Kapitel 19

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Julian hatte mir befohlen, als Erste zu unserem Arbeitsplatz zurückzukehren. Ich protestierte zunächst und erklärte, dass man mir sicherlich direkt ansah, was wir soeben getrieben hatten. Als er vielsagend eine Braue hob, an sich herab deutete, ich seine ausgebeulte Jeans entdeckte und meine Augen groß wurden, gab ich mich geschlagen. Scham ließ meine Wangen glühen. Vor Ungläubigkeit. Aber auch vor Verlangen. Okay, Julian hatte definitiv gewonnen.

Benommen wandte ich mich von ihm ab, hob mit zitternden Händen das Buch vom Boden auf, das ich im Eifer des Gefechts hatte fallen lassen und trottete mit Knie so weich wie Butter zurück zu unserem Arbeitsplatz.

Erleichtert stellte ich fest, dass die anderen beiden Studenten die Bibliothek wohl verlassen hatten. Sogleich verwandelte meine Erleichterung sich jedoch in Panik. Sie waren doch nicht etwa gegangen, weil sie uns gehört hatten? Nein, wenn sie irgendetwas mitbekommen hätten, wären sie doch sicherlich nachschauen gekommen, oder? Schließlich waren Studenten nicht an Neugierde zu überbieten und immer auf der Suche nach dem nächsten heißen College Skandal.

Unbehagen macht sich in mir breit, als ich mich an unserem Tisch niederließ und versuchte, mein tobendes Herz zu beruhigen. Emotionen wüteten in mir, wie ein heftiger Sturm, der sich nicht beruhigen ließ. Nach allem, was soeben geschehen war, was Julian mir gesagt hatte, war ich mir absolut sicher, dass jegliche romantische Gefühle für Daphne der Vergangenheit angehörten.

Ich werde es dir jetzt nur ein einziges Mal sagen, Laney. Ich will nicht dein Freund sein. Ich will mehr. Ich will alles. Ich will die Luft sein, die du atmest. Ich will der Boden sein, auf dem du gehst und ich will die Person sein, neben der du Nacht für Nacht einschläfst. Ich will dir die Welt zu Füßen legen und dir jeden Wunsch von den Augen ablesen. Ich will derjenige sein, der dich mit einem einzigen Blick in einem überfüllten Vorlesungsaal in den Wahnsinn treibt, weil du an nichts anderes mehr denken kannst, als an das Gefühl, wenn ich in dir bin und dich zum Kommen bringe. Und ich will derjenige sein, ohne den du nicht mehr leben kannst. Derjenige, der dein Herz besitzt, ganz gleich ob es dieses ist, das in deiner Brust schlägt oder ein anderes. Es soll mir gehören. Ich möchte alles von dir. Deinen Körper und deine Seele.

Noch nie in meinem Leben hatte mir jemand ein solches Geständnis gemacht. Zwar hatte Julian nicht die drei magischen Worte benutzt, aber das war auch gar nicht notwendig gewesen. Er hatte alles gesagt was es zu sagen gab, um mich vollends davon zu überzeugen, dass Daphne nur noch eine blasse Erinnerung war. Ein Teil seiner Vergangenheit. Eine Frau, für die er nichts mehr empfand.

Ich nahm einen tiefen Atemzug. Ich fühlte mich völlig benommen. Berauscht. Konnte nicht fassen, was wir soeben getan hatten. Mitten in der Universität. Auch wenn unser Handeln an Unvernunft kaum zu überbieten war, konnte ich nicht verhindern, dass sich ein Grinsen auf meine Lippen schlich. Ich fühlte mich so lebendig, wie schon lange nicht mehr und ich liebte dieses Gefühl. Nein, ich liebte es, was Julian mich fühlen ließ - ich liebte ihn.

Just in diesem Moment wurde ein Stuhl neben mir zurückgeschoben. Ich drehte mich um und blickte geradewegs in sein Gesicht.

Mein gesamter Körper reagierte auf sein Erscheinen, als wäre er immer noch nicht darüber hinweg, was Julian wenige Sekunden zuvor mit ihm angestellt hatte. Als sehnte er sich nach mehr. Blut rauschte durch meine Adern, heiß und schnell. Ich hörte das Pochen meines Herzschlags in meinem eigenen Kopf widerhallen.

Er ließ sich auf den Stuhl neben mir sinken und schenkte mir ein verwegenes Lächeln. Ein Lächeln, das mich augenblicklich vergessen ließ, dass wir uns in der Öffentlichkeit befanden, auch wenn sich außer uns niemand mehr in diesem Bereich der Bibliothek aufhielt.

His HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt