Kapitel 17

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Maddie

Als ich Felix' Wohnung verlasse und die Stufen vom Treppenhaus runtergehe, fühlt es sich so an, als sei ein ganzer Lastwagen an Steinen von meinem Herzen gefallen.
Ich musste mich wirklich dazu zwingen, heute herzukommen, aber rückblickend war es die beste Entscheidung. Er hat mich weder hochkant rausgeworfen, noch hat er mich gefragt, wie ich es wagen kann, einfach ungefragt vor seiner Tür zu stehen.
Das einzige, was er gesagt hat, ist, dass er nicht damit gerechnet hat, mich zu sehen und das fand ich sogar irgendwie witzig, weil ich es sehr gut nachvollziehen kann. Aber abgesehen davon scheint ihn mein Besuch nicht gestört zu haben.
Eher im Gegenteil.
Schlussendlich habe mich mich doch dazu entschieden, ihm den Gutschein auch noch zu schenken, weil ich nicht wusste, was ich sonst damit hätte machen sollen.
Bezüglich dem Text in der Karte habe ich lange überlegt, aber dann habe ich beschlossen, dass es mir im Grunde genommen ziemlich egal ist und ihm wahrscheinlich auch.
Ich liebe dich. Es ist noch nicht mal gelogen. Ich liebe ihn immer noch so sehr, dass es mir fast körperlich wehtut und als er mich vor Freude über das Geschenk umarmt hat, hatte ich kurz Angst, dass mir das Herz aus der Brust springt, aber zum Glück ist das nicht passiert.

In meinem Auto angekommen muss ich erstmal tief durchatmen und ein paar Schlucke aus meiner Notfall-Wasserflasche nehmen, um einigermaßen klarzukommen.
Schnell schreibe ich eine kurze Nachricht an Kim.

Maddie: War gerade bei ihm, ist alles okay.

Das muss reichen. Sie muss nicht wissen, worüber wir geredet beziehungsweise nicht geredet haben. Es wäre mir auch falsch vorgekommen, ausgerechnet heute das klärende Gespräch mit ihm zu suchen.
Er hat heute Geburtstag und den soll er genießen, ohne dabei an mich denken zu müssen. Am Ende hätten wir uns vielleicht doch wieder nur gestritten und das muss nun wirklich nicht sein.
Ich betrachte das kleine Päckchen, das Felix mir vorhin in die Hand gedrückt hat. Irgendwie war ich gedanklich so auf seinen Geburtstag und meine Geschenke fixiert gewesen, das ich gar nicht in Betracht gezogen habe, dass er mir etwas zu Weihnachten schenken könnte.
Ich drehe das Päckchen in meiner Hand hin und her. Auf einmal traue ich mich kaum, es auszupacken, erst recht nicht, wenn ich an die Worte denke, mit denen er es mir überreicht hat.

Aber erst auspacken, wenn du alleine bist, okay?

Warum hat er das gesagt? Ist da etwa eine Briefbombe drin? Ein Scherzartikel? Ein faules Ei?
Schmunzelnd schüttele ich den Kopf über mich selbst und dann, bevor ich weiter darüber nachdenken kann, reiße ich das Geschenkpapier einfach ab.
Es ist eine schmale, türkisfarbene Schachtel mit goldener Schrift, und als ich das Tiffany-Logo sehe, fallen mir beinahe die Augen aus dem Kopf.
Reflexartig drehe ich den Kopf zur Seite, als ob Felix neben meinem Auto stehen und meine Reaktion beobachten könnte, aber natürlich ist das nicht der Fall.
Ich muss schlucken und zähle innerlich bis drei, dann hebe ich den Deckel an.
Zum Vorschein kommt eine goldene Kette mit einem Herz-Anhänger, der rundherum mit kleinen, funkelnden Steinen besetzt ist.
In der Mitte ist etwas eingraviert, so fein, dass ich es fast nicht erkennen kann.
Mit spitzen Fingern löse ich die Kette aus ihrer Halterung, als hätte ich Angst, sie kaputt zu machen - zu Recht, sie muss schließlich ein halbes Vermögen gekostet haben - und betrachte die Gravur genauer. Als ich erkenne, was es ist, fangen meine Augen an zu brennen.

F

Mehr steht da nicht, aber es bedeutet mir alles. Ich drehe die Kette hin und her, lasse sie erst durch meine rechte, dann durch meine linke Hand gleiten. Ich versuche, mir jeden einzelnen Quadratmillimeter des Anhängers genau einzuprägen, fühle immer wieder über die Steinchen und die Gravur, während mir leise die Tränen die Wangen herunter rollen.
Wieder wandert mein Blick zum Wohnhaus neben mir und diesmal versuche ich, auszumachen, ob Felix vielleicht am Fenster steht, aber weil er im Dachgeschoss wohnt, kann ich natürlich nichts erkennen.
Auf einmal spüre ich eine solche Sehnsucht in meiner Brust, dass ich am liebsten aussteigen, nochmal bei ihm klingeln und ihm um den Hals fallen würde. Ich würde so lange weinen und er würde mich so lange festhalten, bis alle Probleme und Sorgen auf der Welt vergessen sind und dann würden wir so lange reden, bis nichts mehr zwischen uns steht.
Aber ich tue es nicht. Es ist immer noch sein Geburtstag und es besteht immer noch eine kleine Restchance, dass mein Plan nach hinten losgehen und er mich eiskalt wegschicken würde.
Der rationale Teil in mir weiß zwar, dass das nicht passieren würde, aber ganz ausgeschlossen ist es irgendwie trotzdem nicht.
Deswegen lege ich die Kette schnell wieder in die Schachtel zurück und schlucke den Kloß in meinem Hals herunter. Dann greife ich nach meinem Handy und tippe ohne, zu überlegen, eine Nachricht an Felix.

Maddie: Du bist doch wahnsinnig! Vielen, vielen Dank für die wunderschöne Kette. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.

Ich lege das Handy zur Seite, starte den Motor und fahre los. Als ich zuhause angekommen bin, werfe ich immer wieder einen verstohlenen Blick auf mein Handy.
Ich sollte mich nicht so nach seiner Antwort sehnen, nicht auf diese Weise, aber ich tue es trotzdem.
Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis sein Name endlich auf meinem Display aufleuchtet und als es endlich soweit ist, setzt mein Herz beinahe einen Schlag aus.

Felix: Nichts zu danken. Besondere Frauen verdienen besondere Geschenke.

Darauf weiß nicht nichts zu erwidern.

Honestly (Felix Lobrecht) (Heavenly #2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt