Kapitel 2

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Taehyung

Ok, wie peinlich war seine gestrige Aktion wohl von 1 - 10?

Eine eins wie: das machte er täglich und war absolut normal zwischen zwei Männern, die sich kaum kannten

Und

Eine zehn wie: spinnst du jetzt oder bist du wirklich so verzweifelt?

Er hatte das Gefühl, dass es auf die 10 zu ging, aber die Bereitschaft, es ehrlich zu zugeben, war einfach auch noch nicht da. Wahrscheinlich niemals.

Dieser Jungkook jedenfalls schien von seiner Aktion überhaupt nicht überrascht, aber die Rufe nach ihm, als er aus der Bar gerannt war, wie ein ertappter Waschbär, der etwas geklaut hatte, sagten ihm, dass letzteres nicht normal war.

Jetzt Mal ehrlich: machte er sowas häufiger, wenn er angetrunken war oder war das ein Versehen? Also das mit dem antouchen und Blödsinn labern, der sich anhörte, als ob er Interesse an Männern hätte? Warum dachte er überhaupt darüber nach, ob er sein eigenes Geschlecht anziehend fand oder nicht? War das vielleicht der Grund für sein Versagen im Dating Leben?

Seufzend drehte er sich auf den Rücken. Starrte an die weiße Decke über seinem Bett in dem er nicht wirklich Schlaf bekommen hatte und er eigentlich schon längst aufstehen müsste. Schließlich war heute der Tag der Tage - also vor dem eigentlichen Tag der Tage für Yoongi und dessen Verlobte.

Heute war Jungesellenabschied!

Das Problem: seine Stimmung war so tief gesunken, dass er gerne einfach hier in diesem Bett liegen bleiben und die Jungs ohne ihn feiern lassen würde. Auch wenn er der Trauzeuge war. Auch wenn er alles für heute geplant hatte. Auch wenn er allein wusste, wohin es ging.

"Ich will nicht!!!", kam es wenig männlich aus seinem Mund, während er die Decke über seinen Kopf zog und voller Frust anfing in die Luft zu treten und zu schreien.

In jedem anderen Fall, wäre es ihm unglaublich unangenehm sich so gehen zu lassen, aber...

Unter der Decke war alles erlaubt.

Es war ein kleines Ritual aus seiner Kindheit. Yoongi und er hatten es immer gemacht, wenn die Welt Mal wieder auf sie einstürzen wollte. Bei seinem besten Freund war es der Vater, der gewalttätig über die Familie herrschte und bei ihm selbst... wohl die gesamte verhasste Schulzeit. Die Lehrer hassten ihn, sowie eigentlicher jeder Erwachsene und so hatte er schon früh gelernt, dass Freundschaften alles waren. Sie hielten ihn zusammen, beschützten ihn und brachten ihn zum Lachen, wenn er gar nicht in der Stimmung war - und genau deswegen schaffte er es tatsächlich auch aus seinem Zufluchtsort unter der Decke hervor zu kommen. Sich ins Bad zu quälen, zu Frühstücken und nach 30 Minuten startbereit an der Tür zu stehen.

Jetzt musste er nur noch durch die Tür gehen.

Einfach nur die Türklinke runter drücken und...

Umso länger er auf dieses Stück Metall guckte, umso größer wurde es. Genau wie der Druck in seiner Lunge, als ihm wieder einfiel, warum er so drauf war.

"Oh Gott!"

So dramatisch wie möglich rutschte er mit dem Rücken an der Tür gen Boden. Starrte ins Nichts, während die Erinnerungen des gestrigen Abends wieder klar und ungeschönt vor seinem inneren Auge auftauchten.

"Ich kann nicht mehr in meine lieblings Bar.

Nie wieder."

Und zwar nicht nur, wegen seinem peinlichen Abgang.

Er hatte diesen Jungkook scheinbar beleidigt. Mit ein paar unbedachten Worten und um so mehr er darüber nachdachte, um so klarer wurde es ihm, dass er sich auf jeden Fall entschuldigen musste. Ganz dringend sogar. Damit würde er sicher alles wieder reparieren können.

Mit viel zu viel Schwung stürmte er in die Bar rein, die scheinbar morgens ein Café war und wo ihn mehr als 15 Augenpaare ungehalten musterte. Er konnte bereits das Zucken in manch einem Gesicht davon sehen, die kurz davor waren sich für den Schreck, den er ihnen zugemutet hatte, zu beschweren.

Doch er hatte keine Zeit dafür.

Sein Handy ging eh schon die ganze Zeit in einem nervenden Vibrieren los, als ob er nicht wüsste, dass er viel zu spät für den Junggesellenabschied dran war. Nicht sehr freundlich seinem besten Freund gegenüber, aber dieses Gefühl etwas falsch gemacht zu haben und sich dringend entschuldigen zu müssen, damit nicht alles kaputt ging, war so schmerzhaft in seiner Magengegend, dass er dringend hier vorbei kommen musste, bevor seine Aufmerksamkeit etwas anderem zugewandt werden konnte.

"Hi, ich suche Jungkook! Er war gestern Abend Barkeeper hier und ich muss dringend mit ihm sprechen!"

Der Mann, der gerade hinter dem Tresen stand blickte ihn nur wenig freundlich an. Drei tiefe Falten bildeten sich dabei auf dessen Stirn und der Mund verzog sich zu einer schmalen Linie, wie er es von seinen Lehrern von früher kannte, wenn er wieder Mal etwas getan hatte, was sich nicht gehörte.

"Ich kenne keinen Jungkook", kam nach einigen Augenblicken die kühle Antwort. Statt ihn jedoch danach zu ignorieren und mit der Arbeit weiter zu machen, starrten dessen Augen ihn abwartend an. Als ob er tatsächlich irgendwas anstellen würde.

"Doch, doch ganz sicher. Ein Mann, der ungefähr so groß ist wie ich, muskulös, braune kurze Haare, ein Piercing in der Lippe und ganz viele an den Ohren und riesige Augen. So groß ungefähr..." Als ob seine Erklärung nicht ausreichte musste er das ganze noch pantomimisch darstellen und spätestens da war wohl allen Anwesendenwohl bewusst geworden, dass er nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte.

"Sie wissen schon. Sooo große Augen, die Blinzeln und -"

"Sie haben wirklich ein Problem mit meinen Augen, oder?" Wenig erfreut über seine Anwesenheit kam der Gesuchte hinter einer Tür hervor auf der groß Küche stand und blickte ihn mit verschränkten Armen und wenig Verständnis entgegen. Die Muskeln, die sich dadurch zeigten, waren nur noch präsenter in seinen Augen und ein kleines bisschen machte es ihm Sorgen. Falls dieser sie jemals gegen ihn einsetzen sollte, hatte er auf jeden Fall verloren, noch bevor er um Hilfe rufen konnte.

Taste of Love - Taekook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt