Kapitel 13

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Songempfehlung: Ruelle - The Other Side

Nachdem ich mir nun schon zum zweiten Mal an diesem Tag - oder besser gesagt zum zweiten Mal in den letzten vierundzwanzig Stunden - einen Uber gerufen hatte, nannte ich dem Fahrer Julians Adresse. Die Universitätsgebäuden zogen nur so an mir vorbei, ohne das ich irgendetwas davon wirklich wahrnahm. Ich war viel zu aufgeregt.

Als wir in die Livingston Street einbogen und vor dem großen in Grau gestrichenen Haus hielten, war mein Puls sicherlich schon bei satten hundertachtzig Schlägen pro Minute. Es war Monate her, seit ich zum letzten Mal hier gewesen war.

Ich stieg aus.

Julians Pick-Up stand in der Auffahrt, was wohl bedeutete, dass er schon Zuhause sein musste. Wobei schon relativ war, immerhin war es bereits spät in der Nacht und ich bezweifelte, dass in Julian ein ausgehungerter Partylöwe schlummerte, der mit seinen Studenten bis in die frühen Morgenstunden den First Year Prom zelebrierte.

Aus den Fenstern drang kein Licht mehr. Ob er bereits schlief? Beim Gedanken daran ihn wachzuklingeln, überkam mich kurz der Anflug eines schlechten Gewissens, aber ich verdrängte es sogleich wieder. Stattdessen lief ich durch den Vorgarten über den schmalen, gepflasterten vom Frost gefrorenen Pfad hinauf zur Veranda und mit jedem Schritt schien sich mein anfänglicher Mut mehr und mehr zu verflüchtigen. Der Tatendrang schwand und machte purem Adrenalin und Furcht Platz.

Hastig stieg ich die Stufen hoch, die hinauf zur Veranda und zu einer Haustür aus Fichtenholz führten. Davor blieb ich unschlüssig stehen. Mein Blick wanderte zu dem kleinen, goldenen Namensschild über der Klingel.

Wright.

Panik und Nervosität begannen mich zu erfüllen und mich überkamen Zweifel. Bevor ich ihnen jedoch erlaubte, ihre Krallen in mich zu schlagen oder ich noch einen Rückzieher machen konnte, hob ich die Hand und klingelte.

Sofort erklang lautes Hundegebell, das sich der Haustür näherte.

Sam.

Vorfreude überfiel mich. Oh wie hatte ich die Hündin doch vermisst! Es waren drei Monate her, seit ich sie zum letzten Mal zu Gesicht bekommen hatte.

Ich wartete eine geschlagene Minute, bis plötzlich Licht im Innern des Hauses aufleuchtete und durch die Verglasung rechts und links neben der Haustür fiel. Ich meinte sogar näherkommende Schritte zu hören.

Dann wurde die Haustür geöffnet - und vor mir stand Julian. In all seiner Pracht.

Er trug eine grau-schwarz karierte Schlafhose, die ihm locker auf der Hüfte saß und... ansonsten nichts. Überhaupt nichts. Weniger als Nichts. Meine Augen blieben förmlich kleben an den breiten Schultern, der definierten Brust und den wohlgeformten Bauchmuskeln. Sein nackter Oberkörper, der wie in Stein gemeißelt schien, starrte mir entgegen und sorgte dafür, dass meine Wangen so rot wie eine gottverdammte Tomate wurden. Sein Körper war eine Sünde. Eine verbotene Frucht. Gottesgleich und anbetungswürdig. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich hatte mit vielem gerechnet - dass er nicht Zuhause war, dass er mir nicht öffnen würde, weil er schlief oder sogar dass Daphne hier sein würde. Aber damit hatte ich definitiv nicht gerechnet. Obwohl es nicht einmal abwegig war, denn wie ich bereits erfahrungsgemäß wusste, schlief Julian stets recht... spärlich bekleidet. Ein Wunder, dass er überhaupt eine Schlafhose trug. Oder hatte er sie noch hastig übergezogen, um einigermaßen ansehnlich die Haustür öffnen zu können? Der Gedanke trieb mir wieder die Röte ins Gesicht.

»Laney?«, Julians rauer, verschlafener Tonfall sorgte dafür, dass ich mich von seinem überaus vereinnahmenden, nackten Oberkörper losriss und meine Aufmerksamkeit auf sein Gesicht richtete - ganz so, wie es sich gehörte.

His HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt