Kapitel 14: Erinnerungen wecken

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Pov. Steve: Gerade, als Bucky und ich das Abräumen vom Weihnachtsessen erledigt haben und ich zu Bett gehen wollte, es war wirklich mehr als spät genug, stoppte er mich jedoch an der Schulter.
„Du hast zwar vorhin so vor Tess getan, als würdest du die Taschenuhr weghaben wollen, aber.."
Sofort unterbrach ich ihn: „Ich hab nicht nur so getan. Die Taschenuhr kann weg."
„Aber.. Peggy.."
Ich seufzte auf: „Peggy liegt in meiner Vergangenheit. Zumal sie.. verstorben ist Bucky. Sie hat ihr Leben gelebt, Kinder bekommen, dass sind Dinge, die ich eigentlich auch will und da hilft mir keine Taschenuhr mit einem Foto einer verstorbenen Frau drin. Zumal die Uhr noch nicht einmal mehr funktionierte."
„Du bist dir also ganz sicher, dass ich sie wirklich entsorgen soll?"
Ich lachte leicht auf. Seine leichte Besorgnis war zwar nett gemeint, aber nicht notwendig: „Ja. Sehr sicher. Wenn du willst, kannst du sie auch haben, mir egal. Ehrlich gesagt bin ich ziemlich froh drum, dass ich nicht ständig mein Handy rausholen muss, um zu wissen, wie spät es ist."
„Ja. Die Uhr sieht auf jeden Fall sehr schick aus. Und stabil, was natürlich wichtig ist. Aber der Leuchtpullover war echt unnötig."
„Was?", erstaunt schaute ich zu ihm rüber: „Ich find den klasse, hat was. Ist witzig, kann man jedes Jahr wieder anziehen."
„Jaa.. da ziehe ich mir lieber die tolle neue Winterjacke an. Sie hat sich wirklich Gedanken um uns gemacht bei ihren Geschenken."
„Ja, auch wenn ich mir denken kann, dass das ganze ziemlich teuer war.", jedenfalls hatte ich diese Vermutung. Schließlich habe ich für mein Geschenk nun wirklich absolut nichts bezahlen müssen. Jedoch nach dem ich erfahren habe, was sie und Nat hatten, denke ich, dass Nat gewollt hätte, dass diese Kette an Tess geht. Schließlich wüsste ich niemanden, der Nat sonst noch so nahe stand, wir waren schließlich ihre einzige Familie. "Also dann. Ich verzieh mich dann mal ins Bett. Gute Nacht, Buck."
"Schlaf gut."
Ich machte mich gerade wirklich auf den Weg in mein Zimmer, als ich um die Ecke bog und voll in jemanden hineinlief. Ich blieb standfest, doch vor mir landete Tess rückwärts zu Boden und hielt sich die Nase: „Fuck."
„Tess? Alles okay?", schnell kniete ich zu ihr runter. Als sie ihre Hand wegnahm strömte bereits etwas Blut aus der Nase. Sie ist ordentlich in mich hinein gelaufen. Ich nahm ein Taschentuch aus der Hosentasche heraus, um ihre Nase zu zuhalten.
„Irgendwie bist immer du der, der mich verarzten muss.", lachte sie leicht ironisch: "Auch wenn du dieses Mal der Grund bist, warum ich eine blutige Nase habe."
Ich musste grinsen: „Immerhin scheint es deinem Kopf gut zu gehen, du kannst immer noch Scherze reißen. Wo wolltest du überhaupt hin? Es ist schon spät und es sieht so aus, als wolltest du raus."
„Ehm ja? Und weiter? Ich bin erwachsen, also kann ich auch noch raus, wenn es dunkel ist."
Ich half ihr auf: "Ich meinte das ja auch nicht böse. Ich ehh.."
"Du machst dir Sorgen?", hakte sie nach und hielt sich selbst das Taschentuch an die Nase.
"Was? Nein.. mich hat es nur gewundert, dass du so spät überhaupt noch wo hin willst, an einen Feiertag."
"Naja.. ich habe auch noch irgendwie ein Leben außerhalb der Arbeit und dementsprechend heute noch etwas vor."
Oh.. hatte sie etwa eine Art Date? Eigentlich geht mich das auch nichts an, keine Ahnung, warum ich mir also darüber Gedanken mache.
"Wenn du möchtest, kannst du auch mitkommen.", überrascht sah ich sie an. Sie wollte, dass ich mit zu einer Verabredung komme? Vielleicht ist es auch gar keine Verabredung. "Ich hasse es sowieso, alleine hinfahren zu müssen und da Nick gerade nicht erreichbar ist.. scheinst du die einzig nächste vertrauenswürdige Person zu sein."
Weiterhin schaute ich sie verwirrt an. Was hatte sie denn vor, dass sie nicht allein hin wollte, aber auch nicht mit jemanden den sie nicht vertraute? Bisher waren ihre Geheimnisse bei mir sicher, so sollte es auch bleiben. Dennoch machte mich dieses Verhalten stutzig, sodass ich nichts dagegen hatte mitzugehen: "Klar, warum eigentlich nicht. Außerdem muss ja jemand sicher gehen, dass du dich nicht wirklich schlimm verletzt hast.", scherzte ich.
Sie verdrehte bloß die Augen und drückte mir die Schlüssel in die Hand: "Genau deswegen, darfst du jetzt fahren."

Das Navi führte uns in eine Gegend, die unbewohnt und abgeschottet war. Fernab vom ganzen Geschehen in der Stadt. Bislang nichts weiter außer enge Straßen, die durch die Wälder führten. "Du hast aber nicht vor mich irgendwo umzubringen oder?", scherzte ich leicht und folgte weiterhin den Navi.
Sie lachte, das Nasenbluten war bereits gestoppt, es war zum Glück also nur eine kleine Schramme: "Glaub mir, wenn es das wäre, dann hätte ich eher Bucky mitgenommen."
Achja.. der kleine Ausrutscher. In letzter Zeit hatte Bucky so einige Eroberungen gehabt. Er konnte froh sein, dass er sie nicht mehr ins Quartier brachte, denn wenn Tess dass erfahren würde, das jeder so einfach hineinkam durch ihn, gäbe es großen Ärger. Tess hielt ihr Versprechen ein, eine gute Chefin zu sein, auch wenn ich es ein wenig vermisste.. dieses eine gemeinsame Training, aber seit dem kam sie erst nach uns in die Trainingshallte und übte allein.
"Du hast seit dem.. nicht mehr mit Bucky darüber geredet oder?"
"Gott, nein. Das war ein Fehler, als ich betrunken war, denn ich kein weiteres Mal wiederholen werde. Ich kann mich noch nicht einmal wirklich an die Nacht erinnern."
"Ah, verstehe.", irgendwie befriedigte mich das, dass sie nichts von ihm wollte.
"Wieso fragst du? Wollte er das wissen? Oh, Gott. Er ist doch nicht in mich verknallt jetzt?", schockiert richtete sie sich von der Sitzlehne auf.
"Was? Nein! Er hat sein Gefallen.. naja an nächtliche Liebschaften im Moment gefunden. Im gefällt es gerade sogar, einfach mal ab und zu abzuschalten, ohne Verpflichtungen. Weißt du?"
"Na dann ist ja gut. Ich kann nicht wirklich viel mitreden. So oft schlafe ich nun auch nicht mit irgendwelchen zufälligen Bekanntschaften. Zumal ich viel mit der Arbeit grad am Hut habe. Ich hoffe, er nimmt seine Errungenschaften hoffentlich nicht mit ins Quartier."
"Nicht mehr jedenfalls..", gab ich offen zu. Sie hob eine Augenbraue an. "Naja.. ich habe ihm gesagt, dass du das bestimmt nicht gutheißen würdest, deswegen lässt er das jetzt sein. Es war nur ein einmaliger Vorfall."
"Dann ist ja nochmal gut.", sie schaute aus dem Beifahrerfenster hinaus: "Was ist eigentlich mir dir?"
Kurz musste ich mich fangen, um mich auf die Straße zu konzentrieren. Sie interessiert das, also auch? So wie ich mich irgendwie dafür interessiere? "Also.. da gibt es im Moment niemanden, falls du das wissen wolltest. Ich bin auch ehrlich gesagt nicht so der Typ.. der nur einmalige Sachen will."
Ich könnte schwören kurz ein leichtes Lächeln gesehen zu haben, doch bevor ich nachhaken konnte, meldete sich das Navi zu Wort: "Das Ziel befindet sich in 100 Meter zu Ihrer Rechten."
Ich fuhr, nach dem das Gitterthor aufging in die Einfahrt eines riesigen, aber gemütlich aussehenden Anwesens hinein: "Was ist das hier?"
"Eine geheime, gesicherte und betreute Wohneinrichtung."
"Was?", verwirrt schaute ich zu ihr rüber. Was suchen wir hier. Ihr Blick wirkte verändert und ihre Hände ballten sich auf ihren Schoß zusammen. Irgendwas spannte sie an. Ich weiß, eigentlich ist das nicht mein Recht, doch beruhigend legte ich aus Reflex meine Hände auf ihre Fäuste. Sie lockerte sogar ihren Griff, doch sah mich nicht an. Sie starrte regelrecht das Gebäude an: "Das.. ", sie atmete tief durch: "Das ist das erste Weihnachten mit meiner Mutter, wo sie sich nicht an mich erinnern wird."
Ihre Mutter war hier? In dieser Einrichtung: "Hat sie ihre Erinnerungen etwa verloren?"
Sie nickte leicht und schluckte: "Ja.. sie hatte verfrühte Alzsheimer. Laut den Ärzten ist es einfach aufgetaucht und konnte nicht erblich festgelegt werden, doch.. sie hat es erwischt. Am Anfang, waren es bloß ein paar leichte Erinnerungen.. doch es wurde schlimmer. So schlimm, dass sie ein paar Minuten vor dem Blip sogar mich vergas.."
"Ein paar Minuten vor dem Blip.. du warst all die Jahre da... sie aber nicht?"
Sie nickt stumm. Wie schlimm muss das für sie gewesen sein? Ihre Mutter vergisst sie und bevor sie es überhaupt realisieren konnte, verschwand sie für die folgenden fünf Jahre. Deswegen wollte sie nicht alleine hier her.. aber dennoch war es ihre Mutter und es ist Weihnachten: "Hey.. ich weiche dir nicht von der Seite, versprochen.", lächelte ich ihr aufmunternd zu und brachte sie auch zum Lächeln.
Als wir ausstiegen, holte sie noch ein Päckchen aus dem Kofferraum heraus. Natürlich konnte ich mir denken, dass es sich hierbei, um das Weihnachtsgeschenk ihrer Mutter handelte.
Auch wenn es irgendwie komisch war, hielt ich ihre Hand, als wir hinein gingen. Es war ruhig, da wir mitten in der Nacht hatten, doch der Nachtdienst schien bereits zu wissen, dass Tess kommen würde. Sie brachten uns sofort zum Zimmer, wo ihre Mutter immer noch Wach mit einer Pflegerin gerade sprach.
"Oh, Miss Gomez, Ihre Tochter Tess ist wieder zu Besuch."
"Meine Tochter Tess, ja..", sofort bemerkte man in ihrer Stimme, dass sie bloß zustimmte, weil sie sich an Tess nicht erinnerte. Das muss für sie bestimmt auch schwierig gewesen sein. Eine fremde junge Dame immer wieder aufs neue zu sehen, die in Wirklichkeit das eigen Fleisch und Blut war. Die Pflegerin verließ den Raum.
"Hallo Mum, da ist Steve.. ein guter Freund. Er hat mich heute, statt Onkel Nick begleitet.", sie setzte sich zu ihr an die Bettkante, auch wenn ihre Mutter sie anlächelte, war das Lächeln nur höflich und nicht wirklich herzlich. Wie konnte Tess das aushalten, sie so zu sehen? Wäre das meine Mutter, könnte ich keine Sekunden so aushalten.. sie war so unfassbar stark.
"Weißt du, dass heute Weihnachten ist?", fragte Tess vorsichtig nach, während ich mich still beobachtend in den Stuhl neben der Zimmertür setzte.
"Oh! Ja, natürlich.. davon hat mir die Schwester gerade erzählt. Es schneit auch."
"Du hast weiße Weihnachten immer geliebt."
"Achja? Hab ich das? Es ist tatsächlich schön. Tut mir leid.. ich kann mich leider an nichts erinnern.."
Ich hörte ein leichtes Schluchzen, doch es kam von Tess. Ich wollte gerade aufstehen, doch sah sie dann Lächeln: "Schon okay. Ich kann mich an alles erinnern, das reicht mir. Apropos Erinnerungen, ich hab was für dich.", Tess öffnete das Päckchen und holte eine große Fleckendecke heraus.
"Oh die ist ja schön! Vielen Dank! Die gestickten Bilder sind wirklich schön.", Tess zauberte ihrer Mutter ein Lächeln ins Gesicht.
"Ich hab sie selbst gestickt in jeder freien Minute, die ich hatte.. ehm.. das sind so gesehen.. die schönsten Erinnerungen, die wir hatten."
"Verstehe.. was bedeuten denn diese Blumen hier?"
"Oh.. ich war drei und bin den kleinen Kirschbaum im Garten hochgeklettert und hinunter gefallen.", das klingt aber gar nicht nach einer schönen Erinnerung: "Doch ich bin weich gelandet, genau in deinen voll bunt blühenden Blumenbett. Als du nach mir sehen wolltest, lag ich bloß dort, voll bedeckt mit Pollen hab ich dich bloß verdutzt angesehen."
"Während ich angst hatte, dass du dir etwas brechen hättest können.", erstaunt schaute ich auf, während ich eigentlich nur ein stiller Zuhörer war. Die Decke half ihrer Mutter dabei, sich an Tess zu erinnern. "Was ist mit dem Fahrrad hier?"
"Das ist einer der lustigsten Erinnerungen. Onkel Nick sollte den Tag auf mich aufpassen und so stur, wie ich war, wollte ich nicht warten, bis du wieder von der Arbeit kommst und ich wollte unbedingt das Dreirad los werden."
Ihre Mutter fing an zu lachen: "Nick hat mich an den Tag angerufen, weil du vom Fahrrad gestürzt bist und nicht aufgehört hast zu weinen."
"Ich habe wirklich erst aufgehört, als du wieder da warst."
Ich konnte nicht glauben, das ich tatsächlich Zeuge dieses rührenden Moments wurde. Und irgendwie fühlte ich mich dennoch gerade fehl am Platz.. naja sie hätte sich wahrscheinlich auf vorgestellt, dass es viel schlimmer werden könnte.
"Ehm ich.. warte mal draußen..", ich wollte gerade aus der Tür verschwinden, doch Tess stoppte mich sofort: "Steve, komm doch einfach zu uns?"
"Bist du dir sicher?", sofort nickte sie. Mit einem leichten Lächeln kam ich hinüber und setzte mich dazu, fragte auch ab und zu mal nach den Erinnerungen nach. Auch wenn manche vielleicht etwas peinlich waren, so sind die dennoch schön und lustig.
"Oh was ist das hier denn für eine Erinnerung?", fragte ich nach. Tess beugte sich vor, um sich das Fleckenbild anzusehen, dabei hing ihre Kette aus dem Shirt und schien ihre Mutter sofort aufzufallen: "Natasha?"
Tessas Blick veränderte sich sofort, von glücklich zu verängstigt.
"Das ist Natashas Kette, wo ist Natasha?", nach Tessas Blick zu urteilen, hatte sie es nicht einmal vor, ihr von Nat zu erzählen. Verständlich, wenn sie bis eben noch nicht einmal mehr wusste, wer Nat überhaupt war. Ich sah wie sich die Tränen in ihren Augen bildete und beschloss, ihr diese Last abzunehmen: "Miss Gomez.. Natasha ist leider nicht mehr unter uns.. sie hat ihr Leben gegeben, um diese Welt zu retten."
„Wie schrecklich.. aber.. dabei seid ihr beide doch immer so unzertrennlich gewesen..?"
„Ja.. Mum es ist schon ziemlich spät, du solltest jetzt etwas schlafen.", sofort stand Tess auf.
„Ja ist ja schon ganz dunkel. Kommt gut nach Hause und grüß Natasha von mir.", sie hatte es bereits vergessen, was ich ihr gerade gesagt hatte, vermutlich weil die Erinnerungen zu Natascha deutlich schwächer waren, als zu Tess.
„Gute Nacht, hab dich lieb.", Tess wartete nicht einmal eine Rückantwort ab, doch Stimme klang zittrig. Sie zog mich regelrecht an meiner Hand hinaus. Zeigte dabei nicht einmal ihr Gesicht. Bis wir im Auto wieder waren, dort konnte sie es nicht verstecken. Ihre Tränen.
„Tess..", vorsichtig wollte ich nach ihrer Hand greifen, doch sie zog sie weg, um sich mit den Handrücken due Tränen wegzuwischen: „Ich wusste das es so kommen würde, keine Ahnung, warum ich deswegen überhaupt so emotional werde."
„Weil sie immer noch deine Mutter ist."
Endlich würdigte wie mich wieder ihres Blickes, auch wenn ich sie lieber Lächeln sehen würde, als weinend. „Als meine Mutter sich mit Tuberkulose ansteckte damals.. wusste ich schon irgendwie, dass es nicht gut ausgehen würde, dennoch war ich am Boden zerstört, als sie dann letzten Endes starb.."
„Steve, dass tut mir so leid.. das wusste ich nicht."
„Alles gut. Buck war seit dem immer für mich da. Und heute bin ich hier, um dir zu sagen, dass ich gesehen habe, wie stark du bist. Du schaffst das da auch durch. Egal durch was."
Sie lächelte leicht und schniefte: „Nur habe ich keinen Bucky."
„Dafür einen Steve.", versuchte ich sie aufzumuntern, doch wurde schnell von etwas anderen unterbrochen. Sie beugte sich zu mir hinüber und ihre zarten und weichen Lippen, legten sich genau auf Meine.. ich konnte nicht anders, als automatisch zu erwidern. Es weckte ein Kribbeln in mir und am liebsten, hätte ich mich gar nicht erst los gelöst.

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Video-Edit zu diesem Kapitel: https://vm.tiktok.com/ZMY77XUBm/

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After Endgame (Steve Rogers FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt