Kapitel 10

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Die nächsten Wochen vergingen rasend.Jeden Tag hatte ich das Gefühl schwächer und schwächer zu werden.Ich bekam immer schlechter Luft und hatte permanent Angst wieder in Ohnmacht zu fallen ,was ich glücklicherweise durch rechtzeitiges Hinsetzten und tiefes Durchatmen verhindern konnte.
Jeden Morgen schleppte ich mich morgens in die Schule und mittags zurück nach Hause.In der Schule wurde es immer unerträglicher.
Zoey hatte mit mir seit der Feier kein Wort gewechselt,was irgendwie nachvollziehbarwar.Eines Morgens fing ich sie in der Mädchentoilette ab und ich versuchte mich sogar zu entschuldigen.

„Dir ist schon klar,dass du mit deiner Aktion da mir meine ganze Party zerstört hast.“,sagte sie während sie sich schminkte und warf mir im Spiegel einen vielsagenden Blick zu.
„Es tut mir Leid, Zoey.Ich war wegen Tristan einfach total durcheinander.Ich hatte endlich mal den Mut gehabt ihn anzusprechen.Weißt du ,ich hab einiges abgenommen und deswegen dachte ich...“
„Was?“,unterbrach mich Zoey.
„Oh man Alice,du denkst du wirklich Tristan ist so oberflächlich,dass er sich nur auf dünne Mädchen einlasst?Zu denen du eh nicht zählst,weil du bist echt alles andere als dünn,du bist mager.Ich hab dir das jetzt schon ein paar Mal versucht klar zu machen,du bist magersüchtig.Geh zu einen Psychologen,okay?Mehr kann ich dir echt nicht raten.“
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen,mich mit ihr zu versöhnen,aber sie konnte es einfach nicht lassen,mich immer wieder auf dieses Thema anzusprechen.Das machte mich rasend.
„Und weißt du was du bist?“,ich funkelte sie an.
„Eifersüchtig .Eifersüchtig,weil du es nicht schaffst,so stark zu sein wie ich und nichts zu essen.“
Sie legte ihre Hand wieder auf die Tür,bereit den Raum wieder zu verlassen.
„Du hungerst dich zu Tode.Aber weißt du was?Das ist mir egal.“
Sie strahlte praktisch.
„Du bist krank,Alice.“
Und dann war sie fort.Einen Moment stand ich einfach nur da und starrte ihr hinterher.
Das wars wohl,dachte ich.Jetzt habe überhaupt keine Freunde mehr.Naja ich bin selbst Schuld.Warum rastete ich in letzter Zeit immer so schnell aus und bin so unausgeglichen?
Ich drehte mich um und betrachtete mich ein paar Sekunden im Spiegel.
„Sie hat Recht.Du bist krank.“,sagte ich zu meinen Spiegelbild.“Das weiß jeder.“
Ich begann zu weinen.
Die Tränen liefen mir meine Wange hinunter und verschmierten mir mein bisschen Make-Up.
„Krank“,wiederholte ich fast,als würde ich das Wort in mich aufsaugen,bemüht mich selbst zu überzeugen,dass es stimmt.
Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und verließ die Mädchentoilette.Unauffällig verdrückte 
ich mich vorbei an den Grüppchen,Richtung Alex,der am anderen Ende des Gangs stand und mir zu winkte.
Im Vorbeigehen schnappte ich auf,dass die anderen über mich redeten.
Ich hörte Sachen wie „Bohnenstange“ und „schlimm sieht sie aus.“Bildete ich mir das ein oder kam das anschließende Gekicher von Zoey?
Egal ich drehte mich nicht mehr um und legte einen Schritt zu.

„Hi Alex.Wie geht’s dir?“,begrüßte ich ihn und holte schnell nach Luft,da mich mal wieder etwas zu schnell bewegt hatte.

In den letzten Wochen wich er einfach nicht mehr von meiner Seite .Einerseits störte mich seine ständige Angst um mich,anderseitswuchs er mir immer mehr ans Herz.Ich mochte ihn,nicht auf die Weise wie ich Tristan gemocht hatte,es war anders.Ich weiß,dass es albern ist,aber ich hatte das Gefühl das wir so etwas wie Seelenverwandte waren..Desto mehr Zeit wir miteinander verbrachten,desto mehr verstärkte sich das Gefühl in mir,dass wir uns von irgendwo kannten,aber so sehr ich mir auch den Kopf zerbrach,mir wurde einfach nicht klar woher.

„Gut und dir?Du bist mal wieder totenblass,du bist doch nicht wieder in Ohnmacht gefallen?.“
„Nein,bin ich nicht.Es ist nur wegen Zoey und den andern...“ich brach ab.Ich hatte mir angewöhnt ihn immer die Wahrheit zu sagen,da er die Fähigkeit hatte mir alles aus dem Gesicht zu lesen und es kurz gesagt unmöglich war Geheimnisse vor ihm zu haben.
„Was ist mit ihnen?Sie reden über dich,hab ich Recht?“
„Ja...“
„Ach lass sie doch.Das haben sie doch schon immer gemacht.“
„Schon aber ich dachte,sie würden endlich damit aufhören und mich endlich nicht mehr wie eine Außenseiterin behandeln,wenn ich erstmal abgenommen hätte.“
„Siehst du.Das zeigt dir doch nur,dass du endlich damit aufhören sollst.Die Leute werden niemals aufhören über dich zu reden,egal wie viel du wiegst.Außerdem brauchst du sie nicht,du hast ja immer noch mich und ich werd´ bei dir bleiben,egal was auch passieren wird.“

Das war der erste Tag ,an dem ich versuchte wieder normal zu essen.Doch es klappte nicht,es war als würde sich mein Körper sich weigern,so als hätte er den Befehl „Essen.Kauen.Runterschlucken.“ausgeschalten.Ich hatte so etwas wie eine Ess-sperre im Kopf.Das erste Mal erkannte ich,wie krank ich war und spürte zum ersten Mal die Angst zu sterben.Nein,so durfte es nicht weiter gehen.Ich brauchte Hilfe!Dringend!


Hoffe euch gefällt das Kapitel

Kuss, Elena

Engel müssen HungernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt