13. Lily

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Die Berichte trudelten mittlerweile im Minutentakt ein. 
Und man musste ehrlich sagen, soweit sah es für uns gar nicht so schlecht aus. 
Ich hatte jedenfalls noch keinen Bericht gehört, der vermuten ließ, dass eines der bisher angefragten Rudel gegen uns war. Viel mehr kam aus diesen sehr viel Empörung über das was sich die anderen Rudel heraus nahmen. 
Immerhin verstießen sie damit gegen ihre eigenen goldenen Regeln. 
Und der Angriff auf Gefährtinnen von Werwölfen wäre selbst ohne diese Regeln unverzeilich gewesen. Immerhin hatten so viele Werwölfe alleine aufgrund von Selbstmord der Menschen ihren zweiten Seelenteil verloren, da kam ihnen ein absichtlicher Mordversuch von einem anderen Wolf, der ja Verständnis haben sollte für die Situation, bei weitem schlimmer vor.
Das ganze beruhigte mich ein wenig. 
Wenn es wirklich zu einem Kampf gekommen wäre... Ich wüsste ehrlich nicht ob ich in der Lage wäre jemand anderen zu töten, auch wenn diese Person mein Feind wäre. 
Auch wenn ich mir sicher war, dass wenn es dazu kommen würde, mein Gegenüber nicht zögern würde. Immerhin war ich Tylers Gefährtin und durch den Gefährtenbiss bis in alle Ewigkeit mit ihm verbunden.
Mein Tod würde der seine sein. 
Wer weiß, vielleicht würde Tyler mich auch gar nicht raus lassen und mich viel mehr irgendwo in Sicherheit bringen. 
Denn ich war, unbestreitbar, schwächer als ein geborener Wolf und somit auch ein erhöhtes Risiko für Tyler. 

,,Du solltest dich hinlegen", sprach mich eine mehr als vertraute Stimme von der Seite an.
,,Wie soll ich bitte jetzt schlafen können?"; fragte ich Tyler leise und drehte mich zu ihm um. 
,,Wie lief es bei der Klinik?"
,,Gina hatte Enya recht schnell hergebracht. Die künftige Luna von Alpha Darmin hat nicht mal groß auf mich geachtete und ist gleich rein gestürmt, als sie die schreie von einem der Mädchen gehört hat."
,,Die die Alpha Derrek nicht so schlimm erwischt hat, gehe ich mal von aus."
Tyler nickte und ich seufzte. 
,,Wenn das stimmt was die anderen erzählen haben wir ein verdammt großes Problem. Darmin würde das sicherlich nicht so machen und der betroffene Wolf ebenfalls nicht. Jared erzählte ja schon von der ersten Begegnung, dass das alles ein riesiges Drama für das Rudel war."
,,Es bleibt da doch eigentlich nicht wirklich viel übrig."
,,Aber du solltest dich wirklich ausruhen Lily. Du bist immerhin schwanger..."
,,Ich bin immer noch die Luna hier. Ganz davon abgesehen, dass du auch so aussiehst, als hättest du drei Tage lang kein Auge zu gemacht."
Ein leichtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Er überwund die letzte Distanz zwischen uns, nahm mich in den Arm und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen.
,,Es fühlt sich zum Teil auch wirklich so an, also als ob ich schon ewig nicht mehr geschlafen hätte. Doch ein kurzer Blick in deine wunderschönen Augen, lässt mich all die Arbeit gleich wieder vergessen und neue Energie fühlen."
,,Schleimer", kommentierte ich das ganze und verdrehte die Augen. 
,,Ach, so schlimm bin ich doch nicht, oder? Was sagst du, wir nehmen uns ein paar Stunden und kommen etwas runter. Die Welt wird schon nicht untergehen."
,,Bist du dir da sicher? Immerhin sind wir gerade dabei in vollen Tempo in einen Krieg rein zu rennen."
,,Bitte Lily... ich brauche ein wenig ruhe und deine Nähe. Vermutlich kriege ich ansonsten keine ruhige Minute mehr in den nächsten Stunden bis Tagen."
,,Na komm", sagte ich, nahm seine Hand und ging mit ihm zusammen von unserem Büro zu unserem Schlafzimmer. 
Erschöpft legte ich mich hin. 
Tyler legte seine Arme um mich. 
Einen kurzen Moment schloss ich die Augen. Innerlich bereitete ich mich schon auf meine Frage vor, die ich ihm stellen wollte.
Denn der Gedanke  was ich im Falle des Falles machen sollte ließ mich nicht los. 
Immerhin durfte man nicht vergessen, dass ich trotz allen Umständen gerade auch noch schwanger war. 
Schweren Herzens öffnete ich die Augen und stockte.
Dieser, wirklich sehr kurze Moment, hatte augenscheinlich ausgereicht um für Tyler den Weg ins Traumland zu finden. 
Mit entspannten Gesichtszügen lag er neben mir und schlief. Sein warmer Atem traf dabei leicht mein Gesicht.
Vorsichtig strich ich mit den Fingern meiner rechten Hand über seine Wange, ohne ihn zu wecken.
So entspannt hatte ich ihn schon einige Zeit nicht mehr gesehen. 
Seit die Vorbereitung des Banketts losging war er immer sehr beschäftigt gewesen. Allein das zusammenstellen der Gästeliste hatte beinahe einen ganzen Monat in Anspruch genommen. 
Er hatte sich also diesen Moment der Ruhe redlich verdient. 
Ebenfalls so langsam von meiner Erschöpfung überwältigt wurden auch meine Augen immer schwerer. 
Vermutlich hatte Tyler auch recht gehabt.
Ich sollte mich ausruhen. 
Und auch wenn mir meine Fragen immer noch auf der Seele brannten, hatte dieses Bedürfnis doch wirklich gerade Vorrang.
Mit einem leisen seufzend schloss ich die Augen und kuschelte mich näher an Tyler heran. 
Hoffen wir mal wirklich, dass in diesen paar Stunden, die wir uns jetzt gönnen würden, nicht wirklich die Welt um uns herum untergehen würde und unser Rudel und all die anderen uns dringend gebraucht haben würden.     

Wolfsseele - unerwartete FeindeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt