Honigwein I

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Wir schreiben das Jahr 1450

Lustig prasselten die güldenen Flammen in ihrem Bett aus Stein und Moos.
Der Geruch von feuchter Erde lag in der Luft und eine Kauz zwitscherte lautstark, sein Lied im Unterholz.

Entspannt saß der Rothaarige an dem warmen Feuer und hörte aufmerksam, in die Nacht hinaus.

Drei Kutschen hatten Sie heute überfallen, hatten das hochnäsige Gesindel an den Bäumen festgebunden und Sie dort, den Räubern und Jägern der Nacht überlassen.

Zufrieden nahm er einen großen Schluck seines Honigweines und spürte doch sogleich, wie ihn der Alkohol von innen heraus zu wärmen schien.

Es war mittlerweile Mitte September, die Blätter des Waldes färbten sich allmählich Orange und legte sich wie ein brauner Teppich auf die Erde.

Was Crowley wiederum, vor ein neues und doch altbekanntes Problem stellte.
Wollte seine Sippe überleben und weiterhin unentdeckt bleiben, so mussten sie eine neue Bleibe suchen.
Eine, die dem Winter standhielt und sie nicht verraten würde.
Und das schien schwieriger zu sein, als gedacht.

Der Rächer der Armen und des Volkes... So ein Schwachsinn! Handelte er doch stets, aus eigenem Interesse heraus.
Und doch fragte er sich, an manchen, lauen Tagen, wie es wohl wäre, in einem normalen Haushalt, fern ab der Wälder und Geschöpfe zu leben, die diese innehielten.
Ein gemütliches Bett, ein Warmes Zuhause und womöglich in den Armen eines gewissen Mannes liegend.
Ja, das wäre ein Traum.

Irgendwo im Gebüsch raschelte es mit einem Mal und ließ den Rothaarigen alarmiert herum fahren.

Eine Frau, mittleren Alters trat auf ihn zu und seine Atmung beruhigte sich allmählich wieder.

"Troja." grüßte Crowley die Frau mit dem ergrauten Haar und den unzähligen Falten, die doch von ihrem harten Lebensweg erzählten.

"Worüber denkst du nach? Doch nicht etwa wieder über diesen Mann?"

Crowley schwieg.
War Troja doch die Einzige, der er sich in dieser Zeit hatte anvertrauen können.
Auf der Flucht zu sein, bedeutete auch, einsam zu sein.
Unzählige Feinde zu haben und stets, um sein Leben fürchten zu müssen.
Und doch hatte er sich dieser Frau anvertraut.

Sie war Weise, wusste um seinen Stand und seine Gefühle und verstand doch nur zu gut, was er selbst nicht schaffte in Worte zu fassen.
Crowley nickte, ehe er einen weiteren Schluck nahm.

"Ach, Robin, du solltest wirklich aufhören, dieses Zeug zu trinken, als wäre es Wasser."

Schwermütig ließ sich die Alte neben Crowley in den Staub fallen.
Ehe sie damit begann, ihn schweigend zu mustern.

"Weißt du, ich war auch einmal verliebt." Troja seufzte,
"Aber das ist lange her." sie lachte trocken.
"Warum sagst du ihm nicht einfach, was du fühlst?"

Crowleys Finger verkrampften sich,
"Ich weiß ja nichteinmal mehr, wo er sich momentan aufhält... Geschweige denn, auf welcher Seite er steht..." flüsterte er leise und sah auf die trübe Flüssigkeit in seinem Tonbecher.

Troja nickte verstehend.
"Und du hast Angst, er könnte nun ein anderer sein?"

Crowley schwieg.
Ja, das hatte er, und was für eine...
Was wäre, wenn Aziraphale plötzlich zu einem der reichen Schnösel geworden war oder er ihn, mit dem was er tat, enttäuschte?

Bitter stieg ihm die Galle hoch, als er an den Ausdruck auf des Engels Gesicht dachte.
Und was wäre, wenn er ihn vergessen hatte, womöglich gar nicht so fühlte wie er selbst?

Dann wäre sein Traum, noch einmal in des Engels Armen zu liegen, zum scheitern verurteilt.

"Du denkst zu viel." stellte die Alte schließlich trocken fest und sah mit unbewegter Miene auf das feuerrote Haar des anderen.

Crowleys Lippen umspielte ein Lächeln.
"Womöglich. Und doch frage ich dich, was es bringen würde, wüsste er um meine Gefühle?"

Troja schüttelte den Kopf.
Begriff sie doch einfach nicht, wie ein Mann so töricht, geschweige denn ängstlich sein konnte, zu seinen Gefühlen zu stehen.

"Ach, Robin. Ich denke, dass dir ein wenig Liebe und jemand, der sich um dich kümmert, ganz gut tun würde. Du denkst stets an die Anderen und doch nie an dich selbst. Wäre es nicht endlich einmal an der Zeit, dass du deine Chance auf ein wenig Glück ergreifst? "
Wehmütig lächelte Troja ihn an, ehe sie bestimmt nach Crowleys Brille griff und ihm diese geschickt von der Nasenspitze zog.

Sehnsucht, Trauer, Hoffnung, all diese Gefühle lagen in seinem Blick und brachen der alten Frau doch beinahe das Herz.

Und wo er doch stets seine gelben Irden vor der Welt und anderen verbarg, so kam er doch nicht umhin, sie, das Monster sehen zu lassen, dass er wirklich war.

Sein wahres ich.
Alles von ihm.

In ihrem Blick lag Gewissheit, Wahrheit und die tiefe Fürsorge, die sie für ihn empfand.
Fast so, als würde eine Mutter ihr Kind ansehen, schoss es ihm durch den Kopf und ließen ihn erzittern.

Trojas Blick wurde weich, ehe sie ihm den Becher aus der Hand nahm und ihn auffordernd ansah.

"Und nun komm. Little John soll dich ablösen, es ist spät und du hast heute wirklich genug getan. Schau zu, dass du ins Bett kommst, Junge."

Crowley schnaubte.
Bestand besagtes Bett, doch aus einer einfachen Hängematte, die hoch zwischen den Ästen einer alten Eiche hing.
Und doch nickte er.
Gähnte einmal lang, ehe er sich auf den Weg machte, die im Wind wehende Strickleiter hinauf zu klettern.

Und wie er da so lag, leicht in den Wogen des Windes schaukelnd und den Blick in Richtung des Himmels gerichtet, da dachte er doch, an die seeblauen Augen des Engels und ob eben jener wohl gerade auch an ihn dachte.

Derweil in einem hohen Gemäuer nicht allzu weit entfernt...

In der Ferne, an einem hohen Fenster stehend, stand ein blonder Engel, der den Blick in Richtung des Himmels und der leuchtenden Sterne gerichtet hatte.

Sehnsucht lag in seinem Blick und der Wind bließ ihm sachte, durch das goldene Haar.

Und wie er da so stand, da wünschte er sich doch, irgendwann einmal wieder in die Bernstein, farbenen Augen seines Freundes sehen zu dürfen.
Vermisste er eben jenen doch schrecklich.

"Ich werde dich finden, koste es, was es wolle."

Killer QueenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt