Kapitel 93

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Taehyung

Es war die dritte Tankstelle, die er anfuhr und die dritte Vodka Flasche, die er mit dem Geld von Yoongi kaufte. Dem geklauten Geld, um ein Vorhaben umzusetzen, das er schon im Krankenhaus geplant hatte und wenn er sich etwas in den Kopf setzte, dann würde er es auch durchziehen. Selbst wenn das bedeutete, dass er drei Tage warten musste, bis er die Chance zur Flucht bekam. Und selbst wenn das bedeutete, dass er so viel Alkohol trinken musste, bis er Tod umkippte.

Lange hatte er darüber nachgedacht, wo er es am besten durchziehen sollte. Wo man ihn nicht sofort finden würde oder vermuten. Wo er dem am nächsten sein konnte, den er liebte und der nun nicht mehr bei ihm war.

Ein Gedanke in den letzten Wochen war, einfach den Mann umzubringen, der ihm Jungkook genommen hatte, doch es würde ihn nicht zurück bringen. Er würde weiter leiden und weiter allein sein. So wie das Schicksal es für ihn entschieden hatte. Die beste Idee war also aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Das Ganze in die eigenen Hände zu nehmen und diese drei Vodka Flaschen zu trinken, bis es seinem Leben ein Ende setzte. Keiner konnte mehr von ihm verlangen diesen ganzen Mist nüchtern zu ertragen.

Holpernd fuhr das Auto über einige Kuhlen im Boden und ohne genau darauf zu achten, hielt er einfach an. Mitten auf diesem großen Parkplatz. Mitten auf diesem großen Berg, von dem aus er vor einer gefühlten Ewigkeit mit Jungkook abgesprungen war. Ein Erlebnis, das vieles in ihm verändert hatte, aber vor allem den Blick auf diesen Mann.

Reflexartig kramte er nach der Zigarettenpackung, die er sich an der letzten Tankstelle ebenfalls gegönnt hatte und die ihn schon fast höhnisch anstarrte. Hätte sie einen Mund zum Reden, würde er wahrscheinlich die Worte Versager und Verlierer zu hören bekommen und ganz bestimmt noch einiges mehr, dass auch ihm selbst im Kopf herum spukte.

Noch mit allen Sinnen bei sich, schaltete er den Motor des Autos aus, klemmte sich die Kippe zwischen die Lippen und sah genau in dem Moment den Anruf von Yoongi auf blinken, der ihn schon die ganze Zeit versucht hatte zu erreichen und den er nun seufzend annahm. Sein bester Freund verdiente wohl eine Erklärung, bevor er ging, auch wenn ihm die Kraft dazu fehlte.

Mit einem klicken des Feuerzeugs entzündete er die Zigarette und blies den Rauch in die kalte Nachtluft. Das Gesicht von Yoongi erschien fast sofort und auch wenn er nicht damit gerechnet hatte, versuchte er sich einzureden, dass ihn hier eh keiner finden würde. Niemand von seinen Freunden wusste von diesem Ort und so nahm er sich nochmal einige Sekunden Zeit, um die aufsteigende Panik in sich herunterzuschlucken.

"Wo bist du?", schrie der Anrufer ihn an und während er den Rauch tief in die Lunge zog, spürte er die Sehnsucht in sich aufkommen, die seinen Brustkorb schmerzhaft umspannte.
Wie gerne hätte er doch, dass alles wieder war, wie vor seinem Aufbruch nach Busan. Bevor alles zusammen gebrochen war und er als einziger in seinem selbst verursachten Scherbenhaufen lag. Dabei die Wunden leckend, die wohl niemals verheilen würden.

Ganz automatisch griff er nach der ihm am nächsten gelegenen Vodka Flasche. Klickend öffnete sich der Verschluss. Das Handy hatte er mittlerweile abgestellt, so dass Yoongi ihm nun von unten zuschauen konnte, wie er nach Monaten das erste Mal wieder trank und rauchte, obwohl er mal soweit war, die Finger von diesem Mist zu lassen.

"Was soll das Taehyung? Meinst du... Jungkook sieht das gerne, was du da gerade mit dir machst? Meinst du, er hat sich das für dich gewünscht?"

Für mich gewünscht...

Seufzend fuhr er sich übers Gesicht, schmiss die halb verbrauchte Zigarette aus dem Auto und nahm stattdessen noch einen Schluck aus der Flasche, wurde wieder zu der Version seiner selbst, die er nie gemocht hatte. Diesen bemitleidenswerten Idioten, der den Kummer und die Einsamkeit versuchte mit Alkohol zu bekämpfen.

Taste of Love - Taekook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt