Das Blumenhaus

57 6 0
                                    

Fröhlich plappernd und laut lachend trafen alle Hogwarts-Schüler nach den Weihnachtsferien in der Großen Halle ein und verstummten schlagartig, als sie am Lehrertisch zwei neue Gesichter sahen.

Vereinzelt hörte man es leise Raunen. „Sind das nicht Malfoys Eltern?" „Was wollen die denn hier?" Doch ein strenger Blick von McGonagall sorgte augenblicklich für Ruhe.

„Liebe Schülerinnen und Schüler", erhob die Direktorin die Stimme, „ich habe die Freude, Ihnen Ihre neuen Lehrer vorzustellen. Professor Lucius Malfoy wird ab sofort die zweiten bis siebten Klassen in Verteidigung gegen die Dunklen Künste unterrichten, und Professor Narzissa Malfoy wird den Verwandlungsunterricht übernehmen, da ich mit den anderen Aufgaben bereits völlig ausgelastet bin.

In den nächsten Wochen wird das Zaubereiministerium unangekündigt eine Unterrichtskontrolle durchführen, dies betrifft vor allem die ersten Klassen. Bis zu dieser Kontrolle werden die Jüngsten unverändert von den Dumblesnape-Schülern unterrichtet, danach übernehmen die dafür vorgesehenen regulären Lehrer diese Klassen. Das fünfte Haus bleibt dennoch bis zum Ende des Schuljahres bestehen.

Bevor wir nun jedoch mit dem Essen beginnen, hat Professor Malfoy mich gebeten, einige Worte an Sie richten zu dürfen, da er von vornherein etwas klarstellen möchte. Bitte, Lucius."

Sie nickte dem ehemaligen Schüler zu, der ihr dankte und sich von seinem Platz erhob. Mit der gewohnten Selbstsicherheit ließ er seine Augen über die Schüler schweifen, ehe er sich mit ruhiger Stimme vorstellte.

„Guten Abend. Den meisten von Ihnen wird mein Name geläufig sein und sicherlich wird sich der eine oder andere wundern, weshalb die Direktorin einen ehemaligen Todesser als Lehrer nach Hogwarts holt. Sie brauchen keine Angst zu haben, dieses wenig rühmliche Kapitel in meinem Lebenslauf gehört endgültig der Vergangenheit an; vielmehr möchte ich Sie davor warnen, blind in Ihr eigenes Unglück zu laufen, so wie ich es damals tat. Ich werde Ihnen beibringen, auf welche Weise Sie dunkle Magie erkennen können und welche Möglichkeiten Sie haben, sie abzuwehren. Wenn Sie dies zulassen, werde ich Ihnen ein guter Lehrer sein. Danke für Ihre Aufmerksamkeit."

Natürlich gab es während des Abendessens auf allen Haustischen nur ein Thema, so manches Mädchenherz brach bei der Beobachtung der beiden blonden Malfoymänner am Lehrer- bzw. am Dumblesnape-Tisch. Der Ältere war verheiratet, der Jüngere schwul. Es war zum aus der Haut fahren für die jungen Hexen.

Lediglich die Erstklässler waren traurig, nur noch eine kurze Zeit war ihnen mit den sympathischen Schülern des 5. Hauses vergönnt. Dabei hatten sie doch so viel bei den Älteren gelernt. In einigen Fächern, besonders in Geschichte der Zauberei, übertrafen sie sogar schon ihre Mitschüler aus der zweiten Klasse. Der Abschied würde ihnen nicht leicht fallen.

Auch die Dumblesnape-Schüler waren von den Neuigkeiten überrascht und wenn sie die Kleinen auch vermissen würden, so hatten sie dadurch doch eines: Mehr Zeit für die Suche. Sie freuten sich schon auf Snapes Gesicht, wenn er erfuhr, dass sie nun die Hälfte des Schildes ihr Eigen nennen konnten. Harry wie auch Draco hatten einen hohen Preis dafür bezahlt, um Haaresbreite wäre ihre Suche gescheitert, nur weil sie ein einziges Mal nicht zusammen gesucht hatten.

Nun hatten sie jedoch Hoffnung, den Schild bald ganz in ihren Händen zu halten. Den Fundort für den 5. Teil kannten sie bereits, auch wenn Harry nicht die leiseste Ahnung hatte, in welchem Haus seine Mutter aufgewachsen war. Aber vielleicht würde Snape hier weiterhelfen können, der Lily früher oft besucht hatte.

In Trelawneys Turm erhofften sie sich ebenfalls einen weiteren Hinweis zu finden, die Dumblesnape-Schüler waren fest entschlossen, die Suche nach dem wertvollen Schild fortzusetzen und nicht zu ruhen, bis das Artefakt vereint war.

Das Essen konnte gar nicht schnell genug vergehen und sobald Ron endlich den Löffel aus der Hand legte, weil ihm die bohrenden Blicke seiner Hausgefährten den Appetit verdarben, sausten die Schüler auch schon aus der Halle und hinauf zum Dumblesnape-Gemeinschaftsraum, in dem sie von Snape schon sehnsüchtig erwartet wurden.

Natürlich wollte der Tränkemeister jedes Detail ihres Fundes wissen und als die Schüler endlich ihre Erzählung beendet hatten, schüttelte er seufzend den Kopf. „Potter, man kann Dich auch keine fünf Minuten alleine lassen, ohne dass was passiert."

---

Der Schulalltag hielt wieder Einzug und die Dumblesnape-Schüler vergaßen vorerst ihre geplanten Suchaktionen. Die Unterrichtskontrolle hing wie ein drohender Schatten über ihnen. Was würde wohl passieren, wenn man mit ihnen nicht zufrieden war? Hermine war in ihrer Freizeit fast ausschließlich in der Bibliothek zu finden, bis Ron schließlich eifersüchtig fragte, ob nun er oder doch Theo ihr Freund wäre.

„Du hast leicht reden", schimpfte sie, „Du siehst ja gleich, ob sie Deinen Unterricht verstanden haben oder nicht. Wenn sie auf dem Besen bleiben, haben sie es geschafft. Bei Geschichte der Zauberei sieht das doch ganz anders aus. Wir haben jetzt die Unstimmigkeiten zwischen Zentauren und Zauberern besprochen, den Riesenkrieg und..."

„...und das ist schon mehr, als ich jemals aus unserem Unterricht mitgenommen habe. Mal im Ernst, Hermine, dass ausgerechnet Du Angst hast, im Vergleich mit Binns zu versagen, ist doch wohl mehr als lachhaft. Übrigens haben sich Dracos Eltern für heute Abend als Besuch angesagt", unterbrach der Rothaarige den Redeschwall seiner Freundin.

Die Schulleiterin hatte den beiden ehemaligen Slytherins ein nettes Appartement in den Kerkern gezaubert, Lucius und Narzissa fügten sich sehr schnell in Hogwarts ein. Der Zauberer wurde von den Hexen ähnlich angeschmachtet wie früher Lockhart, nur mit dem Unterschied, dass Lucius sein Handwerk verstand. Als ehemaliger Todesser kannte er nicht nur viele Flüche, sondern wusste auch, wie man diese abblocken konnte. Von diesem Wissen profitierten nun die Schüler und so manche junge Hexe seufzte entzückt auf, wenn Lucius während des Unterrichts die Robe ablegte, um mehr Bewegungsfreiheit zu haben.

Die jungen Zauberschüler schwärmten hingegen für die freundliche, wunderschöne Narzissa; das Ehepaar Malfoy schloss bereits heimlich Wetten ab, wer von ihnen am nahenden Valentinstag mehr Blumen bekommen würde.
Draco nutzte jede sich bietende Gelegenheit, um seinem früheren Haus einen Besuch abzustatten. Es machte ihn allerdings etwas stutzig, dass er dabei Greg niemals zu Gesicht bekam. ‚Na ja, er wird wohl bei Weasley sein', überlegte er, noch immer hatte er Probleme, Ginny bei ihrem Vornamen zu nennen. Schließlich hatte sie früher seinen Harry geküsst und Draco konnte sehr nachtragend sein.

Heute Abend musste Draco jedoch nicht nach Slytherin gehen, sondern seine Eltern würden ihn zum ersten Mal in seinem neuen Haus besuchen. Extra zu diesem Zweck hatte er Kreacher gebeten, ein paar Knabbereien und Getränke bereitzustellen und seinen Hausgefährten mindestens fünfmal eingeschärft, heute ja pünktlich zu kommen.

Schließlich saßen die Dumblesnape-Schüler in ihrem Gemeinschaftsraum und warteten. Endlich klopfte es an der Tür und Draco sprang auf, um seine Eltern hereinzubitten.
Neugierig blickte sich Narzissa um, die Handschrift Dracos bei der Einrichtung des Raumes war unverkennbar. Als sie allerdings Snapes Portrait in diesem unpassenden goldenen Rahmen entdeckte, schüttelte sie den Kopf.

„Severus, ich nehme an, dass DU Dir diesen Rahmen nicht ausgesucht hast, nicht wahr? Du gestattest doch, dass ich ihn ein wenig an Deine Vorlieben anpasse?"

Noch ehe der Angesprochene antworten konnte, schwang die Hexe den Zauberstab und verpasste dem Bild einen neuen Look. Zufrieden blickte Snape auf den Rahmen und nickte zustimmend. Ja, das Silber war deutlich besser und auch auf die klobigen Schnörkel konnte er gut verzichten.

Interessiert begutachteten die Malfoys auch die anderen Zimmer und stellten fest, dass die geringe Schülerzahl des Hauses Dumblesnape offensichtlich ein Vorteil war. Es gab genug Platz und man konnte sich hier wohlfühlen.

Nach der ersten Inspektion kam Lucius auf den Punkt, der ihn eigentlich hierher geführt hatte.

„Wie läuft eigentlich Eure Suche nach den fehlenden Teilen?", erkundigte er sich, während er entspannt ein Sandwich zum Mund führte.

„Hm, momentan ruht alles, weil wir uns auf die Unterrichtskontrolle vorbereiten müssen. Sobald diese aber abgeschlossen ist, werden wir unsere Bemühungen intensivieren", versuchte Hermine zu erklären.

Lucius zog die Stirn in Falten. „Denken Sie nicht, dass Sie nicht allzu viel Zeit vergeuden sollten? Dieser Furnius sieht nicht so aus, als ob er warten würde, bis Sie ihm die restlichen Bruchstücke vor der Nase wegschnappen. Haben Sie denn schon weitere Anhaltspunkte?"

Stolz verkündete Draco: „Die haben wir. Wir denken, dass eines der Stücke im Elternhaus von Harrys Mutter ist. Außerdem war McLaggen so scharf darauf, Trelawney beim Stöbern zu helfen, dass es sein könnte, dass wir dort weitere Anhaltspunkte finden."

„Dann würde ich mich an Eurer Stelle schleunigst daran machen, sowohl die Anhaltspunkte, als auch das 5. Stück zu finden", rügte Lucius seinen Sohn. „Oder hoffst Du darauf, dass es zum Fenster hereingeflogen kommt?"

„Nein, das nicht, aber wir können doch nicht einfach verschwinden." Draco schüttelte den Kopf über die Ungeduld seines Vaters.

„Am Wochenende spielt Slytherin gegen Ravenclaw. In dieser Zeit werdet Ihr einen kleinen Schulausflug machen", stellte der Ältere Draco vor vollendete Tatsachen.

„Ich weiß nicht, wo meine Mutter früher wohnte!", entfuhr es Harry.

„Aber ich!", mischte sich Snapes Portrait in die Unterhaltung ein. „Ich werde Euch den Weg erklären."

---

Den Dumblesnape-Schülern erschien die Zeit bis zum Wochenende wie eine Ewigkeit. Niemand außer ihnen, den Malfoys und Snape wusste, dass sie nicht wie alle anderen das Quidditchspiel beobachten würden; das Risiko, dass die Direktorin diesen Ausflug nicht gestatten würde, war zu hoch.

Während die Hogwarts-Schüler auf die Tribünen strömten, begaben sich diejenigen, die von der Existenz des Schildes wussten, außerhalb der Grenzen Hogwarts, um von dort aus zu Snapes Haus in Spinners End zu apparieren. Hier würde die heutige Suche beginnen, eine Suche zu Harrys Wurzeln.

Lucius Malfoy hatte sich nach einigem Zögern entschlossen, die Schüler nicht zu begleiten. Zwar reizte ihn das Risiko der Schatzsuche, doch letztendlich war es doch die Aufgabe der Acht, den Schild zu suchen und wieder zu vereinen. Er sparte nicht mit guten Ratschlägen und schärfte ihnen ein, sich nicht allzu weit voneinander zu entfernen.

Paarweise apparierten die Dumblesnapes weg und landeten wenige Augenblicke später in der wenig einladenden Umgebung, in der Severus Snape aufgewachsen war. Erschrocken musterte Draco die verdreckten Backsteinhäuser des ärmlichen Industrieviertels. Hier gab es keine Zauberer, nur Muggel lebten an diesem Ort. Wie hatte Snape es nur hier ausgehalten? Am Ende der Straße sah er das kleine, halbverfallene Häuschen, in dem der Zaubertranklehrer während der Ferien bis zu seinem Tod gelebt hatte.

„Lasst uns mit der Suche beginnen", sagte der Blonde mit rauer Stimme, seine Emotionen drohten, ihn zu überwältigen. Sein Instinkt sagte ihm, dass sie hier nicht sicher waren. Er spürte förmlich die neugierigen Blicke, die durch die Fenster auf sie gerichtet waren. Hilfesuchend tastete Draco nach seinem Zauberstab.

„Lass ihn stecken, Draco, Du darfst hier nicht zaubern", ermahnte ihn Hermine. „Außer Du willst, dass innerhalb von 5 Minuten das halbe Zaubereiministerium antanzt und unser kleiner Ausflug ans Licht kommt."

Bald schon hatten sie den kleinen Weg entdeckt, der am Fluss entlang führte, bis schließlich auf der anderen Seite die ersten Reihenhäuser auftauchten. Als sie den Fluss schließlich überquerten, war es, als würden sie eine neue Welt betreten. Die Straßen waren hier breiter, zu beiden Seiten befanden sich strahlend weiße Reihenhäuser, in deren Fenster Blumenstöcke standen.

Die Zauberschüler hatten kaum einen Blick übrig für die kleine, heile Muggelwelt, in der sie sich nun befanden. Zielstrebig verfolgten sie die Straße bis zu der kleinen Einfahrt des Hauses, in dem Lily Evans geboren worden war.

„Was machen wir, wenn dort Muggel leben?", bangte Milli. „Wir können schlecht sagen, dass wir den magischen Schild suchen."

Darüber hatte sich Harry noch keine Gedanken gemacht. Umso erleichterter war er, als er sah, dass weder am Briefkasten noch an der Türglocke ein Name angebracht war. Offensichtlich stand das Haus schon seit längerem leer.

Eine ältere Frau aus dem Nachbarhaus linste neugierig zu den acht Fremden. „Ich hoffe, Sie spielen nicht mit dem Gedanken, dieses Haus zu kaufen", trompetete sie durch die Hecke hindurch. „Da drin spukt es nämlich."

„Wir wollten uns es erst einmal ohne Makler ansehen!", rief Hermine als Antwort. „Sie wissen ja, wie diese Leute sind."

Die Frau lachte. „Oh ja, die wirklichen Mängel überspielen sie immer. Trotzdem sollten Sie vor Einbruch der Nacht das Haus verlassen haben. Seit 20 Jahren lebt keiner mehr in diesem Haus. Die Familie, die zuletzt hier lebte, vererbte es ihrer jüngsten Tochter. Sie soll jedoch gemeinsam mit ihrem Mann bei einem Autounfall ums Leben gekommen sein.

Außerdem geht etwas Unnatürliches darin vor. In den letzten Monaten hat sich das verschlimmert. Zu den unmöglichsten Tages- und Nachtzeiten flammte vom Garten her ein Feuer auf. Die ersten beiden Male rief ich natürlich sofort Polizei und Feuerwehr, aber als die kamen, war alles ganz normal. Die letzten zwei Male habe ich dann gewartet und es war tatsächlich innerhalb von 5 Minuten vorbei. Wie ich Ihnen bereits sagte, hier spukt es."

Hermine lachte auf. „Bestimmt gibt es eine ganz einfache Erklärung für diesen Spuk. Wissen Sie noch, wann Sie Ihre Beobachtungen machten?"

Die Frau nickte eifrig. „Oh ja, das erste Mal war Anfang Oktober, da dürfte es ungefähr Mitternacht gewesen sein. Das zweite Mal war Anfang November, da geschah es am späten Nachmittag. Das dritte Mal war gerade 3 Wochen später, an einem Samstagnachmittag. Und das letzte Mal war es gleich nach den Weihnachtsfeiertagen."

Hermine zuckte die Schultern. „Nun, vielleicht war es ein Auto oder etwas Ähnliches. Wir werden uns das Haus erst mal ansehen. Eine Kaufentscheidung können wir heute ohnehin noch nicht treffen. Trotzdem danke für Ihre Information."

„Der Schlüssel liegt unter der Fußmatte. Aber sagen Sie hinterher nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt!", rief die Nachbarin ihnen wohlwollend zu. Keine 10 Pferde hätten sie in dieses Haus gebracht. „Blumenhaus, pah! Spukhaus wäre der passende Name", murmelte sie, während die Zauberer einer nach dem anderen in dem Gebäude verschwanden.

Unentschlossen blieben die Dumblesnape-Schüler im Flur stehen. „Wo sollen wir mit der Suche beginnen?", fragte Neville. „Sollen wir uns aufteilen?"

Gleichzeitig schrien Harry und Draco entsetzt „NEIN!", Neville schrak zusammen.

„Sorry, Neville, aber nach dem, was beim letzten Mal passiert ist, gebe ich meinem Vater Recht. Wir müssen zusammenbleiben. Es dauert zwar etwas länger, aber dafür ist die Einheit vollkommen", entschuldigte sich der Blonde für seinen plötzlichen Ausbruch.

„Die Frau von nebenan erzählte doch, dass vom Garten her Feuer aufflammte. Vielleicht sollten wir dort mit der Suche beginnen", überlegte Hermine und erntete sieben erstaunte Blicke. „Nun seht mich nicht so entgeistert an. Denkt doch mal logisch. Anfang Oktober fanden wir das 1. Bruchstück, Anfang November das zweite. Ende November waren wir in Tinsworth und kurz nach Weihnachten machten wir den Ausflug in die Winkelgasse."

„Und was bedeutet das?", fragte Ron nach, der sich aus der Theorie seiner Freundin keinen Reim machen konnte.

Hermine stöhnte auf. „Das liegt doch wohl auf der Hand. Ich glaube, dass die Schildteile darauf reagieren, wenn eines von ihnen gefunden wird. Warum, weiß ich allerdings nicht, aber das finde ich heraus. – Auf jeden Fall sollten wir im Garten nachsehen."

„Wenn Du glaubst, dass ich den Boden umgrabe, dann täuschst Du Dich aber", erwiderte Ron. „Dafür ist nämlich Neville der Experte."

Sie liefen durch die Zimmer, die altmodischen Tapeten und die dicke Staubschicht zeigten, dass hier schon lange niemand mehr lebte.

Harry geriet in Versuchung, das Mädchenzimmer seiner Mutter zu suchen, doch Draco zerrte ihn unbarmherzig weiter. „Keine Extratouren", warnte er den Dunkelhaarigen, „nochmal mache ich das nicht mit!"

Im Garten gab es auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches. Das Grün des Rasens war komplett von Schnee bedeckt, die Hecke wucherte bereits in den Garten hinein. Alles sah sehr verlassen aus und Harry überlegte, ob es sein konnte, dass die letzten Bewohner wirklich seine Großeltern gewesen waren. Auch ihm hatte man das Märchen erzählt, Lily Potter wäre durch einen Autounfall ums Leben gekommen, ehe er von der magischen Welt und von Voldemort erfahren hatte.

Gerade als der Dunkelhaarige seinen Gefährten vorschlagen wollte, die Suche im Garten abzubrechen und stattdessen das Hausinnere in Augenschein zu nehmen, fiel ihm der Brunnen auf. Zwar war auch dieser mit Schnee bedeckt, doch am unteren Rand sprießten ganz unscheinbar und kaum auffällig winzigkleine, weiße Blümchen nach draußen. Im Sommer mochte das nichts Ungewöhnliches sein, aber es war Ende Januar.

Lag hier das Geheimnis? Harry beschloss, näher heran zu gehen, als sich plötzlich im Abstand von einem Meter um den Brunnen herum ein Feuerring bildete. Jetzt wurden auch die anderen aufmerksam und näherten sich dem Phänomen.

„Hast Du das Feuer gemacht?", wollte Theo von Harry wissen. Harry schüttelte den Kopf. „Nein, mir fielen nur die Blümchen auf, die beim Brunnen wachsen. Als ich näher kommen wollte, fing es von alleine an zu brennen."

„Faszinierend", stellte Draco fest. „Anscheinend schützt sich der Schild selbst vor seiner Entdeckung. Ich bin ganz nahe am Brunnen vorbeigekommen und habe die Blumen nicht gesehen. Da brannte auch nichts. Die Frage ist nur, ist der Schildteil am Brunnen vergraben oder im Brunnen versenkt?"

„Wir müssen wohl näher ran", seufzte Milli und zückte ihren Zauberstab, um mit einem Aguamenti das Feuer zu löschen. Zu ihrer großen Überraschung zischte es jedoch nicht, als der Wasserstrahl die Flammen traf, ungehindert spritzte das Nass an den steinernen Brunnenrand.

„Merkwürdig", befand Blaise und musterte die wild tanzende Glut. Er fühlte zwar die Hitze der Flammen, doch sonderbarerweise stellte er keine Veränderungen auf der Erde fest. Er durchwühlte seine Taschen, um darin etwas Brauchbares zu finden, doch außer einem Stückchen Pergament, auf dem er sich Notizen für den nächsten Verwandlungsunterricht gemacht hatte, fand er nichts.
Flüchtig las er sich seine Aufzeichnungen durch, ehe er das Papier zusammenknüllte und ins Feuer warf.

Das Papier glühte noch nicht einmal auf, völlig unversehrt landete es ebenfalls an den Steinen.

„Das ist kein echtes Feuer, nur eine Illusion", freute sich Ron und hüpfte ausgelassen durch den brennenden Ring. Die anderen taten es ihm nach.
Sobald auch der letzte die Flammen passiert hatte, fielen diese in sich zusammen und hinterließen nur die kühle, klare Luft eines kalten Wintertages.

Die Schüler bildeten einen Kreis um den Brunnen und blickten hinab in die lichtlose Tiefe. Im Inneren waren einige Steigbügel in den Stein eingelassen, der Zahn der Zeit hatte gewaltig am Metall genagt.

Prüfend beäugte Theo den rostigen Mechanismus, mit dessen Hilfe ein Eimer in die Tiefen gelassen werden konnte. Ein versuchsweises Ruckeln an der Kette zeigte dem Zauberer, dass der Brunnen seit langem nicht mehr genutzt wurde.

Neville formte einen Schneeball und verwandelte ihn in einen Stein. Diesen warf er über den Rand in den Brunnen hinein. Atemlos zählten die Zauberschüler die Sekunden, bis der Stein am Boden aufprallte. Das erwartete Platschen blieb jedoch aus.

„Offensichtlich ist kein Wasser mehr drin. Wenn der Brunnen aber noch dasteht, muss es einen Grund dafür geben – und ich denke, dass wir hineinklettern müssen", überlegte Harry laut.

„Aber nicht allein!", gab Draco zu bedenken und beschmuste seinen Liebling. Blaise verdrehte die Augen.

„Ich kann mir Euer Turteln ohnehin nicht mehr ansehen." Pfeifend schwang er sich über den Rand und kletterte über die Eisenteile wie über eine Leiter in die Tiefe. Neville folgte ihm, auch die anderen reihten sich ein. Hermine und Ron waren die Letzten, die nach unten stiegen.

Blaise war bereits unten angekommen und beleuchtete mit einem „Lumos" die nasskalte Umgebung. Ein kleiner Gang zweigte vom Brunnenschacht ab, ein Funkeln schien aus diesem Gang zu kommen. Neugierig blickte der Zauberer auf die engen Mauern, auf denen etwas geschrieben stand. Ohne auf die anderen zu warten, drängte er in den Gang hinein und las dabei die Worte.

Mögest Du finden, was Du suchst. Milde und Vertrauen sollen Dich führen. Doch vergiss nicht, zu achten, wohin Du trittst. Der Wächter des Schatzes ist Dein Verderb...

Natürlich hatte Blaise nicht auf den Weg geachtet und nun saß er in der Falle.

Neville wunderte sich, warum sein Freund nicht auf ihn gewartet hatte. Auch er hatte mittlerweile den engen Tunnel entdeckt, war jedoch umsichtig genug zu warten, bis auch der Letzte seiner Gefährten wieder festen Boden unter den Füßen hatte.

Erst dann gingen die Schüler der Reihe nach in den Gang hinein. Neville, Harry, Hermine, Milli und Theo hatten keine Scheu und lasen interessiert die Schrift an den Wänden, natürlich zog diese die ganze Aufmerksamkeit der Schüler auf sich.

Draco ging als Vorletzter. Es war nicht sein Stil, hinter dem Schildteil herzuhecheln wie ein junger Hund.

Ron fühlte sich merklich unwohl. Zwar spürte er stärker als jeder andere die magischen Schwingungen, die vom Ende des Ganges herrührten, doch auch etwas Anderes lag in der Luft, ein Geruch, den er unter Tausenden erkennen würde.

„Gibt es... hier Spinnen?", quiekte er ängstlich.

Draco drehte sich genervt zu ihm um und schüttelte den Kopf. „Ron, bei allem Verständnis, aber denkst Du nicht, dass es langsam an der Zeit wäre, Deine Angst vor kleinen Insekten in den Griff zu bekommen? Erstens ist es Winter und da gibt es keine Spinnen, zweitens sind die Tiere so klein und froh, wenn Du ihnen nichts tust. Und drittens stellst Du Dich an wie ein Mädchen. Nicht einmal Hermine und Milli haben so viel Angst vor Spinnen wie Du. AAAAHH."

Dadurch hatte auch Draco nicht mehr auf den Weg geachtet und lief nun ebenso in die Falle wie die anderen Dumblesnapes vor ihm.

Ron erstarrte. Hilflos zappelten seine Gefährten in einem riesigen Spinnennetz. Hinter sich hörte er ein scharrendes Geräusch und drehte sich blitzschnell um. Seine schlimmsten Alpträume wurden Wirklichkeit, als er die riesige Spinne sah, die sich drohend aufrichtete. Achtäugig, achtbeinig, hässlich, haarig und schwarz stand der Wächter des Schildteils vor ihm und klackerte ihn wütend an.

„Ein Freudentag für mich. Selten bekam ich so viel Fleisch, es wird ein Festmahl für mich sein."

Die schwarzen Augen der Acromantula schimmerten hässlich und Ron drehte sich hilfesuchend nach seinen Freunden um. Alle sieben hingen im Netz gefangen, zwar hatte jeder von ihnen noch seinen Zauberstab, aber keiner war in der Lage, irgendeine Bewegung damit auszuführen.

Voller Panik starrte Ron zwischen dem gigantischen Feind und seinen Gefährten hin und her.

Seit jeher waren diese fleischfressenden Insekten für ihn ein Horror gewesen, sein Irrwicht sah sogar aus wie eine Spinne und nun stand er alleine zwischen dem Ungeheuer und seinen Freunden. Niemand konnte ihm jetzt helfen, er allein trug die Verantwortung für das Kommende. Wenn es doch nur ein anderes Tier gewesen wäre, selbst eine Schlange wäre dem Rothaarigen in dieser Situation lieber gewesen als ausgerechnet eine Spinne.

„Es ist nur eine Illusion, genau wie das Feuer", redete Ron sich selbst Mut zu. Die Stimme begann krächzend zu lachen. „Nein, ich bin Realität und Du, Bürschchen, Du bist meine Vorspeise."

Mit einem Satz stürzte sie auf das einzige noch bewegliche Opfer, doch Ron war auf der Hut. Ein rascher Sprung zur Seite ließ die Spinne in ihr eigenes Netz laufen, doch sie blieb nicht darin hängen wie die armen Schüler.

„Du brauchst nicht mit mir fangen zu spielen", verhöhnte das Monster den Zauberer. „Ich hatte schon seit vielen Jahren kein Menschenfleisch mehr zu essen und bin sehr, sehr hungrig. Mein Appetit reicht für Euch Häppchen allemal."

„Verdammt, Ron, stell Dich endlich Deinen Ängsten!", brüllte Harry und zappelte hilflos im Netz. Je mehr er versuchte, sich aus den klebrigen Fäden zu befreien, desto hartnäckiger verfing sich der Dunkelhaarige darin.

„Oho, vielleicht willst Du lieber sehen, dass ich mit einem Deiner kleinen Freunde beginne. Das scheint mir ein wahrer Leckerbissen zu sein." Mit erhobenen Greifern näherte sich die Spinne Hermine, die vor Schreck laut aufschrie. „HILFE, RON!"

Eine Welle heißer Wut durchströmte den Körper des jungen Mannes. „Hände weg von meiner Freundin!", donnerte er völlig außer sich und vergaß dabei völlig, dass er panische Angst vor Spinnen hatte. „Nichts und niemand vergreift sich an Hermine, ist das klar?" Er schleuderte einen gewaltigen „Petrificus" auf den haarigen Spinnenkörper ab und sah zufrieden zu, wie die Bewegungen des Insekts völlig erstarrten.

Wie eine steinerne Statue stand das Tier dicht vor Hermine, die Hexe wimmerte wegen des grauenhaften Anblicks.

Ron schwang seinen Zauberstab wie ein Schwert und zerfetzte damit das Netz der Spinne vollständig, bis er alle seine Freunde daraus befreit hatte. Hermine fiel ihm weinend um den Hals, der Schock war ihr tief in die Knochen gefahren. So sehr hatte sie sich nicht einmal im letzten Jahr vor Bellatrix gefürchtet.

Neville und Blaise lagen sich genauso in den Armen wie Harry und Draco es taten. Milli zitterte am ganzen Körper und selbst Theo war der Horror anzusehen. Der ehemalige Slytherin hatte zwar schon von Acromantulas gehört und gelesen, aber es war doch etwas völlig Anderes, einem solchen Ungetüm Auge in Auge gegenüberzustehen.

Es dauerte eine Weile, bis sich der erste Schock legte. Blaise deutete auf das Funkeln und meinte mit bebender Stimme: „Ich denke, Du bist der Einzige, der ein Recht auf dieses Bruchstück hat."

Ron nickte und hangelte den Schildteil aus seinem Versteck. ‚Für Fred', dachte er, als er das Metall fest in seine Robe hüllte.

„Ich finde, wir sollten hier möglichst schnell raus", gab Draco zu verstehen und deutete auf die Spinne, deren Versteinerung langsam aber sicher nachließ. Noch war es nur der untere Teil der Beine, der zuckte, doch bald würde sich das Ungeheuer erneut bewegen und dann hätten sie wohl keine Chance mehr.

Schnell traten sie den Rückweg an und gerade als Harry, der diesmal als Letzter nach oben kletterte, die schmalen Steigeisen betrat, hörte er hinter sich ein wütendes Krächzen. Der Wächter war aus seiner Versteinerung erwacht und hatte bemerkt, dass seine Tätigkeit nun sinnlos war.

Flink wie ein Eichhörnchen kraxelte der Dunkelhaarige nach oben, erbost folgte ihm die Spinne. Doch als Harry sich mit über den Rand warf, griff sich Theo den Eimer und zerrte ihn mit aller Gewalt aus der Verankerung. Rasselnd glitt die Kette nach unten, hart traf das Holz auf den Schädel der Spinne, die das Gleichgewicht verlor und von den Wänden abrutschte. Bevor sie sich wieder fangen konnte, richteten die Dumblesnape-Schüler ihre Zauberstäbe auf den Brunnen und füllten diesen mit Wasser.

Unter lautem Gurgeln ertrank der Wächter in den plötzlichen Fluten.

„Ron, ich werde Dich nie wieder wegen Deiner Arachnophobie ärgern", schwor Hermine und Draco und Harry taten es ihr gleich.

Überglücklich traten sie den Heimweg an und apparierten wenig später an die Grenzen Hogwarts'. Zum Glück war das Quidditchspiel noch im vollen Gange, wie sie an Lunas Bemerkungen über magische Wesen erkannten.

Draco setzte sich neben seinen Vater zu den Slytherins und feuerte eifrig Greg an, der mit der Keule den Klatscher vom Sucher fernhielt.

Beiläufig fragte Lucius: „Fündig geworden?" Dann warf er einen Blick auf seinen Sohn und sagte: „Übrigens, auf Deiner Robe sitzt eine Spinne."

Mit einem lauten Schrei fiel Draco in Ohnmacht und erwachte erst, als Ron einen Kübel Eiswasser über seinen Kopf ausgoss. „Denkst Du nicht, dass DU Deine Angst vor Spinnen langsam in den Griff bekommen solltest?", grinste der Rothaarige ihn an. 

Der Magische Schild - HP FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt