22. Lily

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Die ganze Angelegenheit zog sich über Stunden. 
Jetzt wo mehr Alphas mehr von der gesamt Situation wussten, schienen die Meinungen noch differenzierter zu sein als zuvor. 
Tyler hörte sich dabei alle Argumente an, die ihm diesbezüglich zugetragen wurden. 
Dafür allein hatte er sich schon ehrlich meinen Respekt verdient. 
Denn was die einen Alphas meinten, was für den Beta sprechen würde, drehten die nächsten schon wieder um und legten es diesem zum kompletten Gegenteil aus. 
Auch kamen ständig die selben Argumente wieder auf und mussten anscheinend, obwohl man sie schon gehört hatte, jedes Mal aufs ausführlichste diskutiert werden. 
Man drehte sich einfach nur noch im Kreis, doch wollte das augenscheinlich niemand so zugeben. 
Denn wenn man sagte, das alles zur Genüge diskutiert wäre, müsste Tyler sein Urteil fällen.
Es wirkte auf mich schon fast so, als ob die Beteiligten befürchteten man würde bei der Diskussion irgendwas grundlegendes übersehen. 
Ich selbst konnte mir zwar nichts mehr vorstellen, was noch an Argumenten fehlen konnte, aber die vielen Alphas um mich herum waren da doch kreativer als ich. 
Auch wenn einige dieser 'Argumente' einfach nur noch als Absurd angesehen werden konnten. 
Alpha Darmin schwieg die ganze Zeit über. 
Er hatte immerhin gesagt er würde Tylers Urteil folge leisten. 
Eine Einmischung von ihm könnte dann doch als eine Art Schwäche für ihn ausgelegt werden oder aber das er versucht Tyler entsprechend seiner eigenen Wünsche zu beeinflussen und es somit nicht zu einem gerechten Urteil dem Beta gegenüber kommen würde. 

Meine Gedanken waren dann doch irgendwann abgeschweift und ich sah mir wieder die verschiedenen Alphas im Saal an. 
Jedenfalls bis ich ein bekanntes Gesicht entdeckte. 
Alpha Darmins Gefährtin hatte den Saal betreten, doch bisher war es wohl noch keinem der Alphas aufgefallen:
Nun, abgesehen von ihrem Gefährten, wie ich mit einem kurzen Blick zu ihm feststellte. Er hatte sie wahrscheinlich gleich beim hereinkommen schon am Geruch bemerkt. Bei dem eigenen Gefährten oder der eigenen Gefährtin war man da dann doch besonders aufmerksam und entdeckte den Duft um so schneller. 
Doch bis auf das kurze Zucken seiner Nase, verriet nichts weiter, dass gerade jemand für ihn bedeutsames herein gekommen war. 
Die Gefährtin hatte ihn wohl auch schon vom Rand aus in der Mitte vor Tyler entdeckt. 
Doch kam sie nicht direkt auf ihn zu. 
Aufmerksam beobachtete ich sie. 
Es war offensichtlich, dass sie nicht ganz zu wissen schien, was sie nun tun sollte. 
Es hatte etwas sie hier her gertieben. 
Wahlweise hatte sie ihren Gefährten gesucht oder wusste auch bereits schon was dem Beta ihres Rudels drohte. 
Unsere Blicke trafen sich. 
Sie schluckte einmal erkennbar und starrte mich einen Moment groß an. 
Die Alphas waren alle immer noch zu sehr in ihre Diskussion vertieft um sie zu bemerken. Auch wenn ich mir eigentlich sicher war, dass zumindest Tyler einmal kurz meinem Blick gefolgt sein wird und auch das Menschenmädchen gesehen hatte. Doch auch er ließ sich seine Entdeckung nicht anmerken, obwohl er eigentlich verlangen könnte, dass sie auf der Stelle den Saal verließ. Immerhin war sie immer noch 'nur' ein Mensch und hatte bei einer solchen Unterhaltung eigentlich nichts verloren. Aber auch Tyler konnte sich denken, dass es einen Grund für sie gab hier zu sein und so lange weder er noch ich etwas sagten, würden auch unsere Wachen nicht eingreifen, die sie sicherlich auch gesehen hatten. 
Man konnte förmlich dabei zusehen, wie sie versuchte genug Mut zu fassen um das zu tun, was auch immer sie sich vorgenommen hatte. 
Aber man sah auch mehr als deutlich, dass von dem Mut, den sie gehabt haben muss um hierher zu kommen, nicht mehr ganz so viel übrig war. 
Das war aber auch nichts was man ihr übel nehmen konnte. 
Alphas hatten eine verdammt starke Ausstrahlung, die selbst Menschen merkten. Bei einer solchen Ansammlung von Alphas wie hier konnte man sich regelrecht erschlagen fühlen.
Die Diskussion hatte dabei nicht aufgehört und auch Darmins Gefährtin hatte zugehört. 
Sie wirkte, verständlicherweise, überhaupt nicht begeistert und starrte ihren Gefährten böse an. 
Nach einem kurzen durchatmen stampfte sie durch die Menge der Alpha, wobei die betroffenen Werwölfe doch recht verdutzt wirkten, auf ihren Gefährten zu, blieb vor ihm stehen und verpasste ihm eine Backpfeife. 
,,WIE KANNST DU NUR HIER STEHEN UND GAR NICHTS SAGEN, WÄHREND LEUTE, DIE VON UNSEREM RUDEL KEINE AHNUNG HABEN, ÜBER DEN TOD EINES DEINER BESTEN FREUNDE DISKUTIEREN!", brüllte sie unerwartet Laut durch die Halle. 
Danach war es totenstill.
Keiner der Alphas sagte auch nur einen pieps, nicht einmal Tyler. 
Die meisten sahen sie verblüfft an und hatten offensichtlich nicht damit gerechnet, dass ein Mensch sich so in eine Werwolfverhandlung einmischen würde. 
Alpha Darmin sah dabei nur seine Gefährtin mit einem traurigen Gesicht an. 
Diese ließ sich davon jedoch nicht aus der Fassung bringen und brüllte gleich weiter. 
,,DAS DU DAMIT OFFENSICHTLICH AUCH NOCH SHANES TOD VERURSACHST IST DIR WOHL HOFFENTLICH KLAR! ICH HAB MEHR VON DIR ERWARTET! DU BIST DOCH EIN ALPHA! DANN VERHALTE DICH AUCH SO WIE EINER UND BESCHÜTZE DEIN RUDEL, SO WIE SHANE ES AUCH GETAN HAT!"   

  

Wolfsseele - unerwartete FeindeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt