Low Battery

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Es ist ziemlich spät als die Wohnungstür aufgeht und Lena endlich nach Hause kommt. „ Hallo Schatz", sage ich leise und schaue in ihr müdes Gesicht. Lena lächelt und küsst mich sanft. „ Wie war die Aufzeichnung heute?", frage ich leise. Lena seufzt und murmelt: „ Gut, ich...hätte nur gerne gewonnen." An ihrem Tonfall merke ich direkt, dass sie tatsächlich genervt ist deswegen und entscheide sie nicht weiter darauf anzusprechen. „ Schläft Jonas?", fragt Lena auf dem Weg ins Schlafzimmer. Ich nicke und antworte: „ Ja er war schon so müde. Er wollte gerne auf dich warten und hat dich wirklich vermisst heute."

Lena senkt den Kopf und öffnet die Tür zum Schlafzimmer. Heute scheint wieder einer dieser Tage zu sein, an denen sie sehr reizbar und emotional ist. Im Schlafzimmer angekommen zieht Lena sich aus, holt sich einen Schlafanzug aus dem Schrank und legt sich ins Bett. „ Schatz? Magst du dich nicht abschminken?", frage ich leise. Ihr Kopfschütteln und die Tatsache, dass sie einen Schlafanzug angezogen hat, was sie sonst selten tut, zeigen mir, dass sie sich jetzt nur noch verkriechen möchte.
Ich lege mich zu ihr und streichle sanft ihren Rücken. Sie liegt auf der Seite und langsam beruhigt sich ihre Atmung. „ Kannst du morgen Jonas fertig machen? Ich...brauche ein bisschen Zeit für mich", fragt Lena ganz leise. Ich seufze leise und flüstere: „ Kann ich irgendwas tun?". Ich weiß wie viel ihr allein dieses Angebot bringt und was das in ihr auslöst. „ Ich mache morgen Jonas fertig und du schläfst mal aus ok?", biete ich ihr an. Lena schluckt schwer und drückt sich an mich. Ich sage lieber nicht mehr und gebe ihr einen Kuss auf den Kopf. Dann lege ich mich bequem hin und versuche zu schlafen, was mir relativ zügig auch gelingt.

Am nächsten Morgen klingelt um 7 Uhr mein Wecker. Schnell schalte ich ihn aus, damit Lena weiterschlafen kann. Sie dreht sich auf die andere Seite und schläft weiter. Leise stehe ich auf und verlasse das Schlafzimmer. Durch den Flur laufe ich zum Zimmer unseres Sohnes. Als ich die Tür öffne grinst er mir bereits in seinem Gitterbettchen sitzend entgegen. „ Papa", quäkt er grinsend. Ich hebe ihn aus dem Bett auf meinen Arm. „ Guten Morgen, mein Schatz. Wir gehen jetzt mal frühstücken ok?", sage ich auf dem Weg in die Küche. „ Mama wach?", fragt er. Ich schüttele den Kopf. Ich trage den kleinen Kerl in die Küche und setze ihn dort schonmal in seinen Hochstuhl. „ Magst du Müsli haben?", frage ich und hole schonmal die Schüssel aus dem Schrank. Jonas guckt in Richtung Flur und sagt: „ Mama auch frühstücken. Mama gestern schon weg." Ich seufze leise. Gerade beginnt anscheinend die Zeit, in der er immer deutlicher mitbekommt, wie viel wir teilweise unterwegs sind. „ Weißt du die Mama ist ganz müde. Später könnt ihr zusammen etwas machen ok? Also, Müsli?", erkläre ich. Jonas nickt und isst wenig später zufrieden sein Müsli.

Nachdem ich Jonas zu der Tagesmutter gefahren habe, wo er aktuell drei Vormittage pro Woche verbringt, gehe ich extra leise wieder in Richtung Schlafzimmer. Als ich die Tür öffne sehe ich, dass Lena mittlerweile wach ist. „ Hey Schatz", sage ich beim Betreten des Raumes. Sie legt ihr Handy weg und schaut mich müde an. Ihr Gesicht ist schon wieder so erschöpft und leer wie in letzter Zeit immer öfter. Ich seufze leise und murmele: „ Geht's dir einigermaßen gut?". Lena seufzt und antwortet: „ Ich bin sehr müde und...aktuell überfordert mich alles. Ich kann nicht so abschalten, wie es glaube ich nötig wäre und meine fehlende Energie fällt immer mehr Leuten auf. Genau das, was ich nicht wollte, aber ich kann es nicht ändern. Hat Jonas nach mir gefragt?". Ich nicke. „ Ja, hat er. Er wollte mit dir frühstücken, weil du gestern schon weg warst", antworte ich. Sofort tauchen die Stressfalten in ihrem Gesicht wieder auf. „ Ich kann das gerade nicht. Ich habe so viel Verantwortung für...für mich, für Jonas, für uns, für...mein Team, die ganzen Fans, A lot less...das ist zu viel", erklärt sie und schluckt. Ich streichle sanft ihren Rücken und massiere sie ein wenig dabei. Ich schaue ihr kurz in die Augen und sage dann: „ Du weißt ich unterstütze dich bei allem, was du tust, damit es dir besser geht. Wir müssen irgendwo anfangen. Das kann so kein Dauerzustand sein. Das letzte Jahr sollte uns das eigentlich gezeigt haben."

Das letzte Jahr war für uns als Familie sehr schwierig. Lena musste erstmal lernen, wie sich Beruf und Familie vereinbaren lassen und hatte viel Stress. Dadurch war sie oft sehr traurig und es hat Monate gedauert, bis sie wieder lachen konnte und einen Tel ihrer Leichtigkeit zurückgewonnen hatte.
Diese Zeit war auch für mich und Jonas keine leichte und ich möchte ungern dahin zurück.

Lena sitzt angelehnt an das Kopfteil des Bettes da und schaut aus dem Fenster. Ich streichle sanft ihre Oberschenkel und versuche ein bisschen Ruhe auf sie zu übertragen. Sie wirkt zwar ruhig, aber ich weiß, wenn sie so ist, kämpft sie innerlich.

Lena One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt