22. Hoffnung

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Es dauerte lange bis ich in dieser Nacht einschlief. Jody lag nur wenige Zentimeter entfernt von mir. Die Gesamtsituation brachte mein Herz zum Rasen, jedoch nicht im negativen Sinn. Es fühlte sich eher wie ein Nervenkitzel an, etwas Verbotenes, was mich zugleich reizte.

Ich konnte meinen Blick nicht von Jody abwenden. Im Schlaf wirkte sie so viel jünger, als würde sie dadurch temporär den Frieden finden, den ihre Augen so sehnsüchtig beim Abendessen suchten.
Was war nur geschehen, dass sie jetzt so rastlos geworden ist?

Bevor ich jedoch wieder in einem endlosen Loch aus Fragen versank, sah ich, wie Jody sich bewegte. Schnell schloss ich die Augen und tat so als würde ich schlafen. Doch ein amüsiertes Schnaufen kam aus der Richtung wo sie lag. Verdammt.

Der nächste Morgen brach früh herein. Obwohl ich von Geräuschen in der Küche geweckt wurde, fühlte ich mich ausgeschlafen, mein Rücken schmerzte ebenfalls nicht. Neugierig lief ich die Treppe herunter, um Jody vor dem Ofen zu finden. Sie bereitete gerade Rührei zu. „Gut das du wach bist, wir müssen gleich los."

Ich wusste nicht wohin wir mussten, aber ich fragte auch nicht nach. Sie wirkte angespannter als gestern Abend, weswegen ich sie nicht zusätzlich mit meinen nervigen Fragen belasten wollte.

Das Rührei war genau richtig für eine kleine Stärkung.
Wenig später verließen wir bereits Jodys Haus, meinen Umhang musste ich heute ebenfalls tragen. Die Kapuze hing mir tief ins Gesicht. Es dauerte ein wenig länger als gestern, bis wir auf ebenen Boden trafen. Doch als ich die selben Steinplatten unter meinen Schuhen wahrnahm, wusste ich der Weg würde uns zurück zum Stadtzentrum führen.

Ich sah zwar keine Menschen, konnte sie dafür aber um so besser hören. Ein unverständliches Gewirr aus Flüstern und Murmeln brach herein, als Jody mit mir den Marktplatz betrat.
Wir blieben wenig später vor einer Tür stehen. Die Blicke der neugierigen Menschenmasse konnte ich regelrecht in meinem Nacken spüren.

Dankbar lief ich in das Gebäude, als Jody mir die Tür aufhielt. Ich wollte schon meine Kapuze abziehen, als mir Jody dazwischenkam. Sie fasste meinen Arm mit einem kräftigen Griff. „Noch nicht. Zieh deine Kapuze erst ab, wenn du dazu aufgefordert wirst."
Die Dringlichkeit in ihrem Tonfall war nicht zu überhören.
Sie lockerte ihren Griff ein wenig, löste ihn jedoch nicht direkt. Erst als ich mit einem Nicken zeigte, dass ich verstanden hatte, gab sie meinen Arm wieder frei.

Die Stelle an der sie meinen Arm berührte, spürte ich noch immer, als wir durch einen Flur eine schwere doppelflüglige Tür passierten und einen weiteren, vermutlich größeren Raum betraten.

Als die Tür in das Schloss fiel verstummten lauter Stimmen, die noch zuvor in angeregte Gespräche vertieft waren. Zugern hätte ich meine Kapuze abgezogen, um ein Gefühl für die Situation zu bekommen, doch ich sah lediglich den hölzernen Boden unter mir.

Jody legte eine Hand auf meine Schulter und navigierte mich so durch Sitzreihen, wie ich zu meiner Überraschung feststellte. Als wir zum Stehen kam, ergriff eine tiefe männliche Stimme das Wort.

„Sprich goldener Schatten."
Ich konnte spüren, wie Jody eine leichte Verneigung durchzog und mich geschickt ebenfalls dazu anwies.
„Eure Hoheit, verzeihen sie die Störung. Ich komme mit einem dringenden Anliegen zu Ihnen."

Jody hat doch einen König? Jemand dem sie sich unterordnen musste?
„Sprich."
In dem Saal war es so ruhig, dass ich beinahe vergaß wieviele unterschiedliche Stimmen ich zuvor vernahm. Jedoch brauchte es nur einen Satz, um die anfängliche aufgeheizte Stimmung wieder herzustellen.
„Neben mir steht die Hoffnung von Zitan."

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Ich schaffe es leider doch nicht jetzt auch noch ein Kapitel zu „Weihnachtsflocken" hochzuladen. Aber passend zu Weihnachten werde ich heute definitiv daran weiterarbeiten :)

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