Kapitel 18

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Songempfehlung: Tate McRae - Cut my hair

Ich schlenderte neben Reya durch das überfüllte Café, während wir uns einen leeren Platz suchten. Reya ließ sich mir gegenüber auf einen Stuhl fallen und begann lustlos an ihrem Blaubeermuffin zu knabbern.

Das schwarze Haar trug heute sie in einem hohen Zopf, der ihr schlankes Gesicht mit den puppenhaften Zügen perfekt zur Geltung brachte. Doch die Ringe unter ihren Augen sprachen Bände und waren Zeuge, dass es ihr alles andere als gut ging. Sie verhielt sich ungewöhnlich still, hatte ganze zehn Pfund abgenommen und schien nur noch ein Schatten ihrer selbst zu sein. Ich machte mir aufrichtige Sorgen, aber Reya ließ niemanden an sich heran. Sie erzählte kein Sterbenswörtchen und schloss alles und jeden aus. Selbst Charlottes Versuche, zu ihr durchzudringen, verliefen im Sand - und Charlotte besaß mit ihrer mitfühlenden, gutherzigen Art wirklich ein Händchen dafür, anderen Leuten Dinge zu entlocken. Doch keine Chance. Reya machte dicht.

Seit dem Ball war sie wie ausgewechselt.

»Wie liefen deine Prüfungen?«, erkundigte ich mich, in der Hoffnung sie zu einem Gespräch zu animieren, und nahm ebenfalls einen großen Bissen von meinem CupCake. Mom würde mich lynchen, wenn sie wüsste, wie ungesund ich mich in letzter Zeit ernährte.

»Gut«, erwiderte Reya knapp, ohne mich dabei anzusehen. »Und deine?«

»Auch gut«, ich nickte.

Reya rang sich ein halbherziges Lächeln ab, ehe sie ihre stumpfen Augen wieder auf das Essen vor sich richtete, als wäre es ein Teller voll Sand und keine überzuckerte Süßspeise. Voller Sorge beobachtete ich sie und fragte mich ein weiteres Mal, was ich tun könnte, um ihr zu helfen.

»Hey, hast du Lust morgen Abend mit Yuki und mir ins Kino zu gehen? Da läuft dieser neue Action Film, den Yuki sich unbedingt anschauen möchte. Ren wollte wohl mit Yuki ins Kino und sie versucht ihm seit dem Ball mal wieder aus dem Weg zu gehen«, ich grinste und wackelte vielsagend mit den Brauen. Yuki und Ren waren ein Mysterium, das ich noch nicht gelöst hatte. Keiner von uns begriff so richtig, was zwischen den beiden lief, was wohl auch der Tatsache geschuldet war, dass Yuki ein riesengroßes Geheimnis daraus machte. Jeglichen Fragen darüber, ob sie sich denn nun auf dem Ball näher gekommen waren, beantwortete sie mit unerschütterlichem Schweigen. Auffällig war jedoch, dass sich ihre Zuneigung Ren gegenüber mal wieder in Luft aufgelöst zu haben schien. Es hatte eine halbe Ewigkeit gedauert, bis Caya und ich die Information - dass Ren mit ihr ins Kino hatte gehen wollen - aus Yuki herausgekitzelt bekamen. Tja, sie war und blieb wohl eine harte Nuss.

Genau wie Reya.

Ich war mir absolut sicher, dass die jüngsten Entwicklungen zwischen Yuki und Ren Neugierde in Reya wecken würde, weshalb ich es bewusst erwähnte. Schließlich liebte Reya Klatsch und Tratsch und interessierte sich viel mehr für das Liebesleben ihrer Freundinnen, statt für ihr eigenes. Doch weit gefehlt dieses Mal.

»Klar. Klingt gut«, erwiderte sie und blickte nicht einmal in meine Richtung. Der emotionslose Klang ihrer Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken.

Ich setzte gerade zu einer Erwiderung an, als Reyas Blick an mir vorbei glitt. Sofort versteinerte sie und jeder Muskel ihres Körpers war zum Zerreißen gespannt. Der leere Ausdruck, der schon seit Wochen ihr Gesicht beherrschte, verrutschte für einen kurzen Moment.

Verwirrt zog ich die Brauen zu einer schmalen Linie zusammen, ehe ich mich umdrehte und über meine Schulter blickte, um zu erfahren, was sie so sehr aus der Fassung brachte. Fast sofort entdeckte ich Jesse, der unmittelbar an unserem Tisch vorbei lief. Sein Blick zuckte nur kurz in unsere Richtung. Als er Reya entdeckte, veränderte sich etwas in seinem Gesicht. Es wurde grimmig, als hätte er auf eine saure Zitrone gebissen.

His HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt