Honigwein II

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"So, dann gab es da also jemanden, bevor Sie hierher kamen, Sir?" fragte die junge Frau vorsichtig, als sie damit begann, ihr rotes Haar zu einem langen Zopf zu flechten.

Aziraphale nickte.
War die Erinnerung an seinen rothaarigen Freund doch beinahe schmerzhaft.
Zu lange hatten sie sich nun schon nicht mehr gesehen, Jahrzehnte, wenn man es so nahm.

"Ja, da gab es jemanden." gab der Engel wahrheitsgemäß zu und blieb doch weiterhin an dem großen Buntglasfenster stehen, dass noch immer kleine Regenbögen auf den, von Wachs glänzenden, Holzboden warf.

"Und nun?" fragte die Frau weiter und sah den Engel durch den Spiegel hindurch, weiterhin aufmerksam an.

Aziraphale sah betrübt auf seine Finger.
"Es ist nicht leicht, dass zu erklären... Wir waren eine lange Zeit befreundet aber nun haben wir uns seit vielen Jahren nicht mehr gesehen..."
Das es nun schon ein gutes Jahrhundert her war, verschwieg er ihr dabei.

"Dann habt ihr euch also getrennt?"

Aziraphale schwieg für einen kurzen Augenblick.
Wusste er die Antwort auf diese Frage doch ebenso nicht.
"Nein, Marian, so würde ich das nicht sagen..." flüsterte er leise und sah für einen Moment lang auf die, im Wind schaukelnden Äste der Bäume und den unruhigen Flusslauf in seinem Bett.

Verträumt spielte er mit dem goldenen Ring an seinem Finger und begann doch unbewusst damit, zu lächeln.

"Du bist verheiratet? " fragte Marian neugierig, war ihr der verträumte Blick des Engels doch keinesfalls entgangen.

"Oh nein,-" Aziraphale schüttelte verlegen den Kopf und ließ doch im selben Atemzug seine Hand wieder sinken. "Das würde er nicht-, ich meine, -" der Engel errötete, suchte er doch nach den richtigen Worten.
"Ein Geschenk! Es äh, war ein Geschenk von ihm." seufzte der Engel schließlich und konnte doch nicht anders, als wehmütig zu lächeln.

Marian schwieg, hatte sie doch das Gefühl, auf einen wunden Punkt gestoßen zu sein.

"Erzähl mir von ihm." bat die Rothaarige mit den unzähligen Sommersprossen leise und erhob sich langsam von ihrem Stuhl, um sich zu dem Engel ans Fenster zu setzen.

"Nun, -" Aziraphale überlegte einen Moment lang, ehe er zu erzählen begann.
"Wir kennen uns seit einer halben Ewigkeit... Wo immer ich war, da war auch er..." der Engel lächelte. "Er ist ein gutes Stück größer als ich, hat strahlend gelbe Augen und ist der netteste Däm- äh, Mensch den ich kenne." Aziraphale schmunzelte, kam er doch nicht umhin, an das verzogene Gesicht Crowleys zu denken, wenn er mal wieder eine Nettigkeit über dessen Art verlauten, gelassen hatte.

"Er hatte in etwa so rotes Haar wie du, dass immer mein Gesicht gekitzelt hat, wenn er mal wieder in meinem Schoß eingeschlafen war. Manchmal habe ich es stundenlang gekämmt, ihm Zöpfe geflochten oder habe mit meinen Fingern einfach nur durch die roten Wellen gestrichen.... Er hat mir stets zugehört.... Ich vermisse seine Stimme, hat er mir doch immer die schönsten Geschichten erzählt...im Grunde, vermisse ich alles an ihm. "

Marian lauschte ergriffen, hatte sie den, doch sonst so stillen Mann, selten so gefühlvoll reden hören.
"Dann muss er dir viel bedeutet haben, oder? "

Aziraphale nickte, war er sich doch sicher, dass seine Stimme brechen würde, würde er erst einmal zu sprechen beginnen.
"M-mehr als alles andere auf dieser Welt..."
Der Engel räusperte sich kurz, ehe er sich selbst von dem kleinen  Vorsprung erhob und der jungen Frau lächelnd eine Hand entgegen streckte.

"Kommt, Prinzessin, ich denke Prinz John wartet schon auf uns.... Und du weißt wie ungemütlich er werden kann, wenn man nicht pünktlich zum Essen erscheint."

Schmunzeld erhob sich Marian, wusste doch ein jeder im Königreich, dass mit einem brüskierten Prinzen nicht gut Kirschen essen war.

...

'Scheiß Idee. ' dachte sich Aziraphale einige Zeit später, als er das laute bellen einiger Hunde und das holpern der Kutsche vernahm, die ihn doch mit einer rasanten Geschwindigkeit immer wieder hin und her schüttelte.
Robin Hood fangen? Wer kam denn bitte auf eine solche Idee?!
Wütend hatte der Prinz an diesem Vormittag seinen Plan, verlauten lassen und all jene bestraft, die unwissentlich in seiner Nähe gestanden hatten.
Also auch ihn...

Nun saß er hier in diesem alten Weinfass und musste darauf hoffen, dass man ihn nicht sofort entkörperte, würde man eben jenes öffnen.

Denn bei einem war er sich sicher,
Robin Hood würde kommen.... Und wenn eben jener über Sie kam, dann nicht auf die sanfte Tour.

Noch heute Morgen hatte er sich ins Fäustchen gelacht, als er dem Geschwätz einiger Wachen gelauscht und denjenigen bemitleidet hatte, dessen Aufgabe es war, diesen irrsinnigen Plan auszuführen...

Erschöpft ließ er den Kopf gegen das feuchte Holz sinken, wurde die Luft in seinem Fass doch allmählich knapp.

Müdigkeit legte sich über seinen Körper als sein Atem von Minute zu Minute flacher wurde.

Wenn er nicht bald hier heraus kam, würde er damit anfangen zu schreien...

Seine Augen wurden schwer und mit dem nächsten Ruckeln der Kutsche, waren sie geschlossen.

Er träumte...
Wieder einmal, von roten Locken und weicher Haut unter seinen Fingern.
Der Engel errötete, als er an den süßen Geschmack Crowleys, auf seiner Zunge dachte.

Sein Herz begann schneller zu schlagen, während er selbst doch immer unruhiger wurde.

Dann war es still.
Das bellen der Hunde war verklungen und die Stimmen der Lakaien verstummt.
Angestrengt lauschte Aziraphale in die Dämmerung hinaus und hörte doch..... Nichts.

Der Wind der durch die Blätter zog, pfeifte wie ein heulendes Gespenst durch die Äste und wo er doch noch immer in dem Fass saß, da bekam er doch das Gefühl, dass die Kutsche gestoppt hatte.

Angst überkam ihn.
War es doch mehr als unüblich, dass die Kutsche einfach so und mitten im Wald stoppte...

Kauernd, lauschte er in die Nacht hinaus, versuchte sein unruhiges Herz zu beruhigen und seinen heißen Atem unter Kontrolle zu bringen.

Dann war da ein Rascheln, ein lautes tosen und schließlich, lauthals schreiende Männerstimmen...

Killer QueenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt