Kapitel 5

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Songempfehlung: Taylor Swift - This Love

Herzschmerz. Büffeln. Arzt und Schnee.

Diese vier Worte beschrieben den Monat Januar nahezu perfekt.

Ich war wieder zurück in Yale und fühlte mich schon jetzt wie erschlagen von der Menge an Lernstoff, die ich aufgrund meines Krankenhausaufenthalts nachzuholen hatte. Zusätzlich kamen die Inhalte des neuen Semesters hinzu. Tja, und die Tatsache, dass Julian mich jetzt sogar in zwei Kursen unterrichte, machte die ganze Sache auch nicht leichter. Im Gegenteil. Es sorgte nur dafür, dass ich mich während der Vorlesungen noch weniger konzentrieren konnte. Eines war jedenfalls sicher - in der Hölle zu leben, wäre ein Kinderspiel im Gegensatz zu dem Versuch, Julians Unterricht zu folgen.

Alles woran ich während dem Unterricht denken konnte, war, dass ich Julian am liebsten um den Hals gefallen wäre und ihn gleichzeitig nur allzu gerne zum Teufel gejagt hätte. Zwar hatte sich mein Zorn auf ihn in den letzten Wochen ein wenig gemildert, doch ich empfand noch immer Schock und Enttäuschung darüber, dass er sich einfach über meinen letzten Willen hinweggesetzt hatte. Allein an diesen Verrat zu denken, erfüllte mich mit einer Traurigkeit, die mit Worten schwer zu beschreiben war.

Ich warf einen kurzen Blick auf die Uhr, die über der Tür des Vorlesungssaals hing und deren Ticken eine beruhigende Wirkung auf mich hatte.

Tick Tack.
Tick Tack
Tick Tack.

Mir blieben noch fünf Minuten, bis die Zeit vorbei war und ich meine Klausur abgeben musste. Es handelte sich um die letzte Prüfung der Finals des vergangenen Semesters, die ich verpasst hatte und nun nachschrieb. Glücklicherweise war ich seit geschlagenen zehn Minuten fertig und saß nur noch die Zeit ab. Ob das nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war, wusste ich nicht. Jedoch hatte ich jede Frage beantworten können. Eigentlich besaß ich sogar ein ganz gutes Gefühl - und das, obwohl zu Beginn der Prüfung meine linke Hand immer wieder von Myoklonien erfasst worden war, als bekräftige die Aufregung und die Nervosität das Muskelzucken noch mehr. Doch ich hatte versucht mich auf die Aufgaben zu konzentrieren, was mir schließlich auch gelungen war.

Die restlichen Minuten schienen sich zu ziehen wie Kaugummi. Als ich endlich erlöst wurde, gab ich hastig meine Arbeit ab und genoss das Gefühl von Freiheit, das mich danach überflutete.

Das erste Semester war geschafft.

Gut gelaunt und auch ein klein wenig beschwingt von dem hoffentlich erfolgreichen Absolvieren der Prüfung steuerte ich den Weg zum Ausgang der Philosophie Fakultät an. Ich war mit meinen Freundinnen in der Common Dining Hall zum Mittagessen verabredet. Bestimmt warteten sie bereits auf mich, ganz gespannt darauf zu erfahren, wie meine letzte Klausur gelaufen war. Meine Schritte hallten auf dem Steinboden wider und von Weitem erkannte ich die schweren, massiven Holztüren, die nach draußen in die eiskalte Januarluft führten. Licht von draußen fiel in die altertümlichen Gänge des Fakultätgebäudes, das aus hohen Decken und Sandsteinwänden bestand, und den Studenten mehr das Gefühl gab, in einem Harry Potter Film gelandet zu sein, statt in einem College.

Doch kurz bevor ich den Ausgang erreichte, wurde ich von jemandem aufgehalten.

»Hallo Laney.«

Eine tiefe, raue Stimme erklang hinter mir und ließ mich im Bruchteil einer Sekunde zu Stein erstarren. Mein gesamter Körper versteifte sich. Abrupt blieb ich stehen. Ich brauchte mich nicht umdrehen, um zu wissen, wer da hinter mir stand.

Ich würde diese Stimme immer wiedererkennen. Unter tausenden von Stimmen. Sie war das Schönste, was ich jemals gehört hatte. Engelsgleich. Melodisch. Und doch gleichzeitig gefährlich wie der Teufel selbst. Rau wie die See. Sie verkörperte alles, was ich verabscheute und wiederum alles, wonach sich mein gesamtes Dasein sehnte. Sie stand für Herzschmerz, Tränen und geplatzte Träume.

His HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt