Verstört musterte Sibyll Trelawney die acht Schüler ihres Hauses, die mit unschuldigen Mienen vor ihr standen. „Sie wünschen...?", fragte sie mit krächzender Stimme und schickte ein Stoßgebet gen Himmel, dass es keine Probleme gab.
Viel zu lang hatte sie ihren Schützlingen nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt, sondern sich vor allem mit den Zukunftsplänen ihrer Lieblingsschülerin Lavender Brown beschäftigt. Hoffentlich würde sich das heute nicht rächen.
Blaise schenkte der Hauslehrerin Dumblesnapes ein strahlendes Lächeln. „Aber Professor Trelawney, Sie hatten uns doch vor einiger Zeit gebeten, Ihnen bei der Entrümpelung des Wahrsageturms zur Hand zu gehen. Heute haben wir uns nur für Sie die Zeit genommen und ließen Ihretwegen sogar das Quidditchtraining ausfallen. Sagen Sie jetzt bitte nicht, dass Sie uns vergessen haben."
Gespielt schmollend schob er die Unterlippe vor; natürlich wusste das Schlitzohr genau, dass Trelawney gerade heute nicht die Zeit hatte, die Schüler bei der Suche zu beaufsichtigen. Es war ein offenes Geheimnis, dass sich Hauslehrerin Dumblesnapes ein paar Galleonen damit hinzuverdiente, indem sie die Monatshoroskope für die Hexenwoche schrieb.
Verlegen lächelte die Wahrsagelehrerin. „Natürlich habe ich Sie nicht vergessen, Mr. Zabini, mein inneres Auge teilte mir bereits vor Tagen mit, dass Sie und Ihre Kameraden heute kommen würden. Unglücklicherweise bin ich leider verhindert, ich muss im Stress der letzten Tage wohl vergessen haben, Ihnen das mitzuteilen."
„Oh nein!", entfuhr es Milli mit falschem Bedauern. „Wir haben Ihretwegen extra unsere Pläne geändert und alle Vorhaben auf die nächsten Tage verschoben. Wer weiß, wann wir das nächste Mal alle die Zeit dazu finden. Es ist einfach schrecklich, diese Gelegenheit so ungenutzt verstreichen zu lassen. Wir würden Ihnen doch so gerne helfen, schließlich sind Sie die beste Hauslehrerin, die Dumblesnape je hatte!"
Harry konnte gerade noch rechtzeitig den in ihm aufkeimenden Lachkrampf in einen Hustenanfall umwandeln, während Hermine das Gesicht verzog. Den sarkastischen Unterton in Millis Worten hörte Trelawney nicht und lächelte dankbar über das scheinbar so nette Kompliment. „Wenn das so ist, Ihr lieben, lieben Kinder, werde ich Euch natürlich gerne erlauben, Euch nützlich zu machen", erklärte die Lehrerin gerührt. „Wie überaus aufmerksam Ihr doch seid. 5 Punkte für Dumblesnape, für jeden von Euch."
Draco grinste. Nun würden sie nicht nur ungestört nach Hinweisen suchen können, sondern wurden auch noch vorab dafür belohnt. Trelawney hatte eindeutig einen gewaltigen Sprung in der Kristallkugel.
Angewidert beäugte er jedoch das Chaos in der Abstellkammer, in die Trelawney sie führte.
„Alles, was mit Zukunftsdeutung aus Tassen, Kugeln, Karten oder Ähnlichem zu tun hat, ordnen Sie bitte links ein. Material zu Horoskopen, Handlesen, Orakel und Visionen legen Sie in den Schrank auf der rechten Seite. Die Teetassen und Kristallkugeln dürfen Sie in das Klassenzimmer bringen. Was Ihrer Meinung nach entsorgt werden soll, zeigen Sie mir bitte vorher oder lassen es in der Mitte liegen. Wenn Sie Fragen haben sollten, erreichen Sie mich in meinem privaten Zimmer. Oh, und diese beiden schwarzen Truhen lassen Sie bitte stehen. Ich habe sie von meiner Urururgroßmutter Cassandra Trelawney geerbt und fand bis jetzt nicht die Zeit, hineinzuschauen", wies die Lehrerin ihre Helfer an, bevor sie eiligen Schrittes in ihr Zimmer verschwand, um die gut bezahlten Monatshoroskope zu erstellen.
„Bäh, dem Staub nach muss sich hier früher eine Wüste befunden haben", ätzte Theo und fuhr mit dem Finger über eine Kiste. „Wo sollen wir nur mit dem Putzen anfangen?"
„Ich schlage vor, wir öffnen ein paar Schachteln für den Fall, dass Trelawney zum Kontrollieren kommt. Gleich nach der Kontrolle machen wir uns dann über die alten Truhen her. Ich hab das Gefühl, als würden wir dort etwas finden", schlug Hermine vor.
Als die Lehrerin nach einer halben Stunde das Werk ihrer Helfer inspizierte, stellte sie fest, dass diese sich brav an ihre Anweisungen hielten. Die Teetassen und einige Kristallkugeln standen bereits im Klassenraum, die Regale zu beiden Seiten des Abstellraumes füllten sich langsam, während der Schachtelberg in der Mitte des Raumes schon deutlich niedriger war.
„Sehr liebenswürdig von Euch", lobte die Lehrerin ihre Schüler. „Ich lasse Euch noch eben Tee und Kekse bringen. Welches Sternzeichen sind Sie eigentlich, Miss Bullstrode?"
Milli antwortete mit leicht skeptischem Unterton: „Wassermann, wieso?"
„Ihr Horoskop sagt, dass Sie bald eine interessante Erfahrung machen werden. Hört sich das nicht wundervoll an?", frohlockte Trelawney.
„Ja, ganz toll", murmelte Milli und verdrehte die Augen. „Nur gut, dass wir Wassermänner nicht an Horoskope glauben."
Beleidigt zog sich die Lehrerin zurück, während die anderen Schüler laut loslachten.
„Jetzt können wir die Truhen öffnen", meinte Hermine, nachdem sich alle wieder beruhigt hatten.
„Ich dachte, Trelawney wollte uns noch Tee und Kekse bringen?", warf Ron ein, dessen Magen gerade wieder einmal verdächtig knurrte.
„Das hat sie schon längst wieder vergessen. Die nächsten zwei Stunden kommt sie sicher nicht mehr."
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„Puh, ich kann nicht mehr", keuchte Ginny. Seit zwei Stunden versuchte sie, gemeinsam mit Greg, Seamus und Dean den „Raum der Wünsche" mit Magie zu speisen. Sie hatte sich sogar aus der Bücherei ein Buch über Magieübertragung ausgeliehen. Bis jetzt waren ihre Bemühungen ohne Erfolg geblieben, zwar war der Raum bewohnbar, aber eben nicht anders als jedes andere Zimmer im Schloss.
„Ein Königreich für ein Sofa", stöhnte Seamus und ließ sich auf den harten Stuhl fallen, als dieser plötzlich ein Polster bekam. Ungläubig sprang der Ire auf und beäugte das Möbelstück, das sich zusehends verbreiterte. Ein Überzug bildete sich zwischen den hölzernen Beinen, aus dem Nichts heraus wuchsen Armlehnen und dann stand an der Stelle des Stuhls die so sehnlich herbeigewünschte Couch.
„Wir haben es geschafft!", jubelte Greg und fiel der rothaarigen Hexe um den Hals. Dean und Seamus hüpften wie zwei Springböcke um das neue Möbelstück herum und konnten ihr Glück kaum fassen.
„Ja, wir haben es tatsächlich geschafft", lächelte Ginny und drückte ihren Greg ganz fest.
Vorsichtig setzte sich Seamus auf das Sofa und legte dann mit einem behaglichen Stöhnen die Beine hoch. Keck grinste er seine Mitwisser an. „Jetzt hätte ich gern einen Tisch dazu." Der Raum reagierte dieses Mal jedoch nicht.
„Hey, warum funktioniert das nicht?", ärgerte sich Greg und trat mit dem Fuß gegen die Wand. „AUA!", entfuhr es ihm laut und er hüpfte mit schmerzverzerrtem Gesicht herum. Der Tritt hatte ihm mehr wehgetan als der Mauer. Aus dem Nichts heraus erschienen ein Tiegel mit schmerzlindernder Salbe und etwas Verbandsmaterial.
„Hm", überlegte Ginny, „anscheinend erfüllt der Raum nur noch wirkliche Bedürfnisse. Als Seamus' Beine schmerzten, wurde der Stuhl zum Sofa, damit er die Beine hochlegen kann. Weil Du Dich verletzt hast, schickt der Raum Dir die Salbe. Anscheinend weiß er, dass der Tisch nur ein zusätzlicher Wunsch ohne wirkliches Bedürfnis war, und hat den Wunsch daher ignoriert. Das heißt aber, dass wir es tatsächlich geschafft haben." Die rothaarige Hexe strahlte über das ganze Gesicht. „Wann sagen wir es den anderen?"
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Die anderen hatten mittlerweile einen Großteil der Schachteln zur Seite geschoben und saßen nun alle um die beiden Kisten herum, während sie sich beratschlagten, welche sie zuerst aufmachen sollten. Beide gleichzeitig zu öffnen, war zu riskant, schließlich wussten sie nicht, was sich darin verbarg. Die schlechten Erfahrungen, die sie im Lauf ihrer Suche gemacht hatten, hatten sie alle etwas vorsichtiger werden lassen. Außerdem raschelte es in der einen Truhe so merkwürdig.
Milli wurde leichenblass. „Meint Ihr, es könnten Ra...Ra...Ratten sein?", stotterte sie panisch und zitterte am ganzen Körper.
„Möglich", überlegte Hermine, „oder aber ein Irrwicht."
„Also auf jeden Fall Ratten", bibberte Milli, die nichts auf der Welt mehr fürchtete als die heimtückischen Biester, die von vielen Schülern Hogwarts als Haustiere gewählt wurden.
„Wir sollten zuerst die andere Truhe öffnen", schlug Theo vor und deutete auf die kleinere. „Da scheint nämlich nichts Lebendiges drin zu sein."
„Also höchstens tote Ratten", spottete Blaise und wurde von Neville ausgeschimpft, nicht so herzlos zu sein, die arme Milli zu ärgern.
„Seid Ihr bereit?", fragte Draco. Die anderen nickten und zückten vorsichtshalber ihre Zauberstäbe. „Alohomora", befahl der Blonde, zwei klickende Geräusche verkündeten, so dass die beiden Schlösser an der Vorderseite der Truhe nun offen waren.
Achtsam zog Draco den Deckel nach oben und schaute neugierig ins Innere des Behälters. Dann fing er an zu lachen.
„Welch ein Vermächtnis, welch ein Erbe. Ein Stück mottenzerfressener Samt und ein paar Rollen Pergament. Ich lache mich tot."
Respektlos griff er in die Truhe und zog den Stoff heraus.
„Dieses Beige würde doch hervorragend zu Trelawneys Haaren passen, vielleicht sind das Schnittmuster für neue Roben, weil die gute, alte Cassandra sah, dass ihre Urururenkelin dringend neue Kleider braucht."
Die anderen waren erst einmal erleichtert, dass nicht irgendetwas aus der Truhe gesprungen war. Dann jedoch schauten sie auf den Samt, den Draco frech durch die Luft wedelte, und erstarrten.
Draco fiel inmitten seines Spotts die plötzliche Schweigsamkeit seiner Hausgefährten auf und er warf einen prüfenden Blick auf die ihm abgewandte Seite des Stoffes.
„OH!", sagte er nur noch und strich andächtig mit der Hand darüber.
Jemand hatte ein Bild des magischen Schildes auf den Samt gezaubert; aus dieser Zeichnung ging genau hervor, welches Bruchstück sich an welcher Stelle befand. Wie aus einer Bauanleitung ließ sich die Reihenfolge der Steine entnehmen: An der 12-Uhr Position befand sich der Rubin, neben ihm im Uhrzeigersinn folgten Onyx, Hämatit, Rosenquarz, Amethyst, Diamant, Bernstein und Malachit. Die sonderbaren Schriftzeichen auf dem Schild, die keiner der Schüler hatte lesen können, waren Runen und hatten sich zu Wörtern verbunden. Nur Draco und Hermine hatten „Alte Runen" belegt und versuchten angestrengt, etwas zu entziffern; sie scheiterten aber daran, dass es einfach zu undeutlich gezeichnet war.
„Kann es sein, dass einem der Schild sagt, was zu tun ist?", erkundigte sich Harry und erntete ein gebrummtes „Wahrscheinlich" von Draco.
Interessiert angelte sich Hermine eine der Schriftrollen aus der Truhe, entrollte diese und begann zu lesen.
Weit reicht mein Auge zurück in Welten aus Angst und Gefahr.
Ein Schild ward' geschmiedet aus Silber, mit Gold beringt
auf dass er dem Träger Glück im Übermaß bringt.
Die königlichen Tugenden zu vereinen
ward er geschmückt mit acht Edelsteinen.
Onyx, der Schwarze bringt Stärke und Kraft
Malachit, der Grüne, Verständnis schafft
Hämatit, der Glänzende, stärkt den Mut
Für Vertrauen und Milde ist Rosenquarz gut
Intuition bringt der Amethyst
Bernstein ein Schutz vor dem Bösen ist
Der Diamant bringt endgültige Klarheit,
Erleuchtung, Frieden, reine Wahrheit.
Doch erst mit des Rubins blutrotem Schein,
zieht die Allmacht der Liebe in die Herzen ein.
Der magische Schild, so ward es verheißen,
vermag dem Tod 8 Seelen zu entreißen
Derjenige, dem es anvertraut war durch magische Kraft, fiel durch des vermeintlichen Freundes Hand. Im Sterben verfluchte er den Verräter, auf dass dieser so lange auf Erden wandeln müsse, bis der Schild seine Macht verlöre. Die Götter erhörten den Sterbenden, die Nebel trugen den gefallenen König in das Reich der Geister. Von dort aus wachte er über die acht Getreuen, die mit ihm gekommen waren und denen er den Schild anvertraut hatte, auf dass die gierige Hand ihn nie erreichen würde.
Der Verfluchte jedoch trachtete nach dem magischen Artefakt, dessen Besitz die Herrschaft bedeutete. Die Nebel, die dem wahren König so freundlich gesonnen waren, rissen den Verräter jedoch hinfort. Die Gnade des Todes wurde der blutbefleckten Hand nicht gewährt, ein grausames Schicksal zwischen Leben und Tod war ihm bestimmt und schwer musste er für sein Verbrechen büßen.
Doch selbst das Dasein im Schatten, zu dem er verdammt war, vermochte seine Gier nicht zu stillen, so dass die Nachfahren der Königstreuen schließlich andere mit dem Schutz der wertvollen Schätze betrauten.
Von Zauberern gemacht, kehrten sechs der Bruchstücke zurück in die magische Welt; zwei verblieben in der Welt jener, die wir seit alters her Muggel nennen. Doch auch über diese beiden Stücke wurde ein magischer Schutz gewebt, auf dass der Schild niemals wieder vereint werden sollte, wenn nicht eine Gemeinschaft aus acht Auserwählten ihn riefe.
Flüche wurden gesprochen, die der Geist des Verfluchten nicht brechen konnte. Allein der Gemeinschaft der Acht war es vorbestimmt, den Schild zu erneuern. Weisheit mag vonnöten sein, Mut und Kraft. Verständnis und tiefes Vertrauen. Im Schutz der Gemeinschaft mag die Intuition sie zur umfassenden Liebe führen.
An dieser Stelle endete die erste Schriftrolle und Hermine sah in die fassungslosen Gesichter der anderen, die vor Spannung kaum noch zu atmen wagten. Nun verstanden sie, weshalb McLaggen so scharf darauf gewesen war, Trelawney zur Hand zu gehen. Hier in dieser Truhe lag die Erklärung für alles. Eines jedoch war fraglich. Welche Rolle spielte Cassandra Trelawney in diesem Spiel? Woher hatte sie ihr Wissen über den Schild?
Schließlich räusperte sich Theo. „Nun kennen wir Furnius' Tat und sein Schicksal. Jetzt wissen wir, warum er so viel Angst vor Nebel hat. Aber eines hat Cassandra uns verschwiegen. An welchem Ort befinden sich die restlichen Bruchstücke? Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr Wissen nicht nur aus Visionen stammt.
Die anderen Dumblesnape-Schüler stimmten ihm zu. Hermine griff zu einem zweiten Pergament, entrollte dieses und überflog es kurz. Verächtlich warf sie es zur Seite. „Falls jemand nach „100 Möglichkeiten zur Weissagung aus Teeblättern" sucht, hier sind sie."
Nacheinander entrollte Hermine Pergament um Pergament, bis zuletzt nur noch eines übrig geblieben war. Eine sonderbare Hitze ging von diesem aus, Hermine spürte die feinen Vibrationen und unerklärlichen Schwingungen wie tausend kleine Nadelstiche. Im Gegensatz zu all den anderen Rollen war diese versiegelt. Die Hexe zögerte nur einen Wimpernschlag lang, ehe sie das kalte Wachssiegel brach, roter Dampf stieg hervor.
Ein magischer Windstoß vertrieb den Dampf, jedoch konnte Hermine die wild tanzenden Buchstaben auf dem Papier einen Moment lang nicht lesen. Intuitiv führte sie eine Bewegung mit ihrem Zauberstab aus, ihre Mitschüler staunten. Woher kannte die Hexe diesen Zauber, den sie bestimmt nicht im Unterricht gelernt hatten? Die Schriftzeichen erstarrten und die Hexe konnte endlich die Inschrift des Pergaments lesen.
In acht Teile ward' der Schild zerschlagen und acht ist die Zahl derer, die seine Macht erneuern können. Am Ende wartet nur der Tod.
Schwarz und weiß bestimmt das Leben.
Acht mal acht Gelegenheiten, doch nur eine führt zum Ziel.
Verborgen tief im Schoß der Erde wartet die Klarheit auf den,
der mit Verstand reagiert.
Doch wehe dem Suchenden, der versagt,
die Kreaturen der Erde, des Wassers und der Luft werden ihn verschlingen.
„Das war der erste Schildteil", entfuhr es Theo. „Wenn wir das vorher gewusst hätten, hätten wir uns die Begegnung mit den Wespen ersparen können."
Hermine las jedoch ungerührt weiter.
Magische Mächte bieten Schutz,
demjenigen, der sich in guter Absicht nähert.
Doch zittere und fürchte Dich, unreines Herz.
Denn alles Machtstreben endet
beim Kampf um das Leben gegen Dich selbst.
„Die Heulende Hütte." Das war Millis Schildteil und mit Unbehagen dachte die mollige Hexe an die Verfolgungsjagd des damaligen Tages zurück. Doch damals war der Grundstein dessen gelegt worden, was die Dumblesnape-Schüler bis heute verband.
Wasser ist Leben und Tod zugleich.
Es tränkt uns und reißt uns doch hinfort.
In der Tiefe des Meeres findet derjenige Mut,
der für seine Freunde kämpft,
am Ort, der an Land geboren wurde.
„Mein Schildteil", gab Blaise zu bedenken. „Aber ohne Snapes Tipp mit den ersten magischen Siedlungen und Bills Geschichtsstunde wüssten wir wohl heute noch nicht, was mit dem an Land geborenen Ort, der jetzt in der Tiefe des Meeres ist, gemeint war."
Kein Geld der Welt, auch nicht das reine Blut
kann Verständnis für andere kaufen.
Gemeinschaft macht die Seele stark.
Schwach ist, wer allein versucht,
sich dem Grauen zu stellen.
Draco war nicht in der Lage, irgendetwas zu sagen. Stattdessen hielt er Harrys Hand fest und strich zärtlich mit dem Daumen über dessen Handrücken. Der Dunkelhaarige spürte genau, was in seinem Freund vorging. Mit sanftem Druck gab er Draco das zu verstehen.
Hermine hatte nach diesem Abschnitt hochgeblickt und ihre Augen auf den Blonden gerichtet. Als sie bemerkte, dass Dracos Gedanken in diesem Moment nur bei Harry verweilten, senkte sie den Kopf und las mit einem milden Lächeln auf den Lippen weiter vor.
Wer seine Angst nicht überwindet,
wer ewig in Lähmung erstarrt,
dessen Reise endet beim Blumenhaus.
Denn tief im Brunnen ruht ein Schatz,
Illusion und Wahrheit schützen ihn.
„Das war mein Schildteil", entfuhr es Ron. „Und wenn ich im Nachhinein an die Spinne denke, kann ich nicht glauben, dass ich es tatsächlich mit ihr aufgenommen habe. Sie war riesig, Aragog kann nicht sehr viel größer gewesen sein."
„Doch, war er", korrigierte Harry trocken.
„Jetzt wird es interessant", meinte Hermine, „vielleicht erfahren wir jetzt, an welchen Orten die fehlenden Teile sind."
Lasse Dich führen von der Intuition,
denn vieles, was ist, kann das Auge nicht sehen.
Verzage nicht, denn das Ziel ist sehr nah.
Doch hüte Dich, denn oft verbirgt sich in Truhen mehr,
als es von außen den Anschein hat.
Hermine hüstelte und deutete auf die zweite Truhe. „Da", sagte sie ganz leise. „Da drin ist mein Teil."
„Soll ich sie öffnen?", bot Neville an.
Hermine winkte ab. „Gleich, Neville. So lange wir nicht wissen, was sich noch in der Truhe verbirgt, wäre es mir lieber, erst alles zu lesen. Ich habe nämlich das Gefühl, dass wir bald in gewaltigen Schwierigkeiten stecken – so wie jedes Mal – und was wir jetzt nicht herausfinden, erfahren wir vielleicht nie mehr."
Die Hexe konnte sich selbst nicht erklären, woher dieses Wissen kam, irgendetwas in ihrem Inneren versicherte ihr jedoch, dass genau das passieren würde. Sie atmete noch einmal tief durch und las dann weiter.
Auf Nebeln entschwebte er in eine andere Welt,
sein Körper allein blieb zurück.
Ein schmuckloses Hügelgrab seine letzte Ruhestätte,
bis die acht das Geheimnis enthüllen
und neue Kraft schöpfen.
„Das ist dann wohl mein Stein", bemerkte Neville. Er, Harry und Hermine waren die Einzigen, die noch keines der Bruchstücke hatten. Seit der Heulenden Hütte wusste Neville, dass ihm das Schildteil mit dem Onyx, dem Stein der Kraft, zugeteilt war. Jeder der acht hatte damals etwas empfunden, als sich ihre Seelen für einen Augenblick verbanden und jeder hatte das Fragment bekommen, dessen Stein für dieses Gefühl stand.
„Aber wer ist gemeint und wo ist dieses Grab?", fragte Blaise. „Furnius kann es nicht sein, der Nebel hat nur seine ausgezehrte Leiche zurückgelassen, nicht wahr?"
Hermine pflichtete ihm bei. „Ich denke, es ist Cumulus' Grab. An welchem Ort sich das jedoch befindet, kann ich nicht sagen. Nach dem, was wir wissen, starb er nicht in seiner Stadt, Schwahfel schrieb ja, dass Furnius allein zurückkehrte. Er hat seinen Freund also irgendwo auf der Flucht getötet. Das hilft uns aber nicht weiter."
Harry wurde blass. Manches aus der Zeit, in der Furnius seinen Körper besetzt hielt, hatte er seinen Freunden verschwiegen, weil er selbst noch nicht damit klarkam. Jetzt allerdings war die Zeit gekommen, Farbe zu bekennen. Der Dunkelhaarige seufzte und murmelte leise:
„Ich weiß, wo Cumulus begraben ist. Als Furnius in mir war, prahlte er mit seiner Tat und erzählte, dass er Cumulus in der Nähe von Ballater getötet hat. Er ..."
Harrys Stimme brach bei der Erinnerung an die schrecklichen Tage und Draco legte ihm mitfühlend den Arm um die Schultern. „Hey, alles ist gut, Schatz", flüsterte er ihm beruhigend ins Ohr. „Er ist weg und wird nie wieder in Dich hineinfahren."
Dankbar legte der Dunkelhaarige seinen Kopf in die Halsbeuge des Blonden und hörte aufmerksam zu, als Hermine das Wissen der Seherin um das letzte Bruchstück des Schildes enthüllte.
Ein Mysterium ist die Liebe,
nichts tut so weh und ist doch so schön.
Nur wer nach diesem Ort sucht, wird ihn auch finden
Doch keiner kehrt unverändert zurück.
Die Gemeinschaft endet vor dieser Tür,
zu zweit ist alles zu ertragen.
„Na toll", schnaufte Harry, „das ist dann wohl mein Bruchstück und ich habe nicht die leiseste Ahnung, wo ich suchen soll. Noch undeutlicher konnte sich Cassandra wohl nicht ausdrücken. Oder soll ich warten, bis mir der Ort vor die Füße läuft?"
„Vielleicht kann Snape uns weiterhelfen", dachte Neville laut nach. „Immerhin hat er uns auch den Tipp mit dem Blumenhaus gegeben."
Draco schüttelte verneinend den Kopf. „Wenn Snape etwas wüsste, hätte er uns das längst gesagt. Zu dumm, dass uns Cassandras Worte kein Stück weiterhelfen. Das Einzige, was wir wissen, ist, dass es Harry und mich trifft. - Manchmal frage ich mich, ob alle Wahrsagerinnen vor Berufsantritt Insassen im St. Mungos waren. Die haben doch ausnahmslos einen an der Klatsche!"
Hermine und Milli kicherten und auch die Zauberer stimmten dem Blonden uneingeschränkt zu.
„Seid nicht so hart, immerhin hat unsere gute, alte Trelawney ein paar Zufallstreffer gelandet", frotzelte Theo, deutete auf Nevilles Po und gab einige Beißgeräusche von sich.
Blaise zog Neville beschützend in seine Arme. „Lass Dich nicht ärgern, Tiger", flüsterte er versöhnlich in dessen Ohr. „Theo ist nur neidisch, weil sein Arsch nicht so appetitlich ist wie Deiner." Zur Untermauerung seiner Worte strich er sanft über Nevilles Hinterbacken, der daraufhin ein lustvolles Stöhnen nicht unterdrücken konnte.
„Nehmt Euch ein Zimmer", warf Ron gereizt ein, das Turteln des schwulen Pärchens irritierte ihn gewaltig. Seit Weihnachten hatte er bei Hermine keinen Treffer mehr landen können. Erst war Harrys Besessenheit dazwischen gekommen, dann die Ankündigung der Unterrichtskontrolle und zum Schluss die Intensivierung ihrer Suche. Er hatte ja durchaus Verständnis, dass seine Freundin manchmal nicht in Stimmung war, aber schließlich war er auch nur ein Mann mit gewissen Bedürfnissen. ‚Spätestens am Valentinstag', schwor er sich innerlich und konnte nicht verhindern, dass er allein bei diesem Gedanken hart wurde.
Während Ron sich überlegte, mit welchen Tricks er Hermine verführen konnte - ihm schwebte ein gemeinsames Schaumbad im Bad der Vertrauensschüler vor, natürlich mit Champagner, Rosenblättern und Kerzenlicht -, versuchte Harry immer noch, für sich den Sinn von Cassandras Worten zu entschlüsseln. Weshalb empfand die Seherin die Liebe als Mysterium?
Selbst McGonagall, der Harry nun wirklich überhaupt kein Liebesleben zugetraut hatte, wusste um das Wesen der Liebe, wie er seit dem nächtlichen Gespräch an Snapes Grab wusste. Er wäre ja niemals auf die Idee gekommen, dass ausgerechnet die so streng und unnahbar wirkende Direktorin eine Liebesbeziehung mit dem weltoffenen und bisweilen etwas exzentrischen Dumbledore gehabt hatte.
Bei dem Gedanken an den alten Zauberer seufzte Harry wehmütig auf und merkte nicht, dass Draco ihn daraufhin voller Sorge anblickte.
So oft hatte Dumbledore mit ihm über das stärkste aller Gefühle gesprochen, das den Dunkelhaarigen sein Leben lang beschützt hatte und von dem er so viel und Voldemort überhaupt nichts besaß. Dieser Umstand hatte Harry das Leben gerettet, als der Lord sich seines Körpers bemächtigte, damals in der Mysteriumsabteilung...
‚Mysteriumsabteilung', durchzuckte es Harry. Dumbledore hatte ihm in der 5. Klasse, gleich nach Sirius' Tod, erzählt, was hinter der geheimnisvollen, schlosslosen Tür im Zaubereiministerium war.
„Es gibt einen Raum in der Mysteriumsabteilung, der allzeit verschlossen ist. Er enthält eine Kraft, die wunderbarer und schrecklicher ist als der Tod, als die menschliche Intelligenz, als die Kräfte der Natur. Es handelt sich wohl auch um das geheimnisvollste unter den vielen Themen, die dort zu studieren sind. Es ist diese Macht, die in diesem Raum aufbewahrt wird, die du in
beträchtlichen Mengen besitzt und Voldemort überhaupt nicht.",
wiederholte Harry im Geiste Dumbledores Worte. Er erinnerte sich plötzlich daran, dass er versucht hatte, in diesen Raum zu gelangen, doch die Klinge des Messers, mit welchem er die Tür öffnen wollte, war geschmolzen. Die Lösung des Rätsels präsentierte sich ihm wie auf einem silbernen Tablett.
Damals hatte er nach Sirius gesucht, nicht nach dem Schild. Darum hatte sich auch die Tür nicht für ihn geöffnet. Der Raum schützte sich selbst davor, entdeckt zu werden. Nur wer von dem Schild wusste, für den öffnete sich die Tür.
„Das letzte Bruchstück befindet sich in der Mysteriumsabteilung im Zaubereiministerium", platzte Harry heraus.
Doch nicht nur seine Hausgefährten hatten seine Worte gehört, sondern auch das Wesen, das in der geöffneten Tür stand und sich nun knurrend näherte.
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Der Magische Schild - HP FF
AksiEin Schild ward' geschmiedet aus Silber, mit Gold beringt auf dass er dem Träger Glück im Übermaß bringt. Die königlichen Tugenden zu vereinen, ward er geschmückt mit acht Edelsteinen Der magische Schild, so ward es verheißen, vermag dem Tod 8 Seel...