Lemon Drops II

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Als sich der Engel das nächste Mal umsah, umgab ihn eine wohlig warme Wärme.
Ein Feuer flackerte im Kamin und der Raum schien in ein Honig gelbes Licht getaucht worden zu sein.

Tief atmete er ein, ließ sich eine Weile in dem Gefühl der Sicherheit treiben und senkte schließlich den Blick. Hatte er doch nicht bemerkt, wie der Dämon vorsichtig an ihn heran getreten war, um sanft des Engels Korsett ein wenig zu lösen.

Luft erfüllte des Engels Brust, konnte er sich doch nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal an diesem Abend so befreit aufatmen konnte.

Abwartend hielt der Dämon hinter dem Engel inne, ehe er ihm einen neckenden Kuss auf die nackte Schulter hauchte und sich wieder aufrichtete.
Hatte er doch einfach nicht widerstehen können...
"Bist du auch wirklich unverletzt? Hat er dir weh getan?"

Crowleys Stimme klang ängstlich, beinahe so, als habe er Sorge, der Engel könne unter der Last der vergangenen Ereignisse zerbrechen.

Aziraphale horchte einen Moment lang in sich hinein.
Verletzt war er nicht.
Nein, und doch saß der Schock in seinem inneren tief.
Fast wie ein dunkler Schatten der sich über ihn gelegt hatte.
Seine Brust schien schwer zu sein, so als würde man ihm die Luft abschnüren.
Seine Hände schmerzten etwas, zitterten, war er doch bei seinem Sturz ziemlich unsanft auf dem steinernen Boden aufgekommen.
Sein Herz raste und seine Gedanken waren wirr.
Und doch schien er unverletzt zu sein...

Leicht schüttelte der Engel den blonden Schopf.
"Nein, mir geht es gut..... Denke ich." flüsterte er leise und bemerkte doch nicht, die stillen Tränen, die langsam seine Wangen hinunter liefen.

Der Dämon nickte irritiert, sah er doch die sich schnell hebenden und senkenden Schultern des Engels.
Sanft drehte er den Engel zu sich herum.
Legte bestimmt einen Finger unter dessen Kinn, ehe er liebevoll dessen Wangen und so auch die salzigen Tränen davon küsste und schlussendlich zum Sprechen ansetzte.

"Du stehst unter Schock."
Stellte der Rotschopf ruhig fest, ehe er den Engel vorsichtig mit sich zog und zu einem roten Sofa vor dem Kamin führte.
"Setz dich, Engel, und warte einen Augenblick."

Nickend ließ sich der Engel vor dem Sofa nieder, zog die Beine bis hoch an die Brust und sah aufmerksam in die züngelnden Flammen, die ihn doch stark an die gelben Augen seines Partners erinnerten.

Er wollte nicht reden.
Wusste er doch selbst nicht, das Vergangene in Worte zu fassen.
Geschweige denn, dass was er nun fühlte.

Er fühlte sich taub, dass wusste er.
Hatte er doch nicht einmal mehr die schleichende Kälte gespürt, die sich dort draußen im Garten, über seinen Körper gelegt hatte.
Jedenfalls nicht, bis zu dem Moment, an dem Crowley seinen Mantel über ihn gelegt und ihn schützend an sich gezogen hatte.

Er fühlte sich müde,
So unendlich müde.
Und das, obwohl er doch erst vor einigen Wochen geschlafen hatte.
Doch das war es nicht.
Er fühlte sich seelisch müde.
Emotional kaputt.
Etwas, dass er so noch nie zuvor gefühlt hatte.

Doch nun wo er hier saß, im Beisein von Crowley, da erschien es ihm leicht.
Ja, fast schon natürlich.
Bei ihm hatte er das Gefühl er selbst sein zu können.
Sich fallen zu lassen... Und aufgefangen zu werden.

Sehnsucht lag in seinem Blick, als er den Kopf wieder hob, suchten seine Augen doch wieder nur ihn.

Ein leises Knarzen hinter ihm, ließ ihm beinahe das Herz aus der Brust springen und ihn seltsam verwirrt, zurück in das Polster des Sofas weichen.
Crowley war lächelnd in sein Sichtfeld getreten, ehe er den verschreckten, auf dem Boden kauernden Engel sah und in seiner Bewegung innehielt.

"Ruhig, ganz ruhig. Ich bin es nur." flüsterte er leise, hob abwehrend die Hände und wartete einen Augenblick lang, bevor sich der Engel augenscheinlich wieder entspannte und den Kopf zurück gegen das samtenen Polster legte.

"Tschuldigung...." murmelte Aziraphale leise, während er angestrengt versuchte, sein flatterndes Herz wieder unter Kontrolle zu bringen.

Crowleys Mundwinkel zuckten leicht, ehe er sich hinter dem Engel auf das Sofa fallen ließ und die Beine ineinander verkreuzte.

"Weißt du noch, damals in Golgatha? Als alles verloren schien und Gott die große Sintflut schickte?"

Ein Nicken folgte seinen Worten. Hörte der Engel doch angestrengt auf das leise Flüstern der Schlange und dessen seichte Trauer, die sich zwischen den Zeilen verbarg.

"Am Abend zuvor, hast du mich in einer der Gassen in der Nähe von einer Schenke gefunden. Ich war völlig verwirrt, konnte nicht aufhören zu weinen und war in einem.... Generell... Sehr schlechten Allgemeinzustand." Crowley strich sich verlegen über den Nacken. War es ihm doch immer noch peinlich, das der Engel ihn so gesehen hatte.

"Ich hatte so viel getrunken, dass ich mich mehrmals übergeben habe.... Meine Haare waren verklebt und mein Körper dreckig..... Du hast mich gefunden, hast dich mir angenommen und mich gewaschen. Besonders meine Haare....."

Der Dämon schenkte dem Engel ein liebevolles Lächeln.
Bevor er vorsichtig damit begann, die geschmückten Haarnadeln aus des Engels goldenen Locken zu lösen, sodass dessen samtenes Haar in sanften Wellen über dessen Rücken fiel.
Seufzend verstand der Engel, wusste doch auch er, wie diese Geschichte enden würde.

Die Schlange fuhr leise fort. "Du hast mein Haar gewaschen, gekämmt und zu Zöpfen geflochten... Ich- ich, habe mich noch nie so geliebt gefühlt, wie in diesem Moment.... "

Seufzend teilte der Dämon des Engels Haar in Strähnen, strich dabei sanft über Aziraphales Nacken, sodass dieser eine Gänsehaut bekam und begann vorsichtig damit, die blonden Locken zu bürsten.

"Du hast mir ein Bett gegeben.... Und mich gehalten, als die Trauer mich überfiel... Das Leben dieser unschuldigen Kinder.....Es war nicht fair." Crowley schluckte schwer, hielt einen Moment lang in seiner Bewegung inne und versuchte doch in jenem Moment, der tiefen Traurigkeit die sein Herz überfiel, Einhalt zu gebieten.

"Du warst da. Du hast mir Hoffnung geschenkt. "

Aziraphale schwieg. War er doch mehr als nur ergriffen von Crowleys Bekundungen. Hatte er doch stets geglaubt, der Dämon könne sich nicht einmal mehr an jene Nacht erinnern.
So betrunken wie eben jener gewesen war.....

"Oh, Crowley... Ich--, danke...."

Der Dämon lächelte, hatte er doch den Engel selten so, um Worte ringen sehen.

"Schon gut."

Liebevoll ließ Crowley seine Finger durch die Locken des Engels gleiten, genoss das leise Summen, das durch dessen Brust hallte und fiel doch schon nach kurzer Zeit in das leise Lied mit ein.
Glücklich darüber, auch Aziraphale einmal etwas zurück geben zu können.

"Wenn du willst, dann bleib hier." bot ihm der Rothaarige nach einiger Zeit leise an, nachdem er sich selbst, zu dem Engel hatte, auf den Boden sinken lassen.
"Ich werde auf dich aufpassen."

Zum ersten Mal an diesem Abend, huschte ein freudiges Lächeln über des Engels Züge, ehe er vorsichtig nach des Dämons Hand griff und einen kleinen Kuss auf dessen Handrücken hauchte.

"Versprochen?"
"Versprochen."

Killer QueenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt