Kapitel 19

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Jungkook

Er hätte gerne gefragt, was Taehyung so aus der Bahn geworfen hatte, doch es schien ihm zu diesem Zeitpunkt nicht richtig. Jetzt, nach zwei weiteren Stunden auf dieser Hochzeit und einem immer angetrunkeneren Taehyung, bereute er es schon fast.

Vielleicht würde dieser nun nicht wie paralysiert jedes Sektglas runterkippen, was diesem über den Weg lief und damit auch nicht die Ängste von dessen Freunden unterstreichen.

Leider konnte er an seinem eigenen kleinen Ausfall nichts ändern und so war das einzige, was er in diesem Moment tun konnte warten und an dessen Seite bleiben, bis das Laufen nicht mehr ging.

Es war ja nicht so, dass er sich mit diesem Zustand bei dem Schwarzhaarigen nicht auskannte, trotzdem wirkte es diesmal verzweifelter. Als ob dieser irgendwelche Erwartungen erfüllen wollte, die an ihn heran getragen wurden - auch wenn sie ziemlich negativ für dessen eigenen Körper ausfielen.

Sein Blick ging automatisch wieder zurück zu Taehyung, der ziemlich gelangweilt und mit tief hängenden Lidern den Tanzenden zuschaute. Dessen Bein dabei an seinem. Warm und fest und immer, wenn er sich bewegte, schien die Nähe noch etwas mehr zu werden. Als ob der Ältere Angst hatte, dass er womöglich ging und ihn DAMIT allein ließ. Mit diesem ganzen Friedefreude-Eierkuchen und weiterem Blödsinn.

Erneut ging die Hand seiner Begleitung hoch nur diesmal kam kein weiteres Sektglas. Stattdessen kam die Antwort: "Ich darf Ihnen leider keinen weiteren Sekt bringen."

"Wein?"

"Auch nicht."

"Bier?"

"Auch das nicht."

Er spürte den aufkommenden Ärger neben sich bereits. Sah es in dessen Gesicht und wie die Falte zwischen den Augenbrauen immer tiefer wurde.

"Jetzt haben die mir also den Alkohol gestrichen... Die glauben wirklich, dass ich keine Kontrolle darüber habe..."

Es war mehr ein Flüstern von Taehyung. Als ob dieser mit sich selber sprechen würde und nicht glauben konnte, was hier passierte, aber es blieb nicht lange dabei. Stattdessen wandt dieser sich zielgerichtet an ihn und legte die Hände auf seinen Körper. Eine in seinen Nacken und die andere auf seinen Oberschenkel. Nichts neues für ihn, aber meistens hatten sie dabei auch nicht so viele Zuschauer. Trotz allem hielt er still und wartete, was als nächstes kam.

"Du siehst verdammt gut aus, weißt du das?"

Auch das war nichts neues. Taehyung schlug regelrecht um sich mit Komplimenten, wenn dieser betrunken war und das meiste davon betraf seinen Körper.

"So tolle Muskeln... und so tolle Haut... und diese Tattoos... Ich steh ja eigentlich nicht auf Tattoos, aber an dir sieht es echt gut aus..."

Die Hand an seinem Bein strich fest über seinen Oberschenkel. Berührte dabei immer wieder kurz seine Körpermitte und machte es für ihn damit etwas unangenehmer. Zum Glück war das alles von einem Tisch verdeckt und somit konnten andere nur sehen, wie seine Wangen langsam an Farbe gewannen.

"Kannst du mit dem tollen Körper auch tanzen? Ich würde zuuu gerne mit dir tanzen. Sag bitte, dass du es auch willst..."

Bevor er irgendwas sagen konnte, war der Schwarzhaarige bereits aufgestanden, massierte ihm die Schultern und beugte sich zu seinem Ohr vor. Die Alkoholfahne schlug ihm dabei heftig ins Gesicht, aber er verzog keine Miene.

"Komm schon. Ich bin auch ganz lieb, versprochen..."

Seufzend antwortete er auf diese Bitte. Wollte eigentlich nicht, denn er wusste ja, wie Taehyung war, wenn der Alkohol kickte. Leider schien irgendwas in ihm jedoch zu sagen, dass es nur noch peinlicher wurde, wenn er nicht mit ging, weshalb er tatsächlich von dem Stuhl aufstand. Bestimmend packte er dessen Hand und zog ihn mit. Das Kichern, welches dabei aus dessen Mund kam, klang fast wie das eines Kindes.

"Du bist aber stürmisch", erklang es direkt, als sie, wie alle anderen ihre Tanzhaltung einnahmen.

"Immer. Wenn du es langsam und sachte willst, musst du dir jemand anderen suchen."

Die Arme des Schwarzhaarigen legten sich direkt um seinen Nacken. In dessen Gesicht dabei ein breites Grinsen.

"Nö, langsam ist doch langweilig, oder?"

Das Lied wechselte. Passte sich ihrer derzeitigen Haltung an, wodurch das "eng umschlungen" nun eine Begründung fand. Seine eigenen Hände lagen dabei vorsichtig auf dessen unterem Rücken, wo sie ganz gut lagen und keine zu intime Aussage für alle anderen Beobachter hatte.

Zwei weitere Lieder folgten in denen sie sich einfach weiter hin und her wiegten. Er konnte aus dem Augenwinkel sehen, wie eine Kamera sie Aufnahme. Ihren Tanz. Ihre Umarmung. Nach und nach merkte er, wie der Körper in seinen Armen immer schwerer wurde. Als ob dieser langsam weg drifftete, doch die Hand an seinem Hals streichelte immer noch rauf und runter. Ein Gefühl, dass er langsam genoß, auch wenn es nicht nur sie zwei waren, sondern noch dutzende andere Menschen drum herum.

"Weißt du was?" Ihre Bewegungen stoppten und der Kopf auf seiner Schulter hob sich. Müde Augen blickten ihn an, die noch etwas dunkler wirkten, als sonst und im nächsten Moment lagen Lippen auf seinen.

Warm und weich - und völlig neu.

Es war das erste Mal, dass ein Mann ihn küsste und der Schock darüber ließ ihn einfach nur still halten.

"Dankeschön...", folgte, als Taehyungs Lippen sich Sekunden später wieder entfernten und dessen Körper vor Müdigkeit nun richtig schwer wurde.

Wow... Das war...

Er konnte es nicht in Worte fassen, aber eine Sache leuchtete immer wieder in seinem Kopf auf:

Das war jetzt Mal ein Statement!

Peinlich berührt packte er den Älteren unter Armen und Beinen, hob ihn hoch und versuchte so wenige Blicke wie möglich einzufangen, während seine Füße bereits von der Tanzfläche liefen und Richtung Auto. Sie schafften es sogar bis dort hin, ohne daß sie jemand aufhielt, doch nachdem er den halb schlafenden Mann auf den Beifahrersitz verfrachtet hatte, konnte er direkt spüren, dass sie nicht mehr zu zweit waren. Versuchsweise normal machte er die Autotür zu und setze all sein schauspielerisches Talent ein, um so zu tun, als ob die letzten Minuten nicht vollkommen komisch waren und drehte sich mit einem angespannten Lächeln um. Vor ihm Yoongi. Der Bräutigam. Die Hände tief in den Taschen von dessen Hose vergraben.

"Hey... ähm... Alles gute und so. Wir würden dann jetzt gehen..."

Irgendwas musste er ja sagen, aber für den Typen vor ihm war es wohl nicht die Verabschiedung, die diesen hierher getrieben hatte.

"Was ist das zwischen euch?"

Entschuldigend versuchte er zu sagen, dass Taehyung immer so war, wenn dieser getrunken hatte, allerdings kam er nicht weit mit seinen Worten, denn der kleine Schwarzhaarige unterbrach ihn direkt.

"Das ist nicht das, was ich wissen wollte. Ich weiß, wie er drauf ist, wenn er betrunken ist. Wir kennen uns schließlich schon seit der Schulzeit.

Ich will wissen, ob du auf ihn aufpasst. Ich will wissen, ob ich mir Sorgen machen muss, dass du in seiner Nähe bist."

Ah ja... das war es also, was diesen beschäftigte. Er hatte tatsächlich für einen kurzen Moment vergessen, wie entstellt sein Gesicht derzeit war. Klar könnten Leute da denken, dass er nichts Gutes beabsichtigte.

"Es ist alles ok. Taehyung ist..." Wie sollte er bitte kurz und knapp erklären, was das zwischen ihnen war? Das ging einfach nicht. Genau deswegen sagte er auch einfach nur:

"Ich bin für ihn da und ich werde ihn nicht in Schwierigkeiten bringen, versprochen."

Es reichte seinem Gegenüber wohl, denn mit einem langsamen Nicken und einer sachte gehobenen Hand verabschiedete sich der Typ.

"Alles klar...

Dann kommt gut nach Hause", und lief wieder zurück zur Feier.

Ließ ihn zurück mit einigen Fragen und ganz viel Unsicherheit. Ein Gefühl, dass eher auf die Beziehung zwischen Taehyung und ihm bezogen war und dabei natürlich eine große Frage im Kopf:

Was waren sie eigentlich füreinander?

Taste of Love - Taekook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt