Kapitel 20

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Songempfehlung: Mickey Valen, Joey Myron - Chills

Seit geschlagenen zehn Minuten schon versuchte ich mühsam den Fleck auf meinem Shirt zu beseitigen. Zwar fiel es auf dem schwarzen Stoff kaum auf, aber das Schicksal schien es nicht gut mit mir zu meinen, denn der hartnäckige Geruch nach Bier hatte sich darin festgesetzt.

Angeekelt rümpfte ich die Nase und sah mich suchend nach einem Handtuch oder zumindest etwas um, das den widerwärtigen Biergestank überdecken könnte. Es war mehr als offensichtlich, dass es sich um eine reine Männer WG handelte. Außer überteuerten Parfüms und Deodorants, die fast noch penetranter dufteten, als der Alkohol selbst, wurde ich nicht fündig. Gott, besaß denn niemand dieser Kerle eine Freundin?

Seufzend schloss ich die Tür des Spiegelschranks, ignorierte das Klopfen an der Badezimmertür und ging in die Hocke, um die Schubladen unter dem Waschbecken zu inspizieren. Ja, die Benutzung des Badezimmers auf Partys war heiß begehrt. Ich konnte von Glück reden, dass ich nur zwanzig Minuten hatte anstehen müssen.

Ich warf einen Blick in die Kommode und schloss sie wieder mit hochrotem Kopf, als ich ein Fach voller Kondompackungen entdeckte, die ganz bestimmt nicht für meine Augen bestimmt waren. Subtilität stand in diesem Haushalt wohl nicht unbedingt auf der Tagesordnung. Zugegeben, es war nicht gerade die feine englische Art, in anderen Schubladen zu schnüffeln. Aber zu meiner Verteidigung war ich sicherlich nicht die Einzige auf dieser Party, die die Schränke im Bad nach Hygieneartikel durchsuchte. Das großzügige Kondomsortiment sprach da für sich.

Ich setzte meine Suche fort. Irgendwo musste doch ein Handtuch oder zumindest ein einigermaßen annehmbares Parfüm stehen! Ohne große Erwartungen öffnete die nächste Schublade und schloss sie fluchend wieder, als ich auf drei Flaschen Gleitgel stieß. Bewahrte man solche Dinge nicht für gewöhnlich in der Nachttischschublade auf oder so? Widerwillig griff ich nach der letzten Schublade, als plötzlich das Klingeln meines Smartphones einen eingehenden Anruf ankündigte.

Irritiert ließ ich von der letzten Schublade ab, deren Geheimnis nicht zu lüften womöglich kein Verlust war, und griff nach meinem iPhone, das ich neben dem Waschbecken abgelegt hatte.

Julian Wright

Im Bruchteil einer Sekunde erhob sich eine Armee von Schmetterlingen in meinem Bauch und mein Herz geriet gefährlich ins Stolpern. Julian rief mich an. Spät abends - nein, mitten in der Nacht, schließlich war es bereits kurz nach ein Uhr.

Mein Puls schoss rapide in die Höhe und ohne groß darüber nachzudenken, nahm ich den Anruf sofort entgegen.

»Hallo?«, ich klang aufgeregt. Atemlos. Vorfreudig.

»Hallo zurück«, ertönte seine tiefe, vertraute Stimme vom anderen Ende der Leitung. Sie jagte mir einen Schauer über den Rücken und ließ mich sogleich an die schmutzigen Worte denken, die er mir noch vor ein paar Stunden ins Ohr geraunt hatte. Daran, was er mit mir angestellt hatte.

Mitten in der Bibliothek.

Sofort reagierte mein Körper auf diese Erinnerungen. Verdammt, es war wirklich ein Verbrechen eine solche Stimme zu besitzen. Sie sollte definitiv verboten werden!

»Julian, hey«, erwiderte ich ungeschickt und kam mir plötzlich total blöd vor. Ich räusperte mich, verlegen um eine feste Stimme. »Wieso rufst du so spät noch an? Ist alles in Ordnung?«

Kurzes Schweigen, dann:

»Wie ist die Party?«

»Die Party ist-«, ich hielt verdutzt inne. »Woher weißt du, dass ich auf einer Party bin?«

»In Anbetracht der Tatsache, dass dein Social Media voll ist mit Bildern und Videos der DEKE Verbindung, war das nicht schwierig zu erraten«, erwiderte er trocken.

His HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt