Stelle. Und eigentlich wollte ich auch heute den anderen Weg nehmen. Aber etwas zieht mich zu diesem Platz und ich nehme Tempo raus.

Hätte ich die Kraft gehabt mich gegen meine Eltern zu stellen, wenn Marius nicht gewesen wäre? Ich weiß es nicht.

Wäre es anders gelaufen, wenn ich ihm von Anfang an gesagt hätte, wer meine Eltern sind? Ich weiß es nicht.

Hätte es etwas geändert, wenn ich mich eher von meinen Eltern losgesagt hätte?
Ich weiß es nicht.

Aber eine Sache weiß ich sehr genau: Ohne Marius wäre ich niemals die Person geworden, die ich heute bin. Und egal wie weh der Weg mit ihm getan hat, er war auch das Beste, was mir passieren konnte. Keine Ahnung wie es jetzt wäre, wenn ich ihn anrufen würde... ob wir eine Chance...

Aus den Augenwinkeln sehe ich jemanden auf einer Bank sitzen, längere blonde Haare schauen unter einer Mütze hervor. Erst gerät mein Herz ins stolpern und dann ich, bevor ich auf der nächstbesten, gefrorenen Fütze ausrutsche und auf meinem Hintern lande.

„Autsch", fluche ich vor mich hin. Wie blöd kann ein Mensch bitte sein? Als ob Marius jetzt gerade hier sitzen würde. Ich ziehe mir meinen Buff vo meinem Gesicht, drehe mich auf die Seite und will gerade aufstehen, als jemand vor mir in die Hocke geht und mir eine tätowierte Hand hinhält. „Alles in Ordnung?"

Wieder stolpert mein Herz, aber jetzt habe ich das Gefühl, dass es stehen bleibt. Wie kann das sein? Ich kann die Hand vor mir nur anstarren. Das bilde ich mir doch bestimmt nur ein, oder? Das kann er nicht sein. Auch wenn die Stimme genau wie seine klingt. „Hast du dir weh getan?", bei seinen nächsten Worte schaue ich auf und in Augen, die sich überrascht weiten. „Was...", kommt es tonlos von ihm und wir starren uns eine gefühlte Ewigkeit nur an. Jedenfalls bis die Kälte des Bodens langsam durch meine Kleidung dringt und ich kurz den Kopf schüttle um wieder klar Denken zu können. „Du solltest aufstehen, es ist wirklich extrem kalt und du musst vom Laufen geschwitzt sein... Nicht dass du dir den Tod holst", ich nicke automatisch und greife dann nach seiner Hand, die er immernoch in meine Richtung ausgetreckt hat. Seine Hand ist warm und schließt sich fest um meine, als er mich hoch zieht.

„Was machst du hier?", flüstere ich ihm entgegen und kann immernoch nirgendwo anders hinschauen, als in seine Augen. Mein Herz schlägt schneller und die Kälte, die ich eigentlich jetzt spüren müsste, ist weg. Dort wo Marius meine Hand festhält, breitet sich eine Wärme aus, die mich voll und ganz einnimmt.

Gott wie hab ich ihn vermisst.

„Ich sitze hier eigentlich, seit einem knappen Jahr, fast einmal die Woche und starre vor mich hin. Ist ein guter Ort zum Nachdenken. Hier habe ich vor einigen Jahren die Liebe meines Lebens getroffen, musst du wissen", mein Gegenüber grinst leicht und ich lache ihn an. „Dann musst du sehr glücklich sein, dass du sie gefunden hast." „Müsste ich, ja. Aber ich hab sie verloren, weil ich Mist gebaut habe. Zweimal um genau zu sein." „Zwei Mal? Geht sowas denn?" „Ja..., das geht... Und ich bereue nichts mehr, als dass ich sie beim zweiten Mal habe gehen lassen und mich danach nicht mehr gemeldet habe. Dass ich nicht den Mut hatte und... deshalb sitze ich jede Woche hier und... denke nach, in der Hoffnung, dass ich, wenn ich das nächste Mal aufstehe, mein Telefon in die Hand nehme und sie anrufe." „Und warum hast du es nicht getan?", will ich von ihm wissen, während er meine Hand weiterhin festhält und jetzt sanft darüber streicht. „Ich hatte Angst, dass ich es wieder vermasseln würde...", murmelt Marius leise.

Seine Worte lösen eine Wärme in mir aus, die ich lange vermisst habe und mir ein Lächeln entlocken. „Die Angst kommt mir bekannt vor." „Wirklich?" „Wirklich!" Marius lächelt jetzt ebenfalls und kommt einen weiteren Schritt auf mich zu. Wir stehen jetzt so nahe voreinander, dass ich meinen Kopf in den Nacken legen muss, um ihm weiter ins Gesicht sehen zu können. „Hättest du vielleicht Lust mit mir über diese Angst bei einem Abendessen zu sprechen? Wir könnten uns gegenseitig helfen, darüber hinweg zu kommen."

Alles in mir kribbelt, es wird wärmer, ich spüre keine Kälte mehr, sondern nur noch ihn. Das was ich für ihn fühle, hat nie aufgehört und ich bin mir sicher, dass dieses Gefühl für immer bleibt. „Hast du an ein bestimmtes Restautrant gedacht?", will ich daher von ihm wissen. „Es gibt da so eine kleine Pizzeria, da hab ich sehr schöne Moment erlebt und das Essen ist unglaublich gut."

„Du musst mich wirklich nicht zum Essen einladen, Marius", versuche ich es jetzt schon zum dritten Mal an diesem Abend. „Und wie ich das muss. Ohne dich hätte ich ewig zu meiner Wohnung gebraucht oder die Nacht im Park auf dem Boden verbracht. Da ist ein Essen ja wohl das mindeste. Außerdem finde ich es gar nicht mal so schlecht und mit einem bildhübschen Mädel essen zu gehen", frech grinst er mich an und hält mir die Tür zu dem kleinen Restaurant auf.

Als die Erinnerung vor meinem inneren Auge auftaucht, muss ich automatisch lächeln: „Dann gehen wir da hin."

Marius lächelt mich breit an und in seinen Auge spiegelt sich eine Liebe, die ich bis an mein Lebensende mit mir tragen werde. Egal was noch kommt.

„Dann haben wir also ein Date", Marius beißt sich kurz auf die Unterlippe, ein Zeichen, dass er über etwas nachdenkt. Aber dann schleicht sich ein leichtes Grinsen auf ebendiese Lippen. „Vielleicht sollte ich mich vor unserem ersten Date kurz vorstellen: Marius Wolf, Fußballprofi, Millionär, Ferrarifahrer und Familienmensch mit vielen Freunden, der wieder mit der Liebe seines Lebens zusammen sein will. Und wer bist du?"

Ich starre ich ein paar Sekunden an und lache dann befreit auf. „Ich bin Maya Welzenbach. Arichtektin für Denkmalschutz, normaler Mensch ohne viel Geld, die ihre Blutverwandten zum Teufel gejagt hat, dafür aber mit einer Nanna, die ich über alles liebe, keine nennenswerten Freunde, aber mit einer Liebe für einen Mann, die ich wohl niemals loslassen kann."

„Freut mich, dich kennen zu lernen, Maya!"

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Das ist das Ende dieser Geschichte, aber vielleicht der Anfang einer neuen für M&M.

Die beiden waren anders, als meine bisherigen Charaktere. Einfach weil sie schon eine Geschichte hatten und sich nicht erst neu kennen gelernt haben. Charaktere haben ja immer eine Vergangenheit, allerdings muss die meistens nicht komplett erzählt werden. Hier war mir das aber sehr wichtig.

Seit über zwei Jahren schreibe ich jetzt an M&M und bin sehr froh, dass ihre Geschichte jetzt zu Ende erzählt ist. Zumindest dieser Teil. Was die beiden daraus machen, ist den beiden und eurer Fantasie überlassen.

Danke an alle, die ihr die Story gelesen, kommentiert und mitgefiebert habt!

DANKE! ❤️

Ich wünsche euch jetzt eine schöne und vor allem ruhige Weihnachtszeit!

Liebste Grüße
Ani

Forever us?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt