Vierundzwanzig

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Am nächsten Morgen konnte nichtmal Joels Yoga Colins Stimmung ruinieren. Er hatte wahrscheinlich die beste Nacht seines Lebens. Noah und er würden auf Dates gehen, er konnte es jetzt schon nicht mehr erwarten. Er war in der Nacht davor mit einem Lächeln eingeschlafen und dieses zierte immernoch sein Gesicht, als er sich an den gestrigen Tag erinnerte. 

„Kannst du bitte einen Morgen ohne dein komisches Ritual aushalten?", fragte Noah, als er sich aufsetzte. Kein Kissen und keine Beleidigung a lá Noah, offenbar hatte das Date auch ihm gute Laune bereitet. Noahs Blick glitt zu Colin, der ebenfalls aufrecht im Bett saß, die Decke allerdings noch über seinen Beinen. Als sich ihre Augen ineinander verschlungen, konnten die beiden nicht anders, als breit zu grinsen. Sie hatten noch nicht genau gesagt, was sie nun waren, aber sie waren sich sicher, dass sie keine Freunde waren. Joel bemerkte seine Mitbewohner nicht, die sich seit mehreren Sekunden schon, verliebt anstarren. Ob den beiden das bewusst war, konnte man nur schwer sagen. 

Doch Colins Wecker, den er sich trotz Joels Musik stellte, unterbrach den Moment und Colin musste wohl oder übel den Blick abwenden, um die Aus-Taste auf seinem Handy betätigen zu können. „Ich geh ins Bad", kündigte er an und warf die Decke von seinen Beinen. Noah nahm sich die Freiheit Colin zu mustern. Da er nur in kurzer Hose und Tanktop schlief, war es ihm ein leichtes. Noah realisierte mal wieder, dass Colin wunderschön war. Wahrscheinlich der wunderschönste Mensch der Welt, auch wenn vielleicht nur er das so sah. Colin zog sich selten um, bevor er ins Bad ging - allein Joels Yoga-Musik ist die Schuld zugeschoben. So auch heute. 

Der Lockenkopf schnappte sich seinen Waschbeutel und verließ schnurstracks das Zimmer. Und wie auch in der Zeit vor den Ferien ging ihm Noah hinterher, nicht nur um vor Joel zu flüchten. Im Bad war wie immer niemand, außer eben den beiden. Noah stellte sich an das Waschbecken, das Colins gegenüber angebracht war und ließ Wasser auf seine Zahnbürste laufen. Colin war schon dabei seine Zähne zu putzen und beobachtete Noah mit einem Lächeln. Er konnte ihn endlich anstarren, zumindest wenn niemand anderes da war. Sie mussten selber wissen, was sie eigentlich sind, bevor sie die Meinungen von außen ernteten. 

Colin weiß, dass er Noah gerne hat, sehr gerne und das es ihn glücklich macht, wenn Noah einfach nur bei ihm ist. Und das Noah wirklich genauso fühlt und ihnen eine Chance gibt, machte Colin zum glücklichsten Menschen des Tages. 

Noah hatte sich wieder aufgestellt und lächelte Colin ebenfalls an. Sie verfingen ihre Blicke ineinander, bauten ihre Blase erneut auf und lächelten unbesorgt. Noah fühlt sich leicht, wenn Colin bei ihm ist, so als wären alle seine Probleme einfach verpufft und nicht mehr existent. 

Weiterhin nicht redend putzten sich Colin und Noah ihre Zähne und lächelten sich dabei sanft an. Es fühlte sich an, als würden sie sich ohne Worte unterhalten können. Colin fühlte sich in der Stille geborgen und sicher, wie er sich sonst nur bei seinen Eltern gefühlt hatte. Er hätte nicht gedacht, dass er das Gefühl je nochmal erleben konnte und jetzt stand Noah vor ihm, lächelte ihn sanft und süß an und Colin war auf Wolke Sieben. 

Plötzlich wurde die Tür geöffnet und Julia betrat gähnend den Raum. „Morgen", murmelte sie und stellte sich neben Colin. Es ist offiziell, Noah und Colin war keine Minute zu zweit gegönnt. Bei dem Gedanken grinste Colin. 

Noah hatte seinen Kopf gen Waschbecken gesenkt, um sich den Schaum aus dem Mund zu spülen und um seine Zahnbürste auszuwaschen. Colin tat es ihm gleich. Julia hatte sich, ohne zu fragen, Colins Zahnpasta genommen, da sie ihre vergessen hatte. Colin ließ sie machen. Noah hatte sich zu den Spiegeln gedreht und machte sich seinen Zopf. Dabei benutzte er das Haargummi, dass Colin ihm vor ein paar Tagen geliehen hatte. Zu der Frage, warum er überhaupt eines am Handgelenk hatte, hatte der Blonde allerdings noch keine Antwort gefunden. 

Colin stellte sich kurzerhand zu seinem Mitbewohner und versuchte seine Locken nicht mehr so durcheinander aussehen zu lassen. „Lass es so", meinte Noah von der Seite, während er Colin zusah. Er fand die chaotischen Locken hübscher, Colin sah damit so schön aus. Er hatte definitiv eine ungesunde Fixierung auf seine Haare. 

„Was?", fragte Colin, weil er nicht ganz verstand, was Noah meinte. Seine Hände waren in seinen Locken eingefroren und er schaute den Blonden fragend an. 

„Ich sagte, dass du das lassen sollst. Deine Haare sehen gut aus", wiederholte sich Noah und Colin stieg Röte in die Wangen. „Darf ich?". Colin nickte und entfernte seine Hände aus den brünetten Locken und drehte sich zu Noah, welcher sanft seine linke Hand hob und dort platzierte, wo vorher Colins Hände waren. Konzentriert richtete er Colins Haare - er machte sie eher durcheinander, aber das war ja sein Ziel. Das sie dabei von einer grinsenden Julia beobachtet wurden, bekam keiner der beiden Jungs mit, sie waren zu fokussiert aufeinander. 

„Fertig. Bis nachher", meinte Noah, schnappte sich seine Waschtasche und verließ das Badezimmer. Colin ließ er zurück, aber nicht ohne nochmal zurückzuschauen und ihm unmerklich zuzulächeln. Colin bekam sein Lächeln nicht mehr von den Lippen, auch nicht als Noah schon weit aus seinem Sichtfeld verschwunden war. 

„Was geht denn bei euch ab?", fragte Julia und schaute ihren besten Freund verwirrt, aber erfreut an. Sie hatte eine Vermutung, diese musste sich jetzt nur noch bestätigen. Sie hatte ihn ja schonmal gefragt, ob er auf Noah stehen könnte, allerdings wusste er es zu dem Zeitpunkt noch nicht. Das sie sich jetzt wie komplett verliebte Idioten anstarren, könnte endlich heißen, dass sie es nun wussten. 

„Was meinst du?". 

Colin versuchte den Verwirrten zu spielen, aber Julia durchschaute ihn. Sie sind nicht ohne Grund seit über 12 Jahren beste Freunde und dazu noch Adoptivgeschwister. „Colin. Mein allerliebster bester Freund und Bruder. Ich bin nicht blind und du bist ein miserabler Lügner. Er hat dir deine Haare gemacht und ihr habt euch gegenseitig wie die größten Idioten angelächelt. Das war nicht sonderlich unauffällig". 

Colin antwortete nicht, Julia hatte ihn eh schon durchschaut. Also nahm er sich einfach seine Waschtasche von der Trennwand der Waschbecken und verließ den Raum, Julia zeigte er dabei liebevoll den Mittelfinger. 

Julia grinste. 

Colin war bis über beide Ohren verliebt und die Blondine freute sich über den Fakt mehr, als Colin selber. Kurz schüttelte sie den Kopf, machte sich noch rasch fertig und verließ dann ebenfalls wieder das Bad. 

You're not alone, even if we're not around | Nolin FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt