Kapitel 66

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--- Yuki ---

Yuki hatte sich schlafen gelegt, doch sie hatte nicht geschlafen. Stattdessen beobachtete sie, wie die Sterne erst heller, dann dunkler wurden bis sich ein Hauch von Sonne am Horizont ankündigte. Den neuen Tag einläutete. Immer mal wieder war Yuki eingedöst nur um ein Gesicht vor sich zu sehen und wieder aus der Müdigkeit zu schrecken. So sah sie, wie die Decke immer heller wurde und richtete sich auf, als die Sonne den Horizont überwunden hatte. Es gab ihr Halt, als sie einfach in ergebener Routine ihr Morgentraining abarbeitete. Es gefiel ihr. Es fühlte sich fast wie Strafe an, weil die Müdigkeit alles schwerer machte. Ihre Muskeln waren steif, ihr Kopf träge und ihre Konzentration fern. Trotzdem machte sie weiter, bis sie alles hinter sich gebracht hatte. Dann drehte sich ihr Kopf zur Tür. Es war als lag dort hinter ein Schlachtfeld, das sie nicht betreten wollte. Sie zögerte länger als nötig, bis sie ein Geräusch hörte. Ihre Augen weiteten sich, weil es ihr bis jetzt nicht aufgefallen war. Jemand war in der Wohnung und dieser Jemand konnte nur Kakashi sein. Er war nicht fort? Er war hier? Diese Überraschung vertrieb für einen Moment die Schwere ihrer Gedanken. Sie öffnete die Tür und trat neugierig zur Küche und tatsächlich. Kakashi machte sich gerade grünen Tee. Eine Brottüte stand auf dem Tisch. Eine, die Yuki sonst immer mit in die Schule nahm um Naruto und Sasuke Brötchen mitzubringen. Die mit Bohnenmus. Manchmal mit anderer Füllung. Wollte Kakashi, das sie doch zur Schule ging? „Yo." Kurz sah er über die Schulter und Yuki zu ihm zurück. „Yo." Antwortete sie verwirrt. Es war selten, das sie Kakashi morgens zu Gesicht bekam. War er wegen gestern hier? Wollte er sicher gehen, das sie ihr Frühstück aß so wie sie die Nudelsuppe hatte Essen sollen? „Keine Sorge. Die Brötchen sind für das Training heute. Nicht für deine Freunde." Sagte Kakashi, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Sofort war sie erleichtert. Sie wollte keinen der anderen sehen. Sie wollte einfach nur alles vergessen und trainieren. „Heute ist Dienstag." Erkannte Yuki und Kakashi nickte. „Wir werden heute und morgen trainieren, dann gehst du wieder zur Schule." Zwei Tage Gnadenfrist hatte sie also erhalten. Zwei Tage um sich ihren Problemen zu stellen. Um sich Kiba zu stellen. Sie wollte noch immer nicht und es war nicht leichter geworden. Die schlaflose Nacht hatte es bewiesen. „Iss was." Forderte Kakashi und sie nickte und trat zum Tisch. Griff nach einem Brötchen und setzte sich. Sie verspürte keinen Hunger, trotzdem biss sie in ihr Frühstück hinein. Aß stillschweigend, während sie zwanghaft versuchte an nichts zu denken. So blieb ihr Frühstück ruhig, ehe Kakashi aufstand und sie zusammen alles wegräumten. Die Küche aufräumten, bis es nichts mehr zu tun gab. „Na komm. Gehen wir." Kakashi drehte ab und zielte auf die Wohnungstür und Yuki folgte ihm artig. Sie verließen das Haus und liefen durch die lebhafte Stadt. Überall befürchtete Yuki auf ihre Klassenkameraden zu treffen. Doch sie hatten Schule und niemand war unterwegs, den sie kannte. So erreichten sie ungestört den ruhigen Trainingsplatz auf dem sie regelmäßig mit Kakashi trainierte. „Wir fangen heute mit Werftraining an." Werftraining so früh am Tag? Meistens warf sie erst, wenn ihr Chakra am Ende war. Einfach nur um in Übung zu bleiben. Sie dachte sich nichts dabei, als sie sich aufstellte. Hinterfragte es nicht. Stattdessen zog sie einen Kunai hervor und hob ihn an. Sie wollte schon werfen, als ihr diese Bewegung eine Erinnerung hervorrief. Kiba. Es war also konnte sie sein Gesicht in dem Baum wiedererkennen. Sofort stockte sie und starrte auf den Baum. Das Bild verschwand. Das Holz wurde wieder Realität für sie, doch das Gefühl blieb. „Werf." Forderte Kakashi und Yukis Hand begann zu zittern. >Werf.< >Wir oder er.< Sie spürte wieder wie Tränen sich aus ihrem Inneren hervorkämpften, als sie den Kunai sinken ließ. Nicht warf, obwohl es ihr befohlen worden war. „Vertrau mir. Du musst werfen." Sie sah auf. Zu Kakashi herüber. Er wirkte nicht wütend das sie nicht warf. Er wirkte traurig. So unglaublich traurig. >Wir oder er.< Ihre Augen fanden wieder das Holz des Baumes. „Er steht nicht dort." Erklang es einfühlsam von ihrem Ziehvater. Er stand nicht dort. Es stimmte. Dort war einfach nur ein Baum. Kein Kiba. Doch er hätte dort sein können und sie würde werfen, wenn man sie dazu brachte. Tapfer hob sie die Hand. „Denk daran. Ich werde es niemals von dir verlangen und du bereust es. Ich bin davon überzeugt. Du würdest es kein zweites Mal." Kein zweites Mal. Er klang überzeugter, als sie sich fühlte. Sie konnte das nicht glauben. Im Grunde war sie überzeugt das sie noch immer werfen würde. Doch sie wollte sich nie wieder so fühlen wie jetzt. So voller Scham und Schuld. Von sich selbst entsetzt. Einige Dinge wurden ihr langsam bewusst. Wie oft sie bereit war ohne Verluste ihre Befehle zu erfüllen. Mit Sai. Auch ihn hätte sie schon ein paar Mal getötet, wäre Kakashi nicht dazwischen gegangen. Die Konsequenzen ihrer Showkämpfe waren ihr nicht bewusst gewesen. Sie hatte einfach alles gegeben. Ihre Waffen gezückt und war bereit bis ans Äußerste zu gehen. Sie hätte ihn getötet ohne eine Träne zu verlieren. Kinder wie Sai, der diesen Grauhaarigen bei sich hatte. Ihm vielleicht etwas bedeutete. „Er ist nicht dort." Wiederholte Kakashi seine Worte und endlich hob sie die Hand und warf. Es war ein fürchterlicher Wurf. Er ging einfach am Baum vorbei und landete im Busch. Ihre sonst perfekte Treffsicherheit litt unter ihren seelischen Schmerzen. „Noch einmal." Sie nickte und zog den nächsten Kunai hervor. Sie verstand, was sie tun sollte. Wirf, bis du dich beruhigt hast. Bis es nicht mehr weh tut. Und sie warf. Immer und immer wieder, doch es dauerte den halben Tag, bis sie dort kein Gesicht mehr sah und ihre Konzentration langsam zurück kehrte.


Falling Snow - Einer von Allen || NarutoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt