Kapitel 39

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Taehyung

Abermals seufzend blickte er auf die Uhr in dem Tacho seines Autos. Sie zeigte 20.30 Uhr an und sagte ihm somit, dass er sich bereits eine halbe Stunde in der Parkgarage seines Wohnblocks befand.  Das Kinn dabei auf das Lenkrad gelegt und mit dem Fingern daneben herum trommelnd.

Warum er der Meinung war, dass dies hier ein toller Ort war noch ein bisschen Zeit zu verbringen, lag seiner Meinung klar auf der Hand:

Seit gestern Abend hatte er Jungkook nicht mehr in die Augen geguckt und genau das müsste er, wenn er jetzt in seine Wohnung zurück ging. Dabei war er absolut nicht bereit dafür. Egal was kommen könnte.

Dieser Kuss...

Er hatte ihn den ganzen Tag über durch Arbeit aus seinen Gedanken fern gehalten und war wirklich glücklich gewesen, als der Sekräter des Präsidenten ihn um 6 Uhr morgens aus dem Bett geklingelt hatte. Sofort ins Büro war die Nachricht, was er bereitwillig befolgt hatte. Um 7 Uhr war er dort und hatte bis 19.30 Uhr durchgehalten, bis er am Ende allein auf seiner Etage war. Zu dem Zeitpunkt war die Couch in seinem Büro eine sehr einladende Schlafmöglichkeit gewesen, doch die Anrufe auf seinem Handy sagten ihm, dass das keine Option war. Nicht wirklich, wenn er Jungkook jemals wieder in die Augen gucken wollen würde.

Ziah, und jetzt saß er hier. Überlegte, was er zu ihm sagen könnte. Wie er sich entschuldigen könnte...

Laut stöhnte er auf und fiel zurück in den Sitz. Den Blick dabei gen Decke gerichtet.

Das Essen, was er mitgebracht hatte, war sicherlich nur noch lauwarm und der einzige Grund, aus dem er dem Auto entstieg, war, dass das Essen lieber nicht noch kälter werden sollte, sonst hätte er noch einen weiteren Grund sich zu entschuldigen.

So langsam wie möglich schlürfte er Richtung Fahrstuhl, überlegte nochmals, was er zur Begrüßung sagen könnte und kam wenig motiviert an seiner Tür an. Zögernd hob er den Schlüssel, schloss ein letztes Mal die Augen, um sich Mut zu zusprechen und öffnete die Tür.

Zu erst schien es, als ob die Wohnung dunkel war. Wahrscheinlich weil das Flurlicht so grell wirkte im Gegensatz zu dem Licht was hinter der Tür flimmerte. Als er jedoch hineintrat, sah er, wie der Fernseher den Raum in bläuliches Licht tauchte. Er bekam nicht mit, dass Jungkook nicht allein war, weshalb er bereits anfing seine vorher zurechtgelegten Sätze vorzutragen.

"Jungkook es tut mir wirklich Leid wegen ges-"

"Hallo Taehyung", sagte der Angesprochene etwas zu laut. "Wir haben einen Gast! Schau Mal!"

Erschrocken blickte er auf. Folgte den Armen von Jungkook, die auf einen Mann zeigten, welchen er gut kannte.

"Yoongi...?"

Angestrengt versuchte er sich auf die Tasse Tee in seiner Hand zu fokussieren. Der Blick seines besten Freundes dabei ohne umschweife auf ihn gerichtet, was das unangenehm Gefühl in seinem Bauch nur noch mehr entfachte.

"Hier ist dein Tee...", presste er so freundlich wie möglich heraus und hätte es sich selbst niemals abgekauft. Yoongi auch nicht.

"Wie geht's dir?", fragte dieser lauernd und nahm die Tasse entgegen.

"Gut gut", singsangte er, den Blick dabei kurz in Richtung Sofa gleitend, wo Jungkook seiner Meinung etwas zu leise fernsehschaute. "Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?" Es war eine blöde Frage, worauf er auch eine blöde Antwort bekam.

"Ach weißt du, es ist vollkommen normal, dass ein Freund von mir mitten in der Nacht vor meinem Grundstück parkt, im Auto sitzen bleibt und fluchtartig losfährt, während ich mit wildfuchtelnden Armen hinterher renne. Da dachte ich mir, dass bestimmt alles gut ist und das es dafür sicherlich eine vollkommen verständlich Erklärung geben würde, die mich hierher getrieben hat." Er war mittlerweile in sich eingesackt, hatte die Hände zwischen den Beinen gepresst und traute sich nicht Yoongi anzublicken. Zum einen aus Angst, dass dieser in seinem Gesicht die Antwort darauf las, warum er sich so komisch benahm und zum anderen weil Jungkook gerade sicher alles mitbekam, was er gestern nach seiner Flucht aus der Wohnung gemacht hatte und voller Scham rot angelaufen war.

"Und stell dir vor was ich sehe, als deine Wohnungstür aufgeht und mich ein junger Mann anschaut, der mir sehr bekannt vorkam. Ein Typ, der ja eigentlich nur ein Kumpel -"

"Das ist er! Ich schwöre es dir!" Die Panik in seiner Stimme ließ ihn etwas zu laut schreien, wodurch Jungkook auf der Couch scheinbar zusammen zuckte. Yoongi blieb dagegen vollkommen cool. So cool, wie man eben sein könnte, wenn der beste Freund sich unglaublich eigenartig verhielt.

"Taehyung! Wer soll dir denn den Scheiß noch abkaufen? Du meldest dich Wochen lang nicht. Nimmst meine Anrufe nicht entgegen und antwortest auch nicht auf Nachrichten, geschweige denn, was in unserer Gruppe geschrieben wurde. Hast du überhaupt mitbekommen, dass Namjoon und Minseo ihr drittes Kind erwarten? Oder das Jimin und Youjin gerade eine Beziehungspause haben?" Die Nachrichten waren tatsächlich neu für ihn, weshalb das schlechte Gewissen nur noch größer wurde.

"Verdammt Taehyung! Sag was oder ist dir das jetzt völlig egal?!" Yoongi war mittlerweile vom Stuhl aufgesprungen. War ihm bedrohlich näher gekommen, doch er wusste, dass dieser nie handgreiflich geworden wäre, Jungkook allerdings nicht.

"Hey! Beruhig dich -"

"Oder?" Sein bester Freund hatte sich von ihm abgewandt, blickte den Mann auf dem Sofa an, als wolle dieser einen Streit provozieren, doch er ging dazwischen.

"Beruhigt euch bitte! Beide! Niemand muss hier irgendjemanden etwas beweisen oder sonst was!" Die zwei blickten sich immer noch aus zusammen gekniffenen Augen an und zu jedem anderen Zeitpunkt wäre dieses Kopfmessen sehr ungerecht verlaufen, aber mit Jungkooks Verletzungen hätte Yoongi momentan wahrscheinlich eine gute Chance zu gewinnen.

"Ich glaube", und damit wandt er sich etwas ruhiger an den Kleineren und legte die Hände auf dessen Schultern. "Das ist hier gerade nicht der richtige Moment, um über verpasste Nachrichten oder-"

"Verdammt, Taehyung! Es geht doch nicht um verpasste Nachrichten!", schrie der Schwarzhaarige und blickte ihn zornig an. "Es geht darum, dass es dir scheinbar nicht gut geht, wenn du dich Wochen lang nicht meldest und plötzlich mitten in der Nacht vor unserem Haus steht's. Es geht darum, dass du scheinbar niemanden mehr von uns an dich heran lässt und alles in dich reinfrisst. Wir machen uns", Yoongi stockte und setzte dann nochmal neu an. "ICH mache mir Sorgen. Vor allem, wenn du mit einem Typen auf meiner Hochzeit auftauchst, der sich scheinbar einige Tage vorher geprügelt hat und aussieht, wie ein Pitbull!"

Blinzelnd blickte er auf seinen besten Freund, der schwer atmend vor ihm stand. Im Hintergrund dabei ein Lachen, dass völlig fehl am Platz wirkte.

"Wenn du Mal wieder normal tickst und weißt, was mit dir los ist, dann kannst du gerne bei mir vorbei kommen - auch nachts. Ich gehe jetzt nach Hause, wo Liby schon seit einer Weile auf mich wartet. Schönen Abend euch!", und damit verließ Yoongi die Küche stapfte an dem lachenden Jungkook vorbei und schlug nach wenigen Sekunden mit einem Rumms die Wohnungstür zu. Er selbst geschockt immer noch in der Küche stehend, während die Stelle, wo sein Herz eigentlich sein sollte, eine dumpfe Leere zu spüren war.

Taste of Love - Taekook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt