Am frühen Sonntagnachmittag wollte Snape heimlich in sein Portrait zurück schleichen; schließlich erwartete er jeden Augenblick die Rückkehr der Dumblesnape-Schüler. Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sie nicht über seine Wanderungen informierte, während sie ihm sogar erzählt hatten, dass sie sich auf die Suche nach einem weiteren Schildteil machen wollten. Aber sicher würde die Freude umso größer sein, wenn sie erfuhren, was es mit dem Blumenhaus auf sich hatte.
Nur Sirius war etwas irritiert gewesen, als sich Snape nach Lilys Geburtshaus erkundigt hatte. Eindringlich hatte er ihn die ganzen zwei Tage lang immer wieder gefragt, welches Geheimnis er vor ihm verberge, doch Snape hatte dichtgehalten. Kein Wort war über seine Lippen gekommen. Sollten die Schüler es schaffen, den Schild zu vereinen und acht Seelen zurückzuholen, wäre Sirius mit Sicherheit einer der acht. Ein leichtes Flattern, wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, zog sich um sein Herz, als er an die grauen Augen des Rumtreibers dachte.
So konzentrierte er sich weniger auf den Rückweg als auf seine Gedanken und musste feststellen, dass seine Reise plötzlich endete, ohne dass er sein Portrait erreichte. Ja, noch nicht einmal Sir Cadogans Bild erreichte er. Der Ritter saß völlig bibbernd auf einem Stein im Nebenbild, sein Pony wirkte völlig verstört.
„Sir Cadogan, was um Merlins Willen ist passiert?", fragte Snape entsetzt und musste sich die Geschichte von der schrecklichen schwarz ummantelten Gestalt anhören, die sich am Freitagabend gewaltsam Zutritt zu den Räumen der Dumblesnapes verschafft und den Ritter auf grausamste Art und Weise angegriffen hatte.
„Zwar kämpfte ich wie ein edler Recke es zu tun pflegt, doch diese Gestalt war übermächtig. Roter Rauch strömte aus den Nasenlöchern und verpestete alle Luft um sich herum. Fast denke ich, dass es ein Drachenmensch war – oder Schlimmeres!", schilderte Sir Cadogan gesten- und wortreich.
Snape seufzte. Ihnen würde nichts anderes übrig bleiben, als hier auf die aushäusigen Schüler zu warten, die dann hoffentlich das beschädigte Portrait wiederherstellen würden. Wer war wohl diese Gestalt gewesen? Der Tränkemeister kannte Sir Cadogans Hang zur Übertreibung, doch auch ihn beunruhigte die Vorstellung, dass jemand die Abwesenheit der Dumblesnapes dafür genutzt hatte, in deren Gemeinschaftsraum einzudringen.
Jetzt bereute Snape, dass er seinen Platz verlassen hatte. Zwar hätte er nichts über das Blumenhaus erfahren, aber vielleicht hätte er Schlimmeres verhindern können. Er ahnte, dass die Zerstörung des Portraits nur der Gipfel des Eisbergs war.
Fröhlich lachend apparierten die Schüler zur Grenze von Hogwarts Ländereien und spazierten gut gelaunt ins Schloss zurück. Bill und Fleur hatten nichts von ihrem Tauchgang mitbekommen und nun hatten die Dumblesnapes schon drei Teile des Schildes. Sie waren sich völlig sicher, dass sie auch die anderen Bruchstücke finden würden – und damit die Macht besäßen, dem Tod acht Seelen abzutrotzen.
Blaise war der Erste, der zum Eingang des Dumblesnape-Traktes lief, um dem Portrait Sir Cadogans ein munteres „Einigkeit" entgegenzuschmettern. Er öffnete bereits den Mund, als er das zerfetzte Bild sah. Erschrocken hielt er in seinem Lauf inne und deutete auf das Gemälde.
„Schnell, kommt her, seht doch!", stammelte er entsetzt. Fassungslos musterten seine Gefährten den Schaden am Bild ihres Türwächters.
„Holt McGonagall!", stieß Hermine hervor, während Draco den Ritter, das Pony und Snape im Nachbarbild entdeckte.
„Professor, wer war das? Wer hat das getan?!", rief der Blonde entsetzt aus, obwohl sein Verdacht sofort auf einen Gryffindor fiel. Snape senkte die Augen. „Es tut mir leid, Mr. Malfoy, ich weiß es nicht. Wer auch immer das bewirkt hat, nutzte meine kurze Abwesenheit."
Draco wollte gerade nachfragen, wo der Tränkelehrer gewesen sei, als sich McGonagall energisch an ihm vorbei schob und bestürzt den Schaden am Portrait Sir Cadogans untersuchte. Zwar reichte ein schnelles Wedeln ihres Zauberstabes, um das Bild wieder in seinen Grundzustand zu bringen, doch alarmiert öffnete sie Tür zum Gemeinschaftsraum ihrer Schüler.
Fassungslos verschaffte sie sich einen Überblick über das Chaos, das dort herrschte. Das Sofa war der Länge nach aufgeschlitzt, auf dem Tisch schien jemand ein Feuer gelegt zu haben, der Teppich war völlig verdreckt und Snapes Bilderrahmen lag zertrümmert am Boden.
„Wer hat Ihnen das angetan?", flüsterte die Direktorin erschüttert. „Wer hasst Sie so sehr, dass er Ihnen das antut?"
Besorgt liefen die Schüler in ihre Schlafräume; nur wenig später kehrten sie mit bleichen Gesichtern zurück.
„Meine Truhe ist verschwunden", weinte Hermine, die sich fühlte, als hätte ihr jemand das Herz aus dem Leib gerissen.
„Das Bett ist ebenfalls zerstört", stammelte Ron, zu seinem Glück hatte McGonagall nicht darauf geachtet, wer wohin verschwunden war.
Harry und Draco starrten sich nur noch an, die Beleidigungen an ihren Zimmerwänden waren derart unanständig, dass sie keine Worte dafür fanden.
Blaise und Neville hatten sich mittels ihrer Zauberstäbe ihr Zimmer zurück erkämpft; der ehemalige Gryffindor weigerte sich seit seiner letzten Begegnung mit Fangzähnigen Geranien diese als zu respektierende Pflanzen anzuerkennen und hatte kurzen Prozess mit dem bissigen Grünzeug gemacht.
Am blassesten war jedoch Theo, alles Blut schien aus seinem Gesicht gewichen zu sein. Entgeistert hauchte er seinen Hausgefährten ein „Sie sind beide verschwunden" entgegen. Die Dumblesnape-Schüler wollten ihren Ohren nicht trauen. Prüfend musterten sie ihn, suchten nach einem Anzeichen, dass der ehemalige Slytherin sich nur einen schlechten Scherz mit ihnen erlaubte, doch als sie Millis zuckende Unterlippe und die kaum noch zurückgehaltenen Tränen in ihren Augen sahen, wussten sie, dass Theo es ernst meinte.
Was sie bisher geschafft hatten, die Gefahren, denen sie sich freiwillig ausgesetzt hatten, alles war vergebens. Die Hoffnung, die sie in ihren Herzen getragen hatten, starb soeben.
McGonagall schob das merkwürdige Verhalten ihrer Schüler auf den offensichtlich erlittenen Schock und versuchte, die Dumblesnapes zu beruhigen.
„Machen Sie sich keine Sorgen, die Schäden sind in Windeseile behoben und heute Abend können Sie darüber lachen." Sie zückte den Zauberstab und begann gemeinsam mit den Zauberern und Hexen deren Gemeinschaftsraum wieder in einen bewohnbaren Zustand zu bringen. Als erstes reparierte sie das zertrümmerte Bildnis Snapes, der mit unverhohlener Wut in den schwarzen Augen in seinem Portrait Platz nahm.
Harry hatte den Tränkemeister schon öfter wütend erlebt, doch selbst in der 5. Klasse, als er zufällig über dessen schlimmste Erinnerung gestolpert war und sich dadurch dessen Zorn zugezogen hatte, war Snapes Laune gut gewesen im Vergleich zu der, die er heute hatte. Die Lippen bebten, das Gesicht war weiß vor Zorn und die Zähne des Lehrers gebleckt, als würde er demjenigen, der seinem Haus das angetan hatte, am liebsten den Kopf abbeißen. Es war wahrhaftig beängstigend.
Sollte Snape den Schurken jemals erwischen, könnte dieser sein Testament machen; dessen war sich Harry sicher.
Innerhalb von einer Stunde hatte McGonagall nicht nur den Gemeinschaftsraum, sondern auch die Schlafräume der Zauberer wiederhergestellt. Milli und Hermine hatten ihr Zimmer selbst in Ordnung gebracht, vor allem deswegen, damit die Direktorin nicht Rons Roben im Schrank entdeckte. Wie erleichtert war die ehemalige Gryffindor gewesen, als Theo ihre heißgeliebte Truhe in ihr Zimmer schweben ließ.
„Meine Truhe!", rief sie jubelnd und fiel dem ehemaligen Slytherin um den Hals. Sorgfältig überprüfte sie die Schlösser und stellte erleichtert fest, dass sich niemand an ihren Schätzen vergriffen hatte.
Eines jedoch konnte Hermine jetzt mit Sicherheit sagen. Es war nicht Furnius, der im Dumblesnape-Trakt sein Unwesen getrieben hatte. Was hätte der unselige Geist auch mit ihren persönlichen Erinnerungsstücken anstellen sollen?
Ebenso wie Draco war sie davon überzeugt, dass McLaggen hinter dieser Bosheit steckte. Es stellte sich allerdings die Frage, ob er die Schildteile mitgenommen hatte, um die Dumblesnape-Schüler zu ärgern oder ob er sie gezielt entwendet hatte. War es möglich, dass Furnius ihn immer noch beherrschte? War der Gryffindor wirklich so verblendet, dass er dem ehemaligen Hausgeist freiwillig diente? Was waren seine Beweggründe für dieses Verhalten?
Beim Abendessen in der Großen Halle glitten die Blicke der Dumblesnapes immer wieder zum Gryffindor-Haustisch, an dem McLaggen jetzt zum Außenseiter geworden war. Seine Suspendierung war von vielen erleichtert aufgenommen worden, jetzt rächte sich das Verhalten, dass er seit Beginn des Schuljahres den anderen Schülern gegenüber gezeigt hatte. Ginny hatte ihn ohne viel Federlesen aus dem Hausteam geworfen. McLaggen war kein schlechter Hüter, aber die rothaarige Hexe wollte ein Team, das zusammenhielt. Der frühere Kapitän war ein unerwünschter Störfaktor geworden.
Nun saß er zwischen den Erstklässlern, die ihn abgrundtief verabscheuten. Ihre Bewunderung galt den Helden am Haustisch der Dumblesnapes, die ihnen so viele tolle Sachen beibrachten. Dass die Kleinen denjenigen, der ihren Lehrern nur Steine in den Weg legte und keine Gelegenheit ausließ, über das fünfte Haus zu schimpfen, mieden, war eine logische Konsequenz.
„Ich fürchte, dadurch wird er noch bissiger", flüsterte Hermine Ron ins Ohr. „Mich würde brennend interessieren, wo er die Schildteile versteckt hat."
McLaggen wirkte sehr verunsichert, erst jetzt wurde ihm bewusst, dass McGonagall die Zerstörung der Dumblesnape-Räume mit Sicherheit erwähnen würde. Umso verwunderter war er, dass die Direktorin dieses Thema komplett überging. Sie hatte kurz mit den betroffenen Schülern diskutiert, diese wollten jedoch nicht, dass die Geschehnisse publik gemacht wurden. Harry und seine Freunde wollten das Problem selbst lösen, sicher hätte es nur zusätzlich Unruhe produziert, wenn die übrigen Schüler von dem Chaos erfuhren.
Was den gefeuerten Kapitän der Gryffindors jedoch mehr zu schaffen machte, war das Verschwinden von Furnius. Seit zwei Wochen war er ohne Nachricht von dem Geist, dabei brannte er doch gerade jetzt darauf, ihm seinen Erfolg mitzuteilen. Zwei Schildteile hatte er den verhassten Dumblesnapes abgetrotzt; sicher waren diese jetzt so niedergeschlagen, dass sie den Schild nicht weitersuchen würden. In dieser Zeit könnte er leicht das eine oder andere der restlichen sechs Bruchstücke erbeuten, mit jedem Metallstück stieg der Preis, den er von Furnius verlangen konnte.
Als der Fast Kopflose Nick auftauchte, erkundigte sich McLaggen bei ihm: „Sir Nicklas, wo ist eigentlich Sir Nufu abgeblieben? Seit 14 Tagen habe ich ihn nicht mehr gesehen, ich mache mir langsam Sorgen."
Nick wunderte sich, warum sich ein Gryffindor Sorgen um den ehemaligen Hausgeist der Dumblesnapes machte. Er seufzte nur. „Die Direktorin hat von ihrem Recht Gebrauch gemacht und Sir Nufu der Schule verwiesen. Die Gründe dafür sind mir leider nicht bekannt."
McLaggen starrte den Geist einen Augenblick mit offenem Mund an. Für ihn war diese Nachricht eine Katastrophe. Er hatte sich so sehr darauf verlassen, dass Furnius ihm wieder zu Macht und Ansehen verhelfen würde; nun jedoch platzten all seine Träume wie schillernde Seifenblasen.
Dann ging ein Ruck durch seinen Körper – er hatte immer noch die Schildteile. Er musste es nur schaffen, zu Furnius Kontakt aufzunehmen, dann würde sich der Rest von selbst klären. Der Geist würde mit seiner Hilfe zurückkehren und für ewig in seiner Schuld stehen. Selbstverständlich würden sie sich die Herrschaft teilen.
McLaggens Augen glänzten dunkel vor all der Bosheit, wenn er an seine Pläne dachte. Angestrengt überlegte er, welche Möglichkeiten es gab, Furnius über seinen Fund zu informieren. Schließlich konnte er dem Geist nicht einfach eine Eule schicken. Natürlich war ihm klar, dass die Dumblesnapes ihn im Verdacht hatten, er durfte sich keinen weiteren Fehler mehr erlauben.
Einige Tage später ließ der Gryffindor Professor Slughorn einen Karton kandierte Ananas zukommen, der Lehrer für Zaubertränke dankte ihm während des Unterrichts für dieses Geschenk. Dies zog natürlich die Aufmerksamkeit der anderen Schüler auf ihn, besonders Harry erinnerte sich daran, dass Tom Riddle einst auf dieselbe Weise dem Professor Informationen über Horcruxe entlockt hatte.
Nach dieser Stunde verließ McLaggen auch prompt nicht mit den anderen den Klassenraum, sondern suchte das Gespräch mit dem Hauslehrer der Slytherins. Betont langsam packte Harry seine Sachen zusammen, um zumindest noch den Inhalt dieser Unterredung mitzubekommen, doch der Gryffindor wartete, bis der dunkelhaarige Dumblesnape-Schüler das Zimmer verlassen hatte.
Vor der Tür warteten seine Hausgefährten auf ihn, doch er deutete ihnen an, dass er lauschen wollte, worum es ging. Ron nickte verstehend und zog sein letztes Paar Langziehohren aus seiner Tasche. Aufmerksam hörten sie nun McLaggens Gespräch mit Slughorn mit.
„Professor, darf ich Sie etwas fragen?", schleimte der Gryffindor. „Ich muss für eine Projektarbeit herausfinden, welche Möglichkeiten es gibt, einen Geist ausfindig zu machen."
„Nun, Mr. McLaggen, ich helfe einem interessierten und begabten Schüler wie Ihnen gerne weiter. Es kommt immer darauf an, wessen Geist Sie finden wollen. Befinden Sie sich nahe genug an dessen Todesort, genügt eine einfache Meditation; wollen Sie jedoch mit einem Geist sprechen, der in großer Entfernung gestorben ist, empfehle ich die Durchführung einer Seance. Was Sie dabei beachten müssen, kann Ihnen Professor Trelawney besser erklären als ich; schließlich ist es deren Spezialgebiet.", erklärte der Lehrer wohlwollend. „Suchen Sie einen bestimmten Geist?"
McLaggen druckste ein wenig herum. „Nun, ähm, den Geist ... meines Urgroßvaters. Ja, genau, ich muss nämlich für den Geschichtsunterricht ein Referat über meine Familie halten und wollte deshalb einige Details erfragen."
„Sehr schön!", lobte Slughorn, „Wenn Ihre Suche erfolgreich war, lassen Sie mich bitte einen Blick auf Ihre Aufzeichnungen werfen, ich bin sicher, dass sich viele große und bekannte Zauberer in Ihrer Verwandtschaft befinden."
Eilig rollten die Dumblesnapes die Langziehohren ein; sie waren nun restlos von McLaggens Schuld überzeugt.
„Pah, von wegen Urgroßvater", schimpfte Ron, während sie zum Mittagessen in die Große Halle gingen. „Er will bestimmt Kontakt zu Furnius aufnehmen und ihm unsere Teile anbieten. Wenn wir nur wüssten, wo er sie versteckt hat!"
In diesem Augenblick kam Peeves um die Ecke geschossen. Als er die Schüler seines Hauses sah, winkte er ihnen hektisch zu. „Ich weiß, wo der dumme Gryffindor seine Beute versteckt hat. Ich habe McLaggen beobachtet, als er in die Kammer des Schreckens ging und mit leeren Händen zurück kam. Er hat mich noch nicht einmal bemerkt."
„Aber wie kann er die Kammer betreten?", fragte Harry beunruhigt. „Das Passwort ist in Parsel, ich wüsste nicht, dass er die Schlangensprache beherrscht."
Ron wurde plötzlich puterrot. „Daran bin ich schuld", gestand er ein. „Als Hermine und ich kurz vor der Schlacht unten waren, um Helga Hufflepuffs Tasse zu zerstören, habe ich die Tür zwar auf-, aber nicht wieder zugemacht."
„Dann nichts wie runter!", forderte Neville seine Kameraden auf, wurde jedoch von Blaise zurückgehalten. „Was haltet Ihr davon, wenn wir damit warten, bis er bei Trelawney ist? Es fällt auf, wenn wir jetzt alle 8 nicht zum Essen erscheinen."
„Keine schlechte Idee", räumte Hermine ein, „allerdings bezweifle ich, dass er ausgerechnet zu unserer Hauslehrerin geht, um zu fragen, wie man eine Seance abhält."
Theo stimmte ihr zu. „So wie ich ihn einschätze, wird er morgen in die Bibliothek gehen, um sich dort ein schlaues Buch zu holen."
„Wieso morgen?", erkundigte sich Harry neugierig. „Ich an seiner Stelle würde heute noch nachschauen."
„Du hast auch keine Angst davor, mir über den Weg zu laufen.", lachte Theo. „Morgen Nachmittag hat Madam Pince Dienst. Ich könnte ja nachfragen, wofür er das Buch braucht."
Das leuchtete den Dumblesnapes ein und so beschlossen sie, den morgigen Tag abzuwarten, um sich ihr Eigentum zurückzuholen.
Natürlich blieb dem Portrait Snapes die Euphorie der Schüler nicht verborgen, wissbegierig erkundigte er sich. „Gibt es Neuigkeiten, über die ich informiert werden sollte? Sie planen doch etwas. Potter, was ist los?"
Harry wandte sich hilfesuchend an seine Gefährten, die ihm aufmunternd zunickten. Er seufzte tief und antwortete dem Bild: „Wir glauben, das Versteck der beiden gestohlenen Schildteile gefunden zu haben, Professor."
„Ach ja?", fragte Snape scheinheilig nach. „Gehe ich also recht in der Annahme, dass Ihre Abenteuerlust immer noch nicht gestillt ist? Für diesen Fall kann ich Ihnen nämlich einen kleinen Tipp geben."
Süffisant grinsend stellte er fest, dass ihm die gesamte Aufmerksamkeit der Dumblesnapes zuteil wurde. „Zufälligerweise konnte ich nämlich herausfinden, was mit dem Blumenhaus gemeint ist."
„Wie bitte?", keuchte Harry und starrte das Portrait an. „Was ist damit gemeint und wie haben Sie was herausgefunden?"
„Nun, Mr. Potter, während Sie und ihre Hausgefährten ein Wochenende lang dem süßen Nichtstun frönten, besuchte ich ein paar alte Bekannte. Irgendwann fiel der Begriff „Blumenhaus" und weckte mein Interesse. Es ist übrigens erstaunlich, dass gerade Sie nie auf die Idee kamen, Ahnenforschung zu betreiben." Der Tränkemeister genoss es, Harry mit Andeutungen zu quälen und ihm beim Denken zuzuschauen. Man konnte förmlich sehen, wie es hinter der Stirn des ehemaligen Gryffindors arbeitete.
„Na, Potter, denken Sie doch nach. Wie hieß Ihre Mutter?"
Noch immer kapierte der Grünäugige nicht, worauf Snape hinauswollte. „Na, Evans. Lily Evans."
Snape schüttelte über so viel Unverständnis den Kopf. „Und Ihre Tante?"
„Zuerst auch Evans, dann Dursley."
„Ach Potter, ich sehe, ohne meine Hilfe kommen Sie nicht weiter. Das Blumenhaus ist das Geburtshaus Ihrer Mutter. Alle weiblichen Wesen, die dort lebten, hatten Blumennamen. - Haben Sie sich nie gefragt, weshalb ausgerechnet Sie diese Träume hatten und die anderen nicht?"
Die anderen Dumblesnapes blickten von Snape zu Harry und wieder zu Snape, ehe Neville begeistert losquietschte. „Dann haben wir schon die Hälfte des Schildes."
Der Zauberer auf dem Portrait schüttelte den Kopf. „Langsam verstehe ich, warum Sie so schlecht in Zaubertränke waren, Mr. Longbottom. Zwei Teile wurden Ihnen entwendet, vom dritten kennen Sie den Aufenthaltsort. Seit wann ist 3 die Hälfte von 8?"
Blaise konnte nicht länger schweigen. „Seitdem wir beim „süßen Nichtstun" ein weiteres Bruchstück gefunden haben", knallte er seinem früheren Hauslehrer an den Kopf.
„Sie haben WAS? Wieso erzählen Sie mir das nicht?", fragte dieser fast beleidigt nach.
„Wieso erzählen Sie uns nicht, dass Sie Ihr Bild verlassen können?", konterte Blaise und erntete einen vernichtenden Blick aus schwarz funkelnden Augen.
„Sie waren bei meinen Eltern, nicht wahr?", hauchte Harry fast tonlos. Snape nickte ruhig. „Ich habe ihnen nichts über Ihre jüngsten Abenteuer erzählt, nur Sirius ahnt, dass etwas im Busch ist. Es scheint, als würde Ihr Pate Sie besser kennen, als es Ihnen lieb ist. - Und nun berichten Sie mir endlich, wo und wie Sie den dritten Teil gefunden haben."
Als Theo am späten Nachmittag aus der Bibliothek zurückkehrte, saßen die übrigen Dumblesnapes noch immer vor dem Portrait des früheren Lehrers und diskutierten mit diesem, an welchen Orten sich weitere Bruchstücke befinden konnten.
Hermine machte sich Stichpunkte auf einem Pergament; auch wenn es vielleicht sinnlos war, würde sie in der Bibliothek genauestens nachforschen.
Sie waren so vertieft in ihre Gespräche, dass sie Trelawney, die ihre Schüler zum Abendessen holen wollte, erst wahrnahmen, nachdem sich diese vor Snapes Portrait postierte.
„Mein inneres Auge zeigte mir, dass Sie wohl die Essenszeit vergessen haben", erklärte die Hauslehrerin mit brüchiger Stimme. „Sicher überlegen Sie gerade, welchen Ihrer verstorbenen Verwandten Sie wegen des Geschichtsaufsatzes befragen sollen. Wenden Sie sich ruhig an mich. Ich habe Mr. McLaggen schon einige wertvolle Tipps gegeben, wie er seinen Ururgroßvater herbeirufen kann, da werde ich meinem eigenen Haus doch nicht die Hilfe versagen."
Draco fragte betont gelassen nach. „Ach, McLaggen war heute Nachmittag bei Ihnen?"
Die Wahrsagelehrerin kicherte. „Ja, er blieb sehr lange. Nachdem er hörte, wie man einen bestimmten Geist beschwört, wollte er unbedingt noch von meiner Familie erfahren. Wie Sie sicherlich wissen, bin ich ja die Ururenkelin der berühmten Seherin Cassandra. Das hat Mr. McLaggen sehr interessiert und er hat sich genau nach meiner Ahnin erkundigt. Freundlicherweise erklärte er sich sogar bereit, mir bei der Entrümpelung des Wahrsageturms zu helfen. Am nächsten Wochenende wollen wir beginnen. Ich hätte Sie auch gerne dabei gehabt, musste mich jedoch von Minerva belehren lassen, dass Sie gegen Ravenclaw Quidditch spielen."
Ein verächtlicher Ton lag in ihrer Stimme, so als ob die Schüler etwas Unanständiges täten. Die Dumblesnapes schauten sich erschrocken an. Wenn McLaggen ein so deutliches Interesse am Entrümpeln hatte, konnte das nur eines bedeuten. Er hoffte, dort auf etwas zu stoßen.
Trelawney plapperte fröhlich weiter, ohne die Bestürzung der Dumblesnapes zu registrieren. „Stellen Sie sich vor, ich besitze sogar noch 2 Kisten aus dem Familienerbe, deren Inhalt ich nicht kenne. Vielleicht steckt sogar ein Schatz darin. Meine Kugel zeigte mir erst kürzlich, dass ich in eine Schatzsuche involviert werde."
Am Haustisch der Dumblesnapes gab es während des Essens nur ein Thema: Wie konnte man verhindern, dass McLaggen die Truhen Trelawneys öffnete?
Ron scheute sich nicht, nach der Mahlzeit zu McGonagall zu gehen und sie um eine Verlegung des Spiels zu bitten. Die Direktorin musterte ihn kritisch. „Es tut mir leid, Mr. Weasley, aber so lange Ihre und die Mannschaft Ravenclaws vollständig sind, kann ich nichts für Sie tun. Durch die Gründung des 5. Hauses sind 10 Spiele anstelle der üblichen 6 zu absolvieren; im Mai beginnen Ihre UTZ-Prüfungen. Bis dahin müssen alle Spiele vollzogen sein. Dürfte ich wenigstens den Grund für Ihre Bitte erfahren?"
Ron errötete und murmelte. „Wir wollen Professor Trelawney beim Entrümpeln des Wahrsageturms helfen."
„Nun, Mr. Weasley, das ist zwar sehr ehrenhaft von Ihnen, allerdings denke ich, dass Sibyll das auch alleine schafft. Für Aufräumarbeiten werde ich das Spiel nicht verschieben."
„So ein Mist!", fluchte Milli wenig später höchst undamenhaft im Gemeinschaftsraum. „Was tun wir, wenn uns dieser Trottel zuvorkommt? Angenommen, er findet einen Hinweis auf den Schild. Ich glaube nicht, dass er uns freiwillig sagt, wo wir suchen sollen!"
Missmutig stimmten die anderen ihr zu. Hermine bot an, McLaggen während des Spiels beim Stöbern zu helfen, dies lehnte Ron jedoch kategorisch ab. „Du glaubst doch wohl nicht ernsthaft, dass ich zulasse, dass Du Dich in solche Gefahr begibst?! Wir brauchen einen anderen Plan."
Alles Überlegen brachte die Zauberer jedoch nicht weiter. Draco resignierte schließlich. „Lasst uns erst einmal unsere Teile zurückholen. Vielleicht fällt uns etwas ein."
Harry schlief in dieser Nacht sehr unruhig. Immer wieder tauchte McLaggens hämisch grinsendes Gesicht vor ihm auf.
„Dummer, kleiner Potter!", spottete McLaggen. „Wie konntet Ihr nur dem dummen Peeves glauben? Nun werdet Ihr für immer in der Kammer des Schreckens bleiben, während ich mir den Schild hole und Anspruch auf die Herrschaft erhebe. Habt Ihr gedacht, ich ließe mich von Euch hinters Licht führen? Du und Deine verfluchten Dumblesnape-Gefährten werdet hier Euer Grab finden, ein schwarzes Grab im Nebel." Mit einem grausamen Lachen knallte er die Tür ins Schloss. Trotz aller Bemühungen vermochte Harry sie nicht mehr zu öffnen. Sie waren verloren ...
„Harry, was ist los?", musterte Draco seinen Liebsten, als der schreiend und schweißgebadet aufwachte. „Hast Du schlecht geträumt?"
„McLaggen weiß, was wir vorhaben! Er ... Er wird uns morgen in der Kammer einschließen!", stammelte Harry.
„Hey, Schatz, beruhige Dich. Du kannst die Tür mit Parsel jederzeit öffnen", versuchte der Blonde ihn zu beschwichtigen, doch der Dunkelhaarige unterbrach ihn. „Das ist ja das Problem. Seitdem ich den Horcrux nicht mehr in mir trage, spreche ich auch kein Parsel mehr. Wenn die Tür geschlossen ist, bekommt sie keiner mehr auf. Keiner!"
„Aber Ron hat sie doch beim letzten Mal auch geöffnet", wandte Draco ein.
„Zufall", berichtigte Harry. „Ron hat irgendwas gezischt und das war zufällig richtig. Ich glaube nicht, dass er es noch einmal schafft."
„Dann brauchen wir einen anderen Plan", beschloss Draco und verfiel ins Grübeln. Kurz vor Sonnenaufgang - der Blonde war vom Grübeln in ein leichtes Dämmern verfallen - sah er die Lösung ihres Problems vor Augen. Dean Thomas.
Dean, Seamus, Ginny und Greg standen vor einem anderen Problem. Sie hatten den Raum der Wünsche wieder halbwegs bewohnbar gemacht, allerdings weigerte sich der Raum, selbständig eine andere Form anzunehmen. Egal, wie dringend einer der vier aufs Klo musste, es erschien keine Toilette. Nur wenn man einen Stuhl entsprechend verzauberte, nahm dieser die gewünschte Form an.
„Die Magie des Raums hat wohl doch mehr unter dem Dämonsfeuer gelitten, als wir wahrhaben wollen", seufzte Seamus und ließ sich verzweifelt auf den harten Stuhl plumpsen. Erst nach einigen Zaubern verwandelte sich dieser in einen Sessel.
Dean stöhnte auf. „Nur gut, dass wir niemanden in unsere Pläne eingeweiht haben. Stellt Euch vor, wir hätten ihnen damit Hoffnungen gemacht. Uns würde doch keiner mehr ernst nehmen."
Ginny jedoch war nicht bereit, so schnell die Flinte ins Korn zu werfen. „Und wenn ich zehn Jahre lang hier stehen muss, irgendwann klappt es", schimpfte sie und versuchte weiterhin, sich anstelle des Sessels eine Couch vorzustellen.
„Lass es gut sein für heute", brummte Greg. „Morgen ist auch noch ein Tag."
Während des Frühstücks erhielt Dean einen kleinen Brief, den ihm eine der Schuleulen würdevoll überreichte. Neugierig entrollte er diesen und las die darauf geschriebenen Zeilen.
Thomas,
ich weiß, dass wir eigentlich keine Freunde sind. Aber Harry, Neville, Ron und Hermine sind Freunde von Dir und ich hoffe, dass Du mir um ihretwillen einen Gefallen tust.
Kannst Du heute nach dem Mittagessen McLaggen in ein möglichst langes Gespräch verwickeln, so dass ihm nicht auffällt, dass wir nicht da sind?
Eventuell können Dir Finnigan, Weasley und Greg ja dabei helfen, Hauptsache, McLaggen kommt uns eine Zeit lang nicht in die Quere.
Danke im Voraus, D.M.
Automatisch blickte er zum Haustisch der Dumblesnapes und sah kurz in die silbergrauen Augen Dracos, der ihn bittend ansah. Auch Harry flehte ihn stumm an, ihnen zu helfen. Unmerklich nickte Dean, zwei dankbare Blicke nahmen diese Geste zur Kenntnis. Vielleicht würde Ginny etwas einfallen. Um McLaggen eine Abreibung zu erteilen, hätte er sich mit jedem verbündet, einschließlich Voldemort selbst, und das musste was heißen.
Unauffällig schob er den Brief zu Ginny, die ihn aufmerksam las. Ein boshaftes Grinsen schob sich auf ihr Gesicht, sie hatte da eine hervorragende Idee.
Viel zu langsam verging der Unterricht an diesem Tag, nervös blickten die Zauberer immer wieder auf ihre Uhren. Nicht einmal der einschläfernde Geschichtsunterricht von Binns vermochte sie heute zu beruhigen. Endlich war es Zeit zum Mittagessen, Draco war mehr als gespannt, was Ginny sich wohl hatte einfallen lassen. Er hatte sie zwar mehrmals an diesem Tag nach ihren Plänen gefragt, die Rothaarige hatte jedoch nur geheimnisvoll gelächelt. Was es auch immer war, es war bestimmt nichts Nettes. Theo raunte seinen Hauskameraden am Dumblesnape-Tisch leise zu: „Die Rache einer Frau sollte man wahrhaftig nicht unterschätzen. Ich denke, unserem Freund wird Hören und Sehen vergehen."
Kurzzeitig überlegte Harry, ob Ginny ihrem Hausgefährten wohl den Flederwichtfluch demonstrieren würde. Diesen Zauber beherrschte sie so gut, dass selbst ihre Brüder ihn fürchteten. Dann jedoch schüttelte er den Kopf. Nein, Ginny war nicht so dumm, einen Fluch zu benutzen, der auf sie deutete. Es hätte ihn ja brennend interessiert, was sie McLaggen gerade zuflüsterte. Dieser grinste sie breit an und gab ihr mit huldvollem Lächeln eine Antwort.
Seamus reckte unauffällig den erhobenen Daumen zum Tisch der Dumblesnapes. Die sechs Zauberer und zwei Hexen hatten freie Bahn.
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Der Magische Schild - HP FF
ActionEin Schild ward' geschmiedet aus Silber, mit Gold beringt auf dass er dem Träger Glück im Übermaß bringt. Die königlichen Tugenden zu vereinen, ward er geschmückt mit acht Edelsteinen Der magische Schild, so ward es verheißen, vermag dem Tod 8 Seel...