Kapitel 11

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Es fühlte sich an als würde ich innerlich in zwei Stücke gerissen werden.Einerseits wurde mir langsam klar,dass ich nicht so weitermachen konnte.Immer wenn ich mich vor den Spiegel stellte,erschrak ich.Ich sah einfach nur schlimm aus.Die Rippen und das Becken stachen hervor.Somit fiel mir auch das Sitzen und Liegen immer schwerer.Ich hatte einfach nirgendwo mehr Fett gepolstert und mein Körper war dadurch überall mit blauen Flecken übersät.
Ich begann mich vor meinen neuen Körper langsam zu ekeln.Einfach nur dürr und hässlich,dachte ich mir.Seltsam vor ein paar Tagen fand ich mich noch zu dick,wahrscheinlich lag es daran, dass mir immer mehr auffiel wie die Leute über mich reden.
Egal wo ich hinging,immer starrten sie mich neugierig an,drehten sich zu mir um, tuschelten über mich.
Trotzdem konnte ich nicht aufhören zu hungern.Ich versuchte zu essen , doch danach hatte ich das Gefühl,dass etwas fehlte.Ja mir fehlte das Hungern,vielleicht nicht direkt das Hungern,sonderneher die Befriedigung die mir das Hungern gab.Immer wenn ich mich auf die Waage stellte und der Zeiger wieder ein bisschen nach links gewandert war,empfand ich Stolz und Stärke,obwohl ich doch längst wusste,dass ich aussah wie ein Gespenst.Aber bloß der Gedanke vielleicht wieder etwas zu zunehmen,versetzte mich in Panik.Dann würde ich sicher wieder ganz schnell dick werden.So wie früher.
Meine Mutter machte sich schon lange schreckliche Sorgen um mich.Sie fing an mich zu bekochen, was sie sonst nie getan hatte,aber es brachte nichts . Ich ließ mir immer wieder Ausreden und Tricks einfallen,um mich davor zu drücken und so landete ihr so liebevoll zu bereitetes Mittagessen meistens heimlich im Müll.
Ich hatte ein schreckliches Gewissen ,da ich wusste wie viel Mühe ihr das machte.Nicht nur das Kochen,auch das sie aufgehört hatte zum Trinken,war ihr schrecklich schwer gefallen.

„Alice.Ich hab Frühstück gemacht,komm runter.",riss mich meine Mutter aus meinem inneren Monolog.
Ich unterdrückte den Impuls,zu schreien,dass sie mich gefälligst in Ruhe lassen sollte und ging artig in die Küche.
Auf dem Tisch türmten sich Lebensmittel : von Cornflakes,Haferflocken,Brot bis zu Bananen,Eier,Joghurt und viele andere Sachen die sie eingekauft hatte.
Über die Lebensmittel hinweg trafen sich unsere Blicke.Keiner sagte ein Wort,aber sie wusste ganz genau was ich dachte>Ich hab keinen Hunger.Ich hab keinen Hunger.Ich hab keinen Hunger.<
und ich wusste nur zu gut was sie dachte.>Dann werde ich dich halt zwingen müssen,Schatz.<
Ich musste irgendetwas essen,damit sie nicht ausrastete,den darauf hatte ich in diesem Moment echt keine Nerven.
Sie beobachtete jeder meiner Bewegungen.Ich tat so als würde ich das nicht bemerken und nahm mir ein Toastbrot (70 Kalorien)und steckte es in den Toaster.
„Ist noch Marmelade da?",fragte ich so belanglos wie möglich und versuchte die Atmosphäre ein bisschen aufzulockern.
„Nein,aber ich hab Nutella mitgebracht,die hattest du früher doch so gern."
„Früher.",erwiderte ich knapp.
Wenn ich den Toast ohne Belag essen würde.würde sie explodieren.
„Gut dann nehme ich Honig ."
Als der Toast fertig ist,verteilte ich einen Miniklacks Honig drauf (also insgesamt mindestens 100 Kalorien)und machte einen kleinen Bissen,auf dem ich so lang wie möglich rumkaute.
„Alice,ich hab Neuigkeiten.",platzte meine Mutter plötzlich heraus,die mich keine Sekunde aus den Augen gelassen hatte.
Ich stöhnte auf,das verhieß sicher nichts Gutes.
„Ich habe einen Mann kennen gelernt..",sie stockte.
„Das ist ja schön.",sagte ich in einem fröhlichen Ton,und tat so als würde ich mich für sie freuen,leider war ich nicht gerade eine sehr begnadete Schauspielerin.
„Und naja es ist nur so er wird nächste Woche bei uns einziehen.Ich weiß,dass geht vielleicht ein bisschen schnell,aber ich liebe ihn wirklich sehr.Er hat sogar einen Sohn,der genau so alt ist wie du.Er geht sogar auf die gleiche Schule wie du.Ist das nicht toll?Tristan heißt er glaub ich."
Ich spürte wie mir bei diesem Namen die Galle hochkam.Schnell sprintete ich zu Klo undknallte die Tür zu.Ich erbrach.Das erste Mal seit Langem ohne Absicht.


Sorry das ihr so lange warten mussten, aber da dieses Schuljahr jetzt fast am Ende ist, mussten wir viel in der Schule organisieren (Klassenfahrt, Abschlussball, usw.)....ich werde versuchen jetzt öfters wieder zu updaten

Elena

Engel müssen HungernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt