Mein Zimmer teilte ich mir mit zwei klapper dürren Mädchen,namens Vanessa und Bella,was mir nur noch mehr das Gefühl gab vollkommen fehl am Platz zu sein.Sie waren beide zwar sehr nett,steckten aber noch sehr tief in ihrer Krankheit.Statt wie alle anderen auch am Abend auf der Couch rumzuchillen und sich einen Film reinzuziehen,quälten sie sich mit Sit-ups und redeten darüber welche Lebensmittel die wenigstes Kalorien hatten.
Sie fragten mich ob ich Lust hätte mich ihnen anzuschließen,worauf ich nur unschlüssig mit den Schultern zuckte.Natürlich hätte ich gerne mitgemacht,aber was wäre passiert wenn uns ein Pfleger erwischte ,außerdem wollte ich ja eigentlich gesund werden.Naja vielleicht werde ich noch auf ihr Angebot zurückkommen,verlockend ist es schon.
Morgens wurden wir gewogen.Jedes Mal tauschten sich die Mädchen mit Essstörungen über ihr aktuelles Gewicht aus,und auch wenn das keiner laut sagte,war es ein Art Konkurrenzkampf.
Das Essen fiel nach wie vor schwer,aber ich tat es.Jede vorgesetzte Mahlzeit würgte ich mühsam hiunter ,da ich keine andere Möglichkeit hatte.Entweder ich aß oder ich hätte eine Magensonde bekommen.Und über einen Schlauch ernährt zu werden war für mich wirklich dass letzte was in Frage kam.
Die Regeln in der Klinik waren ziemlich streng und es gab so gut wie keine Ausnahmen.Jede Woche musste ich 400 Gramm zunehmen,oder ich durfte nicht raus.Für einen normalen Menschen vielleicht hört sich das nicht viel an,doch mir kam es vor als würde ich jede Woche statt 400 Gramm 5 Kilo zunehmen.
Das ist eine typisches Anzeichen der Magersucht, die Wahrnehmungsstörung.Ich konnte eine 3 Rippen Schokolade essen und ich hatte das Gefühl es waren 10 Tafeln.
Wenn mir statt einem mageren 42 Kilo schweren Mädchen,jeden Morgen ein fetter Walross im Spiegel entgegen schaute.Die Magersucht hatte mir den wahren Blick in die Realität verzerrt,und dafür hasste ich sie.
Dreimal in der Woche hatte ich Einzeltherapie bei einer Psychtherapeutin.Sie machte einen netten Eindruck und strahlte mich mit ihren blauen,freundlich Augen an.„Weißt du Alice.Die Magersucht ist nur ein Symptom.Hier in der Therapie werden wir gemeinsam herausfinden was dein eigentliches Problem ist.Es ist nämlich nicht die Essstörung ,die Essstörung ist nur eine Folge davon.Denn so bald wir dein eigentliches Problem gelöst haben,wird dir auch das Essen leichter fallen",sagte sie in unserer ersten Stunde.Anschließend fragte sie mich: „Was glaubst sind die Vorteile der Magersucht ?"
„Hm also,einige.Ich bekomme Aufmerksamkeit von anderen Leuten.Sie reden plötzlich über mich und tuscheln schockiert darüber wie dünn ich geworden bin."
„Warum gefällt dir das?",unterbrach mich meine Therapeutin.
„Naja.Sie schenken mir Beachtung und ich bin nicht mehr die unsichtbare,stille Alice."
„Und wer bist du dann?"
„Ich bin das Mädchen mit Magersucht.Sie definiert mich und gibt mir irgendwie Halt.Ich bin nicht irgendwer,sondern das Mädchen,was magersüchtig ist."
„Viele Mädchen denken so,aber glaubst du nicht du bist noch mehr als magersüchtig.Glaubst nicht in dir steckt noch mehr als die Magersucht."
Ihre Worte machten machten mich nachdenklich.
„Ja,natürlich.Ich weiß,dass ich einmal ein ganz anderer Mensch.Ich hatte meine Hobbys und war von Menschen umgeben,die mich liebten.Aber das scheint alles schon so lange her.Ich weiß gar nicht mehr wie es sich anfühlt zu Lachen,oder zu Weinen.Ich fühle mich einfach so kraftlos,und leer wie eine lebendige Tote. Die Krankheit begleitet mich von früh bis spät,da ist gar kein Platz für was anderes.Mein ganzes Dasein bestand aus Kalorienzählen,Sport machen,Kochbücher lesen und mich wiegen."
„Und bist du zufrieden damit so zu leben?",wollte die Therapeutin wissen.
„Nein eigentlich überhaupt nicht.Mein größter Wunsch ist es wieder gesund zu werden und ohne schlechten Gewissen in ein Sandwich beißen zu können.Aber ich kann einfach von der Magersucht nicht loslassen ,ich habe einfach zu große Angst."
„Angst vor was?",hackte sie nach.
„Angst irgendwie wie wieder normal zu sein.Zu normal.Ein Niemand.In der Menge unterzugehen ohne beachtet zu werden."
„Ich kann deine Angst sehr gut verstehen.Aber warum glaubst du ist man ein Niemand wenn man normal ist.Glaubst du etwa Leute die nicht schlank sind nichts wert?Sie haben doch genauso Hobbys und Freunde.Und jetzt habe ich noch eine Frage,findest du bist beliebter geworden ,seit du abgenommen bist?Natürlich die Leute reden über dich,aber dass heißt nicht ,dass du beliebter geworden bist."
Ich nickte und spürte wie mir die Tränen in die Augen schossen.Schnell blinzelte ich,damit sie nicht überquollen
„Siehst du.Ich glaube in dir stecken noch viele andere Fähigkeiten und Begabungen.Das einzige was dir fehlt ist dein Selbstbewusstsein.Und genau daran werden wir in den nächsten Wochen arbeiten.Schritt für Schritt schaffen wir das."Tut mir leid ,dass ich so lange nicht mehr geschrieben habe.Mir geht es die letzte Zeit nicht so gut.Freue mich so wie immer über Feedback
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Engel müssen Hungern
RandomEine wahre Geschichte über ein Mädchen mit Magersucht,die dem Tod nur knapp entkommt.Sie entscheidet sich zu kämpfen und ein neues Leben zu beginnen.Doch dass ist alles andere als leicht,immer wieder erliegt sie Rückschläge.Ob sie es schafft ihre Kr...