Honestly (Felix Lobrecht) (Heavenly #2)

Kapitel 7

Obwohl wir uns ausgesprochen haben, lässt das Thema mich an den darauffolgenden Tagen noch nicht wirklich los. Einerseits bin ich froh darüber, dass wir es sofort klären konnten und ich bin auch stolz auf mich, dass ich meine Sorgen nicht in mich reingefressen, sondern direkt klar angesprochen habe, aber andererseits komme ich nicht umhin, mich zu fragen, was er mir eventuell sonst noch verheimlicht.
Allerdings kann man auch nicht unbedingt immer direkt von „verheimlichen" sprechen, nur, weil man nicht jedes einzelne Detail aus der Vergangenheit haargenau auspackt.
Wir kennen uns seit Februar. Seit Mai sind wir ein Paar. Jetzt ist Oktober und wir steuern mit großen Schritten auf den November zu. Wir kennen uns also gerade mal seit 9 Monaten. Dass man in der Zeit nicht alles besprechen kann, was in den 35 Jahren davor passiert ist, ist komplett einleuchtend.
Und es ist 7 Jahre her. Oder 8. So genau werde ich das wahrscheinlich nicht erfahren und ich will es eigentlich auch nicht wissen. Fast bereue ich sogar die Frage, wie oft er seine Ex betrogen hat, denn wahrscheinlich ist es ihm mittlerweile selbst unangenehm. Da sollte ich mit meinem unstillbaren Drang, alles ganz genau wissen zu wollen, nicht noch Öl ins Feuer gießen.
Noch am selben Abend habe ich Sophie eine Nachricht geschrieben.

Maddie: Wir haben geredet, es ist alles okay - wirklich. Gibt keinen Grund, dass du dich schlecht fühlen musst, echt nicht. 😘

Aus ihrer Antwort konnte ich die Erleichterung beinahe heraustropfen hören.

Sophie: Puh, dann bin ich froh! Aber trotzdem sag ich's nochmal: es tut mir leid. Ich schreibe Felix gleich auch noch. Habt noch einen schönen Abend! 🩷

Maddie: Werden wir 🙃😏

Sophie: 😂 Ihgitt!!!

Doch meine Emoji-Wahl hat sich schlussendlich nicht bewahrheitet. An dem Abend ist nichts mehr gelaufen und auch an den darauffolgenden Abenden nicht. Jedes Mal war entweder er oder ich zu müde dafür.
Eigentlich stört es mich auch nicht wirklich. Ich finde Sex in der Beziehung zwar wichtig, aber es bringt mich auch nicht um, wenn es mal Phasen gibt, wo es weniger wird. Im Gegenteil - das beweist mir nur, dass wir uns wirklich lieben und er mich nicht nur wegen meines Körpers attraktiv findet. Die Momente, in denen man nebeneinander auf der Couch sitzt und fernsieht, sich zur Begrüßung oder zur Verabschiedung umarmt und küsst oder abends nebeneinander einschläft - das sind die, die wirklich zählen.
Nicht die, in denen man sich die Klamotten vom Leib reißt. Die sind schon auch wichtig, klar. Aber es sind nicht die, worauf es bei einer gesunden Beziehung ankommt.
Zumindest versuche ich, mir das einzureden.

Es vergehen zwei Wochen und mit jedem vergehenden Tag hoffe ich mehr, dass es heute Abend soweit ist. Dass heute der Tag ist, an dem seine Lust sich mit meiner Lust überschneidet.
Mittlerweile ist es fast Mitte November und seit ein paar Tagen stehen die Daten und Städte für seine neue Tour fest. Kurz vor Weihnachten sollen die Karten in den Verkauf gehen. Dementsprechend arbeitet Felix momentan am Anschlag. Wenn ich gehofft habe, dass es ruhiger wird, sobald die Termine feststehen, dann habe ich mich ganz klar getäuscht.
Jetzt geht es erst richtig los.
Jeden Tag hat er irgendwelche Termine mit Veranstaltern, ist stundenlang am Telefon oder muss spontan ins Büro. Manchmal sogar so spontan, dass wir gerade ins Bett gehen wollen und er genau dann er einen Anruf bekommt, dass er noch schnell vorbeikommen soll.
Natürlich komme ich dann nicht mit. Auch, wenn Felix mich immer wieder fragt und auch nicht müde wird, das zu tun - wenn ich einmal meinen Pyjama angezogen habe, muss viel passieren, damit ich mich nochmal umziehe und rausgehe.
Ein Anruf von seiner Crew reicht dafür bei weitem nicht.
Die meisten seiner Mitarbeiter*innen habe ich schon kennengelernt, allerdings haben wir uns bisher nur 2-3 mal gesehen und dabei bin ich nicht wirklich mit jemandem ins Gespräch gekommen. Mein sozialer Anker in Berlin beruht sich auf Sophie und ihre Mädelsclique, die mich von Anfang an herzlich bei sich aufgenommen haben.
Deshalb wird es eigentlich höchste Zeit, dass ich Felix' Angebot annehme und ihn ins Büro begleite, aber bisher ist es noch nicht dazu gekommen.
Bald, sage ich mir immer wieder. Spätestens bei der großen Standup 44-Weihnachtsfeier.
Bisher waren dabei nie die Partner und Partnerinnen eingeladen gewesen, aber seit der Chef persönlich vergeben ist, herrschen andere Regeln.