Von Alpträumen und geänderten Plänen

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..., als plötzlich hinter ihm die strenge Stimme der Direktorin ertönte: „Mr. McLaggen, senken Sie Ihren Zauberstab. Von einem erwachsenen Zauberer erwarte ich, dass er Probleme ohne Magie lösen kann, zumal Mr. Potter noch nicht einmal seinen Stab dabei hat. Ein solches Verhalten kann ich nicht dulden. Sie sind eine Schande für Gryffindor. Zur Strafe werden Sie eine Woche lang jeden Abend Mr. Filch zur Hand gehen. Sollten mir in dieser Zeit irgendwelche Klagen über Sie zu Ohren kommen, werde ich eigenhändig Ihr Quidditchverbot unterschreiben!"

Der Hüter der Gryffindors war wütend. Ausgerechnet jetzt musste seine Hauslehrerin aufkreuzen. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie ihre Drohung in die Tat umsetzen würde. „Denk dran, Potter", zischte er leise, „ein falsches Wort oder ein falscher Griff und Weasley zieht vom Mädchenschlafraum auf den Friedhof um!"

Mit hochgezogenen Schultern wandte er sich um und marschierte vom Feld. Harry blickte ihm fassungslos hinterher. Was sollte er jetzt tun? Er traute es dem drahthaarigen, hochgewachsenen Zauberer durchaus zu, dass er dem Mädchen etwas antat, zumal Ginny ja keinen Grund hatte, ihrem Kapitän und Hauskameraden zu misstrauen. Jetzt hatte er wirklich ein Problem. Wenn er den Schnatz fing, brachte er die Rothaarige in Gefahr, fing er ihn nicht, gefährdete er damit die Einheit seines Hauses. Es war zum aus der Haut fahren!

Unter der Dusche war er schweigsamer als sonst, doch seine Teamkameraden waren zu sehr damit beschäftigt, sich darüber zu amüsieren, dass sie die Löwen aufs Glatteis gelockt hatten, als dass sie Harrys Verzweiflung bemerkt hätten. Heute Abend, wenn für die Schüler bereits im Bett liegen mussten, würden sie in der richtigen Besetzung trainieren. Vier junge Zauberer hatten kein anderes Thema als den Sieg über Gryffindor und selbst Milli und Hermine, die sich in den beiden geschlossenen Kabinen reinigten, lästerten voller Innbrunst über McLaggen.

„Ich verstehe bis heute nicht, warum Du ausgerechnet mit ihm beim Slugclub aufgekreuzt bist", schüttelte Milli den Kopf. „Sogar ein Knallrümpfiger Kröter wäre eine angenehmere Begleitung!"

„Erinnere mich nicht daran", stöhnte Hermine, „ich habe es noch am selben Abend bereut. Ständig versuchte er, mich unter einen Mistelzweig zu ziehen. Dass ich keine Lust hatte, ihn zu küssen, muss ihm dabei wohl entgangen sein."

„Sein Glück", brummte Ron, „sonst müsste ich ihn jetzt zum Duell fordern. Niemand küsst meine Freundin!"

‚Ach Ron', dachte Harry, ‚wenn Du wüsstest, was er vorhat, wärst Du froh, wenn er nur Hermine küssen wollte...!'


Nach dem Abendessen musste Draco noch rasch die ersten Zaubertrankaufsätze seiner ersten Klasse mit Slughorn besprechen. Er hoffte, dass das schnell über die Bühne ging und bat seine Hausgenossen, schon mal vor zu gehen.

Allerdings hatte der Blonde nicht damit gerechnet, dass Slughorn weniger die Aufsätze, sondern mehr das Prestige der Schüler in seine Bewertung einfließen ließ.

„Mr. Malfoy, Sie können Melianda Robards kein Mies geben. Ihr Vater leitet die Aurorenzentrale!"

„Das ist mir egal, selbst wenn Miss Robards' Vater der Zaubereiminister persönlich wäre! Wenn eine Schülerin noch nicht einmal in der Lage ist, den Heiltrank für Furunkel richtig zu beschreiben und statt der Stachelschwein-Pastillen den Kopf eines Flubberwurms zugibt, wenn dieselbe Schülerin statt des gewünschten Abschwelltrankes allenfalls einen Kräutertee zustande bringt, kommt sie meiner Meinung nach mit einem M noch ziemlich gut weg."

Ein lautes Klopfen an der Tür unterbrach die Diskussion. Cormac McLaggen steckte seinen Kopf in das Klassenzimmer. „Professor Slughorn, könnte ich Sie bitte sprechen?"

Der alte Zauberer lächelte den Gryffindor väterlich an. „Aber sicher, mein Junge, welches Problem drückt Sie denn?"

„Professor McGonagall hat mich aufgrund eines Missverständnisses dazu verdonnert, eine Woche lang Filch zu helfen. Ich würde aber lieber bei Ihnen nachsitzen!"

Das konnte sich Draco lebhaft vorstellen. Filch war schon jeher dafür bekannt, dass er Kinder im Allgemeinen und Hogwarts-Schüler im Besonderen verabscheute. Er würde dem arroganten McLaggen das Leben sicherlich zur Hölle machen. Bei Slughorn müsste der Löwe sicherlich keinen Finger krümmen. Andererseits: Wenn McLaggen bei Filch nachsitzen müsste, könnte es passieren, dass er das Geheimtraining der Dumblesnapes entdeckte und das musste auf jeden Fall verhindert werden – zumindest bis zum Spiel.

Also entschloss sich der Blonde, seinen Gegner bei dessen Wunsch zu unterstützen – natürlich aus reiner Herzensgüte. „Professor, ich musste in meiner letzten Stunde feststellen, dass einige Zutaten falsch eingeordnet sind. Es wäre doch schrecklich, wenn einem von uns im Unterricht deshalb ein Fehler unterläuft und womöglich ein Kessel explodiert", erklärte er gespielt ruhig.

„Das wäre wahrhaftig schrecklich", stimmte ihm der kahlköpfige Lehrer zu. „Mr. McLaggen, Sie bleiben hier und beginnen mit dem Sortieren. Ich werde mit Minerva sprechen und Ihnen bald wieder Gesellschaft leisten. Wollen Sie etwas Tee?"

Draco atmete erleichtert aus. Die Gefahr des Entdeckt-Werdens war vorerst gebannt. Und da Slughorn nun anderweitig beschäftigt war, konnte er getrost aufs Quidditchfeld zu seinen Freunden.

Diese hatten schon mit dem Training begonnen. In Ermangelung des 3. Jägers war Harry in diese Rolle geschlüpft und übte nun mit Blaise und Neville die ersten Feinheiten. Neville jauchzte vor Freude, das Fliegen machte ihm sichtlich Spaß. Noch mehr befriedigte ihn allerdings die Aussicht, den Gryffindors eins auszuwischen, die ihn nach allem, was er getan hatte, so unterschätzten.

Draco beäugte eine Weile das Spiel seiner Hauskameraden und ertappte sich selbst bei dem Gedanken daran, Potter zu fragen, ob sie nicht ihre Positionen tauschen könnten. Der Dunkelhaarige machte sich nicht schlecht als Jäger; Blaise, Neville und er harmonierten perfekt miteinander.

Dann jedoch schüttelte der Blonde den Kopf. ‚Schlechte Idee, Draco!', schalt er sich selbst. Zum Schluss würde Potter noch denken, er bettelte um die Position als Sucher. Nein, diese Blöße würde sich Draco nicht geben.

Kurzerhand schwang er sich auf seinen neuen Feuerblitz und stieß sich vom Boden ab. „Hey, Draco, da bist Du ja endlich", begrüßte ihn Blaise. „Wir dachten schon, Du kommst überhaupt nicht mehr. Hat Dich das Walross nicht gehen lassen oder fandest Du seine Gegenwart so anregend?"

„Halt die Klappe, Zabini!", fauchte der Blonde. „Dieser Zauberer ist der unfähigste Lehrer, der mir je begegnet ist. Seine Bewertungskriterien werde ich wohl nie verstehen!" Er zögerte kurz und grinste dann. „Aber eins muss man ihm zugute halten. Er hält uns McLaggen vom Leib!"

Bei diesem Namen zuckte Harry zusammen. Noch immer hallte die Drohung des Gryffindors in seinen Ohren. „Ein falsches Wort oder ein falscher Griff..." Deshalb schenkte er den Erzählungen Dracos über die Vorkommnisse in Slughorns Klassenzimmer auch keine weitere Aufmerksamkeit. Während die anderen Draco für seine Idee lobten und ihm auf die Schultern klopften, hing Harry seinen Gedanken nach. Was sollte er bloß machen? Absichtlich verlieren? Die anderen Dumblesnapes würden ihn köpfen. Gerade jetzt, da sich die verhärteten Fronten endlich lockerten, würde diese Aktion den Hausfrieden mehr als nur stören. Es war zum Mäusemelken.

Blaise warf Harry einen merkwürdigen Blick zu. Irgendetwas war geschehen - wenn er nur wüsste, was es war! Der ehemalige Gryffindor hatte sich innerhalb weniger Stunden deutlich verändert, er wirkte viel zu ruhig, in sich gekehrt, so als ob ihn etwas bedrückte.
Blaise glitt auf Harry zu. „Hey, was ist los mit Dir? Hast Du was? Kann ich Dir helfen?", bot er dem Anderen an. Harry schüttelte nur den Kopf. „Ich will nicht darüber reden, okay?"

In der Nacht wurde Harry von schrecklichen Alpträumen heimgesucht.

Die Zuschauertribünen des Quidditchfeldes waren bis auf den letzten Platz gefüllt. Auf den Sitzen der Lehrer erkannte Harry Dumbledore und Snape. Der Direktor winkte ihm freudestrahlend zu: „Du schaffst es, Harry!" Snape hingegen starrte dem Dunkelhaarigen unverwandt in die Augen. „Mach uns keine Schande, Potter!", hörte er die beißende Stimme des Tränkemeisters, der sich plötzlich in Malfoy zu verwandeln schien. „Wenn Du das Spiel vergeigst, schmeißen wir Dich raus. Dann hast Du nichts mehr: Keine Bleibe, keine Freunde, keine Zukunft, Potter! Überleg Dir, was Dir wichtiger ist!"

Gerade glitten die Gryffindors auf ihren Besen heran, angeführt von McLaggen, der Harry giftig angrinste. „Überleg Dir, was Du tust, Potter. Fängst Du den Schnatz, bist Du schuld an ihrem Tod!" Er deutete auf die ahnungslose Ginny, die gerade mit Dean und Seamus scherzte. „Es ist allein Deine Entscheidung!"Lachend flog der Gryffindor davon. Was sollte Harry nun tun? Eine Welle der Hilflosigkeit überfiel ihn. Wie sollte er es schaffen, sein Haus vor der Niederlage zu bewahren und gleichzeitig Ginny den Schnatz überlassen? Wollte denn niemand den größenwahnsinnig gewordenen McLaggen stoppen?

Wieder hörte er die Stimmen in seinem Kopf, die ihm die schrecklichsten Konsequenzen ausmalten, sollte er das Spiel absichtlich verlieren. ‚Vielleicht schaffen es die anderen ja, so weit in Führung zu gehen, dass es nichts mehr ausmacht, wenn Ginny den Schnatz fängt', hoffte Harry inständig, als der Anpfiff ertönte.

Klatscher flogen hin und her und manches Mal konnten Theo und Milli erst in letzter Sekunde verhindern, dass Harry getroffen wurde. Er, der so viel für Gryffindor getan hatte, war nun das Ziel Nummer 1 geworden. Dean und Seamus flogen auf ihn zu. „Verräter!", zischten sie ihn an. „Du hättest von Anfang an nach Slytherin gehört!" „Was ist nur mit Euch los?", versuchte Harry sich zu rechtfertigen. „Wir waren doch Freunde!" Höhnisch lachten die beiden Zauberer auf. „Freunde? Du warst der Junge, der überlebt hat, nichts weiter als eine Schachfigur im Kampf gegen Voldemort. Doch nun ist er tot. Wir brauchen Dich nicht mehr!"

Ein Stich fuhr in Harrys Herz. War es das, was die anderen in ihm sahen? Hilfesuchend schaute er zu Ron, der vergeblich versuchte, den Quaffel abzuwehren. Der Rothaarige erwiderte seinen Blick und fuhr ihn an. „Hast Du nichts Besseres zu tun, als Löcher in die Luft zu starren, Potter? Fang endlich diesen verfluchten Schnatz, bevor es zu spät ist!" „Aber, aber...", stammelte Harry. „Es gibt kein Aber. Tu, was ich Dir sage, sonst sind wir die längste Zeit Freunde gewesen!"

Verzweifelt sank Harry auf seinem Besen zusammen. Das durfte einfach nicht wahr sein! ‚Vielleicht war es doch nur eine leere Drohung!', hoffte er inständig und raste auf den Schnatz zu, der gerade fröhlich vor der Lehrertribüne flatterte. Ein entsetzter Schrei lenkte ihn ab. Ginny hatte aus unbekanntem Grund die Kontrolle über ihren Besen verloren und sauste in rasender Geschwindigkeit dem Boden entgegen. Nichts vermochte ihren Sturzflug zu stoppen, hart schlug sie auf dem Boden auf. Keine Macht der Welt konnte Harry davon abhalten, sofort zu ihr zu fliegen.

McGonagall war sofort zu der jungen Hexe geeilt, die ein letztes Mal die Augen aufschlug. Ihre letzten Worte galten Harry. „MÖRDER!", dann hauchte sie ihr Leben aus. „Du bist schuld an ihrem Tod, Potter, Du allein trägst die Verantwortung dafür!", hörte er McLaggens hohntriefende Stimme. Ron flog heran und hob schluchzend den Leichnam seiner toten Schwester auf.

Harry wollte ihm helfen, doch der Rothaarige fuhr ihn an. „Wage es nicht, sie anzufassen!"
„Aber Ron!", stotterte Harry hilflos. „Ich will doch nur helfen!"
Verzweifelt lachte Ron auf. „Helfen? So wie Du Sirius, Dumbledore, Snape und all den anderen geholfen hast, die für Dich gestorben sind? Lass mich in Ruhe, Potter, ich will nichts mehr mit Dir zu tun haben!" Ohne Harry noch weiter zu beachten, wandte er sich ab, die anderen Zauberer und Hexen folgten ihm, gaben Ginny das letzte Geleit. Harry stand allein und verlassen auf dem Quidditchfeld ...

Plötzlich änderte sich die Szene. Es war ein kühlerTag, der Himmel hatte alle Schleusen geöffnet, Regen und Wind peitschten über das Quidditchfeld. Alle waren gekommen, um beim Spiel zuzusehen. Die Slytherins, Hufflepuffs und Ravenclaws unterstützten das Team von Dumblesnape, die Gryffindor-Schüler nahmen nur einen verschwindend kleinen Teil der Tribüne ein. Wieder erkannte Harry Dumbledore und Snape, hinter ihnen saßen Sirius und Remus und winkten mit großen Fahnen. „Auf zum Sieg, Dumblesnape!", feuerten sie ihre Lieblingsmannschaft an. „Siehst Du, Potter, sogar Dein Pate ist gekommen, um unseren Sieg mitzuerleben. Du darfst ihn nicht enttäuschen!", erklärte ihm Malfoy, bevor er sich beim Anpfiff auf den Quaffel stürzte. Harry war unentschlossen. Er hatte gerade erst gesehen, was passierte, wenn er den Schnatz fing. „Es ist sicher besser, ich lasse Ginny den Vortritt", sprach er sich selbst Mut zu. Er wollte ihr Blut nicht an seinen Händen kleben haben, nicht die Schuld am frühen Tod der Hexe tragen. ‚Vielleicht schaffen es die anderen ja, so weit in Führung zu gehen, dass es nichts mehr ausmacht, wenn Ginny den Schnatz fängt', hoffte er inständig, musste jedoch bald feststellen, dass die Gryffindors nichts von ihrer alten Stärke verloren hatten.

Ron geriet als Hüter immer mehr ins feindliche Kreuzfeuer und so dauerte es nicht lange, bis Madam Hooch den Spielstand von 120:20 für Gryffindor verkündete. „Los, Potter, fang endlich den verfluchten Schnatz!", schimpfte Malfoy. Harry steckte in der Zwickmühle. Derjenige, der den schnellen, kleinen Ball fangen würde, würde das Spiel für seine Mannschaft gewinnen. Aus der Ferne nahm er das goldene Funkeln des Schnatzes wahr, doch er bewegte sich nur langsam, fast behäbig darauf zu. Ginny hatte den Schnatz nun ebenfalls entdeckt und raste darauf zu. Fast wie in Trance hörte Harry Madam Hoochs Stimme, die laut verkündete: „Weasley hat den Schnatz gefangen. Gryffindor gewinnt 270:20!"

„Das hast Du ja klasse hinbekommen, Potter!", wandte sich Malfoy mit versteinerter Miene an Harry. „Du hast nicht einmal versucht, den Schnatz zu erreichen! Das nächste Mal werden wir Granger anstelle von Dir in die Mannschaft holen. Sie bemüht sich wenigstens darum und ist nicht ein solcher Verräter wie Du." Er kehrte Harry den Rücken zu und flog zu den übrigen Dumblesnapes.

Rons Gesicht war puterrot, mit zusammengekniffenen Augen musterte er den Unglücksraben. „Das war's, Potter! Ich will nichts mehr mit Dir zu tun haben!" Harrys Herz schien einen Augenblick stillzustehen, als sein bester Freund ihm ebenfalls den Rücken kehrte. Die anderen aus dem Team ignorierten ihn komplett, während die Handvoll Gryffindors fröhlich ihren Sieg feierte. Mit hängenden Köpfen schlichen sich die Hufflepuffs und Ravenclaws von den Tribünen, während die Slytherins vor Zorn tobten. Immer wieder drangen einzelne Wortfetzen zu Harry durch, die Schlangen machten ihrem Ärger lautstark Luft, nannten ihn „Verräter" und „Weichei".

Entmutigt flog der ehemalige Gryffindor zu Boden, Dumbledore, Snape, Sirius und Remus blickten ihn wütend an. Dumbledore war der Erste, der das Wort ergriff: „Harry, ich bin wahrhaft enttäuscht von Dir!" Snape unterbrach ihn: „Du hast unseren Namen in den Dreck gezogen, Potter!" Sirius war so ernst, wie Harry ihn noch nie erlebt hatte. „Gut, dass James nicht mit ansehen musste, welch Versager sein Sohn ist!" Selbst Remus schüttelte nur den Kopf. „Wir alle haben uns für Dich geopfert, Du bist eine Enttäuschung für die magische Welt!"

„Warum sagt Ihr so was?", begehrte Harry auf. „Ihr wisst doch nicht, warum ich das getan habe!"

„Du hast es getan, weil Du ein feiger Dummkopf bist, Potter! Selbst Pettigrew hatte mehr Ehre im Leib als Du! Du hast auf ganzer Linie versagt!", sagte Snape mit tödlicher Kälte in der Stimme und verschwand in der Luft. Auch die anderen lösten sich auf. „Versagt", hallte es noch einmal in Harrys Ohren, seine Augen füllten sich mit heißen Tränen.

Minerva McGonagall schritt würdevoll zu ihm hin. „Mr. Potter, ich kann Ihnen nicht sagen, wie enttäuscht ich von Ihnen bin. Ein Lehrer sollte immer und zu jeder Zeit ein Vorbild sein, Ihre heutige Darbietung war gerade das Gegenteil davon. Ich enthebe Sie Ihres Amtes. Sie werden Dumblesnape noch heute verlassen und auch in Gryffindor möchte ich keine solchen Feiglinge sehen. Ich gebe Ihnen einen guten Rat, nicht um Ihretwillen, sondern wegen denen, die für Sie Ihr Leben gaben. Verlassen Sie Hogwarts, verlassen Sie am besten die magische Welt. Für immer!"

Harry sah der Direktorin fassungslos hinterher. Das konnte doch unmöglich ihr Ernst sein! Wo sollte er denn hin? Er hatte doch niemanden! Sein Blick fiel auf die triumphierende Ginny, die gerade fröhlich mit McLaggen durch die Lüfte tollte. „Du hast Dich wohl für unschlagbar gehalten, Harry. Glaubtest, Du seiest der Größte! Pah, jetzt siehst Du, was Du wirklich bist. Ein kleiner, nichts könnender, wertloser Niemand!", rief sie ihm zu, ehe sie das Feld verließ.

Harry schluchzte auf. Seine Freunde ließen ihn im Stich, es war niemand mehr da. Ganz allein stand er da, ein Bild des Elends. Zögernd wandte er sich Hogwarts zu, doch wo früher die Schule stand, war nur eine alte, baufällige Ruine mit dem Schild „Betreten verboten". Selbst Hogwarts hatte ihn fallen lassen.

Hinter ihm stieg Nebel auf, eine undeutliche Silhouette formend. Über Voldemorts Grab verdichtete sich die Luft und der Schatten des Dunklen Lords sprach zu ihm: „Wie ich Dir einmal sagte, Harry Potter. Du bist schwach und wirst alles verlieren! Ich hoffe, Du genießt Dein neues Leben, denn nun hast Du alles verloren!"

Harry schrie laut auf, als die Hand Voldemorts nach ihm griff. „NEIN! NEIN! NICHT!"


„Mensch, Potter, wach endlich auf!" Harry fuhr ruckartig in die Höhe, schweißgebadet und tränenüberströmt. Draco saß an seinem Bett und musterte ihn besorgt. „Geht es Dir gut? Du hast geschrien und geweint. Hattest Du einen Alptraum?"

Harry fiel seinem Zimmergefährten weinend um den Hals. „Es ist nur, weil...", begann er schluchzend, als ihm bewusst wurde, dass McLaggen ihm verboten hatte, keinem auch nur ein Sterbenswörtchen zu erzählen. Er wollte nicht, dass Ginny seinetwegen etwas zustieß, doch diese verzweifelte Einsamkeit, die er im Traum verspürt hatte, war ebenso schrecklich gewesen.

Ruckartig löste er sich von dem Blonden. „Nichts", murmelte er deprimiert. „Entschuldige, dass ich Dich geweckt habe."

Draco war völlig perplex. Zuerst schrie Potter im Schlaf das ganze Haus zusammen, dann fiel er ihm weinend um den Hals und meinte nun, es wäre nichts? ‚Irgendetwas ist faul', überlegte er. ‚Wenn ich nur wüsste, was es ist!'

„Versuch, ein wenig zu schlafen, es war alles nur ein böser Traum", versuchte der Blonde den aufgelösten und zutiefst eingeschüchterten Dunkelhaarigen zu beruhigen. „Morgen lachst Du darüber!" Aus einem Reflex heraus strich er eine widerspenstige Haarsträhne Harrys aus dessen nassem Gesicht, ehe er zurück in sein eigenes Bett kroch.

Noch zweimal wurde Draco in dieser Nacht aus dem Schlaf gerissen. ‚Was sind das nur für Träume, die Harry so quälen?', fragte er sich ‚Und warum weint er und ruft „Lasst mich nicht allein"?' Der Blonde war etwas sauer, doch irgendetwas hielt ihn davon ab, zum Bett des Anderen zu gehen und diesen ordentlich durchzuschütteln.

Draco überlegte kurz. Entweder würde es eine schlaflose Nacht werden oder er müsste heute Nacht woanders schlafen. Die Idee, mit Decke und Kissen in ein anderes Zimmer zu ziehen, hatte durchaus ihren Reiz, allerdings gab es dabei ein kleines Problem. Neville und Blaise wären bestimmt nicht begeistert darüber, ihr kleines Liebesnest mit ihm zu teilen, Theo und Ron, nun ja, da hatte es einen heimlichen Zimmertausch gegeben. Theo hatte Milli ebenfalls seine Liebe gestanden und kurz darauf war es zu einer Neueinteilung gekommen. Ron und Hermine schliefen nun im früheren Mädchenzimmer, Milli und Theo nebenan.

Während Draco noch überlegte, was er jetzt tun sollte - die kleine Couch im Gemeinschaftsraum erschien ihm reichlich unbequem und auf die Idee, sie magisch zu vergrößern, kam er zu dieser unmöglichen Zeit nicht - weinte Harry wieder besonders verzweifelt auf. Der Blonde schüttelte den Kopf.

Auch dieses Mal stand Harry allein auf dem Quidditchfeld. Er hatte gewartet, bis sein Haus weit genug in Führung lag, um Ginny im letzten Moment den Vortritt bei der Schnatzjagd zu lassen. Seine Kameraden hatten verzweifelt gestöhnt, als er ausgerechnet jetzt seine Ritterlichkeit entdeckte. „Du bist einfach nur dämlich, Potter", hatte Malfoy gemeint. „Und für dämliche Leute ist in Dumblesnape kein Platz. Versuch es doch bei den Hufflepuffs!" Dann waren sie alle davongeflogen. Wieder hatten ihn alle im Stich gelassen ...

Seufzend kletterte Draco zu Harry ins Bett. Vielleicht fror der ehemalige Gryffindor einfach nur oder sehnte sich nach menschlicher Nähe. Ohne dass der Dunkelhaarige aufwachte, schmiegte sich Draco an den zitternden Körper des Schlafenden und stellte fest, dass es ihn sonderbarerweise nicht im Geringsten störte, mit St. Potter eine Decke zu teilen. Zärtlich strich er ihm über die Schulter und flüsterte leise: „Schlaf, Harry. Gute Nacht und angenehme Träume."

... als er plötzlich die Nähe eines Körpers spürte, der ihm Geborgenheit und Sicherheit vermittelte. Er war nicht allein. Jemand war gekommen, stand ihm bei, verdrängte die Einsamkeit. Harry stand auch nicht mehr auf dem Quidditchfeld, sondern in einem Raum. Dunkelheit umgab ihn und doch spürte er seinen Geliebten neben sich, Ruhe und Gelassenheit ausstrahlend. Die Wärme und Vertrautheit dieser Körpers erfüllte ihn. Was auch immer hinter dieser Tür verborgen war, sie würden es gemeinsam schaffen. Das pulsierende rote Licht zog ihn magisch an. Er hörte die Stimmen, die ihn riefen, doch diesmal verhöhnten und beschimpften sie ihn nicht. Harry erkannte Sirius' vergnügtes Lachen, vernahm Dumbledores freundliche Worte, selbst Snape hatte seinen Schrecken verloren. Fred erzählte Remus gerade einen Witz, Colins Kamera blitzte auf. Dobby fragte, ob er den Herrschaften irgendetwas bringen könnte, Tonks verneinte.

Das Herz des Dunkelhaarigen schlug vor Freude schneller. Eine undefinierbare Stimme fragte: „Sind das die acht Leben, für die Du Dich entschieden hast?" Noch ehe er darauf antworten konnte, strich ihm eine Hand sanft über die Wange...

„Na komm schon, Du Schlafmütze, steh endlich auf." Harry blinzelte müde durch die halbgeöffneten Augenlider und sah Draco vor sich. War es sein früherer Schulfeind gewesen, dessen Nähe er im Traum gespürt hatte? Harry war verwirrt. Was hatte dies alles zu bedeuten?

Mit einem Schlag kehrten seine Sorgen zu ihm zurück. Noch immer wusste er nicht, wie er jetzt am besten handeln sollte. Harry konnte Ginnys Leben nicht in Gefahr bringen, das lag einfach nicht in seiner Natur. Doch sein Haus zu verraten, das eben erst in trauter Eintracht und im Gedenken an die beiden größten Direktoren erstarkte, die diese Schule je hervorgebracht hatte, erschien dem jungen Zauberer ebenfalls falsch.

Draco hatte sich mittlerweile ins Bad zurückgezogen und Harry fühlte erneut, wie eine Welle der Hilflosigkeit und Kälte Besitz von ihm ergriff. ‚McLaggen ist ein mieses Schwein', dachte er, ‚ich würde zu gerne wissen, wie er es in so kurzer Zeit geschafft hat, die Gryffindors auf seine Seite zu ziehen. Er hat noch nicht einmal an unserer Seite gekämpft, sondern sich feige aus dem Schloss verkrümelt. Und nun benimmt er sich, als wäre er alleiniger Herrscher!'

Der Dumblesnape-Schüler konnte nicht nachvollziehen, warum ein Zauberer so weit ging, für das Erreichen seiner Ziele sogar seine Hausgefährten zu gefährden. Selbst Draco, der damals während der ersten Angriffswelle selbst in Lebensgefahr geschwebt hatte, hatte den bewusstlosen Goyle davor bewahrt, den Flammen zum Opfer zu fallen. Diese Selbstlosigkeit hatte Harry damals zutiefst beeindruckt. Jemand, der so handelte, konnte nicht durch und durch böse sein. ‚Ob das der Sprechende Hut damals meinte, als er sagte, in Slytherin könne man wahre Freunde finden?', fragte sich Harry.

Der Blonde entpuppte sich auch in Dumblesnape zunehmend als Freund, die früheren Rivalitäten bestanden nicht mehr. Und dann hatte Draco auch noch freiwillig auf den Posten als Sucher verzichtet ...

Plötzlich durchzuckte Harry ein Gedanke. Im Geiste wiederholte er McLaggens Drohung Solltest Du den Schnatz vor der kleinen Weasley fangen". Der Gryffindor hatte nur von ihm gesprochen! Wenn nun aber nicht er, sondern Draco den Sucher spielen würde? Selbst wenn McLaggen einen Fluch auf Ginny gelegt hätte, der in dem Moment, wenn Harry den Schnatz fing, den Besen der Hexe stürzen ließ, so würde dieser Fluch nicht wirken, wenn Draco ihn fing. Allerdings durfte der Kapitän der Löwen nichts von dieser zweiten Planänderung erfahren; erst beim Spiel sollte er vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Einen Haken gab es an diesem Plan: Harry kannte den Malfoy'schen Stolz, was wäre, wenn der Blonde darin ein Almosen sah? Er durfte ihm noch nicht einmal den wahren Grund für den Positionstausch nennen, denn auch für diesen Fall hatte McLaggen sicher vorgesorgt. Harry musste einen geeigneten Augenblick abwarten, er hoffte nur, dass dieser noch vor dem Spiel kam.

Währenddessen stand Draco vor dem Spiegel und musterte genervt seine Augenringe, die jedem bei genauerer Betrachtung verrieten, dass der Blonde die halbe Nacht wach gewesen war. ‚Zum Glück hat sich Potter beruhigt, als ich neben ihm lag. Nicht auszudenken, wenn er dann weitergeschrien hätte... Ich würde zu gerne wissen, was mit ihm los ist. Ob es wegen des Quidditchspiels am Samstag ist? Ach, wie gerne würde ich Sucher spielen. Harry hat ja gestern bewiesen, dass er ein guter Jäger ist. Zusammen mit Blaise und Longbottom wäre da bestimmt was zu erreichen. Aber wie soll ich ihm das nur klarmachen? Einfach hingehen und ihn um einen Tausch bitten, geht gar nicht ... Wie sähe das denn aus? Ein Malfoy bittet und bettelt wie ein Hauself! Nein, da muss ich einfach einen geeigneten Augenblick abwarten...

Und so wagte es keiner der beiden, den Anderen zum Wechsel zu bitten. Am Abend vor dem Spiel war Harrys Stimmung im Keller. Er schimpfte sich selbst einen Feigling, weil er Malfoy immer noch nicht gefragt hatte, ob er statt seiner als Sucher spielen wollte. Sehnsüchtig beobachtete er, wie der Blonde mit Neville und Blaise durch die Luft tollte. ‚Morgen ist keiner mehr so fröhlich. Ich muss ihn heute noch fragen. Ron kann ich kurz vorm Spiel noch Bescheid sagen. Los, Harry, nach dem Training sprichst Du mit ihm!', machte sich der Dunkelhaarige selbst Mut.

Allerdings hatte der Blonde keine Zeit. Gerüchten zufolge ging es Goyle nicht gut, er fühlte sich einsam und vernachlässigt. Alle, die früher um ihn gewesen waren, waren entweder tot, hatten die Schule verlassen oder waren in einem anderen Haus. Draco wollte dem Zauberer zeigen, dass sie nach wie vor Freunde waren. So schlich er sich nach dem Training zurück in sein ehemaliges Haus, dank Slughorns Trägheit war sogar das alte Passwort noch gültig.

Greg Goyle freute sich riesig über Dracos Besuch, nach Theos Umzug hatte er ein Zimmer für sich allein, was seiner Situation nicht gerade zuträglich war. Der früher eher korpulente Zauberer war schmal geworden, seine Schlafhose hing wie ein Zelt an den Beinen und auch das T-Shirt hätte locker Platz für einen zweiten Goyle geboten. Draco bemühte sich, sein Entsetzen darüber nicht allzu offen zu zeigen. Sah Slughorn denn nicht, dass Greg hier langsam vor die Hunde ging? ‚Bei Snape wäre das niemals vorgekommen', schlussfolgerte er in Gedanken und stellte wieder einmal fest, wie sehr der gefürchtete Zaubertränke-Professor fehlte. ‚Nach dem Spiel rede ich mit McGonagall. Vielleicht fällt ihr etwas ein', beschloss der Blonde und fragte dann: „Sag mal, wen feuerst Du morgen eigentlich an?"

Greg starrte ihn an, als hätte er ihm ein unzüchtiges Angebot gemacht. „Du kannst vielleicht Fragen stellen? Dumblesnape natürlich! Oder glaubst Du, ich werde auf meine alten Tage noch zum Löwenfreund? Potter war damals ja schon schlimm genug, aber das, was McLaggen in Gryffindor abzieht, ist nicht zu überbieten!" Deutliche Missbilligung war seiner Stimme zu entnehmen, es schien, als würde der Slytherin den Quidditchkapitän der Löwen zutiefst verachten.

„Wir werden ihn morgen in seine Grenzen verweisen", versprach Draco seinem früheren Hauskameraden. „Und weißt Du was, Greg? Ich frage Potter, ob er nicht doch mit mir tauschen will. Mehr als Nein sagen kann er nicht!"

„Viel Glück, Draco. Bei Deiner Frage und auch morgen. Zeigt diesem aufgeblasenen Schnösel, was Ihr könnt!" Greg drückte den Blonden kurz an seine Brust. Er war Draco für seinen Besuch mehr als dankbar, zeigte ihm dieser doch, dass er ihn nicht vergessen hatte.

Als Draco das Zimmer verließ, musste er feststellen, dass die Slytherins wohl nicht viel vom Zapfenstreich zu halten schienen. Vom Erst- bis zum Siebtklässler waren alle Altersstufen vertreten, alles wuselte im Gemeinschaftsraum umher. Slughorn schien wirklich keine Kontrolle über seine Schüler zu haben – oder aber es kümmerte ihn nicht.

Mit energischen Worten trieb der ehemalige Slytherin seine früheren Hausgefährten in ihre Zimmer, den Erstklässlern drohte er sogar Konsequenzen an, wenn das noch einmal vorkäme. Eingeschüchtert zogen die Schlangen von dannen. Trotz Dracos Umzug nach Dumblesnape hatte sein Einfluss in Slytherin keinen Schaden genommen.

Kopfschüttelnd zog sich der Blonde in sein neues Haus zurück, der Gemeinschaftsraum lag schon im Dunklen. ‚Ich wusste nicht, dass es schon so spät ist. Wenn ich Potter jetzt wecke, sagt er erst recht Nein. Verflucht, ich habe wohl zu lange gebraucht. Warum vernachlässigt Slughorn auch seinen Job so dermaßen?', grollte er innerlich.

Beim Betreten des gemeinsamen Zimmers stellte Draco jedoch fest, dass Harry auf ihn gewartet hatte.

„Warum schläfst Du denn noch nicht?", erkundigte sich der Blonde neugierig, bemühte sich jedoch, nicht allzu erleichtert zu klingen. Jetzt konnte er den Dunkelhaarigen doch noch bitten, mit ihm zu tauschen. Stolz hin oder her – hier ging es um Quidditch!

„Ich muss mir Dir reden ... Draco." Der Vorname seines Zimmerkameraden kam Harry nur zögerlich über die Lippen, doch hier ging es um weit mehr als ein einfaches Quidditchspiel. Da musste man Zugeständnisse machen.

„Das trifft sich gut, denn auch ich möchte mir Dir reden ... Harry."

Und alle Feindseligkeiten, alle Rivalitäten, die je zwischen den beiden bestanden hatten, waren in diesem Augenblick endgültig vergessen.

„Fang Du an", forderte Harry den Blonden auf.

„Nein, Du zuerst. Schließlich bist Du wach geblieben, anstatt wie die anderen zu schlafen. Es muss wohl etwas Dringendes sein, sonst hättest Du bis morgen gewartet." Draco war äußerlich sehr ruhig und gelassen, in ihm brodelte jedoch ein Vulkan.

„Es geht um das Spiel morgen." Ein kurzes Zögern von Harry folgte, der ehemalige Gryffindor schluckte hart, ehe er weiter sprach. „Können wir die Positionen tauschen? Bitte!"

Draco riss ungläubig die Augen auf. Spielten ihm seine Ohren einen Streich? Konnte Harry hellsehen? War der Dunkelhaarige vom Trelawney-Virus infiziert? Ein heißes Gefühl der Freude rann durch seinen Körper und hüllte ihn ein.

„Ja, gerne!", jubelte er freudig auf. „Ich wollte Dich ohnehin bitten, ob wir wechseln können!" Es war ihm, als fielen sein Geburtstag und Weihnachten auf einen Tag; am liebsten hätte er Harry umarmt. Mit letzter Selbstbeherrschung streckte er dem Anderen die Hand entgegen. „Danke", meinte Draco gelassen. Das Funkeln seiner silbergrauen Augen straften dieser scheinbaren Gefasstheit Lügen.

„Nur noch eine Bitte, Mal...Draco", erklärte Harry. „Würde es Dir etwas ausmachen, wenn wir es Ron erst kurz vor dem Spiel sagen?"

„Du hast wohl Angst, dass er sich aufregt", sagte Draco verständnisvoll. Harry war dankbar über diese Begründung und bejahte.

In dieser Nacht schlief Harry tief und fest.

Ganz Hogwarts war auf den Beinen, alle fieberten dem ersten Quidditchspiel seit zwei Jahren entgegen. Im letzten Schuljahr hatten keinerlei Spiele stattgefunden, das Training der Dunklen Künste erschien Voldemorts Schoßhunden wichtiger als eventueller Spaß. Dementsprechend war der Andrang natürlich riesig. Dass mit Gryffindor und Dumblesnape ausgerechnet die beiden Favoriten aufeinandertrafen, war ein zusätzliches Highlight. So mancher Schüler verwettete sein Taschengeld und selbst Minerva McGonagall konnte beim Frühstück ihre Aufregung nicht verbergen. Zwar war sie immer noch die Hauslehrerin Gryffindors, aber in diesem Fall steckten zwei Seelen in ihrer Brust. Ihre Lieblingsschüler waren allesamt in Dumblesnape, so dass sie nicht recht wusste, welche von beiden Mannschaften sie heute anfeuern sollte.

Die Schüler hatten es deutlich leichter. Slytherin und Hufflepuff unterstützten Dumblesnape, die Ravenclaws wollten die bessere Mannschaft siegen sehen und selbst in Gryffindor gab es einige, die insgeheim Harry und damit Dumblesnape die Daumen drückten, auch wenn sie das nicht laut zugaben.

Der größte Teil der Zuschauertribünen war daher schwarz-weiß, das Rot und Gold der Gryffindors ging fast darin unter. Die Spieler warteten auf den Moment, in dem sie das Feld betreten durften - gerade kam McLaggen herangerauscht, der als Erster seine Aufstellung hatte abgeben müssen. Höhnisch musterte er die Dumblesnape-Spieler, sein Gesichtsausdruck wechselte zu verärgert, als er plötzlich erkannte, dass Neville spielen würde. Wie eine Raubkatze schlich er auf Harry zu und fauchte diesem ins Ohr: „So, Ihr glaubt also, mich hereingelegt zu haben. Nun ja, das ändert nichts. Longbottom ist genauso wenig Gefahr für uns wie Granger. Und Du weißt, was passiert, wenn Du den Schnatz fängst, nicht wahr, Potter?"

Harry musste sich regelrecht zwingen, dem Anderen nicht einfach die Nase zu brechen. Gepresst stieß er heraus: „Ja, ich weiß es!"

Ein böses Lächeln erschien auf dem Gesicht des gegnerischen Kapitäns. „Dann ist es ja gut!", säuselte er falsch. „Vielleicht hast Du ja Lust, auf unserer Siegesfeier zu erscheinen."

Der Dumblesnape wandte sich wortlos ab, McLaggen stolzierte lachend davon.

„Was wollte der Arsch von Dir?", erkundigte sich Blaise, dem der plötzliche Zorn Harrys nicht entgangen war. Dracos Augenbraue erreichte schon fast seinen Haaransatz.

„Ach, er wollte mich einfach nur nervös machen!"

Er und Draco hatten Ron heute Morgen die Änderung mitgeteilt, der Rothaarige hatte ungläubig reagiert. Erst als Harry ihm erklärte, dass er eine Rechnung mit McLaggen zu begleichen hatte, was er als Jäger gegen einen Hüter besser tun könne, glaubte Ron zu verstehen. Schließlich war Malfoy auch nicht der schlechteste Sucher und allein Harrys Motivation, die direkte Konfrontation mit McLaggen zu suchen, ließ ihn auf viele schöne Tore hoffen.

Endlich erschienen auch Madam Hooch und Ron. Die ehemalige Fluglehrerin hatte sich nach langem Drängen seitens der Direktorin bereit erklärt, zumindest als Schiedsrichter bei den Spielen zu erscheinen.

Madam Hooch musterte die rot-goldenen und schwarz-weißen Gestalten, nickte manchen freundlich zu, bedachte Neville mit einem skeptischen Blick und flüsterte dann leise in Richtung Harry: „Haben Sie sich diese Entscheidung auch gut überlegt?" Harry nickte entschlossen.

Der Magische Schild - HP FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt