Als Felix nach einer halben Ewigkeit aufsteht, um auf Toilette zu gehen, öffne ich ungefragt seinen Kleiderschrank. Schließlich brauche ich irgendwas, das ich zum Schlafen anziehen kann.
Zum Glück hatte ich den Großteil meiner Klamotten hier gelassen. Nach kurzem überlegen entscheide ich mich für mein ausgewaschenes Paramore-T-Shirt - es ist dasselbe, das ich vor Ewigkeiten zu meinem ersten Keramik-Kurs angezogen habe - und eine Jogginghose von Felix.
Fast habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich noch eine seiner Hosen in Beschlag nehme. Zwei davon gehören bereits mir und wenn das so weitergeht, werde ich ihm ab jetzt zu jedem Geburtstag neue schenken müssen. Könnte sich fast zu einer neuen Tradition entwickeln.
Zufrieden lege ich mich wieder ins Bett und warte ungeduldig darauf, dass er zu mir zurückkommt. Als Felix das Schlafzimmer betritt, sich neben mich legt und sieht, was ich anhabe, grinst er. „Warum hast du nichts von mir angezogen?"
Ich runzele die Stirn. „Hab ich doch", sage ich und deute auf die Jogginghose. Er schüttelt ungeduldig den Kopf.
„Das mein ich nicht", murmelt er und steht wieder auf, um seinen Schrank selbst nochmal zu öffnen. Er kramt darin herum.
„Was genau machst du da?", frage ich skeptisch, doch er antwortet mir nicht. Auf einmal höre ich ihn lachen und er zieht ein weißes T-Shirt heraus.
Dann dreht er sich zu mir um und sieht mich mit seinem diabolischen Grinsen an, das mir einerseits Schmetterlinge in den Bauch zaubert und mir andererseits auch ein bisschen Angst macht.
„Hier, zieh das an. Das ist perfekt." Er reicht es mir und als ich das T-Shirt auseinander falte, muss ich ebenfalls lachen.
„Die große Sommer-Tournee 2022?", frage ich mit einem Grinsen im Gesicht. Felix nickt.
Er scheint mit seiner Auswahl äußerst zufrieden zu sein. Schnell schließt er den Schrank und legt sich wieder neben mich. Ich drehe das T-Shirt um und lache noch mehr.
„Du willst mir wirklich dein Sacknähte-Shirt vermachen?", frage ich mit gespielter Rührung.
Felix, der aus dem Grinsen nicht mehr herauskommt, nickt.
„Der Schriftzug wird deinen Titten hervorragend stehen."
Wieder muss ich lachen und verdrehe die Augen. Dann ziehe ich mir mein Paramore-Shirt über den Kopf. Ich will gerade das Sacknähte-Mallorca-Shirt anziehen, da hält Felix meinen Arm fest.
„Jetzt warte doch mal", sagt er und beäugt meine Brüste ganz genau. „Ich hab die doch vorhin nur im Dunkeln gesehen. Gib uns einen kurzen Moment miteinander, wir haben uns schließlich auch vermisst."
Dieser Satz zerreißt mich komplett. Ich lache so sehr, bis ich Bauchschmerzen bekomme, während Felix ohne eine Miene zu verziehen akribisch meine Brüste begutachtet.
Dann nimmt er sie in beide Hände, bewegt sie ein bisschen hin und her und lächelt mich dabei an, als wäre er ein kleiner Junge, der gerade die Playmobil-Pirateninsel geschenkt bekommen hat.
Irgendwann merke ich, dass ich fröstele. „Darf ich jetzt?", frage ich ein wenig gelangweilt und grinse ihn amüsiert an.
„Nee, warte noch", antwortet er und streicht mit einer solchen Ernsthaftigkeit in den Augen über meine Nippel, dass ich seine Hände wegschiebe.
„Komm, reicht jetzt", sage ich lachend. „Morgen wieder, okay? Und übermorgen, und am Tag danach und auch sonst an jedem anderen Tag."
Ich gebe ihm einen versöhnlichen Kuss und streife mir schnell das T-Shirt über, bevor er mich davon abhalten kann.
„Sie gehören doch jetzt wieder ganz dir." Das scheint in Felix einen Gedanken zu wecken.
Er wird augenblicklich ernst, diesmal wirklich. „Moment mal", sagt er und schaut mich prüfend an.
„Hast DU dich während unserer Trennung eigentlich mit anderen getroffen?"
Ich runzele die Stirn, doch dann lache ich. „Ach, Felix", sage ich und seufze.
„Teilweise war mir so schlecht, dass ich tagelang nichts runterbekommen habe. Glaubst du wirklich, ich hätte da noch irgendwo die Energie herbekommen, mich auch noch durch die Gegend zu vögeln?"
„Ich mein ja nur", antwortet er ein wenig kleinlaut, doch ich schüttele nur grinsend den Kopf und bedeute ihm mit einer Geste, dass er den Arm heben soll, damit ich mich wieder an ihn kuscheln kann.
Er tut es anstandslos, dann lacht er kurz auf. „Hätte ja sein können, dass du nur deswegen überhaupt Schluss gemacht hast."
Ich seufze auf. „Kannst du jetzt bitte aufhören, das zu erwähnen?", frage ich ein wenig frustriert.
Felix lacht und schüttelt den Kopf. „Nein, da musst du jetzt durch."
Doch zu meiner Erleichterung sagt er danach nichts mehr und ich auch nicht. Wir liegen einfach nur so da und hören uns gegenseitig beim Atmen zu, bis ich seine Hand auf einmal auf meiner Brust spüre. Er streichelt meinen Nippel durch das T-Shirt und ich kann nicht anders, als zu lachen.
„Das kitzelt!" Felix lacht ebenfalls und grinst zufrieden. „Soll's ja auch."
Er gibt mir einen langen, liebevollen Kuss auf den Mund, dann schaut er mir tief in die Augen.
„Ich mach nur Spaß", flüstert er lächelnd. „Ich freu mich einfach so sehr darüber, dass du wieder hier bist, Maddie. Du hast mir wirklich gefehlt."
Ich muss schlucken. „Du mir auch", antworte ich, ebenfalls flüsternd. „Besonders an deinem Geburtstag, als ich hier war, um dir das Geschenk zu geben. Ich hab so gehofft, dass du mich darum bittest, hier zu bleiben, damit wir zusammen feiern können."
Er hebt verwundert eine Augenbraue. „Mir war nicht klar, dass du das gewollt hättest."
Ich nicke und lächele ihn schwach an. „Hätte ich aber. Als ich dein Geschenk ausgepackt habe, musste ich wirklich mit mir kämpfen, um nicht sofort wieder aus dem Auto zu steigen und nochmal bei dir zu klingeln."
Felix lächelt zufrieden, doch dann bricht plötzlich ein Lachen aus ihm heraus, das mich irgendwie verunsichert.
„Warum lachst du denn jetzt?", frage ich mit einem Hauch Ernüchterung in der Stimme.
„Einfach so", sagt er und grinst mich breit an. Ich betrachte ihn genauer. Das Funkeln in seinen Augen beweist mir, dass er garantiert nicht einfach so gelacht hat.
„Wenn du's mir nicht verrätst, kitzel ich dich so lange, bis du's machst", sage ich drohend.
Felix lacht noch lauter und drückt mir einen Kuss auf den Scheitel. „Nein Danke, ich verzichte."
Einen Moment lang fixiert er grinsend meinen Blick, bis er endlich antwortet. „Ich bin einfach nur froh, dass du nach unserem Treffen nicht nochmal geklingelt hast."
Skeptisch hebe ich eine Augenbraue. „Warum? Hast du dich so sehr gefreut, mich los zu sein?"
Er schüttelt lachend den Kopf. „Nee, das nicht. Aber du hättest mich bei was wichtigem unterbrochen."
Ohne, dass ich weiß, warum, schlägt mein Herz automatisch schneller. „Bei... was denn?"
„Beim Wichsen."
„Wie bitte???" Ich bin so perplex, dass ich nicht anders kann, als zu lachen. „Du machst Scherze, oder?" Ich schnalze mit der Zunge und schüttele den Kopf, als würde ich mit einem Kind schimpfen. „Hat meine bloße Anwesenheit dich so geil gemacht, ja?"
Wieder schüttelt er lachend den Kopf. „Wenn's das gewesen wäre, wär ich ein wirklich perverses, krankes Schwein."
Er funkelt mich herausfordernd an, dann seufzt er.
„Irgendwie war das so eine traurige Begegnung, dass ich auf einmal krass überfordert war und mir nicht anders zu helfen wusste." Er grinst mich schief an.
„War auch nicht geil, sondern ausschließlich Mittel zum Zweck."
Mir entfährt ein Prusten. „Na, da bin ich aber froh."Als kurzzeitig Stille einkehrt, driften meine Gedanken ab. „Meine Libido war während der ganzen Zeit irgendwie tot", murmele ich. Felix gähnt und sieht mich ein wenig irritiert an. „Hm?"
Es scheint so, als wäre er ganz kurz davor gewesen, einzuschlafen und sofort bereue ich, überhaupt davon angefangen zu haben. Ich seufze.
„Während unserer Trennung, meine ich. Das war alles so... keine Ahnung, so verwirrend und komisch, dass alles, was mit Sex zu tun hat, währenddessen für mich ganz weit weg war.
Nicht mal auf Masturbation hatte ich Lust."
Meine Worte scheinen dafür zu sorgen, dass Felix schlagartig wieder hellwach ist.
Ein wenig traurig lächelt er mich an. „Das tut mir leid", sagt er ein wenig zerknirscht.
Sofort schüttele ich den Kopf. „Muss es nicht! Du konntest doch nichts dafür."
Wieder entfährt mir ein Seufzen. Wenn ich daran zurückdenke, wie ich an diesem Tag im November reagiert und was ich alles gesagt habe, könnte ich mir selbst eine Schelle verpassen.
Oder am besten direkt zwei.Ich schmiege mich noch enger an ihn und Felix presst mich so eng an sich, dass ich fast nach Luft schnappen muss.
„Ich weiß, dass ich das jetzt schon mehrfach gesagt habe, aber ich kann es gar nicht oft genug sagen." Ich lächele ihn schwach an.
„Mir tut das alles so leid, Felix, wirklich. Die Trennung und alles, was damit zusammenhängt, das war einfach so... eine Kurzschlussreaktion von mir."
Ich muss gähnen. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich keine Ahnung habe, wie viel Uhr es ist.
Ab dem Moment, in dem Felix in dem Comedy-Club vor mir stand und mich nach draußen gebeten hat, habe ich jegliches Zeitgefühl verloren.
„Das hätten wir uns alles sparen können, wenn wir das Gespräch von heute einfach früher geführt hätten", murmele ich. Felix stößt ein leises Seufzen aus.
„Hör jetzt bitte auf damit", sagt er leise und streichelt mir über den Kopf. „Das bringt doch jetzt nichts mehr. Passiert ist passiert."
Jetzt muss auch er wieder gähnen, dann grinst er mich neckend an. „Und sieh es mal positiv: wenn wir uns nicht getrennt und wieder versöhnt hätten, hätten wir vielleicht nie so guten Sex in meinem Benz gehabt."
Ich muss lachen und nicke zustimmend. „Stimmt auch wieder."Ich versuche, nach meinem Handy zu greifen, aber es liegt zu weit weg und ich will nicht, dass Felix mich loslässt. Am besten nie wieder.
„Wie viel Uhr ist es?", murmele ich. Felix, dessen Handy nicht ganz so weit weg liegt wie meins, greift danach und schaut aufs Display.
„01:17 Uhr", flüstert er.
Schnell legt er es wieder weg und gibt mir einen Kuss auf die Schläfe. „Ich würde sagen, das war genug Aufregung für einen Tag. Zeit zu schlafen, Baby."
Er lächelt mich an und der Kosename bereitet mir eine Gänsehaut. Bisher waren wir immer nur Maddie und Felix. Ich kann mich nur an ein einziges Mal erinnern, als er mich Babe genannt hat, und das war auf dem Weg zur Standup 44-Weihnachtsfeier.
Nach der alles den Bach runtergehangen ist.
Ich nicke zustimmend. „Ja, den Rest können wir auch noch morgen besprechen."
Felix legt seinen Kopf auf meinem ab und brummt zustimmend. Ich bezweifle, dass er überhaupt noch versteht, was ich sage. „Welchnrest?", murmelt er.
„Wann ich wieder hier einziehen kann, zum Beispiel", antworte ich, aber es klingt so leise, dass er es wahrscheinlich auch nicht verstehen könnte, wenn er noch wach wäre.
„Sofort", murmelt er. „Am besten sofort."
Bevor ich noch etwas erwidern kann, ist Felix auch schon eingeschlafen.
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Honestly (Felix Lobrecht) (Heavenly #2)
ФанфикWe're happy and in love, right? What is this, then?! Die Fortsetzung von „Heavenly", that's what it is! Madeleine und Felix haben nach anfänglichen Schwierigkeiten endlich zueinander gefunden und wohnen gemeinsam in Berlin. Alles könnte so einfach s...