Kapitel 19

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„Alice?Besuch ist für dich da.",rief mir die Krankenschwester zu.
Besuch?Wer um alles in der Welt kommt den mich besuchen?Abgesehen von meiner Mutter und meinen besten Freund Alex,die beide gestern da waren ,gab es keinen Menschen mehr in meinem Leben der sich die Mühe machen würde,mich zu sehen.
Ruckartig sprang ich von meinem Bett auf und rannte in den Besucherraum.Ich schaute mich um,doch da war niemand.
Plötzlich tippte mir jemand von hinten auf die Schulter .Ich schreckte zusammen,wie ein scheues Reh.
„Guten Tag,meine liebe Tochter.",raunte mir die Person die vor mir stand zu."Seit wann denn so schreckhaft?"Ein schepperndes Lachen.
Mit angehaltenem Atem schaute ich in die grün -gold gesprenkelten,funkelten Augen meines Vaters,die in seinem zerfurchtem,nicht gerade attraktiven Gesicht herausstachen.Ein bleierne Schwere legt sich über mich und lässt mich zu einer Statue erstarren.
Erinnerungen.Erinnerungen,die ich in die hinterste Zelle meines Gehirns verdrängt hatte und so gut wie nur möglich verstaut hatte,schossen mir in Bruchteilen von Sekunden durch den Kopf.

Ein Mädchen,gerade mal elf Jahre alt,sitzt zitternd am Bett.Die Augen geschlossen,die Arme um die Knie geschlungen,betet sie zu Gott.
Die Zimmertür öffnet sich und mit schweren Schritten betritt er den Raum.
„Bitte nicht Papa.Bitte lass mich in Ruhe."
„Nein,das werde ich nicht.Du hast deine Strafe zu Recht verdient."
Mit diesen Worten holte er zum ersten Schlag aus.Das Mädchen versucht erst gar nicht sich zu wehren,weil sie schon längst wusste,dass sie ihm komplett unterlegen war.
Sie zählte die Schläge nicht mit,ihr war vollkommen egal wie lange er auf sie eindreschte.Die Schmerzen die er mir mit Gewalt zufügte waren ihr egal.Denn er verletzte nicht ihren Körper,sondern ihr Inneres und das hatte sie nie vergessen.

„Hallo",versucht ich so kalt und gefühllos wie möglich zu sagen.
„Ich glaube wir haben einige Dinge zu bereden.",meinte er.
Ich schwieg.
Am liebsten wäre ich zurück in den Patientenbereich gerannt,dort wohin die Besucher keinen Zutritt hatten,aber dann viel mir die Sache mit dem Werbespot ein.Das hier war meine einzige Chance.
„Ja,das haben wir",antwortete ich schließlich mit viel Überwindung und wir setzten uns gemeinsam zu einem Tisch.
„Warum bist du hier?",fragte ich ohne ihn dabei anzuschauen.
„Das Gleiche könnte ich dich auch fragen."
„Ich habe dich zu erst gefragt."
„Nun gut,ich bin hier um meine Tochter zu sehen."
„Deine Tochter",ich spuckte die Worte verächtlich aus,doch dann erinnerte ich mich an den Werbespot und riss mich zusammen.
„Es tut mir Leid,Alice.Ich weiß,dass ich viele Fehler gemacht habe und ich hoffe,dass du mir irgendwie verzeihen kannst."
Mein ganzes,verdammtes Leben hatte ich auf diesen Moment gewartet.Nachts war ich oft wachgelegen und hatte mir vorgestellt,dass sich mein Vater eines Tages ändern würde,sich bei entschuldigen würde und alles wie früher werden würde.Jetzt war diese Situation tatsächlich eingetreten und das einzige was ich empfand war Wut und Enttäuschung.
„Glaubst du tatsächlich du kommst her,entschuldigst dich und alles ist wieder in Ordnung?Jetzt wo schon alles zu spät ist?Das was du mir angetan hast kann man nicht einfach wieder mit einem Es tut mir Leid gut machen."
„Wie kann es sonst gut machen?"
„Nichts.Nichts kann das was du getan hast wieder gut machen und ich glaube auch nicht,dass ich jemals im Stande sein werde dir zu verzeihen.",sagte ich."Aber es gibt in der Tat etwas,was du für mich tun kannst.Etwas wo mit du nicht nur mir sondern auch vielen anderen Mädchen weiterhelfen kannst.",fügte ich hinzu und erzählte ihm mit von Vanessas und meinem Plan.
„Hm,nun ja.Ich glaube das lässt sich machen"

Engel müssen HungernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt